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Heidelberger Tagblatt — 1859 (Juli bis Dezember)

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Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2788#0321

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M 231.

Erscheint, Montags anSgenommen, täg-
lich. Preis mitllnterhaltungsblstt viertel-
jährlich 36 kr.

Sonntag, 2. Oktober


18ÄS.

Deutschland.

Karlsruhe, 30. Sept. Durch Kriegs-
Rlimsterialbeschlüsse, als: vom 29. Aug.
d. I. N. 22,329 wurde mit allerhöchster
Ermächtigung Sr. K. Hoh. des Grvßher-
zogs der Zeughausverrechner Bischoff
als Verrechner zum Jnvalidenkorps; Ka-
sernenverwaltcr Gisselbrccht in Mann-
heim als Verrechner zur Zeughausdirektion
versetzt und Quartiermeister Russer vom
4. Jnfanterieregiment, Markgraf Wilhelm,
zum Kaserneuverwalter in Mannheim, vor-
erst in provisorischer Eigcnschast, ernannt,
und vom 5. Sept. d. I. Nr. 22,883 Quar-
tiermcister Neumann von der Sani-
tätskompagnie zum 4. Jnfanterieregimcnt,
Markgraf Wilhclm, versetzt.

Heidelberq. Am 27. d. M., Mit-
tags 3 Uhr, verschied in Roßwalde
nach kurzem Lciden AltbürgermeisterAugust
Hofmann.

Mannheim, 30. Sept. Den Schluß
der Schwurgerichtssttzungen dcs 3. Quar-
tals bildete heute die Verhandlung der
Anklagc gegen Wolf Klcin von Heinstadt
wegcn gefährlichen Diebstahls. Der
Schwürgerichtshof verurtheilte den Ange-
klagten zu eincr durch 10 Tage Hunger-
kost gkschärften Arbeitshausstrafe von
einem Zahr.

Aus Baden. Der Schwurgerichts-
hof in Mannheim verhandclte am 28. Sept.
in gcheimer Sitzung dic Anklage gegcn
Agathe Margaretha Ebinger von Wiesen-
bach wegen Kindsmord. Die Angeklagte
wurde zu 4 Jahren Zuchthaus verurthcilt.
Am 29. führte die Verhandlung gegen
Joh. Gg. Schmitt von Greußcnheim und
Franz Schmitt von Hochhausen, der Töd-
tung angeklagt. Jeder der beiden Anqe-
klagten wurde zu 6 Zahren ArbeitShaus
verurtheilt. ^ Vom Schwurgericht zu
Bruchsal wurde am 28. d. Zos. Nofeicr
von Baden wcgen Angriff auf die Reiu-
heit eines zehnjährigen Mädchens, zu zwei
Jahren Zuchthaus verurtheilt.

Bruchfal, 29. Sept. (Schwurgericht
dcs Mittelrheinkreises.) Ein junger Bi-
jvuteriearbeiter, Zohann Ansclment
vv» -Ersi'ngkn bei Pfvrzheim, stand heute
unter der Anklage der Tödtung' vor den
Schranken dcs Schwurgcrichts. Anselment
hütte Bekanntschaft mit einem Mädchen,
das ssch in dem benachbarten Orte Bil-
fingen bei ihrer dort verheiratheten Schwe-

ster, einer Bierwirthkn, aufhielt. Als cr
nun an einem Sonntag Abend im Mai
d. Z. nach Bilfingen kam, erfuhr er und
überzeugte fich durch Augenschein, daß ein
in früheren Jahrcn zu Bi.lfingen angestcllt
gewesener Lehrer Namens Schmidt, der
fich scit einigen Tagen zum Besuche bci
dem Lehrer zu Erflngen aufhielt, in Bil-
fingen anwesend und mit jenem Mädchen,
einer seiner früheren Gesangschülerinnen,
in freundliche Konversation getrcten sei.
Obwohl Lehrer Schmidt als ein ganz ach-
tungswcrther Mann bckannt war, so er-
weckte doch jene Frcundlichkeit, die nicht
ohne verdiente Erwicdcrung von Seiten
des Mädchens blicb, cine cifersüchtige Re-
gung beim Angeklagten, worin man das
Motiv zu deffen nachfolgenden verbreche-
rischen Handlungen erblicken kann. Ansel-
ment begleitete nämlich den Lehrer Schmidt,
der in Bilfingen cinige Gläser Bier über
dco Durst gctrunken hatte, auf dem Heim-
wcge nach Ersingen, treunte sich in der
Nähe dcs letzteren Ortes von ihm, und
überfiel den heimgehenden Lehrer, als dieser
seiner Wohnung , dem Schulhause, schon
ganz nahe war, plötzlich mit Prügelstrei-
chen, von denen wenigstens einer den Kopf
traf und nach mehreren Tagen den Tod
des Verwundeten znr Folge hatte. Der
Angeklagte selber stellte in derUntersuchung,
sowie auch heutc, die von ihm verübte
Mißhandlung des Lehrers Schmidt keines-
wegs in Abrede, wogegen er den Entschluß
zur That nicht sowohl sciner Eifersucht
auf den Lehrer, als den Hctzercien von
Seiten seiner Kameraden zuschrieb, in
welch letztererBeziehung jedoch nichts zu
scinen Gunsten erweislich gemacht werden
konnte. Zn Bezug auf dic Tödtlichkeit-
dcr zugefügten Prügelstreiche war cs von
Erheblichkeit, daß nach den gerichtsärzt-
lichcn Wahrnehmungen der Getödtete einen
ganz absonoerlich diimien Schädel besaß.
Die von dem Staatsanwältssubstituten,
gr. Hofgerichtsrath Ottendorff, geführtc
Anklage war auf cine fahrlässige, durch vor-
sätzliche Mißhandlung vernrfachte Tödtung
gerichtet, zu welcher Mißhandlung der Ent-
schluß mi't Vorbedacht gefaßt worden sei,
während der tödtliche Erfolg vom Thäter
mit mittlercr Wahrscheinlichkeit habc vor-
ausgesehen werden können. Die Verthei-
digung dagegen, in Perssn des Hrn. Ober-
gerichtsadvokaten Gutmann, machte gcl-
tcnd, daß Enselment nur im Affekte ge-

handelt habe und daß dcr eingetrctene
Tod nur eine als fehr unwährscheinlich
zu erkennendc Folge seiner Handlung ge-
wesen sei. Die Geschworcnen traten in
beiden Bxziehungen dcn Anträgen der
Staatsbehörde bei, und der Angcklagte
wurde dcmzufolge vom Gerichtskofe zu
einer sechsjährigcn Zuchthausstrafe verur-
theilt. Mit dicser Verhandlung schließt sich
zugleich dieSchwurgerichtsfltzung des lau-
fenden Quartals.

Zn Frankfurt wurde am 27. Scpt.
ein Flugblatt unter dem Titel: „Vvr-
schlägiger Entwurf zu einer zeitgemäßen
Umgestaltung des deutschen Reichcs" ver-
theilt, das folgcnde Sätze aufstellt:

1) Dcr seühetige Bundestag geht in e!» Oberhaüs
übcr, in welchem dte Vertreter dcr einzelnen deutschen
Fürstcn, jeder mit so viel Siimmen fltzen, alS ihm
vcrmöge der Bevölkernng seineS Landes zukommt.
L) Zu dem so gebildeten Obcrhaus tritt ein Unter-
haus, zusammengesctzt auS Mitglicdcrn der zweiten
kammern dcr etnzclnen Bundesstaaten, gcwählt durch
dtese Kammern selbst, und gleichfallS in eincr der
Bevölkcrung jcdes Etnzelstaates entsxrechenden Anzahl.
Z) Das deutsche Obcr- und Nnterhaus btlden zu»
sammen das deutsche Parlamcnt. 4) Diescm Parla-
mcnte gegenüber stcht eine teutsche Centralgewalt,
vertrcten durch den jeweiligen Regenten dcs grvßten
deutschen Staates (dcrmalen Preußen). 5) Dicser
obcrstc Trägcr der deutschen Ccntralgcwalt umgibt
fich mit eincm dcm Parlamente verantwortltchen Rcichs-
mintstcrium, dcssen Btldung auS hcrvorragendcn StaatS-
männern zunächst der deutschen Mittelstaaten (Bayern,
Hannovcr, Sachsen, Württembcrgund ctwa auch Deutsch-
Oesterreich (siehc Rubr. 7) nach einem noch näher zu
bcstimmenden Modus zu geschehen hat. 6) DaS Vcr-
hältniß der drei Potenzen: Centralgewalt, OberhauS
und llnterhaus zu einander, und das Maß ihrcr Bc-
fugnisse bleiben nähercr Ausführung vorbehaltcn. Doch
werdcn sie sich zunächst mit Herstellung der materiellcn
Einhcit DeutschlandS (Zollverband, Münzen, Maße
und Gcwichte; allgemetnes dcutschcs Gesctzbuch; all-
gcmeiuc deutsche Gcwcrbeordnung; oberstcS Reichs-
gcricht; dcutschcS Retchsheer; einhcttliche Vertretung
nach Anßen ic. ic. zu befaffen haben. 7) Jn diesen
deutschcn Reichsverband tritt Oesterreich mtt scinen
deutschen Besttzungcn unter deuselben Modalitätm ein,
wie solche auch sür dle andere» Bundesstaaten gelten
(»ergl. Rubr. 1 und 2). Mlt dem übrigen Käifer-
staatc schließen die so vcreinigten Staatcn von Dcntsch-
land eine Offensiv- und Deftnfiv-Allianz, unter gegen-
seitiger Garantic thres LänderbefitzstandcS. Wegcn der
Großherzogthümer Posen, Luremburg. sowic dcr Her-
zogthümer SchleSwtg, Holfteiu und Lauenbnrg bleibt,
Nähcres vorbehalten.

Kaffel, 25. Sept. Zn der Sache d,s
Curalors der Debitsäche dcr hikstgen
Leih- und Commerzbank gegen den Se-
krelär dicscr Anstalt, D. A. Geeh, tst vön
dem Stadtgericht dahier nnter dem 22.
em Enderkenntniß erlassen worden, wo-
nach der wegen Herausgabe die ihm vön
der Direction zur Aufnahme von Dar-
 
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