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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 4.1907/​1908

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Heft 3
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Frimmel, Theodor von: Die Inschrift auf dem Eremitenbilde von 1445 in der Galerie zu Donaueschingen
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Frimmel, Theodor von: Nochmals die Madonna Reichel von Dürer
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https://doi.org/10.11588/diglit.57691#0084

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56

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

Nr. 3.

dueller Gesichter hat schon Janitschek
in seiner Geschichte der deutschen
Malerei richtig betont, und derselbe
Autor erkannte auch den VanEyckschen
Einschlag in der Gruppe des Gottvaters
mit den Engeln. Dagegen könnte ich
mich nicht entschließen, gleichjanitschek
die Landschaft als Ganzes eine „Vedute“
zu nennen. Wenn auch das Spalentor
von Basel benützt sein dürfte, so hat man
doch gewiß keine Ansicht von Basel
vor sich. Da ist doch alles komponiert,
zusammengestellt, freilich nach Ein-
drücken, die von guter Naturbeobachtung
Zeugnis geben. Die Andeutung einer
Spiegelung im Wasser ist z. B. ein
realistischer Anlauf (die Stellen des
Bildes, um die es sich hier handelt,
sind ursprünglich). Die roten Dächer
der Stadt im Mittelgründe spiegeln sich
ein wenig im Flüßchen. Alle Einzel-
heiten sowie die Stimmung des Ganzen
sind aber auf dem Wege vom Auge
bis zur pinselführenden Hand umge-
formt, umgefärbt, ganz augenscheinlich
aus der Erinnerung wiedergegeben. Die
Landschaft ist keine „Vedute“.
Nebenbei sei auf die Stöcke der
beiden Eremiten hingewiesen; sie sind
gar eigentümlich geformt und dürften
Sammlern von derlei Dingen freudige
Aufmerksamkeit abnötigen.
Man beachte auch den Scherz, daß
der Storch eben einen Frosch aus dem
Wasser zieht.
Noch merke ich an, daß unser Bild
augenscheinlich in Tempera ausgeführt
ist, beziehungsweise in Eiweißfarbe.
Zur Beschreibung ist auch ergänzend
anzufügen, daß die Kutten der Einsiedler
grau sind, daß aber in der Landschaft
frischere Töne vorkommen. Über der
Landschaft, wie oben erwähnt, Gold-
gründ.
Die Inschrift sitzt hell, „weiß“, auf
Graubraun.
Die Größe der Tafel beträgt 1*33
zu 0’77.

NOCHMALS
DIE MADONNA REICHEL
VON DÜRER.
Nicht lange nach der Veroffent-
lichung des verriebenen Madonnenbild-
chens von Dürer aus dein Besitz des
Malers Reichel *) wurde in London aus
D. Colnaghis Besitz ein Doppelgänger
ausgestellt, ein Bildchen mit derselben
Darstellung, das angeblich das wahre
Original von Dürers Hand sein sollte.
Eine kurze Andeutung Max J. Fried-
länders im Repertorium für Kunstwissen-
schaft (XXIX, S. 586) wies auf die
Beziehungen beider Bildchen zuein-
ander hin und der vor kurzem ausge-
gebene große illustrierte Katalog**) der
Londoner Ausstellung im Burlington
Fine Art Club erlaubt durch einen
großen Lichtdruck und durch beschrei-
bende Angaben eine Überprüfung der
ganzen Angelegenheit, namentlich eine
Kontrolle der Benennung Dürer beim
Bilde in London. Dabei zeigt es sich
zunächst, daß an dem Bilde bei Colnaghi
keinerlei Beweis für die Herkunft aus
Dürers Zeit haftet. Es ist nur bis in die
Sammlung Friedrich Lippmann zurück
zu verfolgen. Lippmann, der Heraus-
geber der Zeichnungen Dürers, hätte wohl
seinen „Dürer“ publiziert — wenn er
ihn für echt gehalten hätte. Durch un-
angenehme Erfahrung in früheren Jahren
gewitzigt, hat er aber, so scheint es,
diesen „Dürer“ noch selbst klanglos
aus seiner Sammlung verschwinden
lassen, wenn das Bild nicht etwa erst
nach Lippmanns Tod in den Kunst-
handel gelangt ist. So wie so steht fest,
daß Lippmann diesen „Dürer“ nicht
veröffentlicht hat. Um 1890, als ich
Lippmanns Bilder rasch durchsah, ist
mir dort kein Dürer untergekommen.
*) Blätter für Gemäldekunde, Band II,
Heft 2 (Mai 1905).
**) „Illustrated Catalogue of early gertnan
art“, Text zu Nr. 30 und zu Tafel XVIII.
 
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