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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

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Januar (No. 1 - 12)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0035
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stellungen an.


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Kmtsverkündigungsbtalt für den Amts- und Amtsgerichtsöczirk Schwetzingen.
Badische Hopscnzeilung.

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Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rhein Pfalz.
Expedition, Druck und Verlag der C. W. Moriell 'schen Buchdruckerei i» Schwetzingen
Ro. S. Samstag, 23. Januar 1875. _ IX. Jahrgang.
s«ser«t« v-n Auswärts nehmen für uns auch entgegen di- Anqoncen.Bureaux von Kaasenst-in L A-gker, Nudokf Waffe und H. L. Aauve L Ka., Süddeutsche Knn-ncen-Krpedtron
_von G. StöLhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, L;pzig, München, Wien, Zürich, Basel und Strastburg, sowie das Jäger'sche C-ntral-Bur-aux für Inserate in Frankfurt a./M.

Wochenschau.
Schwetzingen, 22. Januar 1875.
AuS Paderborn kommt soeben eine Nachricht von hoher
Bedeutung, welche beweist, daß die preußische Regierung
nicht gesonnen ist. in dem kirchlich-politischen Kampfe auf
halbem Wege stehen zu bleiben, sondern mit allem Nachdruck
die Anerkennung der Staatsgesetze verlangt. Das Dom-
kapitel wurde nämlich durch den Oberpi äsidenten Westfalens,
Kühlwetter, aufgefordert, die Wahl des BisthumSverwesers
vorzunehmcn, und der Oberregierungsrath Schierstadt aus
Minden mit der Beschlagnahme der einstweiligen Verwal-
tung des Kirchenvermögens betraut. Der Generalvikar und
sämmtliche Vikariatsafsefsoren und geistliche Subalternbeamten
deS Bischofs Martin legten ihre Aemter nieder. Die welt-
lichen Beamten erklärten sich zur Fortführung der Geschäfte
bereit. Bischof Martin wird dem Bernehmen nach morgen,
nach beendigter Verbüßung seiner Gefängntßstrafe in der
Festung Wesel internirt werden.
In Frankreich herrschen gegenwärtig traurige Zustände.
Der Marschall-Präsident bringt eben um alle Welt kein
Ministerium zu Stande, hingegen beabsichtigt er gegen die
Presse, welche dem Septennium nicht grün ist, energisch
vorzugehen; jedenfalls das letzte Mittel, nach Popularität
zu Haschen.
Der Wahlsieg der Bonapartisten in den Hochpyrenäen
ist von weittragender Bedeutung und erregt ungeheure
Sensation in Paris. Ist doch hier der Kandidat deS Sep-
tenniums großartig geschlagen worden, obgleich sogar die
Republikaner ihren eigenen Kandidaten zurückgezogen und in
den sauren Apfel gebissen hatten, für den bouapartistischen
Bewerber zu stimmen.
Der junge König von Spanien weilt im Momente bei
der Armee. Es wird wiederholt, daß derselbe den karlisti-
schen Offizieren, die übertreten, Amnestie gewähren wolle.
Da die Beibehaltung der erworbenen Grade ihnen jedoch
nicht zugesagt wird, und auch aus naheliegenden Gründen
nicht zugesagt werden kann, so ist von dieser Maßnahme
kein, bedeutender-Erfolg zu erwarten ausgenommen, eS wäre
der Zersetzungsprozeß im Lager des Don Kariös schon weit
fortgeschritten, was jedoch mit den jüngsten Vorstößen ver-
schiedener karlistischer Abtheilungen nicht in Einklang gebracht
werden kann. Freilich meldet uns ein eben eintreffendes
Telegramm, daß die englischen Spekulanten dem blutigen
Karlos den Kredit gekündigt haben, und das wird nicht ohne
Wirkung auf die künftige Beschaffenheit seines Heeres bleiben.
Einstweilen haben aber die neuköniglichen Heerführer Alles
aufzubieten, um durch einen wirklichen Erfolg gegenüber den
Karlisten ihrer jetzt ergriffenen Sache und dem Kronenträ-
ger Ansehen zu verschaffen. — Aus Madrid wird berichtet,
Feuilleton.
Pie Waben.
(Fortsetzung.)
„Wenige Tage nach dem Viganer Markt spannte der
B.nn : ein neues Pferd an seinen Karren. Der Knecht, ganz
neu gekleidet, hatte eine Kette an seiner Weste und Ringe
au seinen Fingern. Die folgende Woche bezahlte der Bauer
seine Schuld an meinen Vater. Capital und Zinsen. Zum
Beweis haben Sie hier die genaue Abschrift der Note aus
dem Register meines Vaters, vom 4. Oktober."
Und Herr von Ribisre das Stück Papier überreichend,
welches sie von ihrem Vater zu erlangen gewußt, fügte sie
hinzu:
„Ich war selbst unsichtbarer Zmge, als der Bauer an
Herrn Berard, den Notar, das Geld bezahlte, welchen er
für seinen direkten Gläubiger hielt. Ah, wenn Sie ihn ge-
sehen hätten, als er hörte, daß er der-Schuldner meines
Vaters sei!"
Herr von Ribiere war überrascht, aber noch unent-
schlossen. Er sagte kalt:
»Ja, mein Kind, Alles, was Dn mir sagst, iß von

daß Alkons den Eymarschall Bazaine empfangen habe. Ob
dieser ihm sein Schwert angeboten oder über die Geheim-
nisse seiner Flucht belehrt hat, wird nicht mitgetheilt. Das
„N. W. Tgbl." läßt sich aus Petersburg schreiben, daß in
den dortigen diplomatischen Kreisen das Gerücht verbreitet
sei, wonach der Czar ein Schreiben an den neuen König
von Spanien geschickt habe. Dasselbe soll jedoch nur einen
streng privaten Charakter haben. Man glaubt jedoch daraus
Schlüsse auf die baldige Anerkennung ziehen zu dürfen. —
In dem festlichen Apparat, den die Madrider für den Ein-
pfang deS Königs bereit hielten befand sich auch ein von
den Damen der Aristokratie gestifteter Triumphbogen, worin
dem König eine Überraschung zugedacht war. Ein Vorhang
hob sich, und es erschien das Bild der Tugend, dem Fürsten
den^Weg zu weisen, und gleichzeitig regneten, ein Symbol
des Glückes, Blumen auf ihu nieder. Ein Korrespondent
bemerkt hierzu: Nicht immer wird ihm die Tugend so deut-
lich erscheinen. Und wenn ihm im Palast die Schmeichler,
im Beichtstuhl der Priester in den Ohren liegen, wird er
dann das Rechte durch eigenes Uctheil erkennen, mit selbst-
ständigem Willen verfolgen können?
Kaum ist die offiziöse Mittheilung erfolgt, daß die
spanische Regierung sich bereit erklärt habe, den billigen
Ansprüchen des Deutschen Reiches gerecht zu werden, als
schon aus Berlin telegraphisch berichtet wird, daß die spa-
nischen Kriegsschiffe am 17. d. Abends vor Zarauz einge-
troffen find, und die sofortige strengste Bestrafung der Kar-
listen vorbereiten.
Eine weitere Mittheilung aus Spanien wird nicht
verfehlen, einen höchst günstigen Eindruck in der ganzen ge-
bildeten Welt zu machen: Es ist die Erklärung des Königs,
wornach er zwar den Klerus respektiren und unterstützen,
zugleich aber die Freiheit der Kulte aufrecht erhalten werde,
so wie sie in den zivilisirtesten Ländern bestehe. Damit
zeigt der König in unzweideutiger Weise, daß er einen Feh-
ler gut machen will, welchen voreilige und heißblütige Un-
tergebene durch Schließung protestantischer Gotteshäuser sich
haben zu Schulden kommen lassen. Man darf begierig
sein, ob Pius IX. auch dazu seinen Segen geben wird,
oder ob diejenigen unter den Ultramontaneu jetzt von ihm
Recht erhalten, die ungeachtet des päpstlichen Segens von
Alfonso nichts wissen wollten, weil ihre Nase für den
Ketzergeruch sehr fein ausgebildet ist.
Uebrigens ist der Papst in letzter Zeit viel gelinder ge-
worden in seinen Kundgebungen; die heftigen Ausbrüche
gegen Deutschland kommen fast gar nicht mehr vor und es
deutet eben Manches darauf hin, daß man in Rom weni-
ger siegenmuthig sich in den Kampf stürzt, als die „Ger-
mania" und Blätter gleicher Richtung uns weiß machen
möchten. So hat, wie ein Telegramm meldet, der Papst

vor einigen Tagen eine Deputation aus Deutschland em-
pfangen und auf die Versicherung derselben, nichts könne
das katholische Deutschland dem päpstlichen Stuhle abwendig
machen, die Antwort gegeben, er bete für die verfolgten
Katholiken wie für ihre Verfolger. Mil dieser Redewen-
dung, mit der ja beide Theile zufrieden sein können, ist Se.
Heiligkeit geschickt einer fulminanten Kundgebung aus dem
Wege gegangen, die die Deputation gerne nut nach Hause
genommen hätte, um das erglimmende Feuer der staats-
feindlichen Agitation von Neuem anzvblasen. Es ist eben
eine alte Geschichte und von den Zeiten des Mittelalters
bis heute bestätigt: Wenn man den Ansprüchen Rom- mit
Festigkeit und Ausdauer abwehrend entgegentritt, so hat
man gewonnenes Spiel; wo dieses nicht der Fall ist, muß
inan mit dem Nacken unter dem Fuße büßen. Dagegen
Verhalten wir uns noch reservirt der Mittheilung aus Rom
gegenüber, welche der „Schlesischen Zeitung" aus angeblich
guter Quelle zugegangen sein soll. Darnach sei Seitens
des Papstes an die preußischen Bischöfe die Aufforderung
ergangen, Vorschläge darüber zu machen, wie gegenüber den
zahlreichen Vakanzen in den Seelsorgerstellen ein modns
vivendi mit der Regierung zu Wielen sei. Wir glauben,
daß die Dinge dazu noch nicht reif genug sind, weil erst
die trunkenen Siegeshoffnungen der Ultramontanen sich als
Seifenblasen erweisen müssen, bis sie sich zu einer Ver-
ständigung mit der Staatsgewalt entschließen. Es wäre
das auch in der Thal ein großartiger, unerwartet rascher
Triumph für diejenigen, die den modus vivendi nach Mög-
lichkeit befürwortet haben. Daß dieser Triumph indessen
eines Tages kommen wird, darüber haben wir nicht den
leisesten Zweifel.
Ueber die Flitterwochen des jungen Königthums in
Spanien, die damit verknüpften Feste und Empfänge
ausführlich zu schreiben, überlassen wir den in spanischen
Schlössern mehr bewanderten Berufsgenossen. Wir, die noch
immer nicht mit dem Gedanken brechen können, daß die
jüngste bourbonische Restauration auch nur eine ephemere
Erscheinung sei, widmen ihr die dieser Ansicht gemäße Auf-
merksamkeit. Erwähnen wir also kurz die bemerkens-
werthen Nachrichten, welche aus Madrid eingelangt sind.
Gestern hat sich König Alfons in Saragossa empfangen
lassen und hat auch diese Gelegenheit benützt, um sich als
Gastfreu»d oder vielleicht noch richtiger als Client der Röm-
linge dem Volke vorzustellen. Während es früher hieß, daß
der König sich der operirenden Armee anschlicßen wolle,
trifft heule die glaubwürdigere Meldung ein, daß er nach
abgehaltener Revue über dieselbe nach Madrid zurückkehren
werde. Ferner verlautet, daß die Cortes demnächst einbe-
rufen werden sollen. Wir meinen jedoch, daß das Madri-
der Kabinet hiemit noch einige Zeit warten dürfte, um die

Wichtigkeit, aber kann ich Dich mit unbedingtem Vertrauen
hören? Deine Gedanken gehen schnell und Deine Einbildungs-
kraft ist leicht erregbar."
Susanne richtete sich auf.
„Mein Herr, sagte sie mit einem Tone schmerzhafter
Entmuthigung, „ich weiß, was Sie meinen. Ich bin wahn-
sinnig, nicht wahr?"
Herr von Ribiöre schwieg.
„Wahnsinnig! ' rief Susanne. Wahnsinnig! Hören
Sic, Herr. Ich hatte die Mörder geahnt, ich mußte gegen
sie 'alle Beweise sammeln. Vor Allem habe ich aber das
nöthig zu meiner Freiheit. Die Erklärung, die ich vor Ihnen
abgab, zog ich in der öffentlichen Verhandlung zurück.
Warum? Das habe ich Herrn von Esterac gesagt. Ich
wäre Gefahr gelaufen, wegen falscher Zeugenschaft verurtheilt
zu werden, und ich wollte doch frei leben. Ja, von der
Vorsehung auserkoren, einen Jrrthnm der menschlichen Gerechtig-
keit an's Tageslicht zu bringen, wollte ich frei sein und bleiben,
an dem Orte des Verbrech es selbst."
Diese letzten Worte, mit wachsender Bewegung ausge-
sprochen, zerstreuten die flüchtige Hoffnung des Richters; er
hob seine Augen gen Himmel mit einem Zeichen der Ent-
muthigung.

„Und dennoch," fuhr Susanne fieberhaft fort, „es war
doch wahr! Wir thaten nichts Böses, aber ich war bei Jakob,
als das Verbrechen geschah. Ich besuchte Jakob imGefäng-
niß und übernahm meine Mission. Er theilte meine Hoff-
nung, mein Vertrauen; fast getröstet ging er in die Galeeren.
Ich aber, als wir am Abend von Mende nach Villefort
zurückfuhren, sprang Plötzlich aus dem Wagen und schlug
mich in die Gebirge, lachend und singend inmitten der Finster-
niß. Herr von Esterac hielt mich für geisteskrank — das
wollte ich. Verstehen Sic jetzt, warum ich für verrückt gelten
wollte, und fangen Sie an zu begreifen, daß ich es nicht
bin? Wie hätte ich meine Aufgabe erfüllen können, wenn
mein Irrsinn mir nicht als Vorwand gedient hätte? Ah,
welches Spiel habe ich gespielt — grausames und schreckliches
Spiel! -Wie oft hat mein Herz gezittert! Wie oft, während
meine Augen lächelten, hatte ich den Tod im Herzen! Es
gab Augenblicke, wo diese Maske, welche ich mir vor das
Gesicht zog, mir brannte wie Feuer und wo es mir schien,
daß ich mich nicht mehr würde verstellen können. Jetzt, Herr,
wenn Sie noch zweifeln, fragen Sie mich über meine Hand-
lungen, die man für närrisch hielt; sehen Sie, ob nicht Alles
Berechnung war, um die Schuldigen zu entdecken, um Jakob
zu befreien und ihn zu rächen/
 
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