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Heidelberger Tagblatt — 1859 (Juli bis Dezember)

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Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2788#0383

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Erscheint, MoutagS ausgenommen, täg-
lich. Preis mitllrrterhaltungsblattviertel-
jährlich 36 kr.

Donnerstag, 2V. Oktober

Inserttonsgebährcn für die Zspaltige Pe-
ntzeile oder deren Raum werden mit Lkr.
berechnet.

183S.

Telegraphifche Depefche

Paris, 18. Okt. Der heuüge Mo-
n it e u r meldet: Der F r i cd e n s ver -
trag zwischcn Frankreichund Ocstcr-
reich ist gestern in Zürich durch
die Bevvllmächtigtcn Oesterreichs und
Frankreichs untcrzeichnct worden.

Die Aufgabe des Kongreffes vom
franzofifchen Standpunkt

Der Vcrtrag von Zürich, dcssen Ab-
schlnß ficher und nahe scheint, (ist nach
vbigein Telcgramm bereits ersolgt) ist dic
offizielle Bcstätigung der Verzichtleistung
Oestcrreichs auf seinc Souvcränetät in
der Lombarbei und auf seine Herrschast
in dcn unabhängigen Staaten Ztaliens.
Zn dicser Beziehung wird der Vertrag
eine Bedeutung haben, die unmöglich ver-
kannt werden kann. Unseie Siege werden
so in Zukunft ihren diplomatischen Civil-
stand haben. Zm Vertrage von Zürich
verzichtet Oesterreich dcfinitiv aus das,
was es auf den Schlachtfcldern von Ma-
genta und von Solferino verlorc» hät.
Abcr der Vertrag von Zürich wird auch
noch eine andere Folge haben, die als cin
Pfand des Friedens aufgenommen werden
muß, nämlich den unm'ittelbarcn Zusammen-
tritt eines europäischcn Kongrcsscs. Alle
Schwikrigkciten, welche bis jetzt diesen
Zusammentritt zweifelhaft gemacht hatten,
schei'nen gecbnet zu sein. Diese Schwierig-
keiten waren ernsthaft. Einerseits war
Oesterreich dieser höheren Zurisdiktivn ab-
geneigt und erklärte, sich an dic Prälimi-
narien von Villafranca halten zu wollcn.
Andercrscits verlangte England die vor-
gängigc Anerkennung des den italienischen
Bölker« zustehcnden Rechtes, flch eine Re-
gicrung nach ihrer Wahl zu geben. Oester-
reich hat nachgegeben, und indem es ein-
willigt, alleFragen, welchenichtimSchooße
der Ksnfrrenz gelöst werden können, vor
den Kongreß zu bringen, hat es dessen
Zurlsdiktion anerkannt zur Herstellung
«ndgültiger Zustände in Ztalien. Hier-
durch hat das Wiener Kabinet eine Mäßi-
gung bewiesen, welcher die öffentliche
Meinung stcherlich Rechnung tragen wird.
Es ist klar, daß der Widerstand der Vvl-
ker Ml'ttel-Jtaliens gegen die Wiedcrhcr-
stellung der alten Regierungcn die diplo-
matifchc Vermittkung Europas nothwendig

macht. Dicse alten Regierungen eristirten
nur auf Grund der Verträge von 1815.
Der Zusammentritt des Kongreffes würdc
nur den Zweck haben, dicse Vcrträge in
Betreff der in Jtalien damaks eingesetzten
Souveräne abzuändern. Sollen die Ver-
träge von 1815 aüfrecht erhakten werden,
so braucht Europa nicht zusammenzutreten.
Nachdcm Frankreich und Oesterreich sich
in Villafranca geeinigt haben, daß die
Erzherzoge wiedcr in ihre Staaten zurück-
kehrcn sollen, würde es ihncn obliegen,
diescn Punkt erckutivisch durchzusetzen.
Aber Frankreichs Verbindlichkciten rcichen
so weit nicht. Frankreich woüte nur aus
diplomatischem Wege interveniren. Diese
Jntervention ist vor dem sehr bcstimmt
ausgesprochenen Willen der Völker ge«
scheitert. Seitdem sind die Verabredungen
von Villafranca über die Rückkchr dcr
Erzherzoge nur noch ein Blatt Papier.
Die Frage mußte vvr ein höheres Tri-
bunal gebracht wcrden: das ist Europa.
Europa wird nun von Neuem zusammen-
treten, um das öffentliche Necht, das es
im Jahre 1815 angcnommen hat, abzu-
ändern. Es ist dies nicht das erste Mal,
daß das Prinzip dcr National-Souveräne-
tät seinem hvhen Richtcrspruche unter-
worfen wird. Schon 1831 hat es stch
über dieses Prinzip auszusprechen gehabt
und hat es durch die Trennung Belgiens
von Holland, so wie durch die Konsti-
tuirung eines unabhängigen aus der Re-
volution hervorgegangenen Staatcs gc-
heiligt. Man muß darüber einig sein,
daß di'e Lage Ztaliens heute weniger re-
volutionär ist, als die Bclgicns 1831.
Die l'talicnischen Regierungcn sind an ihrcr
eigenen Ohnmacht zu Grunde gegangen.
Zn Belgien dagegcn hat cine Revolution
stattgefunden. Eurvpa wird das Recht
Jtaliens nicht mehr bestreiten als das
Recht Belgiens, und die National-Sou-
veränetät als konstituirendcs Prinzip wird
vön der Entscheidung dcs Kongreffes einc
neue Autorität erlangen. Zn der That,
wclches Recht hat Europa, über die po-
litischc Gestaltung der Staatcn zwriten
Ranges seinen Spruch zu fällen? Diescs
Rccht ist sehr einfach nnd beschränkt sich
auf die Untersuchung, ob dic Wünsche dcr
Völker im Einklange stehen mit dem all-
gemeinen Wohl. Die Souveränctät dcr
Staaten muß immer mit dem europäischen
Gleichgewicht verträglich sein. Europa

mischt sich in diese besondercn Arrangements
nur als Wächtcr des Gemeinwohls. So
wird in der voliegenden Frage Europa
zu entscheiden haben, ob der von den
Nationalversammlungen Mittclitaliens be-
gehrte Anschluß a» Sardinien mit der
allgcmcinen Ordnung sich vcrträgt, deren
Aufrcchthaltung seine Pflicht ist. Wenn
es sich verneinend darüber ausspricht, so
wcrden ohne Zweifel dic Bölker von Neuem
über die Lösung befragt werden, wclche
für die beste gehalten werden wird.

Deutschland.

Karlsruhe, 17. Okt. Das heute erschienene
RegierungS-latt Nr. 46 enthalt ferner (Schluß):

II. Vcrfügungen und Bekanntmachungcn der Mi-
nistericn. l) Bekanntmachungen dcS großh. Justiz-
ministeriums. ->) Dcn WohnflK dcs Rechtsanroalts
Wcckerle betrcffend (Waldkirch). K) Die Besetzung
dcr bet dcm Hofgerichic deS MittelrhetnkrciseS erlc-
digtcn Advokalur und Prokuratur betreffend. (Dcr
Rcchtsanwalt Gustav Mayer wurde zum Advokaten
und Prokurator bci dem Hofgcrichie des Wittelrhcin-
kreises ernannt.) c) Dic Anwaltschaft deS Referen-
därs Fcrdinand Levison betreffcnd. (Demselben «urde
gestattct, zur Ausübung dcr Anwaltschaft in gericht-
lichen nnd VcrwaltungSsachen seincn Wohnfitz !n Bruch-
sa! zu nchmen.) <i) Die Anwaltschaft des Refcren-
därs Jakob Gutmann von Karlsruhe betr. (Demselben
wurde gestattet, zur AuSübung der Anwaltschaft !n
gerichtlichen und VerwaltungSsachcn seincn Wohnfitz
tn KarlSruhc zu nchmcn.) 2) Bekanntmachungen
dcs großhcrzvgl. MtvistcriumS dcs Jnnern. a) Dic
StaatSgenchmigung von Stiftungcn betreffend. (Dar-
unter zahlreiche und bcdcutendc Stiftungen dcs ver-
storbencn Gcistl. Raths, DekanS und emcrirtcn Pfar-
rerS z« Haüdschuchsheiur, Z. Z Mühling. Ferner
von einem ungcnanuten Wohlthätcr cine Stiftung
von 54V0 fl. für dtc BlindenvcrsorgungSanstalt zu
Frciburg zu den ftühcr an diesc Anstalt von demselben
gcmachtcn Schcnkungcn von 8000 fl. b) Dic Vor-
nahme einer Ersatzwahl für den auS der Zweiteu
Kammer dcr Ständevcrsammlung fteiwillig auske-
tenden Abgeordnctcn Ricstercr bctrcffend. Der Hof»
gcrichts - Direktor Freihr. v. Stockhom in Fretburg
wurde auf sein »nterthäntgstcs Ansuche» deS Auftrags
zur Vornahme der kn 11. Acmterwahlbezirk angeord-
netcn Ersatzwahl zur Zweiten Kammer der Stäude«
versammlung enthoben uvd an deffen Stellc dcr grvßh.
Gch. Reg.-Rath Föhreubach in Frciburg mtt Vor-
nahme dieser Ersatzwahl als landeSherrlicher Kommis-
sär beaustragt. v) Die Vornahme eincr Ersatzwahl
für den aus der Zwetten Kammer dcr Ständever-
sammlung freiwilltg ausgetretencn Abgcordneten Se-
ramtn betrcffend. Mtt der Vvrnahmc der Wahl ist
alö landesheirl. Kvmmtffär dcr großh. Geh. Rcg.-
Rath Bannwarth in Fretburg beauftragt. ä) Die
Wahlen zur Zwciten Kammer dcr Ständeversammlung
für 1859 betresftnd. Der Stadttirektor Freiherr ».
Neubronn dahier wtrd seinem unterthänigsten Ansuchen
gcmäß wcgen Berhinderung durch Krankheit des ihm
erthciltcn Auftrags zur Bornahme der ErneuerungS-
wahl tm 22. Acmterwahlbezirke — Aemter Kork und
RhetnbischofsheiM — enthoben, und an deffen Stcll
 
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