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Die Gartenkunst — 5.1903

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Vogeler, Otto: Die Weiden, ihr Nutzen in ästhetischer und materieller Beziehung
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Juraß, Paul: Etwas über die Magnolien [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0066

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V, 3

DIE GARTENKUNST

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fläche abzuschneiden. Die Weidenruten werden in Bunde
von 1—1,10 m Umfang zusammengebunden und entweder
als Grauweiden, d. i. ungeschält, bundweis oder nach Ge-
wicht verkauft. Ein Bund von genannter Stärke bringt
2,50—3 M. Ertrag, der Zentner 4—7 M., je nach der
Güte der Weiden. Einen höheren Ertrag erzielt man, wenn
man die Weiden selbst schälen läfst, dieselben sodann
nach Länge und Stärke gleichmäfsig zusammengebunden
als sortierte Weifsweiden verkauft. Dies erfordert aber
viel Arbeit und geübte Arbeitskräfte.
Von einem gut kultivierten Weidenfeld erzielt man
jährlich pro Morgen 300 -450 M., ein Ertrag, der von keiner
landwirtschaftlichen Frucht erreicht wird.
Ich will Ihnen noch einige der besten Flecht- und
Bindeweiden nennen:
Für feuchten Wiesenboden: Salix viminalis regalis,
Salix viminalis alopecuroides. Für feuchten Ackerboden:
Salix uralensis, Salix rubra angustifölia, Salix amygdalina
viridis, Salix amygdalina fusca, Salix Kerksii. Für trockenen
Ackerboden: Salix pulchra, Salix pruinosa; letztere auch
noch für den trockensten Sandboden.
Die Weiden nützen aber den Menschen nicht allein
durch ihre Äste und Zweige als vorzügliches Flecht- und
Bindematerial, sondern auch durch ihre Rinde als Gerb-
und Farbstoff. Die beim Schälen der Weiden abfallende
Rinde wird gern von den Gerbereien und Färbereien ge-
kauft. Aber auch als Heilmittel liefern die Weiden den
bekannten Bitterstoff Salicin, welches ebenfalls aus der
Weidenrinde dargestellt wird und als fiebervertreibendes
Mittel, als Surrogat für Chinin, benutzt wird. Aus dem
Salicin wird wieder das bekannte fäulniswidrige Mittel,
die Salicylsäure, gewonnen. Die Salicylsäure auf wohl-
feilere Weise herzustellen, ist der Chemie in den letzten
Jahren gelungen und so wird sie jetzt aus der Phenil-
säure, einem Produkt der Karbolsäure und somit des Stein-
kohlenteers gewonnen, wodurch es möglich ist, dafs
trotz des grofsen Bedarfes an Salicylsäure der Preis für
selbige herabgesetzt werden konnte.
Nun will ich zum Schlufs noch darauf hinweisen, wie
die Menschen auch in idealer Weise die Weiden benutzen.
Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, dafs die Weide
als Symbol der Trauer in Form der Trauerweiden als
Gräberschmuck verwendet wird. Aber auch in der Kirche
selbst benutzt man die Weiden. Ich erinnere Sie an den
Gebrauch der Weidenzweige in der katholischen Kirche
am Palmsonntage. Weil die frühblühendste aller Weiden,
die Salix caprea, zu der Zeit meist ihre gelben Kätzchen
entfaltet hat, so wird sie von den Leuten gerne zu diesem
frommen Zweck benutzt und führt im Volksmunde daher
den Namen „Palmenweide“.
Kein geringerer hat diese Verwendung der Weiden
besser geschildert, als unser Dichterheros Goethe in dem
kleinen Gedicht: Die Symbole.
Im Vatikan bedient man sich
Palmsonntags echter Palmen,
Die Kardinale beugen sich
Und singen alte Psalmen.

Dieselben Psalmen singt man auch,
Ölzweiglein in den Händen,
Mufs im Gebirg zu diesem Brauch
Stechpalmen gar verwenden,
Zuletzt, man will ein grünes Reis,
So nimmt man Weidenzweige.
Etwas über die Magnolien.
Zu den schönsten unter den Laubhölzern gehören un-
streitig die Magnolien, besonders diejenigen Sorten, welche
im Frühjahr noch vor Erscheinen des Laubes ihre schönen
grofsen, weifs oder verschiedenartig rot gefärbten Blüten
zum Vorschein bringen. Ist ihre Kultur auch mit einigen
Schwierigkeiten verknüpft, so lohnen sie doch die ange-
wendete Mühe durch alljährlichen Blütenreichtum.
Die Magnolien beanspruchen zu ihrem freudigen Ge-
deihen einen nahrhaften, lehmhaltigen Moorboden, derselbe
mufs aber gut durchlässig sein; sind diese Bedingungen
von Natur aus nicht vorhanden, so müssen sie auf irgend
eine Weise geschaffen werden, will man an den Pflanzen
seine Freude haben. Es wird dann ein genügend grofses
Pflanzloch ausgehoben und mit der angegebenen Erd-
mischung angefüllt; die untere Schicht wird am besten
mit zerkleinerten Ziegelstücken ausgefüllt, um eine Durch-
lässigkeit des Bodens herzustellen. Zum Anpflanzen nehme
man gut entwickelte Pflanzen mit Wurzelballen. Die beste
Pflanzzeit ist im Frühjahr. Den Sommer über verlangen
die Pflanzen regelmäfsige Feuchtigkeit. Im Winter müssen
die Magnolien trocken eingedeckt werden, was am besten
durch Einbinden in Stroh oder Schilf geschieht. Im zeitigen
Frühjahr mufs die Decke entfernt werden. Da die Blumen
schon zu einer Zeit erscheinen, wo noch stärkere Nacht-
fröste eintreten können, tut man gut, durch Vorhängen
von Decken die Blumen zu schützen. Es ist überhaupt
von Vorteil, den Magnolien im Garten und Park einen
möglichst geschützten Platz zu geben, wo sie den Winden
und dem vollen Sonnenschein nicht so ausgesetzt sind.
Die Anzucht der Magnolien geschieht auf mancherlei
Weise. Bei den verschiedenen Arten ist die aus Samen
die gebräuchlichste. Der Samen verliert sehr schnell seine
Keimfähigkeit und wird daher möglichst gleich nach der
Ernte ausgesät und zwar am besten in Kästen unter Glas.
Die jungen Pflanzen werden einige Jahre in Töpfen kulti-
viert und später als genügend erstarkte Pflanzen an ihren
Bestimmungsort gepflanzt. Ein Zurückschneiden der jungen
Pflanzen ist alljährlich notwendig, um von unten auf gleich
gut geformte Pyramiden zu erzielen, der Haupttrieb in der
Mitte ist entsprechend länger zu lassen. Später ist ein
Beschneiden nicht erforderlich, es sei denn, dafs der eine
oder andere Trieb zu geil wächst und die Pflanze dadurch
unregelmäfsig wird; hier mufs durch den Schnitt geholfen
werden, im übrigen beschränkt sich das Schneiden bei
alten Pflanzen auf daß Entfernen des toten Holzes.
Die Vermehrung der verschiedenen Formen geschieht
entweder durch Absenker oder Veredelung. Die Bewurze-
lung der Absenker geht aber nur langsam vor sich, sodafs
dieselben zwei Jahre liegen müssen. Die bewurzelten
 
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