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Die Gartenkunst — 5.1903

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16

DIE GARTENKUNST

V, 1

Dresden, wie z. B. über das Äther-Treibverfahren, über Azaleen-
und Maiblumendüngung’; sodann enthält der Bericht noch eine
höchst lehrreiche Abhandlung von Dr. P. Graebner über
Heide- und Wiesenmoortorf mit Beziehung auf ihre Verwendung
bei der Topfpflanzenkultur. E. C.
Paul Schultze-Naumburg, Kulturarbeiten, Band II.
Gärten. • Herausgegeben vom Kunstwart. Kunstwart-Verlag,
Georg D. W. Callwey, München. Preis 4 Mark.
In No. 12 des letzten Jahrganges dieser Zeitschrift S. 224
u. ff. versucht Herr Pietzner eine kurze kritische Betrachtung
dieses verdienstlichen Werkes zu geben. So seine eigenen ein-
leitenden Worte. Nun sollte man glauben, dafs ein Garten-
künstler, wenn er ein solches von ihm selbst als ein verdienst-
liches Werk bezeichnetes Buch bespricht, auf den Kern des
durch den Titel bezeichneten Inhalts eingehen würde. Aber
nein! Nachdem Herr Pietzner dem Autor folgend über alles
Beiwerk eines Gartens, über Gartenhäuser, Lauben, Brücken,
Skulpturen u. s. w. gesprochen, fällt er bei den Wasserformen
ab und kritisiert einen anderen und zwar keinen geringeren,
als unseren hochverdienstvollen Meister Gustav Meyer.
Also Meyer hat den Fehler begangen und hat uns falsche
Wasserformen für See- und Teichanlagen gelehrt, weil er den
„Vierwaldstättersee“ als Muster empfohlen habe. Wo in aller
Welt steht dies geschrieben? Uns Älteren, die wir zu des
Meisters Fül'sen gesessen haben, ist so etwas von ihm nie
selbst verkündet worden. Bitte, lesen Sie doch in Meyers
herrlichem Lehrbuch den Artikel „Gewässer“ durch und be-
schauen Sie auch die angefügten Gartenpläne, so werden Sie
finden, für welche Lagen der Meister die Form der Gebirgs-
seen und die der Niederungsseen empfiehlt.
Am Schlufs seiner kritischen Betrachtung kommt Herr
Pietzner noch auf die nach seiner Ansicht ungenügende Lehr-
kraft in der Baukonstruktionslehre an der kgl. Gärtner-Lehr-
anstalt zu Wildpark zu sprechen. Herrn Pietzner geht es hier
bei seinen kritischen Betrachtungen wie bei seinem Vortrag
auf der Hauptversammlung in Breslau. Wenn man glaubt, er
kommt nun auf den eigentlichen Kern des Themas, so verliert
er den Faden und schweift ab. Das Thema, welches derselbe
seinem Vortrage in Breslau zu Grunde legte, lautete: „Zweck
und Ziele der heutigen Gartenkunst.“ Was mufste man von
der Besprechung dieses hochinteressanten Themas erwarten
und wohin ist der Vortragende laut Verhandlungsbericht ge-
raten: Dafs die Gartenkünstler in Beamtenstellung ihre kost-
bare Zeit mit Privatarbeiten verzetteln; dafs der Verein eintreten
soll, das Ansehen der Gartenkünstler bei den Behörden und
dem Publikum zu heben; dafs die Titelfrage der Gartenkünstler
geregelt werde u. s. w. Hat dies alles mit dem genannten
Thema etwas zu tun? Enttäuscht legte man den Verhandlungs-
bericht beiseite, wie man jetzt die kritischen Betrachtungen
über das bezeichnete Buch beiseite legt. Herr Pietzner mufs
aber wohl schon so etwas selbst beim Niederschreiben seiner
kritischen Betrachtungen gefühlt haben, denn er schliefst die-
selben mit den Worten: „Vielleicht tragen auch diese Zeilen
dazu bei, eine ehrliche und sachliche Kritik von berufener
Seite zu fördern.“ — Dies soll im nachstehenden bestens ge-
schehen, denn seine kritische Betrachtungen tragen nicht nur
dazu bei, nein, sie fordern eine ehrliche und sachliche Kritik
direkt heraus.
Ehe ich auf die Besprechung des 11. Bandes der Kultur-
arbeiten: „Gärten,“ eingehe, will ich erst auf das umfassende
Wissen des Künstlers und Kunstkritikers Paul Schultze-
Naumburg hin weisen. Man kann dies daraus ersehen, wenn
man liest, worüber Herr Schultze-Naumburg geschrieben und
worüber er noch schreiben will.

Herausgegeben sind bis jetzt von ihm: Die Technik der
Malerei. Die Kultur des weiblichen Körpers als Grundlage der
Frauenkleidung. Häusliche Kunstpflege. Studium und Ziele
der Malerei. Kunst und Kunstpflege. Kulturarbeiten, Band I,
Hausbau. Kulturarbeiten, Band II, Gärten. In Vorbereitung
befinden sich: Kulturarbeiten Band III, Dörfer und Kolonien;
Band IV, Städtebau; Band V, Kirchen und Friedhöfe; Band VT,
Technische Bauten, Strafsen, Brücken; Band VII, Burgen und
Schlösser; Band VIII, Moderne Bauten; Band IX, Innenräume
und Baumaterial; Band X, Pflanzen, Bäume, Forste. Die Be-
sprechung dieser verschiedensten Themata setzt gewifs ein
universelles Wissen voraus.
Leider bringt der Autor in diesem Bande nur die Hälfte
des Themas, denn er sagt in dem Vorwort zu diesem Bande,
dals er hierin nur die architektonische Anlage des Gartens
behandeln will. Den zweiten Teil des Themas, die botanische
Anlage, soll in einem späteren Bande, in dem über Pflanzen,
Blumen und Bäume, besprochen werden.
Wenn nun der vorliegende Band nur von der architekto-
nischen Anlage des Gartens handeln soll, so ist dies auch in
dem eigentlichsten Sinne des Wortes zu nehmen, denn auf den
ersten 152 Seiten des 252 Seiten starken Bandes bespricht der
Autor die in Gärten etwa aufzustellenden Lauben, Garten-
häuser, Bänke, Skulpturen, Felsen u. s. w. — alles Beiwerk
eines Gartens, hier als die wichtigsten Teile desselben be-
handelt. Sehen wir doch nun zu, was Herr Schultze-Naumburg
unter einem Garten versteht. Er sagt S. 2: „Die Anlage eines
Gartens ist, man mag nun sagen, was man will, eben doch
immer eine architektonische Aufgabe, wenn man ihn auch nicht
nur aus Steinen baut, sondern als Hauptmaterial die lebende
Pflanze dazu verwendet.
Ein Garten ist kein Wald und keine Wiese. Er ist die
vermenschlichte Form der freien Natur. Lassen wir den Be-
griff des ausgedehnten Parks vorläufig ganz aufser Betracht
und nehmen erst einmal den Garten, wie er sich als Erwei-
terung des Hauses darstellt. Hier erscheint er durchaus als
architektonische Aufgabe, denn sein Zweck ist, wenn auch
nicht gerade Räume, so doch Aufenthaltsorte zu schaffen und
zwar abgetrennte Aufenthaltsorte, die einer ganz ausgesprochenen
Bestimmung dienen und zu deren Gestaltung, Gliederung und
Absonderung der Erbauer, statt zu totem, zu dem lebenden
Material der Pfanze greift, die er vermittelst Steinbau, Holz-
und Lattenwerk und Kultur in die beabsichtigten Formen
bringt. (Also ohne Maurer und Zimmerer kein Garten!) Die
Pflanze an sich mag sich ja noch so frei entwickeln — die
grofse Form, die die Gesamtheit der Pflanzen im Garten an-
nimmt, ist eine vom Menschen beabsichtigte — auch weil man
die Pflanzenform unter den bekannten wählt, die man haben
will — und deshalb eine architektonische Aufgabe. (Somit ist
Kohl, wie er im Garten gezogen, die Lösung einer archi-
tektonischen Aufgabe; auf freiem Felde gezogen, nicht.)
Betrachten wir zuerst einmal die eigentliche mit Stein
und Holz erbaute Architektur für den Garten, wie sie sich als
Grundlage, gleichsam als erstes Glied des erweiterten Hauses
ergiebt. Ich wähle diesen Weg, weil ich zu der Ansicht ge-
kommen bin, dafs sich von der vorhandenen alten Garten-
architektur aus besser der Begriff des Gartens selbst ableiten
läfst, als umgekehrt. Vielleicht ist dies auch der natürliche
Weg der Entwickelung gewesen.
Die aus dem einfachen Nutzbedürfnisse sich ergebende
nächstliegende architektonische Aufgabe des Gartens ist die
Laube —“
Also zuerst baut man sich eine Laube und dann fällt es
einem ein, dafs dazu wohl ein Garten gehören könnte, und
 
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