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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 4.1907/​1908

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Heft 1
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Frimmel, Theodor von: Friedrich Gauermann: (ein Gedenkblatt)
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https://doi.org/10.11588/diglit.57691#0038

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12

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

Nr. i.

manns Gut. Allerlei Zeitgenossen des
Künstlers waren noch am Leben, die
Pfarrbücher konnten eingesehen werden,
und in dem nahen Gutenstein waren
urkundliche Nachrichten über den
Gauermann-Hof und seine Besitzer zu
finden. Die Ausbeute, die ich machte,
war überaus reichlich. Ich verschaffte
mir überdies vom älteren Bühlmeyer,
dem Sammler und Vergolder in Wien,
eine Abbildung des Gauermann-Hauses
und arbeitete einen etwas länglichen
Artikel für die Redaktion einer illu-
strierten Wochenschrift, die aber alles
herausstrich, was nach Urkunden roch.
Dadurch wurde der Artikel gründlich
verdorben. Leiden des angehenden
Schriftstellers! Ein wenig ärgerlich über
die Verstümmelung meiner Arbeit stellte
ich die urkundlichen Angaben nochmals
zusammen für Kabdebos Kunstchronik.
Noch bevor der neue Artikel erscheinen
konnte, starb der Herausgeber; die Arbeit
erschien unkorrigiert und war wieder
nicht nach meinem Geschmack. Pech!
Einiges Material habe ich später an
Lützow abgegeben, der sich mit der
Herausgabe des Gauermannschen Ein-
nahmebuches beschäftigte und am Schluß
seiner Veröffentlichung auch meine Bei-
hilfe erwähnte (Zeitschrift für bildende
Kunst, Bd. XVIII und XIX).
In Miesenbach und Gutenstein habe
ich zwei klare Herbsttage mit freudiger
Forscherarbeit verbracht. Die Umgebung
schien noch unzerstört, wie zu Gauern
manns Tagen, als der Maler sich’s an-
gelegen sein ließ, alte malerische Bäume
vor dem Umhauen zu bewahren. Die
Natur war ihm etwas Heiliges. Er ließ
sie gerne und tief auf sich einwirken.
So lag es in seinem Gemüt. Nach der
übereinstimmenden Aussage aller, die
ich um Gauermanns Wesen und Cha-
rakter befragt habe, war der Maler zwar
im persönlichen Verkehr freundlich, aber
im Ganzen geradewegs menschenscheu.
Franz Schrambeck, der ihn von Jugend

auf kannte und erst 1857 von Miesen-
bach weggekommen war, erzählte von
Gauermann, daß er nicht gern Besuche
empfing und sogar gelegentlich solchen
entschlüpfte, die von fern hergekommen
waren. Eine eigene Stiege ließ ihn vom
Arbeitszimmer unbemerkt ins Freie ge-
langen. Die Neckereien seiner Wiener
Kollegen waren ihm zuwider.
Gauermanns einziger Gesellschafter
und Begleiter in Scheuchenstein war
nach Schrambecks Mitteilungen ein
Lehrerssohn Namens Jos. Schneider, der
in seinen Studien verunglückt war. Dieser
pflegte dem Maler seine Requisiten zu
tragen, führte dem Künstler auch einige
Male die Einrichtung und das Malzeug
mitsamt den Bilderkisten nach Wien.
Gauermann nahm die angefangenen
Werke für die Winterszeit nach der
Hauptstadt mit, da er fürchtete, sie
könnten während seiner Abwesenheit
von Scheuchenstein durch Feuer ver-
nichtet werden. Auch das Öffnen der
Kisten bei der Zollrevision an der
Linie schien ihm für die Bilder gefähr-
lich und er befestigte am Deckel ein
Schreiben für die Herren Linienbeamten
des Inhalts : „Ich bitte die Kiste nicht
zu öffnen, indem sich von mir ange-
fangene Bilder darin befinden. Fritz
Gauermann/4 Man erzählte mir, daß
diese Bitte berücksichtigt wurde, da man
wußte, wie streng Gauermann seinen
Leuten verboten hatte, die Bilderkisten
zum Einschmuggeln auch nur von wenig
steuerbarem Gut zu mißbrauchen. Gauer-
manns Rechtlichkeit war bekannt. Wohl
daher auch die Beliebtheit des Malers
in Miesenbach. Habe ich die Mitteilungen
recht verstanden, so schätzte man auch
seinen feinen Natursinn und seine schon
oben erwähnte Anhänglichkeit an alte
Sträucher und Bäume. Für die Erhal-
tung seiner Freunde aus der Pflanzen-
welt soll er sogar ein Kapital hinter-
legt haben. Als Lieblingsbaum des Malers
wurde mir Schönthalers Eiche in Dirn-
 
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