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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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3. Heft
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Feldhaus, Franz Maria: Was wissen wir von Berthold Schwarz?, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0082

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68

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

IV. Band.

Resultat seiner umfassenden Nachforschungen
zukommen liefs.
In dem „Memorieboek der Stad Ghant“
steht die Phrase von dem Büchsenmönch
beim Jahr 1393, nicht bei 13132). Die Hand-
schriften dieses Memorieboek reichen alle
nicht vor das 15. Jahrhundert zurück. Das
Manuskript S. G. (= Saint Genois, Name des ehe-
maligen Besitzers, Baron St. Genois), in dem die
Phrase steht, ist von den gesamten Hand-
schriften das am wenigsten zuverlässige3),
Renard liefs sich durch den damaligen
Professor an der Universität, Lenz, ver-
leiten, jene Behauptung ohne weitere
Quellenstudien zum Druck zu bringen. Als
Lenz hernach die »Stelle von 1313 beweisen
sollte, konnte er nicht mehr wiederfinden,
was er ehemals glaubte gesehen zu haben.
So entstehen Geschichtslügen. Mir tut es
sehr leid, zu deren Wiederbelebung beigetragen
zu haben. Dem hochw. Herrn Bosmans danke
ich hier für seine gründliche Nachforschung',
denn die Aufserungen der Herren Victor v. d.
Haegher, Archivar der Stadt Gent, Ferdinand v.
d. Llaegher und Paul Bergmans, Bibliothekare der
Universität Gent, bestätigen nachträglich, dafs an
der ganzen Behauptung über einen Büchsen-
mönch von 1313 kein wahres Wort ist.
Oskar Guttmann-London veröffentlichte in der
„Zeitschr. f. angewandte Chemie“ (XVII. Jahrg.
1904, Heft 31, S. 1062) die Skizze einer Feuerwaffe
vom Jahre 1326. Ich teile hier mit, was Guttmann
darüber sagt:
Das reich illuminierte Manuskript „De officiis
regum“4) der Christchurch-Bibliothek zu Oxford,
verfafst von Walter de Millemete, enthält auf der
letzten Seite eine reichgeschmückte Textum-
rahmung' und am unteren Rande die Abbildung
eines flaschenförmigen Geschützes, das auf einer
ITolzbank ruht.
Die Form ist die einer antiken Urne. Sie
ist verschlossen durch einen mit einer Kug'el am
unteren Ende versehenen Pfeile und ein Krieger
in voller Rüstung ist im Begriffe, dieses Geschütz

2) Maatschappy der Vlaemsche Bibliophilen, 2iime sbrie,
No. 15, T. I, p, 126.
3) Memoire sur des documents faux relatifs aux an-
ciens peintres, sculpteurs et graveurs flamands, par V. v. d.
Haegher... in: „Mdmoires couronnbs et autres Mdmoires“,
publids par l’Academie Royale de Belgique, s6rie in 8°,
T. LVIII, 1899 (Chap. IV, l’Iconophile Delbecq).
4) Anhang: „Hic incipiunt rubrice capitulorum huius
libri de nobilitatibus sapienciis et prudenciis regum editi ad
honorem illustris domini Edwardi dei gracia Regis anglie
incipientis regnare Anno domini ab incarnacione Millesimo
Tricentesimo Visesimo Sexto“. Das Jahr 1326 ist alter Stil,
also 1327 n. St.

mit einer glühenden Stange abzufeuern, um damit
ein Schlofstor zu sprengen.
„Dies gibt uns“, sagt Guttmann, „einerseits ein
authentisches und das älteste Datum für den
Gebrauch des Schiefspulvers, und anderer-
seits eine interessante Abbildung der frü-
hesten Geschütze, sowie der Art, wie die-
selben benutzt wurden.“
Ich kann mich nicht entschliefsen, diese
Malerei als „das älteste Dokument zur Geschichte
des Schiefspulvers“ auszugeben, wie Guttmann es
tut, zumal nicht, ehe die ganze Malerei veröffent-
licht ist, was man noch von Oxford aus verboten
(!) hat. Je vorsichtiger wir an diese neue „älteste“
Quelle zur Büchsenfrage herantreten, um so
gröfser wird die Freude sein, wenn sie sich als
echt erweist. Kennen wir in Malereien nicht
genug Fälschungen? Gibt es nicht Malereien,
die jünger sind wie der Text, den sie begleiten?
Hat man nicht an manchen Ikonographien lange,
oft jahrhundertelang' gemalt? Und nun für diesen
speziellen Fall, ist jenes Oxforder Manuskript
nicht etwa eine wortgetreue jüngere Kopie einer
Urschrift von 1326? Kann jene Schlufsmalerei
nicht etwa auf eine leere Ecke nachträglich an-
gebracht worden sein ?
Ich möchte Herrn Guttmann keineswegs zu
nahe treten, weil er aber durch diesen Fund die
bekannte Stelle eines Geschützes in der Barbour-
schen Chronik von 13755) zu stützen sucht, sehe
ich weniger optimistisch, wie er zum Schlüsse
seines Artikels tut, indem er sagt:
„Soviel scheint nun sicher, dafs die Er-
kennung der treibenden Kraft von schiefspulver-
ähnlichen Mischungen zwischen den Jahren 1313
und 1325 erfolgt sein mufste. Ich halte es als
authentisch sichergestellt, dafs Berthold Schwarz
die Geschütze erfunden hat, nur mufs das Datum
der Erfindung viel weiter zurückgesetzt werden,
als 1353, wie sein Monument in Freiburg angibt6).
Wie das Geschütz nach England kam, darüber
habe ich vorläufig nur eine Vermutung. Eduard III.
war bekanntlich im Jahre 1338 in Coblenz, um
mit König Ludwig dem Bayer ein Bündnis gegen
Frankreich zu schliefsen, und die Geschütze,
welche er in der Schlacht von Crecy verwendete,
mögen ja von diesem Besuche herstammen. Aber
im Jahre 1326 kannte man auch schon Kanonen,
und die wurden nach meiner Ansicht von den
niederdeutschen Soldaten Wilhelms von Hennegau

5) „Dafs man an dem Tage (1327) zwei Neuigkeiten
sah, die bisher nicht in Schottland waren, die eine Wappen
für Helme, die andere Kriegsgeschütze (crakys of wer),
welche sie nie vorher gehört hatten.“
6) Das Freiburger Monument sagt übrigens 1354, nicht
1353-
 
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