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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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V. und VI. Lieferung (Mai 1914)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.20638#0163

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Wien. Diejahresaussteiiung imKtinstierhause, die am 21. März er-
öffnet wurde, dürfte manche Besucher durch die Reichhaltigkeit und künst-
lerische Güte des Gebotenen überraschen. Man hält jetzt Tür und Tor für
alle Richtungen der Kunst offen und läßt auch die erklärten oder uner-
klärten Nachfolger der ungestümen Neuerer des Fin de siede heran, wie
dies z. B. die Aufnahme der Künstlervereinigung »Müveszhäz« aus Budapest
beweist. Die Einheimischen sind fast ohne Ausnahme durch treffliche Ar-
beiten vertreten, die den verschiedensten Richtungen angehören, von den
Konservativen bis zu den Modernisten.
—- Die Sezession, die jetzt in einem gemäßigten Fahrwasser ange-
langt ist, hat mehrere vorzügliche Ausstellungen veranstaltet.
— Der Hagenbund ist augenblicklich obdachlos.
— Eine gelungene Ausstellung der Mitglieder des Österreichischen
Künstlerbundes im Kunstsalon Pisko ist hervorzuheben.
— Die Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs hat
eine rege Tätigkeit entfaltet und mehrere Schaustellungen im Hotel Astoria
eingerichtet.
— Unter den Ausstellungen bei den Wiener Kunsthändlern war die
Picasso-Ausstellung bei Miethke die lehrreichste. Sie zeigte, bis zu
welchem künstlerischen Unsinn die Bestrebungen der Maler von innen
heraus, der Expressionisten, führen können, wenn sie den Boden des ge-
sunden Sehens gänzlich verlassen. Damit soll ja gewiß nicht gegängelt
werden, nicht gesagt werden, wie Pablo Picasso und andere Kubisten es
hätten machen sollen, um »schön« zu malen. Sie malen eben alle, wie sie
können und müssen, gebunden durch die eigene Anlage und durch die
Einwirkungen von außen. Ob jemand die Dinge, die am Gängelband ge-
malt wären, schön finden würde, wäre dann noch immer nicht sicher. Nur
braucht man deshalb, weil man die Notwendigkeit des Werdens anerkennt,
doch nicht zugleich alles künstlerisch gut zu finden, was von den Kubisten,
Futuristen, Expressionisten und so fort zusammen phantasiert wird. Pablo
Picasso verfügte wenigstens früher über malerisches Talent und findet sich
vielleicht wieder einmal zurecht.
— Der neueröffnete Kunstsalon »Brüko« (Brüder Kohn) führte sich
in sehr vorteilhafter Weise ein durch eine Sonderausstellung von Werken
des Malers Wilhelm List, dessen Begabung und Schaffensfreude in weiten
Kreisen bekannt ist. Man sah bei Brüko Lists erste große Arbeit: Apollo,
die in der ersten Ausstellung der Wiener Sezession zu sehen war. Aus
späterer Zeit sind unter anderen feingestimmte, stilvoll aufgefaßte Damenbild-
nisse da, und als neueste Werke fand man einige hoch moderne, kräftig
stilisierte Bilder, u. a. das Bildnis des Künstlervaters. Seither haben einige
junge ungarische Maler im Salon »Brüko« ausgestellt.
— Das »Volksheim« in Ottakring hat um die Jahreswende eine
Ausstellung von Gemälden und Zeichnungen veranstaltet, die den Titel
»Das Sittenbild« erhielt. Viele von den Sammlern der jüngsten Reihe und
einige mit älterem Kunstbesitz haben zum Gelingen des Unternehmens bei-
getragen, so Stephan v. Auspitz, Oskar Bondy, Salo Cohn, Gottfried
und Hermann Eissler, Jos. Engelhart, Generaldirektor Kestranek,
Dr. Jos. Kranz, Dr. O. Kolm, Felix Kuranda, Dr. Ludo Hartmann,
Ludw. Lobmeyr, Dr. Ottokar Mascha, Max und Richard Mandl,
 
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