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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

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12. Heft
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Reimer, Paul: Vom Schwarzpulver
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0409

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380

PAUL REIMER, VOM SCHWARZPULVER

IV. BAND

darauf eingeführten, gezogenen Hinterlader mit
Pressionsführung sehr geeigneten Pulver, da hier
der anfängliche Verbrennungsraum konstant war.
Einen erheblichen Anstofs zur Weiterent-
wickelung erhielt die Pulverfrag-e von Amerika
her. Hier hatte der Bürgerkrieg (1861 —1864)
vornehmlich durch die Belagerung von Charleston
der Artillerie neue Aufgaben bezüglich Schufs-
weite und Geschofswirkung gestellt, zugleich aber
gezeigt, dafs das bisherige Kornpulver infolge
seiner raschen Verbrennung- viel zu offensiv war,
um schweren Geschossen erhöhte Arbeitsfähig-
keit zu geben. Bereits 1861 hatte der rührige
amerikanische Artillerie-Kapitän Rodman in einer
Denkschrift klar zum Ausdruck gebracht, dafs
die Verbrennungsgeschwindigkeit des Pulvers
von der Korngröfse wesentlich abhänge und dafs
diese zu dem Geschofsgewicht und der Rohrlänge
in enge Beziehungen zu bringen sei. Die Ergeb-
nisse des Beschusses im Probiermörser gestatteten
durchaus keinen Schlufs auf das ballistische Ver-
halten des Pulvers in anderen Rohren, jedes
Pulver müsse daher in der Waffe geprüft wer-
den, für die es bestimmt sei. Diesen Ausführungen,
welche noch heute die Grundlagen der ballisti-
schen Erkenntnis sind, fügte Rodman als prak-
tisches Plilfsmittel den nach ihm benannten Gas-
druckmesser hinzu. Es war der erste brauchbare
Apparat, der über die Verbrennungsverhältnisse
des Pulvers einigermafsen Aufschlufs geben
konnte. Die Handzeichnung (Abb. 13) gibt ledig-


Abb. 13. Schema des Gasdruckmessers für Geschütze
nach Rodman.
lieh das Schema der Anordnung wieder. Man
bohrte das Rohr A im Ladungsraum B an und
verschlofs das Loch mit einem genau passenden
Stempel C von bekanntem Querschnitt. Dieser
Stempel trug am anderen Ende ein meifsel-
förmiges Messer mit dachförmiger Schneide D,
dessen Spitze auf einer weichen Kupferplatte E
aufstand. Beim Verbrennen der Pulverladung F
wirkte der entstehende Gasdruck auf den Stem-
pel C und trieb das Messer D in die Platte E.
Aus der Länge des in dieser entstandenen

Schnittes konnte man auf den höchsten Gasdruck
schliefsen, der überhaupt im Rohr beim Schufs
geherrscht hatte. Durch Anordnung mehrerer
solcher Apparate an verschiedenen Stellen des
Rohres konnte man das Anschwellen und Nach-
lassen des Gasdruckes feststellen und hatte somit
einen guten Anhalt für die Verbrennungsweise
der verschiedenen Pulversorten.
Nach Beendigung des Bürgerkrieges wurden
daher in Amerika sofort Versuche mit einem grofs-
körnigen Pulver eingeleitet, dessen einzelne
Körner durch äufseren Druck ein bedeutend
höheres spezifisches Gewicht erhielten, als durch
das gewöhnliche Verfahren der Körnung zu er-
reichen war. Es ergab sich hierbei aus rein tech-
nischen Gründen ohne weiteres ein prismatisches
Pulverkorn mit sieben Kanälen. Die Schiefs-
versuche mit diesem Pulver hatten in schweren
K alibern so günstige Ergebnisse, dafs alsbald Rufs-
land auf dem vorgezeichneten Wege folgte und
auch Preufsen gleichgeartete Versuche aufnahm.
Ausgedehnte Schufsversuche mit verschie-
denen ausländischen Pulversorten zeigten alsbald,
dafs die nötige Verminderung der Verbrennungs-
geschwindigkeit nur durch ein sehr hohes spezi-
fisches Gewicht des prismatischen Pulvers zu er-
reichen sei, und danach wurden die Pressen für
dieses Pulver konstruiert. Die Versuche indessen,
das gekörnte Pulver der gewöhnlichen Fertigung
zur Herstellung der Prismen zu benutzen, er-
wiesen sich als völlig verfehlt, da dieses Pulver
nicht dicht genug und daher elastisch war und


Abb. 14. Prismatisches Pulverkorn C/68.
in den Pressen derart federte, dafs die Stempel
teilweise abbrachen. Man mufste sich daher ent-
schliefsen, das gekörnte Pulver nochmals in Mehl-
pulver zu verwandeln, trocken zu Kuchen zu
pressen und erneut zu körnen. Erst auf diesem
umständlichen Wege gelang es, Prismen von hin-
reichender Dichtigkeit herzustellen, welche dann
auch genügende ballistische Leistungen ergaben.
Das „prismatische Pulver C/68“ wurde Ende 1868
endgültig eingeführt, es entsprach in den Ab-
messungen fast genau dem amerikanischen und
hatte sieben Kanäle (Abb. 14).
 
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