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Heidelberger Tagblatt — 1859 (Juli bis Dezember)

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August
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https://doi.org/10.11588/diglit.2788#0121

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Freitag, S. August

Telegraphifche Depesche

P«rris, 3. Aug. Der heutige „Moni-
tevr" mcldetrDasObservationscorps
m Nanep ( Ostar me c) ist aufgeIöst
wordcn. Nichtsdestowciiiger werden die
im Lager von Chalpns vcreinigten
Divifionen, sowie di'ejenigcn, welche das
Lager von Helsaut bilden,. constituirt
blciden. Jn dcn StelluNgen der übrigen
Divifloncn, die zum Observationscorps ge-
hörtcn, wird nichts geändert.

Der Friede von Villafranca vom
bonapartistischen Standpunkt

Die offiziöse „Rcvue Europeenne" spricht
fich heute übcr den Frieden von Villa-
franca aus. Die vierzehntägige Ueber-
ficht dieser Rcvue hat dcn Sekretär
des Staatsraths zum Verfasser
und seine Anschauungen spiegeln
*diefenigen dcrRegierung w iedcr.
Als der Kaiscr, so heißt es in dicsem
Artikel, im vcrfiosscnen Zannar in der
bekannten Anrede an Hübner von der Un-
einigkcit der beiden Kabinete an die per-
sönlichcn Gefühle der Fürsten appellirtr,
wollte er durch die nämliche persönliche
Vcrftändigung dem Kricgc vorbeugen, durch
wclche er ihn jetzt becndigt hat. Frank-
reich woüte auf Grundlage dcr Verträge
von 1815 unterhandeln und Oesterreich,
indem es zu den Waffen gegriffen, hat
selbst jene Verträge zerrisscn, deren Erhal-
tnng im Wunsche der neutralen Mächte
lag. Die französischen Siege habcn die
Vcrträge von 18lö fakrisch vcrnichtet, in-
dem fie Oesterrcich die Lombardei abge-
nommen habcn, um sic Sardinicn anzu-
schließcn. Diese Verträgk, wclche vier
zigjährige Nationalanstrenguugen nicht zn
erschnttern vermochten, yat Frankrcichs
Schwert in zwei Monatcn zcrstört. Es
hat die Sicherheit seincr Grcnzcn ver-
mchrt und zuglcich viel für Ztalien ge-
rhan. Es hat nicht Alles gethan, aber
könncn die Mächte, welchc Ztalicn ihre
diplvmatische Vermittlung nur untcr der
««uMio sin« gn-» n«n gewährm wollten,
daß der territoriale Besixstand nicht an-
gcgriffen wird, dcr französische,, Regicrnng
rinen Vorwurf daraus machcn? Nu'r
Einer Person war es gestattet, sein Be-
Vauern darüber auözusprechm, daß dic
französischen Waffen uicht bis ans adria-

tischc Meer drangen. Diese Pcrson ist
der Kaiscr, und er hat sein Leidwrscn in
cvlen Ausdrücken an den Dag gclegt, bis
aus den Punkt, ungerecht gcgen sich selbcr
zu werden. Wer wciß nicht, daß tie
Kricgsmaniseste keine Programme abgcbcn
können und daß sic viclmchr cine Drvhung
gegen den Feind sind, als riiie dcm cigc-
n cn Bundesgenoffen gcgenübcr ci'ngegangcne
Vcrpfiichtung? Dic franzöfische Armee hat
in Sardinien eincn würdigcn Biindcsgc-
noffen gcsunden, abcr als dcr Kaiser die
schönen Worte sprach: „Scid heute Sol-
vatcn, - morgcn werdct ihr Bürger sein",
so hat er dcn Patrivtcn ihr Bctragen
vorgezcichnet. Dic Fahnc dcr Unabhängig-
keit wcht in der Mitie dcr von Sardinien
angcworbcnen Freiwilligen. Jede Empö-
rung in den neulralisirien Ländcrn machte
aus der nationalcn Brwegung eine anar-
chische, welche bie Gcfahr für Europa
vcrallgcmcincriid den Krieg zu vcrattge-
meinern drohte. Dicse anarchischen Bc-
wegungen, die an vcrschicdcnen Punkten
Ztaliens ausgcbrochcn, sind mit untcr dte
verschredcucn Ursachen zu zählcn, welchk
drn Kaiser bei scinem Eittschlnffe bcstimm-
ten. Die uiigewöhnliche Zahl ber KriegS-
opfer hat auch zum Hcrzcn des Fürstcn
gesprochen. Die Haltung dcr neutrale»
Mächte ist ebenfalls nicht ohne Einfluß
auf die beidcn Fürstcn gcblicbcn. Dieselbe
verdicnt den Scgcn Europas, da sie mü
zur Beschleunigüng dcs Friedens bcige-
tragcn. Oestcrreich behält Venclien, aber
es wird zu Rcformcn sich bcguemen, so
wie die andcreii Mitglicdcr der Konföde-
ration. Die Erzherzöge, dcren Wicder-^
herstelluug Oesterrcich sich aiisbcdimgcn
hat, sind zur Veröffcntlichuirg von Kon-
stitutionen bereik, und die Hcrzogin von
Parma, welche ihr Schicksal in die groß-
mülhige Hand des Kaiscrs gelcgt hat, wird
den Rathschlägen Frankrcichs gehorchcn.
Das vcrgrößerte Särdmicn wird auch im
Stande sein, seinen Einfluß gcltcnd zn
machen. Frankrcichs Blut ist alfo nicht
umsoirst gcfloffcn, nm so wcniger, als dcr
Kaiser durch den Kricg auch iiü Znncrn
fich befestigt hat. Das Staatsobcihanpt
hat gczrigt, daß cs cinen großen Krieg
ebrn so gut zu leitcu vrrstcht, wie die
inneren Angelegenhciten. Die militünschr
Bcfählgung des Kaifcrs ist eine weiierc
Bürgschaft für Frankreich, indem fic daS-
selbe vor emer Militächcrrschast schützt.

Dics scheinr parador, aber es ist wahr.
Man braucht wcnigtr Furcht zu haben,
cs werde nach dcn glokreichen Kämpfen
zu kiner Militärrcgierung kommcn. Der
Kai'scr hat seine Sicge nicht dcn Gene-
ralcn zu vcrdanken und draucht ihnen
somil keine Opser zu bringen; er belohnt
die gutcn Dicnste, aber cr ist von Nie-
mand abhängig. Es muß noch hinzuge-
fügt werdcn, oaß der Kaiser, trotz sciner
militärischen Bcgabnng, vorziiglich ein
Civilgcnic ist. Die Gerechtigkeit gcht ihm
übcr dic .Stärkr und er hat vie Mäßigung
cincs Civilgcnies. Englands Mißtrauen
ist somit ungerechtscrtigt, aber der Schrei-
bcr hofft, dir Entwaffnung, welche dcr
Kaiser im Zntereffe kcr englischcn Aüianz
beschlossen hat, wcrde der Ünzusriedcnheit
eiii Enbe machcn und der Ansang zur
WikdcrhersteÜling dcs herzlichen Einver-
ständilisscs wrrden.

D e u t s ch l a n d.

' Offenburg. 31. Zuli. Die Ver-
hreriingeii des fnrchbaren Gewitters, daS
von einem Orkane begkeitct war, wie
man ihn nicht beschrciben kann, rrstrecken
sich von dcm Orte Bohlsbach bis writ
übcr Zcll hmaus, imd in einer Brrite
von Stnndcn ist Aües — mehr oder
wcnigcr — vom Hggcl gctroffrn worden;
insbcsondcre aber sind die Rcbcn in den
Gewanncn Offcnburg, Zell, Fesscnbach und
cincm Thcil von Rammtröweicr von
Grund aus zernichtet, unb es ist weder
sür dicses, nvch für die nächsten 2 Jahre
ei'n Ertragniß zu erwartcn. Was der
Hagcl nicht zu zcrstörcn vrrmochte, geschah
turch dcn gräßlichen Stnrm, der mit
solcher Gcwalt und Heftigkeit aiiftrat, daß
selbst Baumstämme von 25 Fuß Länge
und 3 Schuh Dnrchmesser durch ihn er«
faßt und weik fortgeschleudert wurden.
Und sv liegen nun »nzählige schöne Obst-
bätune entwurzelt auf den Straßen unv
im Fclde. — Zn Walterswcier sind 8, in
Wricr 3 und in Büh! 2 Hauftr odcr
Schcuncn zum Thcil zcrtrümmcrt worden.
Hier wnrtcii Lic meisten Dücher bcschädigt
— nnd Taiisrnde vvn Fenstern zcrschlagrn.
Zn ker Spinncrei und Weberei zählt man
an solchcn slkein übrr 860 Stück. Die
Vüla Pfähler,mv drr Bahuhof wnrdrn
furchbar uiitgruommen. Kcin ganzrs Frn-
stcr ist i-i dicsen Gebüuven übrig gcbli«-
 
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