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Heidelberger Tagblatt — 1859 (Juli bis Dezember)

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September
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https://doi.org/10.11588/diglit.2788#0285

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Die Gewerbegesetzgebung

im Großherzogthum Baden.

(Fortsetzung.)

Lehrlinge müffen aus Ver Volksschule
entlaffen sein, also in der Regel das
14. Lebensjahr zurückgelcgt haben, wenn
ffe bei der Zunft aufgcdingl wcrden wollcn.
Sie sind gehalten, den für die der Schule
entlaffene Zugend bestimmten Unterricht
(Fortbiidungs- und Sonntagsschule), so-
wie namentlich die Gcch§rbschule regcl-
mäßig zu besuchen.

Nach bestandener Lehrzeit, welche in
der Regel 3 Jahre dauert, erfolgt die
Freisprechung als Geselle nach vorheriger
Prüfung durch den Zunftmeister. Dcr Ge-
selle muß-wandern, und zwar auch im
Auslande, wenn er sich einst auch in cincr
größern Stadt niederlaffen will, sonst im
Jnlande, und zwar dann cntweder in einer
der größcren Städte des Landes oder we-
nigstens 12 Stunden von seiner Heimath
entfcrnt, im Ganzen 3 Jahre.

Zu den Genoffen zählen solche Zunft-
glieder, welche wegcn mangelnden Bürger-
rechts (wenn sie z. B. nur Einsassen sind)
oder wegen nicht hinreichcnder Befähigung
nichr Meister wcrden konnten; ferner beur-
laubte Soldaten und endlich Jnvaliben.
Das Genoffenrccht wird erlangt durch
obrigkcitliche Bewilligung auf den Nach-
weis der Arbeitsfähigkeir und hinläng-
licher Gewerbsknnde, welch' letzterer meist
durch Herstcllung eines Meisterstüüs gclie-
ferr wird, an welches geringere Anforde-
rungen als bei Erlangnng des Meister-
rechts gcstellt werdcn.

Zum Meisterrecht dagegen ist erforder-
lich:

a) Der Regel nach cin Alter von 25
Jahren;

b) Ortsbürgcrrccht im Umfange des
Zunftvcrbands.

Die Erlangung desselben setzt außer ei-
nem guten Leumund den Besitz eines
den Unterhalt einer Familie sichernden
Vermögens oder Nahrungszweigs, so wie
jedcnfaüs den Nachwcis eines gcwissen
Vermögens voraus, welches beim Antritt
eines angebornen Bürgerrechts 100 fl., in
Städten von mehr als 3000 Einwohnern
200 fl., bei der Aufnahme in eine fremde
Gemeinde aber 500, 700 und in den größ-
ten Städten des Landcs 1000 fl. betragen
muß. Bei Verheirathung einer Bürgers-

tochter oder Bürqcrswittwe ist das Vcr-
mögen bcidcr Verlobten zusammenzurcch-
nen. Soferne übrigens die gesetzlichen
Erfordcrnisse crfüllt sind, kann keinem
Staatsbürger die Aufnahme in einer Ge-
mcinde des Großherzogthums verwcigert
werden, insbesondcre nicht wegen con-
fessioneller Verschicdenhcit, ausgenommen
Jsraeliten.

e) Erfüüung der Wanderpflicht.

Hiervon sind jedoch Soldaten, welche
ihrer Militärpflicht genügt habcn, befreit
und kann auch aus andern triftigen Hin-
derungsgründen, seltener jedoch in Städten
und bei Gewerben, dic an den Kunstfleiß
höhere Anforderungen machen , Nachsicht
ertheilt werden.

cl) Fertigung eines Meisterstücks, wo-
rauf nach eingeholtem Gutachten von 2
Zunft- und höchstens 2 Mitmeistern das
Meisterrecht von der Bezirkspolizeibehörde
ertheilt wird. (Forts. f.)

Deutfchland.

s Heideiberg, 21. Scpt. Gestern
und vorgestcrn ist den Betheiligten des
für den Odenwälder Eiscnbahnbäu anzü-
kaufenden Geländes die fchriftliche Nach-
richt zugekvmmen, daß dieselben bis hcutc
um 10 Ühr zu erklären hätten, ob sie mit
dcu von der Erpropriationskommission be-
stimmten Geboten zufrieden sind oder nicht,
worauf dann im verneinenden Falle dcrcn
Gclände von der hierzu ernannten Kom-
mission tarirt werden wird. Es läßt sich
erwarten, da bekanntlich die Regierung
die annchmbarsten Gebote gemacht, daß
sich hier, im allgemeinen Jnteressc Hcidcl-
bergs nur wenig Schwicrigkeiten finden
wcrden, was um so mehr zu wünschen,
da wir aus guicr Quellc vernommen, die
Regierung bcabsichtige auch däs Frisch'sche
Haus anzukaufeii,damithin!änglicherRanm
für dcn Bahnhof vorhanden sei. Hier-
durch wird jenen Bewohnern dcr oberen
Stadt, die befürchtetcn, daß an dem Karls-
thor nur ein provisorischer Bahnhof oder
gar nur eine kleine Absteige-Station er-
richtet werde, entschieden begegnet.

Aus Baden, 19. Sept. Die nach
einem Lreijährigen Turnus wiederkehren-
dcn Diözesansynoden find bereits in
viclen Diözesen des Ober- und Unterlan-
des gehalten. Jn ihncn werden Die
Wünsche und Anträge auSgesprvchen, welche

u. A. der 1862 zusaminentrclenden Ge-
neralsynode unterbreitct werden. Dem
Vernchmen nach vereinigten stch sehr viele,
wenn nicht die meisten, Diözefansynodcn
auf folgende Antrüge: 1) Nochmalige Vor-
lage des ncucn Kirchenbuches (Ägende)
bei der Generalsynode zur Revision; 2)
Wahl der Kirchengemeinderäthe durch die
Gemeinden statt durch Selbstcrgänzung der
bestchendcn Kirchengemeindcräthe; 3)glei-
che Anzahl der weltlichen und geistlichen
Abgeordneten bei den Diözesan- und Ge-
neralsynoden und 4) von der bcabsichtig-
ten Einführung eines neuen Gesang-
buch e s für jetzt noch Umgang zu uehmen
und dieselbe erst später wieder zur Spräche
zu bringen. Die Theilnahme an viesen
Synoden ist eine schr rege, wäs ohne
Zwcifel durch die neue Agende verurfacht
worden ist. Gleiche Theilnahme wird sich
auch bei den Wahlcn zur Generalsynove
knnd geben.

DEannheiui) 20. Sept. Die von der
Gcmeindebehörde angcregte Fcier des hun-
dertjährigen Geburtstages Schiücr's ent-
wickclt sich zur That. Gestern Nachmittag *
fand auf dem Rathhause einc Vorbespre-
chung wcgen ver Bildung eines Komitcs
statt, welchem in diesen Tagen ein Pro-
gramm zur Bcgehung dieses Nationalfcstes
vorgelegt wcrden wird. *)

Mannheim, 20. Sept. Aus gutcr
Ouelle kann ich Jhnen witthcilen, daß die
in dicsen Tagcn in Mainz verscmimelte
tcchnische'Kommisston sich gegen die pro-
jetirke Ärt des Brückenbäues ausgefprochen,
und der ganze Bau dahcr bis zu weiterer
Vvrlage eines neuen Planes verlegr sei.
Dagegen sei sichcre Hoffnung, daß der
Brückenbau zwischcn Mannheim und
Ludwigshafen in Folgc des Baues
dcr Odenwaldbahn nun bkstimmter zur
Ausführung komme. (M. A.)

Bom Brurhein, 20. Sept. Die
Tabaksernte ist jetzt im Gang, wird
aber keine qute Qualität liefern. Die
Fruchtprcise bleiben sich ziemlichgleich;
Korn und Hafer sind flau, Wcizen und
Gerste gesuchter. Am meisten entwickeln
flch die Reben mit ihren gesundcn herr-
lichen Trauben. Der Herbst steht in
nnserer Gegend im ersten Drittel deö

*) Es bedarf wohl nur vorstehendcr Miitheilung,
um auch in unserer Stadt die IVOjährige Feier un-
seres großcn DichterS zur AuSführuug zu bringen.
 
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