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Heidelberger Tagblatt — 1859 (Juli bis Dezember)

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Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2788#0421

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Marokko.

Die nordwestliche Ecke Afrika's bildet
den Staat Marokko, welcher durch ftine
geographische Lage an beiden Meeren, den
Ein- und Ausgang von dem einen in das
andere beherrschend, zu allen Zeiten sür
Lie Scemächte eine größerc Bedeutung
hatte, als die übrigen Barbarcskenstaa-
ten , zu denen er zählte. Auf eincm
Flächenraum von 10,500 Quadratmeilen
keben dort nach englischen Ermittelungen
etwa 6, nach spanischen und deutschen
Angaben 12 Millioncn Menschen, wovon
die eine Hälfte Urcinwohner, Kabylen,
die andern Mauren, arabischcr Abkunft;
dazu kommcn ctwa 300,000 Judeii, die
Zahl der Europäer ist unbedcutend. Für
die Richtigkeit der englischen Angaben über
die Volkszahl spricht die Beschaffenheit des
Landes, das einestheils durch das hohe
und wilde Atlasgebirge und durch Wüsten
nicht kulturfähig, anderntheils in fti'nen
frnchtbaren Strccken nur schlecht angebaut
ist. Nvmadenstämme, die nic ganz unter-
worfen werdcn konnten, durchziehen das
Land, namentlich die Küstenländer und
Grenzdistrikte, und wevden dadurch dcn
Nachbarn lästig. Bei allcr Rohheit ist
von den Arabern her cinige Jndustrie im
Lande gcbliebcn; so wird das dort unter
dem Namen Maroquin berühmte Leder
bereitet, Die Einwohner sind Mahome-
daner, und zwar von der altcn fana-
tischcn Mckkaschule; sie habcn daher gegen
christliche Ansiedler immer roh und grau-
sam verfahren. Ein Sultan regicrt das
Land, als ftlbstständiger Statthalter Gottcs
aufErdcn; er war dahcr demObcrhaupt
der Gläubigen, dcm türkischcn Sultan, nie,
wie die Beherrscher der übrigen Raub-
staaten, als Vasall untergeordnet. Das
Regierungsprincip ist die reinste Willkür;
Hauptstaatsgrundsatz ist: „Halte das Volk
in Armuth, dann wird es nicht die Fahne
dcs Aufruhrs erheben;" doch unterscheidet
sich der staat von andern Despotieen durch
wohlgeordnete Finanzen. Die Steuern find
gering, weil die Staatsausgaben sehr un-
bedeutend sind, sie erreichen kaum eine
Mtllion Piaster; denn da das Land keine
ihm Gefahr drohendc Nachbarn hatte, war
die Armce immer wenig zatzlreich und be-
trug »ie über 20,000 Mann, meist Rritcr,
welchen das an Weiden reiche Land vor-
treffliche Pferde iiefert; so konnte auS dem

von dcn Judcn erhobenen hohcn Kopfgelde
und aus dem von den christlichen Staaten
entrichtcten Lährlichcn Tribut, um ihre
Schiffe vor Seeraub dcr in der Nähe dcr
Mcerenge auflauernden Piraten zu schützen,
im Laufe der Jahre cin bedcutcnder Schatz
angesammelt werden, der in der Hanpt-
stadt Marokko in einem festen Gebäude
aufbcwahrt wird. Dieftr Tribut ist bis
auf die neuestc Zcit von aüen Staaten
mit Ausnahme Englands entrichtet w»r-
den; Frankrcich sclbst entledigte sich erst
dcffelbcn gänzlich seit der Eroberung Äll-
giers; ja Dänemark und Schwcdcn be-
zahlten ihn noch bis zum Jahre 1845.
Seitdem habcn die an der Meerenge an-
gesiedelten Riffpiraten auf eigene Faust
Seeraub getriebcn, und namentlich dic spa-
nischen Küstenfahrer behelligt. Das Land
ist, wie alle orientalischen Staaten, in
zunehmendem Verfall; die Hauptstadt Ma-
rokko, welche nach der Ansiedclung der
arabischen Eroberer an 700,000 Einwoh-
ncr zählte, hat heute kaum 50,000. Dic
zweite uüd heklkge Hauptstadt Fcz ist der
Sitz des Binnenhandels und dadurch we-
niger als Marokko verfallen. Mogador,
am atlantischen Meer^ 15 Meilen von
Marokko entfernt, ist der Haupthaftn des
Landcs. Der wichtigste Punkt ist Tanger
an der Ostftite der Meerenge, den Ein-
und Ausgang in diesclbe oeherrschend. Die
Portugiesen hatten es im Jahre 1457 be-
setzt; 1660 kam es als Aussteuer der an
den König Karl H. vermählten Jnfantin
an England, das es aber schon 1684 als
eine zu kostspi'elige Besitzung wieder auf-
gab. Zeuta, Gibraltar gegenüber, und
Melilla, mehr westlich nach der algieri-
schen Grenze hin, sind spanische Besitzun-
gen, die, so oft sich dazu durch die
Annäherung wilder Nomadenstämme eine
Gelegcnheit bot, von den durch dieft ver-
stärkten raub- und beutclustigen Nachbarn
angefallcn wurden; daraus ist denn auch
der gegenwärtige Konflikt entstanden.

(Fr. Hz.)

Deutschland.

Kaplsruhe, 28. Okt. Zm 17. Aemter-
Wahlbezirk, Triberg, Hornberg, Wolfach,
wurde gcstern zum Abgeordneten gewählt:
Herr Dahmen, Gutsbesitzer und Bürger-
meister in Sulzbach.

Aus Baden. Dmch allerh. Ordre vom 22. d.
erhielt Major v. Weiler, GarnisonSkominandant »on
Kehl, die Erlaubniß, den ihm von Sr. Maj. de«
Kaiser von Oesterrcich verliehenen Ordcn dcr «iscrnen
Krone annchmcn «nd tragen zu dürfen. Portcpee-
fähnrich V. Fehmann vvm 2. Jnf.-Reg. wird auf
Ansuchen tn deu Stand der Fcldwebel verfctzt. Dic
Erlaubniß zum Tragen der Uniform des Armeckorx»
wurde dcm in Ruhestand versctzten Hauptmann R-
Hoffmann und Major Sautier crthcilt. RegimentS-
kadett H. v. Roder im 3. Füs.-Bat. wurte züM
Portepeefähnrich crnannt.

Heidelberq, 27. Okt. Unmittelbar
uach der Schillerfeier wird hier cin an-
deres Fest abgehaltcn, das dem 40jähriges
Jubiläum eines hochverdicnten Pädagogen
gilt. Hofrath Hautz, alterm'render Di-
rektor des hiesigen Lpzeums, hat nämlich
im nächsten Monat 40 Di'enstjahre erreicht
und, was wohl selten vorkommt, während
diescr Zeit ununterbrochen an der glcichen
Anstalt ftine Wirksamkeit bethätigt. Wahr-
scheinlich wi'rd dicft Feier stch nicht aüf
den Kreis des Lpzeums dahier, bezichungs-
weise auf di'c altcn und neuen Schüler
des Gefeiertcn, bcschränken, sondern auch
noch anderweitige Bethcilignng finden.

Aus Baden- Die Ständc werden
erst in dcr zweiten Hälste des Monats
Novcmber zusammenberufcn werdcn, da
das Budgct der Kriegsverwaltung dies
Mäl schwierig zu bearbciten war und
wegen mchrererPositionen erst in ncuerer
Zeit in Angriff genommcn wcrden konnte.

Am 26. wurdcn in dem Kloster Adel-
hausen zu Freiburg die Novizen Fräulein
Anna Mepr von Waldkirch und Paulinc
Hoch von Freiburg als wirkliche Mitglie-
der, des Ordcns St. Dominik eingckleidet.

Staufen, 26. Okt. Die auf Herrn
Gerbermeister Zoftph Federer in Ehren-
stetten gefaücne Wahl als Abgeordncter
des Bezirks Staufen-Hcitersheim fand
bei uns allgemeinen Anklang. Herr Fe-
derer steht als bicderer, karakterfester
Mann, mit gcsundcn Ansichten und eincm
vernünftigem Fortschritt huldigenden Stre-
ben, in Zedermanns Achtung, und wird
nach unftrm Ermeffen ftine Sendung i»
würdiger Wcise erfüllen.

Kaffel, 26. Okt. Die 2. Kammer hat
gestern in einer gehcimen Sitzuiig eiyen
Antrag des Abgeordneten Hcrrlein, „Se.
K. Hoh. dem Kurfürsten in einer AdreW
die Bittc üm Wiederherstekung der Ver-
faffung vom Jahre,1831 zu übcrreichen,"
mit 21 gegen 15 Stimmen in Erwägung
 
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