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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.20638#0265

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249

Ausstellung« ist zum Teil eine rtickbiickende Vorführung, zum Teii eine
AussteHung von Werken iebender Meister. Rund 200 Biider sind zur Schau
gesteht, ganz gedrängt und, wie es die Umstände eben mit sich brachten,
nur wenig geordnet, aber durchaus interessant von der einen oder anderen
Seite, in der rückbiickenden Abteiiung ziehen die Werke A. Grottgers und
Jan Matejkos die Aufmerksamkeit kräftig an. Grottger wird unter anderem
vertreten durch die Reihe »Polonia« aus dem Jahre 1863. Diese vohkommen
durchgebiideten Zeichnungen gehörten früher dem Grafen Janos Pälffy, nach
dessen Tode (!908) sie dem Nationai-Museum in Budapest zufieien. Sie
finden gerade jetzt zur Zeit des Krieges gegen Rußiand und der vieien Be-
suche von Polen in Wien bei den Beschauern zunächst gegenständiich vieie
Teiinahme, und die künstierische Seite wird von den eigentlichen Kunst-
freunden voll gewürdigt. Eine kleine Perle Grottgerscher Kunst ist auch das
Selbstbildnis des Malers aus dem Jahre 1858. Auf bräunlichem Papier hat
sich Grottger mit leichter Farbenangabe dargestellt in ganzer Figur, dem
Beschauer zugekehrt. Hinter ihm die Staffelei mit einem Gemälde darauf,
das man, von mehreren Wölkchen Tabakrauchs zum Teil verdeckt, nicht
genau sehen kann. Grottger trägt eine Hausmütze und hält die Hände in
den Hosentaschen, ln roten Zügen das Monogramm und die Jahreszahl. Von
Jan Matejko sind bedeutende Studien, fertige Bildnisse und Geschichts-
gemälde zu sehen. Als eines der frühesten Bildnisse unter den vorgeführten
ist mir das Gilewski-Porträt aus dem Jahre 1872 aufgefallen, das von Frau
Emilie Gilewska ausgestellt ist Ein Autoporträt Matejkos aus dem Jahre 1873
wird als Besitz der Frau Baronin Helene Ziemialkowska im Verzeichnis an-
geführt. Ein Werk, das viel später fällt und mit 1890 datiert ist, stellt die
Jagellonische Hochzeit von 1454 dar. Neben der Anordnung vieler Figuren
in einem künstlerisch erfundenen Ganzen hat sich Matejko in diesem großen
Gemälde auch die Wiedergabe von Kerzenlicht und Sonnenschein in ihrem
Wettstreit angelegen sein lassen. Als Besitzer werden Erzherzog Franz Salvator
und Erzherzogin Marie Valerie angeführt.
Eine ganze Reihe anderer Namen in der polnischen Ausstellung ge-
hören zumeist den Deklinationen auf -ski und -wicz an, voran der stets
phantasievolle und farbenfreudige Malczewski, dann die S Wyspianski,
L Wyczolkowski, P. Michalowski, Rodakowski, Leopolski, Gie-
rymski, Chelmonski, Pochwalski, Sichulski usw. sowie Axentowicz,
P. Stachiewicz, Ajdukiewicz, Filipkiewicz. Hervorzuheben sind noch
Julian Falat, der in moderner Weise im großen sieht und breit malt,
H. H ofmann und die Vertreter älterer Richtungen Juljusz Kossak, Fr. Tepa
und Jozef Brandt, ln der polnischen Malerei kreuzen sich die verschie-
densten Richtungen, die da und dort auf die jungen Talente eingewirkt
haben. Sogar Nachahmer eines Cezanne sind zu verzeichnen in R. Kramsztyk
und J. Merkel. Siemiradzkis schillernde Kunst kommt in der Ausstellung
nicht zur Geltung. Es ist nur die Farbenskizze zum großen Bild: »Weib
oder Vase?« zu sehen, das 1879 in München ausgestellt war und dann ins
Kestner-Museum nach Hannover gewandert ist. Auch die kleine Erinnerung sei
willkommen geheißen. Die ganze Ausstellung bietet ungewöhnlich viel Anregung.
— Um die Weihnachtszeit war in der päpstlichen Nunziatur das neue
Papstbildnis vom Grafen B. Lippay ausgestellt, das viele Anerkennung fand,
ja Bewunderung erregte.
 
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