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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 4.1907/​1908

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Heft 5
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Frimmel, Theodor von: Zwei Madonnenbilder aus der Sammlung Lotmar in Bern
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Kremel, Alois: Chemische Untersuchung einer Predelle von Nicola Ragusano
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https://doi.org/10.11588/diglit.57691#0148

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120

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

Nr. 5.

oder weniger begründete Meinungs-
äußerung muß eine bestimmte Bei-
nennung vertreten. Wer aber durchaus
eine Vignette für die abgebildete Mai-
donna wünscht, mag sich Bernardino
dei Conti darunter schreiben. Die Hände
haben die ungewöhnlichen Formen,
wie sie auf leidlich gesicherten Bildern
des Bernardino dei Conti ähnlich so
vorkommen (z. B. auf dem ehemals
Zenale benannten großen Altarbild in
der Brera) und wie sie entweder durch
mangelhaftes Zeichnen aus dem Ge-
dächtnis oder durch ein nicht günstig
gestaltetes Lieblingsmodell bedingt sind.
Aus dem dunkelroten Kleid und dem
dunkelblauen Mantel ist ebensowenig
ein Schluß auf einen bestimmten Lom>
barden der Gruppe zu ziehen, wie aus
dem dunklen Hintergrund. Auch die
weich vertriebenen Halbschatten finden
sich bei vielen Lionardesken wieder.
Etwa mag man die etwas blasse, wenn-
gleich nicht blutleere Haut, die den Ge-
siebtem auf einigen anderen Bernardino--
Bildern gleichfalls zukommt, für die
Benennung des Lotmar-Bildes mit heran-
ziehen. Giampietrino, soweit sein Werk
heute zusammengestellt ist, hat wärmeres,
mehr gelbliches Fleisch. Überdies steht
Giampietrino in der Formengebung
höher als der Meister, der die Madonna
bei Lotmar gemalt hat, höher als
Bernardino dei Conti. Contis signierte
Madonna in Bergamo (Abb. bei Frizzoni:
„Le Gallerie dell'Accademia Carrara in
Bergamo“, S. 51) ist übrigens merklich
härter und plumper als die Lotmarsche
und man müßte die Madonna bei
Lotmar viel später ansetzen, in eine
reifere Zeit schieben. Die Benennung
Bernardino soll niemandem aufgedrängt
werden. Ob sie sich halten kann oder
fällt, eines bleibt sicher: es ist ein gar
liebliches Bildchen, das eine Abbildung
wohl verdient.

CHEMISCHE UNTER/
SUCHUNG EINER PRE-
DELLE VON NICOLA
RAGUSANO.
Mitgeteilt von Herrn kais. Rat Alois Kremei.
Reste einer Predelle*), von Nicola
Ragusano gemalt, die ich der Güte des
Herrn Galeriedirektors Dr. Th. von
Frimmel verdanke, gaben willkommene
Gelegenheit, Malgrund und Farben-
schichte vom Standpunkte des Chemikers
zu untersuchen. Besonders legte ich
mir die Frage vor, ob das Bild mit
Eitempera gemalt sei und ob solches
noch nach einem Zeiträume von 400
Jahren chemisch nachweisbar ist.
Es schien mir die Annahme nicht
unberechtigt, das Eiweiß hätte während
der langen, hier in Betracht kommen-
den Zeit durch verschiedene chemische
Vorgänge sich derart verändert, daß es
seine Wasserlöslichkeit verloren hätte
und sich so leicht dem Nachweise ent-
ziehen könnte. Es wurde daher bei der
chemischen Untersuchung auf diesen
Umstand Rücksicht genommen.
Einige Quadratzentimeter der Ma-
lerei samt Malgrund wurden von der
Holztafel abgehoben und in Wasser
gelegt. Der Malgrund war schmutzig-
*) Das Predellenstück ist Bestandteil der
wenigen Materialien, die ich als Anfänge
einer künftigen Sammlung für Gemäldekunde
bei mir verwahre. Es ist Geschenk des Herrn
kaiserlichen Rats E. Gerisch in Wien und
gehört zu dem Altar des Nicola Raguseo aus
der Dominikanerkirche auf der Insel Mezzo
unfern von Ragusa. (Zu Nicolaus von Ragusa
vgl. Mitteilungen der k. k. Zentralkommission
für Erhaltung und Erforschung der Kunst-
und historischen Denkmale" von 1893 und
1895, S. 122). Nicolaus von Ragusa, ein Künst-
ler, der unter venezianischem Einfluß malte,
war um 1500 tätig und schuf noch 1517 ein
Werk für die Kirche „Alle danze" (Eitelberger:
Gesammelte Schriften, IV. Band, S. 338). Zu
N. Ragusa auch die eben genannten Mit-
teilungen von 1901, S. 164.
Der Herausgeber.
 
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