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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

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Mai (No. 50 - 61)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0243
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Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag,
«ns Samstag.
Alle Postanstaltcn
«md Boten nehmen Be
stellungsn an.

AmLsverkündigungsbkatt für den Amts- und AmtsgerichtsöczirK Schwchingen.
adifche Hopfcnzeitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

BierteljLhrl. «bonvemurt
Für'» Wochenbl tt 1 Mar
50 Pfennige.
Unterhaltungtblatt
35 Pfennige.
Inserat«:
die »iergespaltenr Gar»
m»nd)cile oder deren -tamn
IS Pfennige.

Expedition, Druck und Verlag der T. W. Moriell'schen Buchdruckerei in Schwetzingen

«a. kl. Samstag, 29. Mai 1875. H Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen itlr uns auch entgegen die Nnnoncen-Bureaur von Siasenssein L Mogler, Mndolf Masse und K. PanSe L ^o., Süddeutsche K»uonceu-K»P«dil»«
von H. StöÄhardt in Frankfurt, Stuttgart. Berlin . Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Stratzburg, sowie da» Jäger'fchc Lentral-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M

'Politische WochenüSerficht.
Schwetzingen, 27. Mai.
In der am Samstag stattgehabien zweiten Beiathuug
des preußischen Herrenhauses über die Aufhebung der drei
Verfassungsartikel hielt Geh Ruth. vr. Baumstark einen
längeren Vortrag, in welchem er sich, indem er der Regierungs-
vorlage zustimrme, gegen die ihm gemachten Vorwürfe der
politischen Inkonsequenz vertheidigte. Er war nämtich Mit-
urheber der drei betreffenden Verfassiingsartikel. da er i. I.
1848 Vizepräsident der Verfassungskoimmssion und ebenso
Mitglied dieser Kommission im folgenden Jahre gewesen ist.
Der Redner wies eingehend auf die inzwischen eingetretenen
Vorgänge in der katholischen Kirche, da? Vaiikanum, die
Enzyklika u. s. w. hin. Er betonte, daß die Kirche eine Ge-
nossenschaft im Staate, und nicht der Staat eine Genoffen-
schaft in der Kirche sei, erinnerte an den Mißbrauch, welcher
mit den Worten getrieben werde, daß man Gott m:hr ge-
horchen müsse als den Menschen, und koustatirle, daß Gottes
Wille und Gottes Wort mit den Worten der Kirche eine
der Schwachheiten der Kirche, daß sie sich über dem Staate
fühle, während es doch wesentlich ein eminenter Vorzug ge-
rade des Christenthums sei, daß es alle Fortschritte der Kul-
tur und der Menschheit in sich aufnehmen kann, und das
unbeschadet der Integrität ihrer Lehre. Die religiöse Frei-
heit bleibe ihr sicher (durch Art. 12 der Verfassung). Graf
Krassow drück e der Regierung sein kräftigstes Mißfallen
an ihrer Kircheupolttik aus. Die Schamrölhe treibe sich
namentlich Jedermann in's Gesicht, welcher noch christlichen
Sinn habe, über bas Treiben der Reptilienprcffe. An dem
Rockschoß der Slaatsregierung halte sich Alles fest, was eine
negirende Richtung in der Kirche einnehme. Auch Baron
v. Senfft'Pisach ließ sich wieder hören und platzte mit
der dreisten Behauptung heraus, daß das ganze Verfahren
der Regierung mit den feierlichen Gelöbnissen des Königs
im Widerspruch stehe, während Graf zur Lippe die Aus-
führungen Bonmstark's zu bekämpfen suchte. Auf einige
Bedenken des Grafen Udo zu Stolberg in Betreff der
evangelischen Kirchenverfafsung entgegnen Kul.usminister Du.
Falk, daß es sein Ähnlichst erstrebtes Ziel sei, letztere unter
Dach und Fach zu bringen. Er habe vie Hoffnung, daß
die Interessen der evangelischen Kirche von der Lauvesgesetz-
gebung würden gefördert werden. Die vom Oder-Kirchen-
raih vorbereitete Vecfnssuugsurkuiide der evangilischen Kirche
muffe innerhalb der Kirbe, soweit sie eben innere AngU gen-
heiten betreffe, von dieser selbst geordnet werden und demnächst
on die Laiidesvertreiung zur zustimmenden Genehmigung ge-
langen. Wenn er aber nun auch den lebhaften Wunsch hege,

daß jene Versammlung mcht einseitig vorgehe, sondern olle
Verhällnisse genügend erwäge, die in Betracht kommen, so
halte er es doch nicht für seines Amts, auf die kommenden
Generalsynoden einen „Druck" zu üben, ebensowenig wie er
es bisher gethan habe.
Nach der darauf erfolgten namentlichen Abstimmung,
deren Resultat mitgelheilt wurde, ging das Herrenhaus zur
Berathung des Klostergesetzes über.
Der erste Redner Graf Hompesch, griff das Gesetz
vom ultrcunoutaiien Slandpuk! an und nannte dasselbe einen
Racheakt. Gerade deshalb werde man aber klerikalerseits
auch nicht um Fingersbreite nachgeben und im „Widerstand
zur Ehre Gottes" unüberwindlich sein. Die Regierung. der
man gegenüberstehe, sei die denkbar feindseligste. Auf die
Minister werde die Verantwortung für die Folgen des un-
seligen Gesetzes fallen, v. Kleist - Retzow behauptete, daß
das Gesetz die katholische Kirche auf's tiefste schädige; die
Erbitterung werbe sich in Folge dessen auf's Höchste steigern.
Die Klöster lieferten die Beweise segensreicher Wirksamkeit.
Kultusminister vr. Falk enlgegnete, daß es der Regierung
keine Freude mache, auf diesem Gebiete immer mit neuen
Gesetzen zu kommen. Allein ohne dieses Gesetz würden die
bisherigen Maßnahmen der Regierung nur halb und lahm
sein. In der Organisation der Ordrn und Kongregationen
liege eine große Gefahr für den Staat, besonders deshalb,
weil ihre Angehörigen zum unbedingten Gehorsam meist in
Frankreich und Rom resisirender Oberen verpflichtet seien,
was Redner in erschöpfender Weise darthat. Was die Orden
betreffe, die sich mit der Krankenpflege befaßten, so habe
man für sie eine Ausnahme zugelassen; indess n bedürften
sie der Aufsicht, weil konstatirt sei, daß die Interessen der
Krankenpfl-ge nicht immer von ihnen gewahrt worden seien.
Wollen sie sich diese Beaufsichtigung nicht gefallen lassen,
dann sei cs eben klar, daß sie sich lediglich als Werkzeuge
des Ullramonlanismus erwiesen.
Ja der daiauffoigendcn Speziakdiskulsion wurden stimmt-
liche Abänderungsvorschläge, die alle von Graf Lands-
berg ausgingen abgelehnt und die einzelnen Paragraphen
der Regier»! gsvorlage unverändert angenommen.
Die Bezirksregierungen u. s. w. sind nicht nur an?
Anlaß der Jubiläums-, sondern auch der Frohnleich-
nams-Proression en gerade j tz! darauf hingewiesen
worden, das nach Z 10 des Vereinsgejetzes vom II. März
1850 nur diejenigen kirchlichen Prozessionen, Wallfahrten
und Bittgänge, weiche nachweislich bereits bei Erlaß dieses
Gesetzes, also 1850, als hergebracht anzusehen waren, auch
seitdem nicht außer U-bung gekommen sind und nach Zeit,
Ort, Forin und Zweck ganz in derselben Weise wie vor

Al ers flat staden, von der sonst erforderlichen vorhängigen
polizeilichen mindestens 48 Stunden vorher einzuholenden
schriftlichen Genehmigung unabhängig sind. Mit Bezug
hierauf soll eben zur Kemttniß aller Betheiligten gebracht
werden, daß Prozessionen. Wallfahrten, Bittgänge, wenn sie
sich auf ihrem Wege über die Gemeiudegrenzen des OrteS,
von wo sie ausgehen, hinaus erstrecken, sich durch eine Be-
scheinigung der Ortspolizeibehörde ihres Ausgangsortes als
a l t hergebracht im Sinne obiger Gesetzesvorschrift nachzu-
weisen haben, und zwar der Ortspolizeibehürde jeder Ge-
meiude gegenüber, deren Gebiet sie durchziehen. Dieser
Nachweis soll als unbedingtes Erforderniß hingestellt und
die Polizeibehörden angewiesen werden, hinsichtlich derartiger,
von ihnen nicht genehmigter kirchlichen Prozessionen, Wall-
fahrten und Bittgänge, welche, von auswärts kommend, den
den nämlichen Ansichten huldigt, welche übrigens auch, wie
bekannt, diejenigen seines Vorgängers des Herrn ThierS
sind." Der „Moniteur" verhehlt sich nicht, daß aus An-
laß dieser Frage ein Konflikt zwischen der Regierung und
den 300 Abgeordneten der Linken, also dem Grundstock der
Majorität vom 28. Februar bevorstehe.
DieWiener „Presse" meldet, daß vor einigen Tagen
ein Jndividinm Namens Joseph Wiesinger dort verhaftet
wurde, welches beschuldigt ist. sich an den Jesuiten-General
Becks mit Vorschlägen gewendet zu haben, gegen den deutschen
Reichskanzler ein Akte ttat verüben zu wollen. Mit Rück-
sicht auf den Umstand, daß noch ein Complice gesucht und
die Umersnchung erst nähere Aufklärungen bringen wird,
müsse vorläufig weitere Veröffentlichung unterbleiben.
Der Kaiser von Oesterreich hat seine Reise
nach Galizien und in die Bukowina aufgegeben, und zwar,
wie offiziös versichert wird, liegen für diesen Verzicht keine
politischen Gründe vor. Dagegen ist e« um so erfreulicher,
wenn aus Wien die früher mit aller Bestimmtheit in Ab-
rede gestellle Meldung wiederholt wird, daß der Kaiser mit
seinen Verbündeten, den Herrschern von Deutschland und
Rußland eine Zusammenkunft in EmS haben werde. In
dieser Reise deS Kaisers Franz Josef läge eine neue und
verstärkte Bürgschaft für den Bestand des europäischen
Friedens.
Der Kampf bei der Abstimmung über die dem
Schweizervolke vorgelegten beiden Gesetze war ein
sehr heftiger und das nunmehr vorliegende vollständige Ab-
stimmuugsergebniß weist für das Zwilstands- und Ehegesetz
eine kleine Mehrheit auf, während das StimmrechtSgesetz
verworfen worden ist. Die Totcflsumme der Stimmen
haben wir bereits in letzter Nummer gebracht.
Bei dem Zihlenverhältniß der Parlcien darf man

Icuillkton.
Aus einem pariser Keiralhs-Iristilut.
Ein junger Mann kommt in höchster Eile an.
— Mein Herr, sagt er zu dem Dircctor deS Instituts,
ich habe keine Minute zu verlieren, ich habe eine Droschke
auf Zeit, ich kann mich also nicht unnütz aufhalten.
— Sie wünschen, daß ich Sie verheirathe?
— Ja, mein Herr, ich habe in der Zeitung Ihre An-
! ouce gelesen, die Sic seit einiger Zeit einrücken lassen. Es
scheint danach, daß für Sie ein Tag genügt, einen jungen
Mann oder eine junge Dame zu verheirathen.
— Gewiß, mein Herr.
— Ich kann cs mir kaum denken; nichts destoweniger
habe ich Lust, Ihr System zu versuchen. Ich habe ein
g oßes Gcscbäst in einer Provinzialstadt und ich bin nur
hierher gekommen, um mich zu verhkirathen. Ich muß noth-
imndiger W.ise heute Abend meiner Geschäfte halber zurück-
reifen, denn wenn ich fehle, bleibt Alles stehen und liegen.
— Morgen werden Sie Ihre Fra» Gemahlin Ihren
Geschäftsfreunden vorstellen können.
— Sie setzen mich in Erstaunen k

— Sie haben die notarielle Erlaubniß Ihrer Ellern
zum Heirathen?
— Hier! -
— Das ist von Wichtigkeit, und das genügt für mich?
— Nun, was habe ich zu thun?
— Wenig; bitte treten Sie in diesen Garten.
— Das ist ja ein Mädchenpensionat!
— Eß sind auch Wittwen darunter diese Letzteren tra-
gen ein rothes Bändchen an der Achsel. Sie können nun
hier wählen und die Frau nehmen, die Ihnen gefällt.
— Warten Sie einen Moment, damit ich mein Binole
aufsetze. Diese große Blondine gefällt mir besonders.
— Sehr wohl; nehmen Sie diese Blume und gehen
Sie hin, bieten Sie ihr dieselbe an; wenn sie sie an ihren
Busen steckt, so bedeutet das, daß sie Sie zum Galten an.
nimmt.
Der junge Mann tritt in den Garten und kchrt einige
Augenbl cke später zurück
— Ich bin angenommen.
— Ich weiß es, ich sah es von diesem Fenster aus
Wir können nun zu den üblichen Formaüiälen schreiten
Fangen wir mit de!» Aufgebot an.
— Das dauert rin paar Wochen.

— In Uebereinkommen mit dem Beamten und einem
Geistlichen haben wir das Alles abgekürzt; die Aufgebote
werden verlesen und in fünf Minuten wird man Ihnen die
nöthigen Papiere zustellen,
e — Ich bin starr vor Erstaunen.
— Nun, verehrter Herr, sagte der Direktor, haben
Sie die Güte, Ihre Befehle .betreffs des HochzeitSdinerS zu
Zehen.
— Aber Gäste?
— Ich liefere Sie, ein Hochzeitsdiner ohne Gäste ist
nicht zu denken. Sie erwarten Sie in dem Speisesalon.
— Ich kenne sie aber gar nicht.
— Oh, es sind charmante Leute. Mein HauS ist ja
ein Haus deS Vertrauens; seien Sie ohne Sorge. Unter
den Geladenen werden Sie Ihren Herrn Schwiegervater
und Ihre Frau Schwiegermutter sehen. Die Eltern kommen
jeden Mittag zwischen 1 und 2 Uhr, um zu sehen, ob ihre
Töchter verheiralhet sind und sind stets in HochzeitS-Toilrtte.
— Aber ich könnte vielleicht noch einige Freunde ein-
laden.
— Warum wollen Sie Zeit verlieren?
Das ist wahr, ich vergaß, daß ich eine Droschke
auf Zeit genommen habe.
 
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