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Die Gartenkunst — 5.1903

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V, 1

DIE GARTENKUNST

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ort, während andere wieder mit dem trockensten fürlieb nähmen.
Viel zu wenig werde in der Jetztzeit die materielle Seite der
Weide gewürdigt. Grofse Massen von Weiden, die zu Binde-
zwecken Verwendung fänden, würden alljährlich aus Frankreich
und Belgien eingeführt und gäbenVeranlassung, die rationelle
Kultur der Weiden, die für den menschlichen Haushalt unent-
behrlich seien, Inehr und mehr einzuführen. Hierauf giebt der
Vortragende praktische Ratschläge für eine solche Anlage,
schildert die rentable Ausnützung, den Ertrag und Vertrieb be-
rücksichtigend, und hebt zum Schlüsse noch die kirchliche
und offizielle Bedeutung der so oft geschmähten und verach-
teten Weiden hervor. Allseitiger Beifall lohnte den Redner für
seine anregenden und fesselnden Ausführungen.
Die unvergleichliche Schönheit der Weiden pries dann noch
Müll er-Grünewald, während Nietner-Neubabelsberg auf die
grol’sartigen Kulturen aufmerksam machte, die in der Magde-
burger Börde von den dortigen Gutsbesitzern betrieben würden
und von Jahr zu Jahr an Umfang zunähmen.
Die auf der Tagesordnung vorgesehene Besprechung der
Unfallversicherung des landschaftgärtnerischen Betriebes konnte
der vorgerückten Zeit wegen nicht stattfinden. Der Vorstand
machte jedoch die Mitteilung, dafs er beschlossen habe, noch-
mals beim Reichs-Versicherungsamte vorstellig zu werden, dafs
die jetzt dem Gesetze nach zu Recht bestehende Bestimmung,
nach der die Versicherung der Landschaftsgärtnerei gegen Un-
fall, sofern Neuanlagen in Betracht kämen, bei der Tiefbau-
Berufsgenossenschaft aufgehoben und der gesamte landschafts-
gärtnerische Betrieb, gleichviel, ob es sich um Neuanlage oder
Unterhaltung von Gärten handelte, als zur landwirtschaftlichen
Berufsgenossenschaft gehörig angesehen werde. Mit dem
Wunsche auf ein gesundes Wiedersehen im neuen Jahre schlofs
der Vorsitzende die Sitzung.
Der Vorsitzende: Der Schriftführer:
Fintelmann: Weiss.
Unsere Gebührenordnung.
Über den Zweck und den Wert unserer Gebührenordnung
herrscht, nach den an uns gerichteten Anfragen zu urteilen,
manchen Ortes unter den Fachleuten noch recht viel Unklar-
heit. Viele meinen, sie müfsten ihre Forderungen nach der
G ebührenordnung stellen, kämen dann aber oft zu Liquidationen,
die häufig eine bedenkliche Höhe erreichten und kaum Aner-
kennung finden würden.
Diese Anschauung ist aber, es kann dies nicht oft genug
betont werden, eine durchaus irrige. Die G.-O. soll vielmehr
lediglich nur eine Grundlage bieten für die Bewertung der
künstlerischen Leistungen, die ja doch in der ganzen Welt die
gleichen sind, nur dafs sie sich der eine höher, der andere
niedriger einschätzt, je nachdem er bereits Gartenkünstler von
Ruf oder noch ein Anfänger ist, der sich erst ein Geschäft zu
begründen beabsichtigt, einen gröfseren Kundenkreis zu er-
langen strebt. Unter ganz gleichen Voraussetzungen tritt auch
die G.-O. für Architekten und Ingenieure in Wirksamkeit, auch
hier heifst es „Du kannst“, nicht aber „Du mufst nach der
G.-O. deine Forderung stellen“.
„Ja“, wird mancher sagen, „dann hätte ja die ganze G.-O.
gar keinen Wert und alle Mühe sei vergeblich gewesen, die
wir auf die endgültige Feststellung derselben verwendeten.“
Mit nichten. Sie hat trotz alledem einen ganz bedeutenden,
nicht hoch genug einzuschätzenden idealen wie materiellen
Wert. Ideal insofern, als sie ein wertvolles Glied in der un-
sichtbaren Kette derjenigen Mittel darstellt, die geeignet er-
scheinen, das Bewufstsein der Zusammengehörigkeit der Mit-
glieder unseres Vereins nach innen und aufsen zur Geltung zu

bringen und damit den Stand zu heben. Materiell insoweit
als der Fachrtiann durch dieselbe, d. h. sich auf dieselbe be-
rufend, allemal die Anerkennung seiner Forderungen erreichen
wird, sofern er Arbeiten lieferte, die allen garten-
künstlerischen Ansprüchen genügten.
Dies zu beurteilen, soll und mufs in strittigen Fällen Auf-
gabe des gerichtlichen Sachverständigen für Gartenkunst sein
und jeder Fachmann, der zur Übernahme eines solchen Amtes
berufen wird, sollte es dann als eine seiner vornehmsten
Fflichten betrachten, sich stets auf unsere G.-O. zu beziehen,
sie immer als Grundlage bei Abgabe seiner Gutachten zu be-
nutzen. Dann wird auch dem geschicktesten Advokaten die
Möglichkeit genommen, „die Forderungen des Gartenkünstlers
nach einer solchen Gebührenordnung mit Erfolg zu bekämpfen“
und die Geltendmachung der Ansicht, „unsere Gebührenordnung
sei von einem Ringe“ — horribile dictu — „der Gartenkünstler
zu dem Zwecke aufgestellt, dem Auftraggeber möglichst hohes
Honorar berechen zu können,“ ihre Berechtigung verlieren.
Im Grunde genommen bleibt doch immer das Gutachten
des jeweiligen Sachverständigen bei einer gerichtseitigen Be-
urteilung des Wertes einer Arbeit ausschlaggebend, ganz gleich-
gültig, ob die G.-O. seitens der Gerichte anerkannt ist oder
nicht. Auch die G.-O. für Architekten und Ingenieure entbehrt
z. Z. einer offiziellen Anerkennung seitens der Gerichte,
wenigstens ist diese Tatsache aus einer Notiz in dem Frage-
kasten der „Deutschen Bauzeitung“ vom 24./9. 02 zu entnehmen.
Dieselbe besagt nämlich wörtlich: „Die G.-O. für Architekten
und Ingenieure besitzt die offizielle Anerkennung der Gerichte
zwar nicht, sie wird aber zweifellos mehr und mehr als Grund-
lage gerichtlicher Feststellungen dienen, wie das bei der alten
Hamburger Norm gewesen ist. Je häufiger sich die Fach-
genossen und namentlich die technischen Sachver-
ständigen auf die Gebührenordnung beziehen, um so
rascher wird sie sich einbürgern.“
Also auch die Architekten und Ingenieure setzen ihre
ganze Hoffnung einer schnellen Einbürgerung ihrer G.-O. einzig
und allein auf die weitgehendste Benutzung derselben durch
ihre Fachgenossen und nicht zum mindesten auf die Ein-
sicht der gerichtlichen Sachverständigen.
Wie kann es auch anders sein? Welches Gericht sollte
seiner Entscheidung vorkommenden Falles eine andere Basis
geben als das wohlbegründete Gutachten eines technischen
Sachverständigen? Sicherlich keines. Und so darf auch unsere
G.-O. der vollen Anerkennung sicher sein, sofern dei’ garten-
künstlerische Sachverständige sie immer als Ausgangspunkt
aller seiner Gutachten benutzt.
Und nun noch eins. Auf der Hauptversammlung in Breslau,
wie in der letzten Kommissionssitzung in Leipzig, bemängelte
Herr Singer-Kissingen die Bewertung der Terrain-Aufnahmen
nach gartenkünstlerischen Gesichtspunkten und meinte, es sei
„anzuerkennen, dafs die Geometer eine Terrain-Aufnahme für
eine Gartenanlage, bis auf wenige durch den Gartenkünstler
vorzunehmende Ergänzungen, ebensogut als ein Gartenkünstler
machen können, dabei aber niedrigere Gebühren als die im
Vorstandsentwurf vorgesehenen berechnen; deswegen würde
wohl in den meisten Fällen bei allzuhohen Forderungen des
Gartenkünstlers die Terrain-Aufnahme dem Geometer über-
tragen werden“.
Hierzu mufs bemerkt werden, dafs wir es bei unseren
Arbeiten mit Terrain-Aufnahmen zweierlei Art zu thun haben
und zwar 1. mit solchen, bei denen das Gelände vollständig
frei liegt und nur in seinen Grenzen und Höhenlagen festzu-
stellen ist, und 2. mit solchen, die bereits mit teils durchzu-
arbeitenden, teils zu erweiternden Parkanlagen versehen sind
 
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