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Heidelberger Tagblatt — 1859 (Juli bis Dezember)

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Oktober
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Heidelberger Tagdlatt.

5 232.

Trscheint, Montags ausgenommen, täg-
lich. Preis mitUnterhaltungsblättviertel--
jährlich 36 kr.

Dicustag, 'i. Oktober


183».

Die Schillerfeier

Ein einziger Sonnenstrahl unterbricht
das trübe Gewölk, das in scinem Grau
in Grau bleicrn nnd nicderdrückend den
politischen Himmel in Dcutschland um-
zogcn, es ist die Theilnahme, mit welcher
wir überall, „so weit dke deutsche Zungc
klingt, und Gott im Himmel Lieder flngt,"
die Städte und die Bevölkerungen sich an-
schicken sehen, die Säkular'seier des großen
deutschen Dkchters fcstlich zu bcgehen. Wie
zutreffcnd auch sonst, wie gesagt, leider
UhlandS Worte sein mögen, in diesem
Punkte finden auch die anderen ihre Be-
stätigung: „Doch säh ich mauches Auge
flammen und klopfen hört' ich manchcs
Herz!" Hier ist überall daffelbe Streben,
dieselbe Empflndung, hicselbe Bcgcisterung.
Hier schwetgen endlich einmal wiedcr die
künstlichen Unterschiedc von Nord- und
Süddeutschland, diese traurigste aller Er-
rungenschastcn der letzten Monate, hier
wird wieder einmal das deutsche Vater-
land etwas mehr als ein geographischer
Bcgriff, hier ist — wenigstens im Gebiete
des Gcistcs — abermals dcr klarste Be-
weis gegeben, daß denn doch die deutsche
Einhcit mehr ist, als bloße Rcdensart.
Dieses Fundament aber ist zu gefestigt,
als daß nicht, gleichviel, ob stüher oder
später, auch endlich cinmal das Gcbäude
der politischen Einheit flch darauf erheben
sollte. Und in dicser Hinsicht liegt in dcr
bevorstehenden nationalcn Feier ebcn so
ein Äusdruck der Freude im Hinblick auf
dkc Vergangenheit, als eine tröstliche Be-
ruhigung im Hmblick Zukunft.

D e u t s ch l a n d.

Karlsruhe, 1. Okt. Das heutc erschicnene
Rcgierungsblatt Nr. 44 enthält einc Bckanntmachung
des großh. Ministeriiims des großh. Haüscs nnd der
auSwärtigen Angclegcnheitcn: Den Abschluß eineS
Freundschafts-, HandelS- und SchifffahrtSvertragS mit
dcr Argentinischen Conföderatton bctreffend.

8 Heidelberg, 3. Oktober. Ans allen
Gegenren Deutschlands, ja in ferneu Län-
dcrn, in Frankreich und England, sogar
aus Amerika liest man, daß die auf den
10. Nov. d. I. fallende Geburtsfeier des
großen Dichters Schiller festlich begangcn
werden soll, nur aus unserem schönen
Heidelbera, wo die Musen doch seit Jahr-
himderten ihren Sitz aufgefchlagen, hat
man bis zur Stunde noch nichts von eincr

abzuhaltenden Schillerfeier vernommen;
doch tragen wir die Ueberzeugung, daß
auch hicr von Universität uud Bürgerschast
etwas zur Feier dieses bedeutungsvollen
Tagcs gethan wird, der uns vor hundert
Jahren den größten dcutschen Dichter ge-
schcnkt. Jedcnfalls wird dcr strebsame
Direktor der hieflgcn Bühne Hr. Friese
zur Feier dicses Jubiläums ein klassisches
Drama unseres unsterblichenMeistersängers
vorführen.

Mannheim, 29. Sept. NurinBczug
aufZufuhren aus Holland, also rücksichtlich
der Baumwolle und des Kaffces haben
Handel und Vcrkehr zugcnommen. Der
Verkehr zu Schiffe ihalwürts ist aber
nvch iiiimer ciii recht gcdrückter zu nenncn.
Die Verschiffung vou Cerealien, nämlich
Waizen, Korn, Gerste, Habcr und Hül-
senfrüchte erreichte im September dieZahl
von 27,750 Centner, woruntcr allein
22,000 Ctr. Gerste sich befinden, welche
großentheils sür die Brennereien in Schie-
dam bestimmt sind, und sich in jcdem
Zahr fast gleich blciben. An Tabak wur-
der 6158 Ctr. und an Cigarren 1705
Ctr. zu Schiffe gcbracht. Bedenkt man
iiuii, daß im August 35,528Ctr. Cerealien,
8766 Ctr. Tabak nnd 4436 Ctr. Cigar-
ren vcrschifft wurdcn, so hatte der Ver-
kehr wenigstens in diesen Artikeln im
Gegentheil abgenommen. Ein wcitercr
Beweis sür den schwachen Gang dcr
Verladnngen ist der, daß in dicsern Mo-
nate allein 59 Schrffc leer von hier ab-
gehcn mußtcn, die meistcn weil es ihnen
ati Ladungen fchlte.

Mannheim, 30. Sept. Heute kam
in lctzter öffentlicher Sitzung des Schwur-
gerichkshofcs die Anklage gcgcn Wolf Klein
wegeii gefährlichen Diebstahls zur Ver-
handlung. Diesclbe war auf den 27. d.
angesctzt, aber wegen Krankheit der An-
geklagten damals unterblieben. Dcrselbe
ward des angeklagten Verbrcchens für
schuldig erklärt und zu eincm Zahre ge-
schärfterArbeitshausstrafe verurtheilt. Die
heute gkpsiogcue Verhandlung dcs Gerichts-
hofes vhue Zuzug von Geschworenen, gegen
den flüchtigen F. Maffen wegen Fälschung,
war geheim, und ist der Urtheilsspruch
uns ni'cht bckannt gewordcn.

Mannheim, i. Okt. Ein tragl'scher
Vorfall setzte gestern Abcnd nach 9 Uhr
in dcn Plankcn die Lustwandelnden in
ziemliche Aufregung. Von mehrcren da-

selbst auf-und äbwandelnden Pärchen .zog
auf einmal ein junger Mann einen Dolch
und stach sich damit in die Scite, so daß
dersclbe per Droschke nach House ge-
bracht werden »wßte. Die Motive dieser
Dhat sind noch unbekannt.

Aus Ba-en, 1. Okt. Zu Karls-
ruhe haben sich in vcrflosscner Nacht
zwei Soldaten durch Erschießen das
Leben genommen; ein Artillerist in der
Gegend des landwirthschastlichcn Gartens
und ein Soldat des 4. Flisili'crbataillons
auf seinem Wachposten. — Für die durch
den Hagelschlag am 30. Zuli d. A.
beschädigten Bewoh »er dcr Ortenau
waren bis gcstern 22,916 fl. 37 6, kr.
nebst 30'/, Malter Frucht eingegangen.

Aus Baden. Die Mitglieder der
bad. allg. Versorgungsanstalt könneti vom
15. Okt. d. I. an die Renten für das
Jähr 1859 beziehen. — Die Spinnerei
und Webcrei in Offcnburg ist mit Auf-
trägen überhüuft und arbeitet gegcnwärtig
mit 500 Personen.

Kehl, 29. Sept. Ein englischer
Gauner, angeblich Mr. Duncan aus
London, führte kürzlich folgenden Betrug
dahier aus. Derselbe traf am 15. d. M ,
aus Frankreich kommend, hier ein, sticg
in eincin Gasthofe ab und bat den fol-
genden Tag, unter dem Vorwande eines
leichteu Unwohlseins, den Gastwirth, ihm
eine 500 Pfd. St. Note (6000 fl.) von
der Bank von Manchester in Straßburg
gegen französischcs Geld einzuwechseln.
Der Gastwirth wechselte dieselbe bci eincm
der crsten Bankhäuser in Straßburg gegen
dcn Betrag von 12,450 Fr. in Gold und
händigte diese Summe dem Engländer ein.
Nach etlichen Tagen nun kam aus London
die Nachrtcht an das französischc Bank-
haus in Straßburg, daß die kingeschickte
Note in England mit Beschlag belegt,
weil dieselbe im Zuni d. I. in Manchester
aus der Bank gestohlen worden sei. Das
Erstaunen des Gastgebers über dicsc Nach-
richt war erklärlicher Weise schr groß,
l'ndcm das Straßburgcr Haus naiürlicher
Weise Ruckcrsatz verlangt, da die Bank-
note, obglcich ächt und gut, als in Eng-
land gcstohlenes Gut vorerst mit Beschlag
belegt bleibt und nicht eingelöst werden
wi'rd. Dcr Engländcr ist gegen 60 Zahre
alt, groß und breitschultcrig, hatte ste-
chende kleine Augen, trug einc schwarz-
branne Perrücke, hattc ei'nc todtesblaffe
 
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