Nr. 4.
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
97
Teniers und. so fort muß man freilich
verzichten. Diese Namen sind nur durch
Kopien und Nachahmungen vertreten.
Einige beachtenswerte Seltenheiten wup
den vorgefunden und bei manchen
Bildern, denen ich vorläufig keinen
Namen geben will, ist Aussicht vor-
handen, nach langen vergleichenden
Studien zu einer bestimmten Benennung
zu gelangen.
Das älteste Werk unter den
Niederländern ist das Klappaltärchen
des Drei-Königsmeisters, des Meisters
von Utrecht. Was sich über diesen
Maler zusammenstellen ließ, ist im vor-
hergehenden Heft dieser Blätter mit-
geteilt worden. Nun hole ich die Ab-
bildung nach und einige beschreibende
Angaben, die vom Eichenbrett der
Unterlage und vom weißen Grunde,
von der alten Sprungbildung, vom aus-
gewaschenen Fleischrot und Blaugrün
in den Gewändern berichten. Über die
Verteilung der Figuren gibt die Ab-
bildung Aufschluß.
Um etwa fünfzig Jahre später fällt
das Bruchstück eines Bildes, das ganz
den Stil des Gillis Mostaert*) auf-
weist. Was da ist, bildet die linke Seite,
etwa ein Viertel von einem Breitbilde,
auf dem irgend eine auffallende, auf-
regende Szene dargestellt gewesen sein
muß. Denn die Figürchen in dem er-
haltenen Stück zeigen Haltung und Ge-
berde von neugierig aufgeregten Men-
schen, ohne daß in dem erhaltenen Stück
selbst irgend ein Anlaß zu bemerken
wäre, der die Leute aufregen könnte. Das
Stück mit der Hauptsache ist abgesägt.
Diese Vermutung wird überdies in ganz
materiellem Sinne dadurch gestützt, daß
das kleine überhöhte Bild ein quer-
gefasertes Brett aufweist. Auf tausende
von niederländischen Bildbrettchen in
Hochformat kommt gewöhnlich nur
etwa eines, das quergefasert ist. Zumeist
Über diesen bei Gelegenheit ausführ-
liche Mitteilungen.
läuft die Faserung parallel mit der
größeren Abmessung. In unserem Falle
spricht also die Darstellung und die
Faserung dafür, daß ein Stück des
Bildes fehlt, und zwar so viel, um ein
Breitbild von gewöhnlichem Format zu
erhalten. Ob eine heilige Handlung,
oder eine kriegerische Szene, oder sonst
etwas auf dem ganzen Bilde zu sehen
war, läßt sich aus dem Überbleibsel
nicht erschließen. Man blickt in eine
Stadt, in der aufgeregt agierende Leute
auf ein unbekanntes Verlorenes hin-
deuten.
Ein heiliger Hieronymus in der
Art des Jan Sanders van Hemessen
ist als altes Bild noch zu erwähnen.
Als Kopie etwa nach Willem Key
könnte das Bildnis einer alten Frau
angesehen werden, das ich in dem
Raume vorfand, wo auch der Meister
von Utrecht untergebracht war.
Niemand wird ein weiteres nettes
kleines Kupferbild übersehen, das in
echt flandrisch naturgetreuer Wieder-
gabe eine Menge Tiere darstellt: Reiher,
Papagei, Ziege, Ente, Dachs, Fuchs,
Leopard werden unter anderen bemerkt.
Rutowski teilte mir mit, daß man
C. A. Ruthardt für den Autor des
kleinen Kunststückes genommen hat,
daß er es jedoch für Van Kessel
halte. Ich konnte nur lebhaft bei-
stimmen. Jan van Kessel ist ohne
Zweifel der richtige Name für das Werk.
Es erinnert an die Tierbildchen der
Wiener Galerie, an derlei Bilder bei
der Gräfin Amadei in Wien und in
der Sammlung Alfred Stern, früher
Julius Stern ebendort. Anderes Ver-
gleichungsmaterial wird genannt in
meinen „Galeriestudien" (Neue Folge:
Von den Niederländern in der kaiser-
lichen Gemäldegalerie) und in meiner
Geschichte der Wiener Gemäldesamm-
lungen (I, S. 535).
An Abraham Janssens erinnerte
mich eine allegorische Figur mit auf-
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
97
Teniers und. so fort muß man freilich
verzichten. Diese Namen sind nur durch
Kopien und Nachahmungen vertreten.
Einige beachtenswerte Seltenheiten wup
den vorgefunden und bei manchen
Bildern, denen ich vorläufig keinen
Namen geben will, ist Aussicht vor-
handen, nach langen vergleichenden
Studien zu einer bestimmten Benennung
zu gelangen.
Das älteste Werk unter den
Niederländern ist das Klappaltärchen
des Drei-Königsmeisters, des Meisters
von Utrecht. Was sich über diesen
Maler zusammenstellen ließ, ist im vor-
hergehenden Heft dieser Blätter mit-
geteilt worden. Nun hole ich die Ab-
bildung nach und einige beschreibende
Angaben, die vom Eichenbrett der
Unterlage und vom weißen Grunde,
von der alten Sprungbildung, vom aus-
gewaschenen Fleischrot und Blaugrün
in den Gewändern berichten. Über die
Verteilung der Figuren gibt die Ab-
bildung Aufschluß.
Um etwa fünfzig Jahre später fällt
das Bruchstück eines Bildes, das ganz
den Stil des Gillis Mostaert*) auf-
weist. Was da ist, bildet die linke Seite,
etwa ein Viertel von einem Breitbilde,
auf dem irgend eine auffallende, auf-
regende Szene dargestellt gewesen sein
muß. Denn die Figürchen in dem er-
haltenen Stück zeigen Haltung und Ge-
berde von neugierig aufgeregten Men-
schen, ohne daß in dem erhaltenen Stück
selbst irgend ein Anlaß zu bemerken
wäre, der die Leute aufregen könnte. Das
Stück mit der Hauptsache ist abgesägt.
Diese Vermutung wird überdies in ganz
materiellem Sinne dadurch gestützt, daß
das kleine überhöhte Bild ein quer-
gefasertes Brett aufweist. Auf tausende
von niederländischen Bildbrettchen in
Hochformat kommt gewöhnlich nur
etwa eines, das quergefasert ist. Zumeist
Über diesen bei Gelegenheit ausführ-
liche Mitteilungen.
läuft die Faserung parallel mit der
größeren Abmessung. In unserem Falle
spricht also die Darstellung und die
Faserung dafür, daß ein Stück des
Bildes fehlt, und zwar so viel, um ein
Breitbild von gewöhnlichem Format zu
erhalten. Ob eine heilige Handlung,
oder eine kriegerische Szene, oder sonst
etwas auf dem ganzen Bilde zu sehen
war, läßt sich aus dem Überbleibsel
nicht erschließen. Man blickt in eine
Stadt, in der aufgeregt agierende Leute
auf ein unbekanntes Verlorenes hin-
deuten.
Ein heiliger Hieronymus in der
Art des Jan Sanders van Hemessen
ist als altes Bild noch zu erwähnen.
Als Kopie etwa nach Willem Key
könnte das Bildnis einer alten Frau
angesehen werden, das ich in dem
Raume vorfand, wo auch der Meister
von Utrecht untergebracht war.
Niemand wird ein weiteres nettes
kleines Kupferbild übersehen, das in
echt flandrisch naturgetreuer Wieder-
gabe eine Menge Tiere darstellt: Reiher,
Papagei, Ziege, Ente, Dachs, Fuchs,
Leopard werden unter anderen bemerkt.
Rutowski teilte mir mit, daß man
C. A. Ruthardt für den Autor des
kleinen Kunststückes genommen hat,
daß er es jedoch für Van Kessel
halte. Ich konnte nur lebhaft bei-
stimmen. Jan van Kessel ist ohne
Zweifel der richtige Name für das Werk.
Es erinnert an die Tierbildchen der
Wiener Galerie, an derlei Bilder bei
der Gräfin Amadei in Wien und in
der Sammlung Alfred Stern, früher
Julius Stern ebendort. Anderes Ver-
gleichungsmaterial wird genannt in
meinen „Galeriestudien" (Neue Folge:
Von den Niederländern in der kaiser-
lichen Gemäldegalerie) und in meiner
Geschichte der Wiener Gemäldesamm-
lungen (I, S. 535).
An Abraham Janssens erinnerte
mich eine allegorische Figur mit auf-