* Im schreikroHen Meer!
Ziegeirot
Ueber uns segnet der Tod
Säender Tod!
Untreu
Dein Lächein weint in meiner Brust
Die glutverbissnen Lippen eisen
Im Atem wittert Laubweik!
Dein BHck versargt
Und
Hastet poiternd Worte drauf.
Vergessen
Bröckeln nach die Hände!
Frei
Buhit dein Kleidsaum
Schienkrig
Drüber rüber!
Siede
Meine Schwäche hä!t sich mühsam
An den eigenen Händen
Mit meinen Kräiten
Spieien deine Knöche!
FangebaH!
!n deinern Schreiten knistert
Hin
Mein Denken
, Und
Dir im Auggrund
Stirbt
Mein ietztes WiH!
Dein Hauch zerweht mich
SchreivoH in Veriangen
Kühl
Kränzt dein Tändeln
In das Haar
Sich
Lächelnd
Meine Oual!
Verhalien
Meine Augen schwingen in deinen Brüsten
Dein Haupt beugt glutrot weichen Schatten
Drauf!
Der Atem schämigt hemmend
Das Gewoge.
Mich krällt die Gier
Und herbe Dünste bluten
In seinen Ketten
Rüttelt
, Der Verstand.
Fein
Knifft die Scheu die Lippen lächelnd
Kälter!
Mein Arm nur
Faßt
Im Schwung
Dich
Heißer heiß!
Vorübergehn
Das Haus flackt in den Sternen
Mein Schritt verhält und friert.
In deinem Schoße schläft mein Hirn.
Mich fressen Zweifel!
,VoII
Schattet deine Büste in dem Fenster
Das Spähen hüllt mich lautlos
Die Sterne streifeln glühes Eisen
Mein Herz
Zerkohlt!
An deinem Fenster
Eist
Ein Windhauch Asche.
Die Füße tragen weiter leere Last!
Wankelmut
Alein Suchen sucht!
Viel tausend wandeln Ich!
Ich taste Ich
Und fasse Du
Und halte Dich!
Versehne Ich!
Und Du und Du und Du
Viel tausend Du
Und immer Du
AHwege Du
Wirr
Wirren
Wirrer
Immer wirrer
Durch
Die Wirrnis
Du
Dich
Ich!
Freudenhaus
Lichte dirnen aus den Fenstern
Die Seuche
Spreitet an der Tür
Und bietet Weiberstöhnen aus!
Frauenseelen schämen grelle Lache!
Mutterschöße gähnen Kindestod!
Ungeborenes
Geistet
Dünstelnd
Durch die Räume!
Scheu
Im Winkel
'Schamzerpört
Verkriecht sich
Das Geschlecht!
Der Weg
durch die Nacht
Roman
Aage von Kohl
Fortsetzung
Er trat schnell einen Schritt in die Mitte der
Stube zurtick, drehte den Kopf mit einem Ruck
nach Iinks, und ward dann von einer wunderbar
tiefen und beruhigenden Ueberzeugung ergriffen,
daß es zweifelsohne Annie gewesen war! selbst-
redend war es Annies Bild dort an der Wand ge-
wesen, dies lebensgroße Gemälde — das der
Professor vorhin so lange und bewundernd ange-
starrt hatte, als sie hier nach dem Tee wieder
hereingekommen waren —: sicher war es Annie
dort, die eben diesen Namen: Karl Mumme, ge-
flüstert hatte!
Ganz sicher!
VöIIig einleuchtend!
Sie war ja wirklich auch die einzige Dritte, die
überhaupt den Namen dieses Mannes kennen
konnte!
Und damit war es ja auch gegeben, daß nichts
Böses damit gemeint war — damit, daß dies Wort
ihm ins Ohr gehaucht wurde!
Weit davon entfernt! Annie, die nie einem
lebenden Wesen etwas anderes a!s Gutes getan
hatte! Die aus dem Reichtum ihres Herzens, rest-
Ios älles liebte, was da lebte — nein, sie hatte
sicher nichts Schlimmes damit beabsichtigt, weder
gegen Karl Mumme noch gegen ihn!
Gott sei gepriesen, liebe Annie, auch gegen
mich warst du ein Leben lang so unsagbar gut,
kein anderer auf der Welt weiß, was für Fähig-
keiten du besaßest, einem Menschen etwas zu
schenken, niemand in der ganzen Welt, außer mir
selbst, war glückselig genug, in vollem Maße zu
erfahren, wie unerschöpflich reich, wie schwin-
delnd froh, wie brennend gut und klug, wie tapfer
und wie sanft du warst!
Nein, Annie hatte nur Gutes im Sinn gehabt
— indem sie ihm diesen Namen nannte! Sie wollte
ihn zweifelsohne nur in den ganz unfeindseligen
Gefühlen bestärken, die er schon im voraus diesem
.... diesem Menschen gegenüber hegte! Ach,
aber das war ja an und für sich gar nicht nötig,
trotzdem! Oder wußte er denn nicht besser als
irgend ein anderer, hatte er denn nicht geschrieben
und in seinen sämtlichen Büchern wieder und
wieder nachgewiesen: daß alles, was uns zustößt,
daß ausnahmslos alles, was wir alle zusammen
sagen und tun und zu tun unterlassen, daß da-
hinter ein tiefer, tiefer Zweck liegt — und der hat
immer und überall recht! . . .
Er ging langsam im Zimmer hin und her —
indem er ganz nahe an den mit Bücherborten be-
kleideten Wänden, regelmäßig und in rechten
Winkeln durch die Stube herumwanderte.
Biieb jetzt dahinten vor jenem Stuhl stehen,
auf dem von Geer vor einigen Stunden gesessen
hatte — und hörte da plötzlich in seinen Ohren die
Gedanken, die er eben gedacht hatte —:
Recht??
Hatten wir alle zusammen recht — in allem,
was wir tateu?
Recht! wie so denn, wie war es denn möglich,
vielleicht also auch .... Karl Mumme . . . .
recht!? ....
Er warf jäh den Nacken hintenüber, lachte kurz
und bitter, Iieß sich auf einen Stuhl gleiten, wandte
sich mit einem Ruck nach dem Gemälde um, das
dort links zwischen den Bücherborten hing —:
Annie A'Iorton! in einem wunderbaren Ge-
wand, einem seegrünen, ausgeschnittenen Gewand,
so leicht, so unsagbar fein — mit einem Hinter-
grund von tiefem, tiefem Blau! Siehe, aus dem
Grün und Blau eines Afittelmeeres erhoben sich
ihre schaumweißen Schultern, die Schönheit und
Süße des Halses, das strahlende und hohe Antlitz
unter dem Gold des Haares! . . . Noch eine Weile
starrte er mit verhaltenem Atem stumm und hun-
gernd zu der Pracht des Bildes hinüber — dann
drehte er langsam den Kopf wieder ab, fühlte sich
qualvoll müde; seine Arme und Beine schmerzten
in allen Muskeln, die Knochen waren wie ent-
zündet, sie lagen und wogen so zentnerschwer, da
drinnen — brannte äußerdem sein Mark, war da
ein glühender Draht, war da ein kochender Eiter
aus Blei und Säure in allen seinen Adern? Töd-
lich ermattet war er, todesmüde, bange — allein!
Karl Alumme?
Dennoch . . . recht!?
Ach ja. Auch Karl Mumme. Sicherlich auch
er!
Auch er besaß ja keine anderen Mittel, um das
geheimnisvolle Wachstum seines Ichs zu er-
reichen — äls die, die er angewandt hatte! ....
Einen Augenblick schien es Morton, als könne
er auf einmal diesen Menschen vor sich sehen, leib-
haftig, wenn auch in einiger Entfernung —:
Riesengroß, das dunkle Haar und der Bart wie
Ruß über der kreideweißen Haut hernieder, über
einer von Hunger, von Krankheit, von Wahnsinn
und Eingesperrtheit ausgeblichenen Haut, einer all-
zu weißen, einer rotgesprenkelten Haut, gar zu
stramm über diefsen gigantischen, mißgeformten
Schädel gespannt — der ohne Hals von den niäch-
tigen Schultern getragen wurde!
Glaß zwinkerte schaudemd und neugierig mit
den Augen, mochte ihn wohl ein klein wenig näher
betrachten, dies Geschöpf, dessen Gräßlichkeit
nicht seinesgleichen hatte —:
43
Ziegeirot
Ueber uns segnet der Tod
Säender Tod!
Untreu
Dein Lächein weint in meiner Brust
Die glutverbissnen Lippen eisen
Im Atem wittert Laubweik!
Dein BHck versargt
Und
Hastet poiternd Worte drauf.
Vergessen
Bröckeln nach die Hände!
Frei
Buhit dein Kleidsaum
Schienkrig
Drüber rüber!
Siede
Meine Schwäche hä!t sich mühsam
An den eigenen Händen
Mit meinen Kräiten
Spieien deine Knöche!
FangebaH!
!n deinern Schreiten knistert
Hin
Mein Denken
, Und
Dir im Auggrund
Stirbt
Mein ietztes WiH!
Dein Hauch zerweht mich
SchreivoH in Veriangen
Kühl
Kränzt dein Tändeln
In das Haar
Sich
Lächelnd
Meine Oual!
Verhalien
Meine Augen schwingen in deinen Brüsten
Dein Haupt beugt glutrot weichen Schatten
Drauf!
Der Atem schämigt hemmend
Das Gewoge.
Mich krällt die Gier
Und herbe Dünste bluten
In seinen Ketten
Rüttelt
, Der Verstand.
Fein
Knifft die Scheu die Lippen lächelnd
Kälter!
Mein Arm nur
Faßt
Im Schwung
Dich
Heißer heiß!
Vorübergehn
Das Haus flackt in den Sternen
Mein Schritt verhält und friert.
In deinem Schoße schläft mein Hirn.
Mich fressen Zweifel!
,VoII
Schattet deine Büste in dem Fenster
Das Spähen hüllt mich lautlos
Die Sterne streifeln glühes Eisen
Mein Herz
Zerkohlt!
An deinem Fenster
Eist
Ein Windhauch Asche.
Die Füße tragen weiter leere Last!
Wankelmut
Alein Suchen sucht!
Viel tausend wandeln Ich!
Ich taste Ich
Und fasse Du
Und halte Dich!
Versehne Ich!
Und Du und Du und Du
Viel tausend Du
Und immer Du
AHwege Du
Wirr
Wirren
Wirrer
Immer wirrer
Durch
Die Wirrnis
Du
Dich
Ich!
Freudenhaus
Lichte dirnen aus den Fenstern
Die Seuche
Spreitet an der Tür
Und bietet Weiberstöhnen aus!
Frauenseelen schämen grelle Lache!
Mutterschöße gähnen Kindestod!
Ungeborenes
Geistet
Dünstelnd
Durch die Räume!
Scheu
Im Winkel
'Schamzerpört
Verkriecht sich
Das Geschlecht!
Der Weg
durch die Nacht
Roman
Aage von Kohl
Fortsetzung
Er trat schnell einen Schritt in die Mitte der
Stube zurtick, drehte den Kopf mit einem Ruck
nach Iinks, und ward dann von einer wunderbar
tiefen und beruhigenden Ueberzeugung ergriffen,
daß es zweifelsohne Annie gewesen war! selbst-
redend war es Annies Bild dort an der Wand ge-
wesen, dies lebensgroße Gemälde — das der
Professor vorhin so lange und bewundernd ange-
starrt hatte, als sie hier nach dem Tee wieder
hereingekommen waren —: sicher war es Annie
dort, die eben diesen Namen: Karl Mumme, ge-
flüstert hatte!
Ganz sicher!
VöIIig einleuchtend!
Sie war ja wirklich auch die einzige Dritte, die
überhaupt den Namen dieses Mannes kennen
konnte!
Und damit war es ja auch gegeben, daß nichts
Böses damit gemeint war — damit, daß dies Wort
ihm ins Ohr gehaucht wurde!
Weit davon entfernt! Annie, die nie einem
lebenden Wesen etwas anderes a!s Gutes getan
hatte! Die aus dem Reichtum ihres Herzens, rest-
Ios älles liebte, was da lebte — nein, sie hatte
sicher nichts Schlimmes damit beabsichtigt, weder
gegen Karl Mumme noch gegen ihn!
Gott sei gepriesen, liebe Annie, auch gegen
mich warst du ein Leben lang so unsagbar gut,
kein anderer auf der Welt weiß, was für Fähig-
keiten du besaßest, einem Menschen etwas zu
schenken, niemand in der ganzen Welt, außer mir
selbst, war glückselig genug, in vollem Maße zu
erfahren, wie unerschöpflich reich, wie schwin-
delnd froh, wie brennend gut und klug, wie tapfer
und wie sanft du warst!
Nein, Annie hatte nur Gutes im Sinn gehabt
— indem sie ihm diesen Namen nannte! Sie wollte
ihn zweifelsohne nur in den ganz unfeindseligen
Gefühlen bestärken, die er schon im voraus diesem
.... diesem Menschen gegenüber hegte! Ach,
aber das war ja an und für sich gar nicht nötig,
trotzdem! Oder wußte er denn nicht besser als
irgend ein anderer, hatte er denn nicht geschrieben
und in seinen sämtlichen Büchern wieder und
wieder nachgewiesen: daß alles, was uns zustößt,
daß ausnahmslos alles, was wir alle zusammen
sagen und tun und zu tun unterlassen, daß da-
hinter ein tiefer, tiefer Zweck liegt — und der hat
immer und überall recht! . . .
Er ging langsam im Zimmer hin und her —
indem er ganz nahe an den mit Bücherborten be-
kleideten Wänden, regelmäßig und in rechten
Winkeln durch die Stube herumwanderte.
Biieb jetzt dahinten vor jenem Stuhl stehen,
auf dem von Geer vor einigen Stunden gesessen
hatte — und hörte da plötzlich in seinen Ohren die
Gedanken, die er eben gedacht hatte —:
Recht??
Hatten wir alle zusammen recht — in allem,
was wir tateu?
Recht! wie so denn, wie war es denn möglich,
vielleicht also auch .... Karl Mumme . . . .
recht!? ....
Er warf jäh den Nacken hintenüber, lachte kurz
und bitter, Iieß sich auf einen Stuhl gleiten, wandte
sich mit einem Ruck nach dem Gemälde um, das
dort links zwischen den Bücherborten hing —:
Annie A'Iorton! in einem wunderbaren Ge-
wand, einem seegrünen, ausgeschnittenen Gewand,
so leicht, so unsagbar fein — mit einem Hinter-
grund von tiefem, tiefem Blau! Siehe, aus dem
Grün und Blau eines Afittelmeeres erhoben sich
ihre schaumweißen Schultern, die Schönheit und
Süße des Halses, das strahlende und hohe Antlitz
unter dem Gold des Haares! . . . Noch eine Weile
starrte er mit verhaltenem Atem stumm und hun-
gernd zu der Pracht des Bildes hinüber — dann
drehte er langsam den Kopf wieder ab, fühlte sich
qualvoll müde; seine Arme und Beine schmerzten
in allen Muskeln, die Knochen waren wie ent-
zündet, sie lagen und wogen so zentnerschwer, da
drinnen — brannte äußerdem sein Mark, war da
ein glühender Draht, war da ein kochender Eiter
aus Blei und Säure in allen seinen Adern? Töd-
lich ermattet war er, todesmüde, bange — allein!
Karl Alumme?
Dennoch . . . recht!?
Ach ja. Auch Karl Mumme. Sicherlich auch
er!
Auch er besaß ja keine anderen Mittel, um das
geheimnisvolle Wachstum seines Ichs zu er-
reichen — äls die, die er angewandt hatte! ....
Einen Augenblick schien es Morton, als könne
er auf einmal diesen Menschen vor sich sehen, leib-
haftig, wenn auch in einiger Entfernung —:
Riesengroß, das dunkle Haar und der Bart wie
Ruß über der kreideweißen Haut hernieder, über
einer von Hunger, von Krankheit, von Wahnsinn
und Eingesperrtheit ausgeblichenen Haut, einer all-
zu weißen, einer rotgesprenkelten Haut, gar zu
stramm über diefsen gigantischen, mißgeformten
Schädel gespannt — der ohne Hals von den niäch-
tigen Schultern getragen wurde!
Glaß zwinkerte schaudemd und neugierig mit
den Augen, mochte ihn wohl ein klein wenig näher
betrachten, dies Geschöpf, dessen Gräßlichkeit
nicht seinesgleichen hatte —:
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