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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 4.1907/​1908

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Heft 3
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Frimmel, Theodor von: Aus Friedrich Gauermanns Skizzenbuch der Sammlung Figdor
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https://doi.org/10.11588/diglit.57691#0090

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62

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

Nr. 3.

Vormärz mächtig ein, anziehend, wie
starke Magnete. So mancher studien-
reiche Sommer wurde von den da-
maligen naturbegeisterten Malern, be-
sonders von Österreichern und Bayern,
im Salzkammergut und im bayrischen
Oberland*) verbracht. Erst durch die
Maler sind diese Gegenden volkstümlich
und als Naturschönheiten berühmt ge-
worden. Nicht als ob ein Bürckel,
Waldmüller, Franz Steinfeld, Thomas
Ender, J. Höger und Friedrich Gauert-
mann mit ihren gebirgsfreundlichen
Zeitgenossen die malerischen Reize der
nördlichen Kalkalpen erst hätten ent'
decken müssen**), aber bis zu ihren
Zeiten war es noch weit beliebter, das
Studienlager in Italien aufzuschlagen.
Erst die Gauermann-Zeit findet in
den österreichisch-bayrischen Alpen ein
regelmäßiges, zahlreiches, häufiges Sich-
einstellen von Künstlern, die Land und
Leute und hauptsächlich die Bergnatur
jener Gegenden mit Stift und Pinsel
auf die Fläche bannten. Ein Blatt in
dem Gauermannschen Skizzenbuch der
Sammlung Figdor stellt solche Künstler
dar, wie sie im Freien zeichnen, malen.
Ein Älpler aus der Berchtesgadener
Gegend steht Modell. „Nordische Künst-
ler“ ist darunter in Gauermanns Hands-
schrift zu lesen und von den Namen
ist „Karmienke“ am sichersten leserlich.
Oben steht „König“, links „Moor“ oder
dergleichen.
Das Studienheft der Sammlung
*) Die Schweizer Landschaft bleibt in
diesem Zusammenhang begreiflicherweise un-
berücksichtigt. Für die Schweiz müßte weiter
zurückgegriffen werden bis auf Jos. Ant. Koch.
Diday, Calame leiten in die neuere Zeit herauf.
**) Man hat ja z. B. eine künstlerisch
aufgefaßte Ansicht von Gmunden, gemalt von
Ferdinand Runk (1746 — 1834), aus dem Jahre
1824 (im Besitz des regierenden Fürsten
Johann von und zu Liechtenstein), aber Gauer-
mann folgt ihr hart auf dem Fuße nach. Eine
Bleistiftzeichnung von 1827 stellt eine Ansicht
von Gmunden dar (Posonyische Versteigerung,
Wien 1880).

Figdor gehört, nach mehrmaligen Da-
tierungen zu schließen, dem Jahre 1832
an. Es dürfte ausschließlich in der Um-
gebung von Berchtesgaden benützt wor-
den sein, und zwar nur während eines
Aufenthaltes. Man liest mehrmals, und
zwar im Buche zerstreut, als Vermerk von
Gauermanns eigener Hand „Berchtes-
gaden“, auch „Obersee“, „Hintersee“,
„Grünsee“, „Sattelalpe“, „Im Eisbach“
und dabei mehrmals die Jahreszahl 1832,
einige Male mit beigefügter Monats-
angabe September. In „Berchtesgaden
1832“ ist die Schmiede gezeichnet, die,
variiert später, 1841 für das weitbekannte
Bild der Sammlung Arthaber benützt
worden ist. Das Gemälde befindet sich
seit 1878 in der kaiserlichen Galerie zu
Wien.*) Am 20. September 1832 wird
laut Eintragung der Hund „Waldmann“
gezeichnet, der, schlafend auf dem Boden
liegend, gerade ein bequemes Modell
für den schaffensfreudigen Künstler
abgab (Blatt 20). In „Bartolome 1832“
ist das Blatt 14 mit der Melkerin
skizziert, das anbei nachgebildet ist.
Was bei Gauermann selten ist,
sind Aktzeichnungen. Deren finden
sich vier in demselben Skizzenbuch.
Es sind männliche Akte, nach jungen
kräftigen Gestalten gezeichnet (Blatt 22,
23, 25 und 26). Viel mehr Figuren in
Volkstracht finden sich an mehreren
Stellen des Heftes eingestreut, in dem
es auch etliche Vordergrundstudien,
ferner Bäume, Felsen, Fernsichten
zu schauen gibt und das auch zwei
höchst beachtenswerte getuschte Stim-
mungsstudien enthält (Blatt 23 und
31). Nicht wenige Haustiere sind in
vollendeter Weise vom Künstler skizziert
*) Vgl. Blätter für Gemäldekunde Bd. III,
S. 71 ff. War bis 1868 bei Arthaber. 1843 laut
Katalog ausgestellt in der Wiener Akademie
(Nr. 293). Von 1868 bis 1878 bei Oelzelt. Eine
Schmiede von Gauermann, die 1833 in den
Kunsthandel gelangt ist und ohne Zweifel eben-
falls mit der erwähnten Zeichnung zusammen-
hängt, war mir bisher nicht zugänglich.
 
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