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Heidelberger Tagblatt — 1859 (Juli bis Dezember)

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Oktober
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N» 234 Donnerstag, 6. Oktober

Die österreichische Preste über die
Dundes -Reform

Was wir wollen, was wir für mög-
lich haltcn, was wir als den rechten Wcg
für die Bundcsrefvrm erkennen: das ist
die Förderung dcr gemeinsamcn'Jntereffcn
der Nation, die Herstellung gcmeinsamer
Rechtsinstitutionen, die Entwicklung der
nationalen Kräste auf dem ganzen Bun-
desgcbiet. Zu dem Vcrständniß, daß eine
Neubelebung dcr Jnstikutioncn des Bun-
des dringcnd geboten fei, ist Oesterreich
nicht erst hcute, nicht durch die Eisenacher
Bcwegnng gekomine». Die-Eefchichte des
Bundes währcnd des letztcn Dezenniums
liefert dafür hinreichende Bewcise; der
tranrigeii Aufgabe, nachzuweiscn, an wel-
chen Hindernissen die von Ocstcrreich bcan-
tragtcn oder unterstützten Reformvcrsuche
seit zehn Aahren gescheitert seien, wollen
wir uns nicht unterzichen. Als dcn noth-
wendigen Ausgangspunkt alles Dessen, was
für eine gedcihliche Ausbildung der Bun-
dcsverfaffung geschehcn kann, erblickcn wir
dcn Boden des historischen Rechts. Wir
erinnern uns sehr wohl der Zeit, in wel-
cher auch Preußen der Erhaltung und
zeitgcmäßen Entwicklung dcr Bundesver-
faffung aufi'chtig zugethan war. Wir
erinnern uns sehr wohl der Zeit, in
welcher Prcußen ganz besonders die ge-
genwärtig bestehende Bundeskricgsverfas-
fung als den besten Theil der Bundes-
iiistitiltionen pries. Sagt man uns heutc:
„Sie taugen nicht mehr, sie sind überholt
von der Zeit", so werden wir gcwiß nicht
Dicjenigen sein, die gegen eine sachgcmäße
Umbildung derselben nach Maßgadc ter
vorhandenen Bedürfniffe Einsprache er-
heben. Eines aber halten wir für uner-
läßlich: daß auf dem Weg, den die Bun-
desreform beschreitet, das historische Recht
nicht verletzt oder geradezu negirt werde.
Es ist ekne preußische Stimme, die über
diesen Punkt stch folgendermaßcn verneh-
men läßt: „Das Reich bedarf keiner be-
soudern Hegemonie, weder außerhalb, noch
innerhalb dcr Eidgenoffenschaft des Bun-
des. An eineii! Bunbe kann jekes Mik-
glied nur der Gesainmtheit unterworsen
sein. Der Anspruch auf moralische und
andere Hegemonie ist beleidigend für den
Bruder und Gcnosscn im Bund. Jedcr
Eidgenoffe thue nur seine Schuldigkeit i'n
seincr Weise. Nur eine gestnnungsnikdrige

Zeit kann an der gleichen Berechtigung
des minder mächtigcn Bundcsbruders mä-
kcln, so weit diese nicht, den Machtver-
hältniffen Rcchnung tragcnd, schon im
Bundesvertrag geregelt ist. Aber frcilich,
an födcraler Tugcnd fehlt es noch in
manchen Krcifen. Es muß entschieden mit
dem schnöden Grundsatz gebrochen werden,
nichts Großcs und Lüchti'ges durch den
Bund zu Stande kommcn zu laffen. Man
ruft laut nach Bundcsreformen in die
Welt hinaus und vollzieht nicht cinmal
dic von der bcschworenen Verfaffung schon
vorgeschriebenen wohlthätige» Maßregeln!
Nur im strengsten Anschluß an die gegebe-
ucn gcsetzlichen Grundlagen des Bundesf?)
kann bei seinen verwickelten äußeren und
inneren Vcrhältniffes ctwas Sichercs und
Dauerndes errcicht wcrden. Aber man
habe den Muth, dies erreichen zu wollen!
Das Reich habe fortan keine Angst weitcr,
zu inajvrisircn! Es befindet stch auf dcm
günstigen Wege, durch Majorisiren die
Bundcsvcrfagung zur Wahrheit machen
zu dürfen." Es gereicht uns zur beson-
dern Befriedigung, daß die kön. preußische
Regieruug den Anschauungcn, wclche wir
hier zu eiitwickcln Anlaß gefunden haben,
ihren Beifall zollt. Jn der Antwort auf
die Stettiner Adreffe erklärte Graf Schwe-
rin ein für allemal: daß Preußen den
Weg des Rechtes nnd des Gesetzes nicht
verlaffen wolle. Als deutsche Patrioten
nehmen wir Akt von seinen Worten: daß
Preußcn durch die Förderung der gemein-
samen Leutschcn Jnteressen auf Gcbieten,
auf welchen stch praktische Erfolge hoffen
laffen, durch die Stärkung der Wchrkraftdes
Vatcrlandes, durch Befestigung geflcherter
NechlszustäildeaufdcmganzcnBunvesgebict
Deutschland im gegenwärtigcn Augenblick
mehr zu nützen glaube, als durch verfrühte
Anträge aufReform derBundcsVerfaffung.

D e u t f ch l a n d.

Karlsrusse, 4. Okt. Se. Großh.
Hoheit Herr Markgraf Wilhelm sind
an Brustcntzündung erkrankt; es ist jedoch
seit einigen Tagen Bcfferung in dem Be-
finden des hohcn Kranken cingetreten.
Bils. Buchcgger.

K Heidelberg, 3. October. Es hat
sich früher das Gerücht verbreitet als
ob die Regieruug den Bau der Heidel-
berg-Würzburger- Ei'senbahn erst kn zwei
Monaten in Angriff zu nehmen beab-

JnsertioMgebührfn für die 3spgltige Pe- ^

titzeilc oder derenMum werden mit Skr.

sichtige. Man suchte den Grund dafür
theils in politischen Verhältniffen, theils
auch in dcr Weigcrung mehrerer hiestgen
Einwohner ihr Grundeigenthum zu dem
von der Regieruug angcbotenen Prcise -
abzugeben. Wir können dagcgen auszu-
verläsflgerQuelle versichcrn, daß bczüglich
des Baues der Eisenbahn bereits die be-
stimmtesten Weisungcn crgangcn sind und
derselbe schön in der nächsten Zeit bc-
gonnen wird, (wie auch vie bereits aus-
geschriebenen Bersteigerüngsarbkitcn dar-
thun) nachdem selbstverständlich die nö-
thige Erpropriation znm Abschluß gediehen,
was nach Lcn gesetzlichen Bestimmuiigen
naturgemäß auf dcm kürzesten Wcge zu
geschehen hat.

c? Mannheim, 4. Okt. Se. Königl.
Hohcit der Prinz-Rcgcnt von Preußen und
Prinz Wilhclm, dessen, Sohn stnd gestern
Abend von dcn Feicrlichkeitcn der Eröff-
nung der Kölner Brücke hier eingetroffcn,
haben das Absteigequartier im Enropäischen
Hofc genommen und heutc die Reise nach
Karlsruhe und Baden-Baden fortgesetzt.

Das Komite zur Schillerfeier hat ge-
stern die Anträge des Fünfer-Ausschuffes
angenomnien. Znnerhalb und außerhalb
des Programms wird demnach die Feicr
iii folgendcr Weise geschehcn: Dicnstag
den 8. November Vorfeier des literarisch-
geselligen Vereins. Mittwoch den 9. No-
vember Augendfest, veranstaltet durch die
Vorstände der hicsigen Schulcn mit Ver-
theilungcn von ciner Schillcrschrift au die
Knaben der oberstcn Klassc der Volksschule.
Abends im Thcater: „Vor hundertJahren",
Festspiel von Halm und Wallensteins La-
ger. Nach der Vorstellung Musik und
Gcsang vor der während der nächsten drei
Abende gczibrten und beleuchteten Nord-
front des TheatergeSäudes. Schmuck der
Stadt durch Fahnen, Schillerbüsten, Kränze
und andere Verzi'erungen. Donnerstag den
10. Novkinbcr Choral vom Rathhaus-
Thurme, Festzug durch die Stadt auf den
Theatcrplatz, Abstngung cines von Lachner
komponirteu Festliekes, fcicrliche Bcncn-
nung veffelben als Schillerplatz unv Be-
grüuvuiig eincs Fonds für ein darauf zu
crrichteiives Schillerdenkmal. Jm Thcater
Aubelouverture von Weber, Festrede von
Oberrcgisseurvr. Wolff, Mcndelssohns
„Künstler", vorgetragen von sämmtlichen»
Gesangvereinen, Mittags Banket im Eu-
ropäischen Hvfe, Abends Festball im Kon-
 
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