Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 31.1932

DOI Artikel:
Rüth, Georg: Eisenbetonskelettbau im Hochbau
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.49241#0137

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Eisenbetondecken des Gebäudes bestehen im wesent-
lichen aus Eisenbetondecken mit Hohlsteinen System Remy.
Massive Decken sind da angeordnet, wo eine Durchfeuchtung
zu befürchten ist, zum Beispiel über Kesselräumen für Wasser-
oder Dampfheizung, Küchen und Waschküchen. Im übrigen
ist es zweckmäßig, die Decken so auszubilden, daß für die
Anordnung leichter Zwischenwände eine Gebundenheit nicht
besteht und erforderlichenfalls auch nachträgliche Änderungen
in der Raumeinteilung durchgeführt werden können. Bei Eisen-
betondecken, insbesondere Hohlsteindecken, hat dies auf die
Kosten geringen Einfluß; dagegen werden schwerere Tren-
nungswände wirtschaftlicher durch entsprechende Deckenver-
stärkungen oder Wandrippen aufgenommen bzw. freitragend
ausgebildet, wenn Türöffnungen letzteres nicht behindern.
Das obere Dach A—B ist als nicht begehbares flaches
Dach, das untere Dach C—D als begehbare Dachterrasse
ausgebildet. Beide Dächer haben keine überstehenden Ge-
simse, sondern liegen zwischen aufgehenden Brüstungen. Um
die Ausdehnungsmöglichkeit der Gefällsbetonschicht nicht zu
behindern, ist die unter derselben liegende Wärmeisolierung
aus Torfoleum auch an den Rändern hochgezogen, wodurch
der erforderliche elastische Spielraum gewonnen wird. Die
wasserdichte Isolierung und der begehbare Belag sind nach
dem System Gartenmann ausgeführt. Auf der obersten Eisen-
betondecke, die bereits durch Hohlsteine aus Bimsmaterial
eine gewisse Isolierfähigkeit besitzt, ist zunächst eine Wärme-
isolierung aus Torfoleum zwischen Isolierpapier aufgebracht,
und hierauf der Gefällsbeton mit Bimszusatz mit Gefälle nach
den Entwässerungsstellen aufbetoniert. Dieser Gefällsbeton
hat zur Sicherheit gegen Rißbildungen infolge Schwinden und
Temperaturschwankungen in kreuzweiser Richtung Rundeisen-
einlagen erhalten. Auf dem Gefällsbeton ist eine verklebte
Isolierschicht mit wasserdichtem Anstrich aufgebracht und
hierauf der etwa 3 cm starke begehbare Belag aus wasser-
dichtem Beton mit Drahteinlage aufbetoniert, der durch kreuz-
weise Fugen mit elastischem Ausguß in Felder von 80/80 cm
eingeteilt wurde. Zum Schutz des elastischen Fugenausgusses
gegen Sonnenbestrahlung und Ausquellen hat der Belag un-
mittelbar nach der Ausführung einen widerstandsfähigen
Estrich erhalten, der die elastischen Fugen überdeckt und
über denselben aufgeschnitten ist. Um zwischen den Um-
fassungswänden der Dachterrasse die freie Beweglichkeit des
Belages unter dem Einfluß von Temperaturschwankungen zu
sichern, sind die Ränder der wasserdichten Abdeckung und
des Belages hochgezogen und durch eine elastische Zwischen-
lage von den Randmauern getrennt. Ein an den Rändern
des wasserdichten Troges angeordneter Überhangstreifen aus
Blei schützt die Bewegungsfugen vor dem Eintritt von Schlag-
regen. Ansichten und Grundrisse des Gebäudes, sowie Teil-
aufnahmen s. S. 101—102 des Hauptteils.
Ein Beispiel für einen neuzeitlichen Wohnbaublock mit
einer größeren Geschoßzahl zeigt in der Außenansicht Abb. 6
bei dem die Eisenbetonkonstruktion durch eine glatt ver-
putzte Ausmauerung und Verblendung mit Hohlsteinen bzw.
Platten aus Schlackenbeton verdeckt ist. Der Gesamtbau be-
steht aus 3 Teilen, die durch 2 Dehnungsfugen voneinander
getrennt sind. Der Eckbau und der rechte Flügelbau mit einer


Abb. 6. Wohnhausblock der Stadt Mainz

Gesamtlänge von ca. 80 m sind einheitlich architektonisch
ausgebildet und mit einem glatten weißen Putz versehen,
während der linke Flügelbau von ca. 50 m Länge eine etwas
abweichende architektonische Ausbildung erhalten hat. Auch
hier ist die Eisenbetonkonstruktion durch die verputzten glatten
Flächen der Ausmauerung und der Plattenverblendung verdeckt.
Der konstruktive Aufbau ist im wesentlichen in Abb. 7
wiedergegeben. Das tragende Eisenbetonskelett besteht aus
einzelnen Säulen, die entsprechend der Raumaufteilung in
die Außen- und Zwischenwände eingebaut sind. Über den
Längswänden sind in jedem Geschoß durchlaufende Wand-
balken ausgeführt, die die Hohlsteindecke und die Wände
der einzelnen Geschosse tragen. Die Windkräfte werden durch
die Zwischendecken auf Windversteifungswände aus Bims-
beton mit Eiseneinlagen abgeführt, wozu die Brandmauern
zwischen den einzelnen Wohngruppen konstruktiv ausgebaut
worden sind. Durch eine solche Abführung der Windkräfte
war es möglich, Biegungsbeanspruchungen der Eisenbeton-
säulen zu vermeiden, und diese unter gleichzeitiger Verwen-
dung von hochwertigem Zement auch in den unteren Ge-
schossen möglichst schlank zu halten. Dies bestätigt ein Blick
auf die Abb. 7, wobei der dargestellte Grundriß dem I. Ober-
geschoß entspricht. Des weiteren enthält Abb. 7 noch Einzel-
heiten über die Ausmauerung und Verblendung der Eisen-
betonkonstruktion und Darstellungen einer Dehnungsfuge. Das
gesamte Gebäude ruht auf Betonpfählen, System Stern. Die
Gebäudelasten werden durch Eisenbetonbankette auf die
Pfähle übertragen, die in ihrer Längs- und Queranordnung
gleichzeitig eine sichere Raumaussteifung bewirken. Die Kosten
der Pfahlgründung waren wesentlich geringer als die einer
massiven Gründung, da die Gebäudelasten durch den leichten
konstruktiven Aufbau (Skelettbauweise und hochwertiger
Zement) weitestgehend herabgemindert werden konnten. Ent-
wurf und Ausführung erfolgten durch das Baudezernat bzw.
das Städt. Hochbauamt, Mainz; die statische und konstruk-
tive Bearbeitung durch den Verfasser und die Bauausführung
durch mehrere Mainzer Baufirmen. Der umbaute Raum des
gesamten Baublocks beträgt ca. 26000 m3. Die Ausführung
der Eisenbetonpfahlgründung und der gesamten Eisenbeton-
arbeiten erforderte etwa 5 Monate,

109
 
Annotationen