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Heidelberger Tagblatt — 1859 (Juli bis Dezember)

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November
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Hndelberger TaMatt.

Rr 273.

lich. Preis mitNnterhaltungSblatt viertel- b^I^II^III^^I^ titzeile odev deren Raum werden mit 2 kr.

iährlich 36 kr. ' berechnet.

18SS.

Derrtschland.

Karlsruhe, 21. Nov. Heute sand
die gewöhnlichc vorbcrcitende Sitzung der
II. Kammer im Ständesaal statt. Der
Abgeordnete Meper von Ebringen wird
als Alterspräsident fungiren. Als Se-
kretäre wurden die AbgeordnetenDahmen,
Kimmig und de Haan berusen. Die
Deputation zum Empsang Sr. Königl.
Hoheit besteht, wie gcwöhnlich, aus dem
Alterspräsidenten, dcn Sekrctärcn und 5
durch das Loos besti'mmtcn weitern Abgc-
ordnetcn, nämlich den Herrcn Wagncr,
Kraus, Muth, Lamap u. Allmang.
Die Kammermitglieder sind auf morgcn
Mittag >/,3 Uhr zur Cour unb ^4 Uhr
zur Tasel Sr. Königl. Hohcir bem Groß-
hcrzog entboten.

Karlsruhe, 22. Nov. Heiitc Vor-
mittag fand die seierliche Eröffnung bcs
Landtages statt. Se. Königl. Hoheit der
Großherzog wurde beim Eintritt in den
Saal mit einem dreimaligen Hochrus cm-
pfanqen. Allerhöchstdieselben hielten hier-
anf folgende Anrede an die Versammlung:
„Edle Herren und licbe Freunde!

Empfangen Sie Meincn herzlichen
Gruß und ein freundliches Willkommen.

Seit Jch Sic an dieser Steüe beim
Schluß des letztenLandtages cntli'eß, zog
eine ereignißrciche Zcit an uns vorüber;
mänche Stunde schwerer Prüsung ward
dadurch unsercm Vatcrlandc.

Wenn gleich das Großhcrzogthum durch
Gottes gnädige Fürsorge vor allen Schreck-
niffen dcs Krieges glücklich bewahrt blieb,
so tratcn doch die Fordcrungen gcmein-
samer Jntereffcn mit der vollen Kraft ihrcr
hohcn Bcdeutung an uns heran. Das
ganze Volk wetteifcrte in freudiger Opfcr-
bereitschaft und ein Hochgesühl beutscher
Kraft durchdrang alle Herzen in Erfüllung
verschiedenster Pflichten.

Mit dankbarstcr Befriedigung blickc J ch
aus dcn erhebendcn Gemeingeist zurück,
welcher sich währcnb dieser gesahrvollen
Zeit in dem badischen Volkc bcthätigte.

Möchtcn Sie, edle Herren und liebe
Frennde, mit derselben Gesinnung deut-
scher Vaterlandsliebe die Na<hwnsimgcn
prüsen, welche Jhncn über die nothwen-
digen Ausgabcn vorgelegt werden, zu
dcncn die schwercn Ereigniffe dicses Zahrcs
Meinc Regierung verpflichteten.

Wie Zch stcts bereit bin, zur Förbe-

rung größerer Einigung in unseren deut-
schen Bundesverhältniffen das Meinige
beizutragcn, so habe Jch, um die Sicher-
heit des Rechtsschutzes in Dcutschland zu
erhöhen, bei der Bundesvcrsümmlungdie
schon srüher angestrcbte Herstellung cincs
ständigen Bundesgerichts in Antrag ge-
bracht.

Trotz dcr Ungunst süngster Vergangen-
heit schreiket der Wohlstand des Landes
vorwärts, Hand in Hand mit gesetzlicher
Freiheit und geistiger Entwicklung.

Mik erneuter Thätigkeit wnrden die
leidcr nur allzu langc Untcrbrochenen öf-
fentlichen Bauten aücr Art wieder auf-
genommen. Mancher nützliche Erfolg ward
dadurch schon erzielt. Eine der wichtigsten
Vcrbindungcn sür das fcrnere Gedeihcn
unserer Staatseiscnbahn ist durch den nach-
barlichen Anschluß der Schwciz bei Walds-
hut zur Thatsache gewordcn.

Andere Nachbarliche Verbindungen sind
thesls der Vollendung uahe gerückt, theils
erwartcn sie noch das Ergcbniß dcr Ver-
ständigungen, welchc von Meiner Regie-
rung mit pflichttreuer Aufmerksamkeit be-
tricben werden.

Die mit dem päpstlichcn Stnhle gepflo-
genen Verhandlungcn, worüber Jhnen die
Aktenstücke vorgclegt wcrden, sind zu dem
gewünschtcn Abschlnffe gelangt. Dieses
Vertragswerk wird, so hoffe Jch, bei all-
seitiger richtiger Erkenntniß der Gcmein-
schaft der Zntereffen von Staat und Kirchc,
für das Wohl Bcider und deren freir,
gei'stigc Fortentwicklnng segenbringend scin.
Mögc der Geist des Friedens und die
wcchselscitige billigc Rücksichtsnahme auf
gegründete Anforderungcn, durch wclche
die Vereinbarung zu Stande gekommen
ist, auch bei dem Vollzug derselben nic-
mals fehlen und eine Bürgschaft für
dauernde Eintracht sein!

Dcm Grundsatze getreu, daß das Recht
im Großherzvgthum nach allcn Sciten
Gcltung erlangen müsse, und im Hinblicke
auk Meine Stellung im Bunde, durfte
Jch Mich dem Begehrcn von Mitglie-
dern des vormals rcichsunmittclbaren
Adels nm Wiedercinsetzung in dcklara-
tionsmäßige Rechte eben so wcnig ent-
ziehen, als es Mcin Bcstreben bleibt.
die daraus rntstehcnde Ungleichheit zwi-
schen dcn grundherrlichen «nd den übrigen
Gemeinden des Landes nach Thunlichkeit
zu bcseitigen.

Die üblichen Vorlagen übcr den Staats-
haushalt werden an Sie gelangen. Ohn-
geachtet erhöhter Anforderungen ist der
Zustand der Staatsfinanzcn ein befriedi-
gender. Der günstige Abschluß des Bud-
gcts wird, unter Fortdauer der Segnun-
gcn des Fricdcns, die Mittel bieten, wei-
teren für nothwendig erachteten Bedürs-
nissen zu entsprechcn.

Viele ernste Erfahrungen währcnd der
Zeit, i» welcher Deutschland seine Hecr-
kraft kriegsbereit halten mußte, verpflich-
ten Mich zu vollständiqercr Fürsorqe und
mancher Verbesscrung in den Einrichtun-
gcn Meincs Truppenkorps. Jch em-
pfehlc den dasür gesorderten Mchraufwond
Jhrer patriotischen Gcsinnung.

Verschi'edene Gesetzesentwürfe wcrden
Zhrer Prüfung und Zustimmung untcr-
hrcitet werden.

Edlc Herrcn und liebe Freundc! Eine
schmerzliche, aber wcrthe Pflicht blcibt
Mir noch zu erfüllcn übrig, indcm Zch
mit Zhnen eines hochverehrtcn Fürsten,
Meines nun in Gott ruhenden Herrn
Oheims, des Markgrafcn Wilhelm, ge-
denke, welcher stch von frühester Jugend
an dem Wohlc des Vaterlandes gewidmet
und eine lange Reihc von Zahren hin-
durch bei der Bcgründung eincs cchten
Verfagungswescns" thätigst betheiligt hat,
wodurch er in dcr Geschichte Meines
Hauses und Landcs sich einen eben so
ehrenvollen, als ruhmrcichen Namen er-
warb. Ehre und Friede sci seinem An-
denken!

Zch kröffne diesen Landtag mit dem
Wunsch, edlr Herren und licbe FreUnde,
es möge der Gcist Karl Fricdrichs, dcffen
Erinnerungssest wir heute feiern, zu des
Vaterlandes Wohl anf Zhrcr Lhätigkeit
ruhen.

Das walte Gott!"

Bei den Worten, welche dcm Gedächt-
niß Sr. Großh. Hoheit des höchstseligcn
Markgrasen WiIhclm gewidmet sind, cr-
hoben sich sämmtliche Anwescndc.

Anf Bcfchl Sr. Königl. Hohcit des
Großherzogs nahm hicrauf Se. Erc.
dcr Präfident des Minifteriunis des Jn-
nern, Geh. Rath Frhr. v. Stengel, den
neu eintrctenden Mitgliedern beider Kam-
mcru dcn durch §. 69 der Vcrfaffungs-
urkunde vorgeschriebenen Eid ab, und er-
klärte sodann die Versammlung drr Stände
für eröffnet.
 
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