Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

DOI Heft:
11. Heft
DOI Artikel:
Diener von Schönberg, Alfons: Das Fürstliche Zeughaus zu Schwarzburg: Festschrift zur Hauptversammlung des Vereins für historische Waffenkunde in Blankenburg 24. bis 26. Juni 1908
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0382

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
11. HEFT

A. DIENER-SCHÖNBERG, DAS FÜRSTLICHE ZEUGHAUS ZU SCHWARZBURG

353

hergestellt, an dem die Hand ihren Halt fand, und die Waffe ruhte nun wieder mehr auf der Hand,
als in der Hand, wobei sich allerdings die Schmalheit des Bügels unangenehm fühlbar machen
mufste. — Der Lauf von Nr. 902 ist 83 cm lang bei einem Kaliber von 10 mm und harmonisch zu
dem Schafte mit Laubwerk und Vögeln ziseliert. Die darauf befindliche Marke ist bei Ossbahr ab-
gebildet, ebenso wie die des Schlofses. Auch dieses ist reich ziseliert, und die Raddecke zeigt einen
Doppeladler. — Der Lauf von Nr. 903 ist nur 55 cm lang, erst achtkantig und dann rund. Am Ende,
an der Verbindung des kantigen und runden Teiles, sowie an der Mündung schmücken ihn gravierte
Messingbänder aufserdem trägt er die Jahreszahl 1598. Die Decke des Rades und der Hahnfeder sind
von graviertem Messing, auch der Hahn selbst ist mit Gravierung g-eschmückt. -— Ein ebenso reich aus-
gestattetes wie interessantes Stück ist weiter die Büchse Nr. 904 (siehe Abb. S.340). Der 1,10 m lange Lauf
ist achtkantig, geg'en die Mündung zu rund und hat ein Kaliber von 19 mm. Das Schlofs hat einen
reich gravierten Hahn, Sicherung durch einen auswendig angebrachten Hebel, der den Fufs des Ab-
zuges festlegt, und eine schön durchbrochene Raddecke. Es trägt die Bezeichnung H K. 1593 (auf
dem Laufe findet sich H S 1593). Was aber das Schlofs (siehe Abb.) ganz besonders interessant macht,
ist, dafs es einer der frühesten Selbstspanner ist. Ossbahrs Beschreibung dieses Mechanismus ist
so klar, dafs sie unverändert hier Platz finden möge: „Die Spannung des Rades erfolgt durch das Vor-
wärtsdrehen des Hahnes (von der Pfanne nach der Hahnfeder), der auf einer Art Nufs befestigt
ist und dessen unterer Arm inwendig im Schlosse gegen das vordere Ende einer Zahnstange drückt.
Diese Stange greift in ein kleines Getriebe der Radwelle ein, und wird also das Rad bei Nieder-
legung des Hahnes um seine Achse gedreht. Der Kopf der eigentlichen Stange stützt sich im
gespannten Zustande gegen die kantige Fläche eines Hebels, dessen oberer Arm an das hintere
Ende der Zahnstange drückt, während die untere die Schlagfeder beim Spannen zusammendrückt.
Es fehlt deshalb die gewöhnliche Kettenverbindung zwischen Schlagfeder und Radwelle.“ Da ein
Radschlüssel überflüssig ist, ragt auch die Rad welle nicht wie sonst hervor. Der Schaft ist reich
und geschmackvoll mit graviertem Elfenbein in Form von Ranken, Laubwerk, Masken und Tieren
eingelegt. — Ein ganz ähnliches Selbstspannerschlofs, vielleicht von demselben Meister, besitzt die
Büchse Nr. 905 (siehe Abb.). Nur ist hier das Rad blau angelaufen, was zu dem Messing der
durchbrochenen Raddecke schön harmoniert, und um das Rad zu spannen, mufs erst ein Stift in
einen Einschnitt des Hahnes geschoben werden. Diese beiden Selbstspanner stammen übrigens aus
der ehemaligen Rüstkammer zu Rudolstadt, und das Inventar von 1686 sagt von ihnen: „Wird mit
dem Hahn gespannt“. Der mit acht Zügen versehene Lauf ist in seiner Form ganz ähnlich wie der
vorhergehende, aber nur 69,5 cm lang. Aufserordentlich originell ist aber die Verbeinung des
Schaftes, die in verschiedenen Szenen eine „verkehrte W elt“ zur Darstellung bringt. So sehen wir
einen Wagen, auf dem Hasen von der Jagd zurückkehren, und Hasen, die einen Jäger mitsamt
seinem Hunde braten, nebst der Inschrift: „Unns Hassen ist ein Schanz g-eraten, das wir Unns hund
und Jeger bratten“. Aufser diesen drolligen Szenen sehen wir noch das Bruststück eines Mannes
mit einem Pokal und am Kolben eine Liebesszene (siehe Abb.) mit einer lautespielenden Dame. -—•
Ossbahr weist nach, dafs alle diese Szenen auf Vorbilder von Virgil Solis, Conrad Saldörffer und
Johannes Sadeler zurückzuführen sind. — Von eigenartiger Wirkung ist es, dafs der Zwischenraum
zwischen diesen Darstellungen dicht mit runden weifsen Stiften ausgefüllt und dafs das Bein
teilweise grün und gelb getönt ist. — Eine Tönung der Beineinlage, in den Farben grün, blau und
braun, finden wir auch bei der Büchse Nr. 907 (siehe Abb.). Liier sehen wir am Vorderteile des
Schaftes von Ebenholz Hasen, Hunde, einen Wolf und einen Bären in Perlmutter zwischen Blumen
eingelegt, weiterhin figürliche Darstellungen (Jagd-, Kampf- und Liebesszenen) und eine orientalisch
anmutende Stadt. Daneben finden sich noch einige Masken und ornamentale Bänder. Der Lauf
ist 72 cm lang und achteckig, das gravierte Schlofs, das als Marke ein Kleeblatt und die Buch-
staben F. M. trägt, weist keine Besonderheiten auf. — Abweichend von der Norm ist dagegen
wieder das Schlofs der Büchse Nr. 913 (siehe Abb.). Es zeigt einesteils die übliche Konstruktion
des Radschlosses, das durch den gewöhnlichen Abzug abgedrückt wird. Denselben Effekt kann
man aber auch erreichen, indem man einen aus dem Schofsblech hervorragenden Stift herauszieht.
Einem praktischen Bedürfnis dürfte diese doppelte Möglichkeit aber kaum entsprungen sein, sondern
mehr der Sucht nach Künsteleien. Hahn und Rad sind graviert, letzteres noch mit den Buchstaben
H' c ^ bezeichnet. Der 91 cm lange, achteckige Lauf trägt die Umschrift: „HALT MICH WOL
WEN ICH TREF SOL. 1608“. Der Schaft ist mit Bein eingelegt, das Delphine, Früchte usw.
zur Darstellung bringt. — Eine andere Art der Schaftverzierung finden wir bei der Büchse Nr. 943
(siehe Abb.). Hier ist, aufser etwas Schnitzerei, nur Silber verwendet, silberne Stifte, silberne Be-
 
Annotationen