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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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Frimmel, Theodor von: Die vier apokalyptischen Reiter in der Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.20638#0240

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links der Bogenschütz (dieser hätte soüen der erste sein), rechts der Reiter
mit der Wage. Reine Wiiikür ist es aiso, die hier gebietet. Der herkömm-
tiche Höllcnrachen fehlt ebenfalls, ohne aber, wie bei Cornelius, durch eine
Umschreibung ersetzt zu sein. Den Tod bildet Schnorr als eine wenn gleich
magere, doch muskulöse Gestalt, welche die Hippe schwingt. Ein flatterndes
Gewand läßt Arme und Beine bloß. An diesen gewahren wir krallenartig
gestaltete Nägel, die wohl als leiser Anklang an die „Morte" im Campo
santo zu Pisa gedeutet werden dürfen. Eine Kapuze bedeckt das Haupt und
umrahmt ein gräßlich mageres Antlitz mit leeren Augenhöhlen.
Schnorrs Zeichnungen für die Bibel stammen aus der Dresdener Zeit
des Künstlers und wurden 1851 begonnen. (Das Bild mit den vier apo-
kalyptischen Reitern ist nicht datiert.) Dramatische Kraft ist ihm nicht abzu-
sprechen; im ganzen aber steht es weit hinter der Komposition des Cor-
nelius zurück.
Dies muß auch von einer E. v. Steinleschen Komposition desselben
Gegenstandes ausgesprochen werden, obwohl sie schriftgetreuer ausgeführt
ist. Steinles Gemälde der vier apokalyptischen Reiter ist keine von den
hervorragenden Leistungen des Künstlers, obwohl auch diesem Bilde einiges
Leben innewohnt. Ich sah das Gemälde vor vielen Jahren bei Bernus zu Stift
Neuburg am Neckar.*) Es ist mit 1838 datiert. Steinle bildet auch in diesem
Gemälde den Tod als eine magere bräunliche Gestalt, fast ganz von einem
weißen Mantel verhüllt und die Sense schwingend. Das Haupt ähnelt einem
Totenschäde! Steinle hat auch eine Zeichnung mit derselben Darstellung
ausgeführt, die früher fällt als das Gemälde und vielleicht eine Vorarbeit
dazu war. Ich vermute das, da schon 1835 eine Zeichnung Steinles „Die
vier Reiter aus der Offenbarung Johannis" in der Wiener akademischen
Ausstellung vorkam (nach Pietzniggs „Mitteilungen aus Wien", 1835, H,
S. 125).
Eine Bleistiftzeichnung mit den vier apokalyptischen Reitern ist auch
von Johann En der geschaffen worden. Dieses große Blatt befand sich
lange in Enders Familie und wurde in den 1880er Jahren vom Wiener
Sammler Mecenseffy erworben, bei dem ich es vor etwa 20 Jahren gesehen
habe. Ender benutzt zur Bildung des Todes das Skelett.
Apokalyptische Bilder irgendwelcher Art, sie sind nicht jedesmal näher
bestimmt, hat man auch noch anderen Künstlern zu verdanken, so dem
Gerhard v. Kügelgen, Leopold Kupelwieser, B. v. Neher, Carl
Bl aas, wie denn auch einmal in einem Nachruf davon die Rede war, daß
Wurzinger die vier apokalyptischen Reiter gemalt hätte. Das apokalyptische
Gebiet wird gestreift von Heinr. Hess in den Fresken derßonifaciusbasilika
zu München. Der jugendliche Jos Ant. Koch hat apokalyptische Dar-
stellungen an Felswände gezeichnet (vgl. H. Gerlach: Ludwig Richters Leben,
S. 160). Von Hippolit Flandrin sind die apokalyptischen Bilder für Saint
Severin in Paris Der Seher Johannes ist plastisch dargestellt worden durch
Violet Brunton. Vom Karton des Friedr. Gesellschap war schon die Rede.
Weit mehr als die eben behandelten Darstellungen von Steinle, Ender
und Schnorr fesselt eine Bleistiftzeichnung von Jos. Führich, die ich vor
*) Beschrieben in einem Artikel der Wiener „Presse" vom 21. Februar 1882
(Abendblatt). Erwähnung fand es auch in C. v. Wurzbachs Steinle-Monographie „Ein
Madonnenmaler unserer Zeit" (1879, S. 47 und 81).
 
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