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Die Gartenkunst — 5.1903

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Janorschke, Oskar Karl: Oberschlesische Gartenanlagen, [1]: 5. Neudeck und Nachbarorte
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https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0041

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DIE GARTENKUNST

V, 2

gehölz und überläfst diese Pflanzungen dann Jahrzehnte
sich selbst, um einst nur Stangenholz erstehen zu sehen,
die besseren Pflanzen unterdrückend. Kein schöner Baum,
keine schöne Gruppe kann bei späteren Renovierungs-
arbeiten aus diesem Chaos entstehen. In Neudeck stehen
die Bäume zumeist in 4—6 m Entfernung, können sich
demnach nicht spindelartig entwickeln und behalten ihre
gesamte Verzweigung. Selbst an der waldartigen Um-
grenzung des Parkes, die an die Felder stöfst, erblickt man
die Eichen, Tausende an Zahl, abwechselnd mit Nadelholz
in lockeren Beständen, die sich nach und nach sehr schön
schliefsen, aber auch dem zahlreichen Wild willkommene
Unterkunft bieten. Herrliche Durchlichtungen, Fernsichten,
selbst Fernblicke auf einzelne Bäume sind geschaffen, in
einer Natürlichkeit, als hätten sie immer so bestanden,
die Kunst verdeckend und in zwangsloser Anordnung.
Zumeist haben im ganzen Park nur Bäume, selten Sträucher
Verwendung gefunden; die Einzelbäume des inneren Parkes
haben eine tadellose Ausbildung, wie sie der Garten-
künstler in seinen Idealen sich vorschweben läfst. Wir
finden daselbst die gewöhnlichsten Baumarten, wie alle
Waldbäume, Eichen in Menge, amerikanische Eichen,
Pappeln, teils zu drei, teils einzeln mit 1% m Stamm-
durchmesser, Linden in verschiedenen Sorten, mehrere
Ahornarten, Eschen, Mengen von Buchen und Birken
(Abbild. S. 23). Abwechselung wird noch geschaffen durch
die gemischten Bestände von Laub- und Nadelholz, doch
alles in lockerer Anordnung. Hierbei haben grofse Partien
von Fichten Verwendung gefunden. Einzelne Bäume von
Pinus austriaca, Pinus Strobus, Tsuga canadensis und
einige andere Tannenarten wirken sehr gut. Noch sind
einige Picea pygmaea mit 4—5 m Durchmesser erwähnens-
wert. Gruppen von Blütengehölzen sind nur sehr selten
im Park eingestreut; besonders auffallend waren lockere
Gruppen von Schneeball mit 20—30 m Breite. In dem
humosen Sandboden mit etwa 1-—1% m Grundwassertiefe
herrscht aber auch ein Wachstum, wie man es nur
wünschen kann, und es ist erklärlich, dafs bei einiger
Aufmerksamkeit und Pflege der Park, seine Pflanzungen
und die Rasenflächen ein tadelloses Ansehen erhalten.
Frei im Park gelegen, wenige Minuten vom Eingang-
entfernt, liegt eine kleine Kirche in Ziegel-Rohbau, in
deren weiterer Umgebung eine Anzahl Quercus palustris
in die Rasenflächen eingestreut sind (Abbild. S. 25). Ein
Bächlein in sanften Biegungen, die recht vorteilhaft dem
Blick begegnen, unterbricht den Weg nach dem Innern
des Parkes. Eine Brücke aus rohem Birkenholz vermittelt
die Passage, in deren Nähe ein kleiner Wasserfall über
ein en meterhohen Tuffsteinstau dahinrauscht; leicht hängende
Birken im lockeren Stande am Fufse des Grabens unter-
brechen langgezogene gröfsere Rasenflächen, dunkle Fichten-
partien im Hintergründe schaffen einen zauberhaften An-
blick, während in einiger Entfernung eine einzelne Quercus
coccinea mit ihrem grellroten Herbstkolorit eine lebhafte
Abwechselung bietet. Auf die Wirkung der Herbstfärbung
schien man besonderen Wert gelegt zu haben, denn es
stehen vorherrschend hellere Herbstlaubfärbungen vor
massigen dunklen Fichtengruppen,

Das Schlots im Renaissancestil Anfang der siebziger
Jahre erbaut,mit kostbaren Verzierungen und Einrichtungen,
steht mitten im Park (Abbild. S. 26), nach der Wasserseite
zu mit ausgedehnten Terrassenanlagen und grofsen Treppen,
die oben etwa 10 m, unten bis 20 m Breite haben. Von
der Parkseite aus begrenzt ein 4 m hoher, sehr starker,
kunstvoll gearbeiteter, teils vergoldeter Eisenzaun, auf 3/4 m
hohem Steinsockel stehend, das Schlots, dessen Bau-,
Stuck- und Malerarbeiten mehrere Jahre in Anspruch
nahmen. Der Besitzer, Fürst Guido Henkel von Donners ¬
mark, liefs den Park schon im Jahre 1868 beginnen,
dessen Fertigstellung 1877 beendet war, während das
Schlots im August 1875 eingeweiht wurde. Eine mächtige
Wasserfläche umschliefst die Terrassenseite des Schlosses.
Die Begrenzung des Wassers läuft in angenehmen
Buchtungen, teils langgestreckte Halbinseln bildend. Eine
schön angelegte Kahnstation mit Flaggenmast liegt an
der Terrasse, an deren linksseitiger Schlofsseite eine tadellos
gebildete Quercus'coccinea ihren herrlichen roten Zauber-
schein entfaltet. Eine Marmorbalustrade umgibt die Ter-
rasse von der Schlofsseite, vor welcher eine äufserst
sauber gehaltene Rasenfläche mit prächtigen Blumen-
arrangements liegt. Gröfsere Palmengruppen, Mengen
von Begonien und andere Florblumen unterbrechen die
Fläche, in deren Mitte eine umfangreiche Fontänenpartie
mit Bronzefiguren aufgebaut ist (Abbild. S. 27). Die denk-
bar schönsten Fernblicke nach den entfernteren Parkpartien
hat man vom Schlots aus über die spiegelglatte Wasser-
fläche, die zum Teil mit Koniferen bepflanzten Halbinseln
streifend.
Über eine Verengung des Schlofsteiches, dessen sanft
ansteigende Böschungen mit Felsblöcken und Tuffstein-
partien bedeckt sind, führt die Schlofsbrücke (Abbild. S. 29).
ein sorgfältiges Bauwerk in einem Bogen. Lose Gruppen
von Eschen begrenzen die Brücke, die jenseits gröfsere
Koniferengruppen flankieren. Ein Weiher, dessen Wasser-
lauf den Parkweg nach dem Marstall unterbricht und dann
in den Fischweiher mündet (Abbild. S. 31), ist mit Birken
truppweise umstellt.
Die Parkwege sind nicht sehr zahlreich, laufen in
wohlgelungenen sanften Bogen und werden durch häufiges
Abfegen sehr sauber gehalten. Die Rasenflächen in der
Nähe des Schlosses gleichen einem Sammetbett, auch
die entfernter gelegenen Partien erfreuen sich gröfster
Aufmerksamkeit.
Die weit und breit durch ihre Kulturen berühmte
Gärtnerei, frei im Parke gelegen, ist besonders sehens-
wert. Ihr Leiter, königl. Gartenbaudirektor Fox, ist gleich-
zeitig der Schöpfer des Parkes, dessen Gröfse etwa 800
Morgen beträgt, ohne die verschönerte nähere Umgebung
der Wiesen und Remisenanlagen, darunter etwa 60 Morgen
Teiche. Zu beiden Seiten des Einganges zur Gärtnerei
stehen lange Häuser mit grofsen Latanien, Pandanus,
Phönix, herrlichen Anthurium, Groton, Adiantum und
Nepenthes mit zahlreichen Kannen. Ein kleiner Gemüse-
und Blumengarten scheidet diese Häuser von den Wein-
und Fruchthäusern, in welchen Trauben von 25—34 cm
Länge und Breite, und Ananas von 8 9 Pfd. Gewicht er-
 
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