Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

DOI Heft:
3. Heft
DOI Artikel:
Feldhaus, Franz Maria: Was wissen wir von Berthold Schwarz?, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0083

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

69

mitgebracht, welche König Eduard II. Gemahlin
halfen, diesen zu stürzen.“
„Sie sehen“, schliefst Guttmann seinen Aufsatz,
„wie selbst in jenen Zeiten sch wierigenVerkehrs eine
deutsche Erfindung sich rasch verbreiten konnte.“
Wo aber bleibt der Beweis für die deutsche
Erfindung, für Bertholds Erfindung, zwischen
1313 und 1325? Ich hoffe ja auch, dafs die Sache
so ist, wie Guttmann sagt, aber wir müssen da
doch tiefer in die Materie eindringen, statt glatte
Schlüsse zu ziehen7).
Wenn ich etwas beibringen darf, was Gutt-
manns Ansicht zu stützen imstande wäre, dann ist
es eine Stelle, die gerade Guttmann nicht nennt.
Guttmann sagt nämlich (1. c., S. 1061): „An
einwandfreien Dokumenten (für die Kenntnis der
Büchsen im 14. Jahrhundert) bestehen nur fol-
gende.“ Dann zählt er von 1338 bis 1349 sieben
Stellen auf. Darunter vermisse ich die von
Muratori (Rer. Italicar. scriptor. T. 24 S. 1228),
Angelucci (Delle Artiglierie da fuoco [Turin 1862],
S. 58) und andern8) wiedergegebene Stelle aus
der Chronik von Cividale del Friuli in Venetien,
verfafst von Juliano Canon. Cividatense. Darin
heifst es bekanntlich, dafs 1331 die Herren von Krus-
berg und von Spilimberg, zwei deutsche Ritter, Ge-
schütze gegen die Stadt gerichtet: „ponentes vasa
versus Civitatem ... et extrinseci balistabant cum
sclopo versus Terram ... et nihil nocuit“.
Was Guttmann aus dem Oxforder Manuskript
von 1326 abbildet, sieht ja wie ein „vas“ aus, oder
wie ein „pot de fer“, um Feuerpfeile zu
schiefsen, von dem wir 1338 aus Rouen hören9).
Wo aber finden wir irgend einen weiteren Anhalts-
punkt für die Sicherstellung der Oxforder Malerei ?
Gerade weil Guttmann einem extremen
Forscher der Feuerwaffenfrage entg'egengetreten
ist, darum wäre von ihm weiteres Material über
das Geschütz von 1326 zu wünschen. Guttmann
trat nämlich gegen die Ansicht von Gustav
Oppert-Berlin (früher Madras) auf, der aus den
Gentoo-Gesetzen Indiens und der Sukraniti schlofs,
dafs die Inder Schiefspulver und Gewehre gekannt
hätten10). Um diesen in waffenhistorischen Kreisen
wenig bekannt gewordenen Streit zu klären und
zu schlichten, hat Paul Diergart-Berlin die Herren
Oppert und Guttmann in einen Briefwechsel ge-

7) Den Guttmannschen Artikel habe ich eingehend wider-
legt in: Zeitschrift für angewandte Chemie (1906, S. 465—67).
8) Jähns S. 775; Köhler III, 1. 225; v. Romocki I, 81;
Zeitschr. f. histor. Waffenk. I, 115—116.
9) Köhler III, 1. 228; Zeitschr. f. histor. Waffenk. I. 116;
Guttmann S. 1061; Thierbachs Festschrift S. 40.
10) Oppert, On the weapons, army Organisation and
political maxims of the ancient Hindus (Madras 1880).

zogen11), der, trotz manch persönlicher Bemerkung,
viel Anregendes für den Waffenhistoriker enthält.
Auf der Meraner Naturforscherversammlung 1905
sprach Diergart hieran anschliefsend über die
Frage „Feuerwaffen und Schiefspulver im alten
Orient“ und g'ab ein Bild, wie die Untersuchung
auf den ganzen Orient auszudehnen sei.
Suchen wir nach weiteren Daten in Europa.
Dafs hier Schiefspulver um 1330 bis 1340 zu-
erst im Gebrauch gewesen, sagt — jedoch mit
Unrecht — der Titel einer prachtvollen kriegs-
technischen Bilderhandschrift des Paulo Santino
mit dem Titel: „Tractatus de re militari et de
machinis bellicis . . . scriptus sub eo tempore, quo
primum in usu fuit pulvis tormentarius)
hoc est circa 1330—1340“ (Manuscrit de Con-
stantinople, Bibi. Nation. Paris, cod. lat. 7239).
Jähns (S. 279—282) befafst sich mit dem Inhalte
des Kodex, zeigt, dafs der Verfasser auf den
Cod. lat. 197/2 der Münchner Hof- und Staats-
bibliothek von 1438 zurückgreift und dafs die
Entstehung um 1450, nicht um 1335 fallen mufs.
Der Verfasser des Münchner Kodex ist nämlich
Mariano von Siena12) und Berthelot13), der beide
Handschriften benutzte, meint gar, auch das
prächtige Manuscrit de Constantin'ople rühre von
Mariano unter dem Pseudonym Santino her.
Wertvoll ist eine Bemerkung, die Francesco
Petrarca vor 1344 in dem Abschnitt „de machinis“
seines Dialogs „De remediis utriusque fortunae“
macht. In der Ausgabe Genua 1640 (S. 303) lautet
die Stelle nach Jähnsscher Übersetzung (1. c. S. 228):
„von metallenen Eicheln, die ein Flammenstofs unter
schrecklichem Donner entsendet. Es war nicht ge-
nug, dafs der erzürnte Gott vom Plimmel blitzte;
auch das Menschlein mufs von der Erde donnern!
Seine Wut ahmte den Blitz nach, und was sonst aus
den Wolken geschleudert wurde, das wirft man
nun aus einem hölzernen, aber höllischen
Instrument . . . Diese Pest war bisher noch so
selten, dafs man sie wie ein Wunder bestaunte, nun
aber ist sie so gemein, wie jede andere Art von
Waffen“. An irgend eine Schleudermaschine
kann der Dichter nicht denken, denn weder waren
diese „bisher noch so selten“, noch konnten sie
„donnern“. Auch eine Bailiste, um griechisches
Feuer zu schleudern, kann damals in Italien kein
„Wunder“ mehr gewesen sein. (Über griechisches
Feuer vergleiche v. Romocki 1. c. Bd. IS. 5.)

n) Mitteilungen zur Geschichte der Medizin und der
Naturwissenschaften 1905, S. 421 — 437.
12) Vgl. T. Beck, Beiträge zur Geschichte des Ma-
schinenbaues (Berlin 1899) S. 283—292.
,s) Annales de Chimie et Physic, 6!®me sörie, T. XXI Vr
(Paris 1881).
 
Annotationen