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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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2. Heft
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Kekulé von Stradonitz, Stephan: Das Turnier zu Brüssel im Sommer 1905
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0053

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2. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

39

So ist die Aufführung im wesentlichen wohl
nur von zufällig' gerade im laufenden Sommer
nach der Flandrischen Küste reisenden Bade-
gästen oder die Weltausstellung zu Lüttich be-
suchenden Kaufleuten und Industriellen aus
Deutschland gesehen worden, nicht von Fach-
männern der Waffenkunde und Wappenkunde,
nicht von Forschern auf dem Gebiet der Kostüm-
geschichte, nicht endlich von Bühnenleitern. Letz-
teren z. B. wäre ein Besuch der Turnierauf-
führung' sehr dienlich gewesen, damit an den
deutschen Bühnen in Zukunft nicht fortgesetzt
solche Fehler weiter gemacht werden, wie ich sie
in meinem Aufsatz „Die Wappenkunst auf der


Bühne“6) eingehend nachgewiesen habe und rügen
mufste.
Ich fasse zusammen: was geboten worden ist,
war ein waffenkundliches und wappenkundliches
Fest gröfsten Stiles, ein kulturgeschichtlicher Aus-
schnitt, ein Rückblick in das Zeitalter des aus-
gehenden Rittertumes. Eine Quelle des Genusses
für das schaulustigePublikum, aber auch der Be-
lehrung für die Fachwelt. Deshalb wäre es auch
nur zu loben, wenn die, wie ich hörte, vorhandene
Absicht festgehalten und ausgeführt würde, das
Ganze in einer umfangreichen, nach wissenschaft-
lichen Gesichtspunkten gearbeiteten, mit Bildern
reich ausgestatteten, ganz ausführlichen amtlichen
Veröffentlichung der Zukunft zu erhalten.

Noch ein Umstand scheint mir aber er-
wähnenswert.
Dafs nämlich die Wirkung der Festaufführung
auf das vaterländische Gefühl jedes Belgiers eine
grofse und nachhaltige gewesen sein mufs, liegt
auf der Hand. Ist doch in der Geschichte von
dessen Vaterlande das burgundische Zeitalter
gerade das grofsartigste gewesen. Von diesem
Gesichtspunkte aus wäre es aber recht sehr
zu wünschen, dafs es auch in Deutschland ein-
mal zu einer solchen Turnieraufführung käme,
der nur auch die gleiche Vollkommenheit und
das gleiche Gelingen gewünscht werden müfsten.
Dafs die Kosten mindestens gedeckt werden
können, wenn nur die Anordnung des Ganzen


eine geschickte ist, hat das Brüsseler Beispiel
bewiesen. Die Kosten dürften nämlich dort eine
halbe Million Franken betragen, diese Summe
aber auch nicht überstiegen haben. Dafs der
Ertrag der vier Vorstellungen ein höherer war
und noch ein namhafter Überschuhs wohltätigen
Zwecken überwiesen werden konnte, wurde mir
glaubhaft versichert.
Allerdings verfügt Belgien und seine Llaupt-
stadt in dem „Grand Hall du Cinquantenaire“,
einem Teile des Ausstellungsgebäudes von 1880/97,
über einen gedeckten Raum, in dem nicht nur
über zehntausend Zuschauer vorzügliche Plätze
finden, sondern dessen Grundfläche es auch er-
laubte, einen Turnierplatz einzurichten, der einem
wirklichen der alten Zeit kaum nachgestanden
haben mag.

6) „Bühne und Welt“, Nr. 18 (zweites Juniheft) von 1905.
 
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