Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 77-149)

DOI Heft:
Nr. 91 - Nr. 100 (17. April - 30. April)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.43254#0170
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
«dM >

Die Vertrauensratswahlen

DNB. Berlin, 18. April.
In 20 Gauen wur-
den von allen abgegebenen Stimmen 83,8 Proz.
Ja-Stimmen abgegeben. Es
erhielten:
Prozent
Gau:
Ja-Stimmen:
Essen
81
München-Oberbayern
85,5
Thüringen
85
Berlin
72,4
Kurmark
86
Koblenz-Trier
80
Schleswig-Holstein
89
Kurhessen
83,1
Westfalen-Nord
76,9
Vaden
85,3
Schlesien
85
Halle-Merseburg
81,7
Main-Franken
91,6
Württemberg
85,9
Hessen-Nassau
85
Magdeburg-Anhalt
86
Pommern
82,8
Köln-Aachen
79,6
Sachsen
86
Rheinpfalz
81,6

Das Gesetz zur Förderung
des Wohnungsbaues
Die Durchführungsverordnung
DNB. Berlin, 18. April.
Nach dem Gesetz zur Förderung des Woh-
nungsbaues vom 30. 6. 1935 mutz der Hauseigen-
tümer, der Gebäudeentschuldungssteuer zu ent-
richten hat, 25 v. H. der Steuer dem Reich als
verzinsliche Anleihe zur Verfügung stellen. Hier-
zu ist die Durchführungsverordnung erlassen wor-
den. In dieser Verordnung ist neben technischen
Einzelheiten insbesondere folgendes bestimmt
worden:
1. Die vorerwähnten 25 v. H. brauchen nicht
gezahlt zu werden, wenn die Steuer ohne Be-
rücksichtigung der niedergeschlagenen oder erlasse-
nen Beträge für ein Grundstück weniger als 200
Reichsmark jährlich beträgt. Bei einem über
200 Reichsmark jährlich betragenden Steuersoll
gelten die 25 v. H. der entrichteten Gebäudeent-
schuldungssteuer als Einzahlung auf die Anleihe.
Wenn die Steuer wegen Hilfsbedürftigkeit eines
Wohnungsmieters ganz oder teilweise erlassen
worden ist, so gelten 25 v. H. des erlassenen
Betrages als Einzahlung auf die Anleihe.
2. Der Einzahlungspflichtige erhält aus Reichs-
besitz stammende Schuldverschreibungen des Um-
schuldungsverbandes deutscher Gemeinden, die
mit 4 Prozent verzinslich und 3 Prozent jähr-
lich tilgbar sowie reichsbanklombardfähig sind,
zum Nennwert, und zwar mit Zinsscheinen, die
die Zinsen ab dem Beginn des neuen Zinsab-
schnitts verbriefen, in dem der Anspruch auf die
Aushändigung der Schuldverschreibungen fällt.
Die kleinste Stückelung der Anleihe beträgt
IW Reichsmark.
3. Soweit die auf die Anleihe eingezahlten
Beträge nicht durch 100 Reichsmark teilbar sind,
werden sie den Einzahlungspflichtigen solange
gutgeschrieben, bis die Zuteilung eines Anleihe-
stückes möglich ist. Das Finanzamt erteilt jedoch
für diese Beträge auf Antrag des Einzahlungs-
pflichtigen einem von ihm benannten Kredit-
institut (Sparkasse, Genossenschaft, Bank oder
Bankier) eine Bescheinigung darüber, wie grotz
das durch das Konto des Einzahlungspflichtigen
ausgewiesene Guthaben ist. Die Kreditinstitute
haben sich grundsätzlich zum Ankauf der Gut-
haben-Bescheinigungen bereit erklärt. Die Frage
des Uebernahmekurses wird noch geklärt werden.
Der Menprozeß in Kairo
Aegyptischer Generalstaatsanrvalt fordert
Abweisung -er Klage
DNB Alexandria, 18. April.
Der zweite Verhandlungstag im Kairoer
Judenprozetz stand im Zeichen des Schlutzvor-
trages des Generalstatsanwalts Holm es. Der
Saal war wieder voll besetzt. Unter den Zu-
hörern sah man vor allem zahlreiche jüdische
Rechtsanwälte aus Alexandria und Kairo. Das
Plaidoyer des Vertreters des ägyptischen Staa-
tes, das eine halbe Stunde dauerte, machte auf
die Prozetzbeteiligten und die Zuhörer sichtlich
starken Eindruck. Es ließ an Deutlichkeit und
Klarheit nichts zu wünschen übrig. General-
staatsanwalt Holmes forderte in seinem Plai-
doyer die Unzulässigkeitserklärung
der Klage. Er stützte diese Forderung auf
entsprechende englische Gerichtsentscheidungen,
die schon der Staatsanwalt erster Instanz zur
Beweisführung herangezogen hatte. Ebenfalls
wies der Generalstaatsanwalt auf die franzö-
sischen Eerichtsentschiedungen hin, die auch wäh-
rend der Verhandlung erster Instanz Gegen-
stand des Schlutzvortrages des Staatsanwaltes
gewesen waren. Holmes ging dann im einzel-
nen auf die Klage des Nebenklägers Bousso
und dessen Beweisführung ein, welch letztere
eindeutig bewiesen habe, daß es sich bei einem
Urteil in diesem Prozeß nicht um eine Entschei-
dung über einen Einzelfall handele. Es handele
sich vielmehr um einen Protest der jüdischen
Raffe. Das Gericht sei aber nicht imstande,

Die amtlichen Bestimmungen
DNB. Berlin, 18. April.
Der Verlag „Offene Worte", Berlin W 35,
gibt jetzt die amtlichen Bestimmungen über die
Tauglichkeit im Heeresdienst heraus.
Darnach ist dem Untersuchten nach der ärztlichen
Untersuchung Las Urteil über seine Tauglichkeit
bekanntzugeben. Seinen Angehörigen und ande-
ren Personen soll der ärztliche Befund im ein-
zelnen nur insoweit mitgeteilt werden, als es
dienstlich notwendig oder für das eigene gesund-
heitliche Interesse des Untersuchten erforderlich
sein wird.
Um den hohen Anforderungen Les Dienstes in
der Wehrmacht zu genügen, sollen als tauglich
nur die Untersuchten bezeichnet werden, die kräf-
tig gebaut, gut entwickelt und frei von solchen
Fehlern sind, die die Gesundheit, die Beweglich-
keit und Ausdauer beeinträchtigen.
Geistige Frische und Regsamkeit, Sinn für
Kameradschaft und Charakterfestigkeit, sowie er-
höhte und gestählte Leistungsfähigkeit durch kör-
perliche Ertüchtigung in den Iugendjahren sind,
so heitzt es in der Bestimmung weiter, Vorzüge,
die in gewissen Grenzen einen Ausgleich für etwa
vorhandene körperliche Fehler schassen- Die
Mindestgrötze für den Dienst in der Wehr-
macht beträgt 154 cm. Wehrpflichtige und Frei-
willige mit einer Körpergröße unter 160 cm wer-
den jedoch nur eingestellt, wenn besondere Be-
hältnisse dies erfordern Das militärärztliche
Urteil hat zu lauten: Tauglich (I oder II),
bedingt tauglich, zeitlich untauglich, beschränkt
tauglich, untauglich (für Wehrdienst), völlig
untauglich.
Ist der Untersuchte körperlich und geistig völ-
lig gesund, von hinreichender Größe und Körper-
bau, ist er als „Tauglich I" zu bezeichnen.
Tauglich II. Werden bei dem Untersuchten
stärkere Fehler festgestellt, oder hat er eine Kör-
pergröße unter 160 cm, so ist er als „Tauglich II"
zu bezeichnen, sofern der übrige Befund nicht
ein anderes Urteil bedingt.
Als Tauglich l oder Tauglich H sind auch
Untersuchte zu bezeichnen, die an vorübergehen-
den Krankheiten leiden, die mit größter Wahr-
scheinlichkeit bis zum Zeitpunkt der Einberufung
behoben sind. .

Ist eine Brille nötig, um auf einem Auge
volle oder fast volle Sehschärfe zu erreichen, so
ist dem Urteil stets hinzuzufügen: „Brillenträger".
Die Dien st untauglichkeit wird durch
Fehler und Gebrechen begründet. Hierunter sind
Fehler aufgeführt, die zwar die Gesundheit nicht
beeinträchtigen, die Leistungsfähigkeit aber,
wenn auch nicht erheblich, heräbsetzen.
Zeitlich untauglich sind solche Wehr-
pflichtigen und Freiwilligen, die in der körper-
lichen Entwicklung stark zurückgeblieben sind,
oder die infolge überstandener Krankheiten noch
nicht wieder im Vollbesitz ihrer Leistungsfähig-
keit sind oder die zur Zeit der Untersuchung an
heilbaren Krankheiten leiden, deren Heilung bis
zur Einberufung aber noch nicht mit Sicherheit
erwartet werden kann.
Beschränkte Tauglichkeit haben Un-
tersuchte mit erheblichen körperlichen Fehlern
und Gebrechen, die die Leistungsfähigkeit zwar
herabsetzen, jedoch noch eine beschränkte dienst-
liche Verwendung zulassen. Hierunter fallen auch
Untersuchte, die eine Hilfsschule besucht haben,
sofern sie nicht aufgrund anderer Fehler als
„Untauglich" oder „Völlig untauglich" zu be-
zeichnen sind.
Bei Beurteilung der Untauglichkeit muß der
Arzt prüfen, ob der festgestellte Fehler den
Untersuchten nur für den Wehrdienst untauglich
macht. Denn die Ergebnisse der militärärztlichen
Untersuchungen sollen auch für ande r e Zwecke
(z. B. Arbeitsdienst, allgemeine berufliche Ver-
wendbarkeit) nutzbar gemacht werden können-
Es ist hierbei von der Voraussetzung auszugehen,
daß ein Untersuchter auch mit einem erheblichen
körperlichen Fehler oder einer nicht heilbaren
Erkrankung im bürgerlichen Erwerbsleben sehr
gut noch eine voll leistungsfähige Arbeitskraft
darstellen kann, auch wenn er den Sonderanfor-
derungen des Dienstes in der Wehrmacht nicht
gewachsen ist.
Als völlig untauglich sind U.suchte!
zu bezeichnen, die infolge hochgradiger geistiger
oder körperlicher Fehler und Gebrechen dauernd !
berufsunfähig sind, oder nur unter besonderen
Voraussetzungen eine beschränkte berufliche
Tätigkeit ausüben können.
Es werden dann die Bedingungen über die
Einstellungen in die einzelnen Waffengattungen
von Heer, Marine und die Luftwaffe ausführ-
lich behandelt.


Lawlnemmglürk
in den Walliser Alpen
DNB Bern, 18. April.
Zn den Walliser Alpen südlich des Dorfes
Saas-Fee ereignete sich am Mittwoch ein Lawi-
nenunglück, das drei Menschen das Leben ge-
kostet hat.
Eine aus etwa 15 Personen bestehende
deutsche Touristengruppe aus Ber-
lin wurde beim Aufstieg zum Plattje, den sie
trotz Schneefalles am Morgen und trotz vorheri-
ger Warnung unternommen hatte, von einer
vom Mittagshorn niedergehenden Staublawine
überrascht. Von den Verschütteten, die zumteil
verletzt wurden, konnten einige lebend geborgen
werden. Einer der Teilnehmer blieb in der
Lawine und erstickte. Von den Geborgenen sind
später zwei ihren Verletzungen erlegen.
Die drei deutschen Touristen, die bei dem La-
winenunglück in Saas Fee ums Leben gekom-
men sind, sind als die Herren Prätorius aus
Berlin, Dr. Kurt Hopfer und Baron Horst von
Windheim aus Wansleben festgestellt worden.
Die Baronin von Windheim hat einen Bein-
bruch erlitten, sie befindet sich aber außer Le-
bensgefahr.
Lawinenunglück bei Bludenz
Bludenz, 18 April. Beim Ausgraben von
Holz unter einer Lawine wurden am Donners-
tag fünf Arbeiter von einer neuen Lawine ver-
schüttet. Vier Arbeiter konnten sich selbst be-
freien, während einer tot aus den Schneemassen
herausgezogen wurde.
Das Urteil im Altonaer
Kommunisteuprozeß
DNB. Altona, 18. April. Das schleswig-hol-
steinische Sondergericht fällte am Donnerstag
nachmittag das Urteil im Altonaer Kommuni-
stenprozeß. Von Len 10 Angeklagten wurden ver-
urteilt: die Hauptangeklagten Behrs und Beh-
rendt zu je 7 Jahren Zuchthaus und je 7 Jahren
Ehrverlust, Zühlsdorf und Pätzeldt zu je 5 Jah-
ren Zuchthaus, Frau Behrs zu 3 Jahren Zucht-
haus, Huckenriede zu 4 Jahren Zuchthaus, Beh-
mer zu zwei Jahren Gefängnis. Eerlach zu zwei
Jahren sechs Monaten Gefängnis und Ennuschat
zu einem Jahr sechs Monaten Gefängnis.
Die Verurteilung erfolgte bei den Hauptan-
geklagten wegen Mordversuch, Landfriedensbru-
ches, als Rädelsführer mit Waffen und wegen
schweren Aufruhrs mit Waffen, im übrigen
wegen Beihilfe zu diesem Verbrechen oder wegen
schweren bzw. einfachen Landfriedensbruches.
Steuerbesreiung des
Grundbesitzes der ÄSDAP
NdZ. Berlin, 18. April. Die Reichsregierung
hat ein Gesetz beschlossen, wonach der Grund-
besitz, der im Eigentum der NSDAP steht und
seinem Hauptzweck gemäß von der Partei un-
mittelbar für ihre Zwecke benutzt wird, von der
Grundsteuer und der Gebäudeentschuldungs-
steuer befreit wird. Das gleiche gilt für Grund-
besitz im Eigentum der SA, der SS, des NSKK,
der HI des NS-Deutschen Studentenbundes, der
NS-Frauenschaft, der NS-Volkswohlfahrt, der
NS-Kriegsopferversorgung, des Reichsluftschutz-
bundes, des DLV, des Arbeitsdienstes und des
Arbeitsdanks, der Technischen Nothilfe und des
VDA. Die Steuerbefreiung gilt auch, wenn der
Grundbesitz vom Reich, einem Land oder einer
Gemeinde der Partei oder den genannten Glie-
derungen und Verbänden zur Verfügung gestellt
ist, desgleichen wenn der Grundbesitz von einem
sonstigen Eigentümer unentgeltlich für die Par-
tei bereitgestellt wurde. Der steuerbefreik
Grundbesitz darf nicht zu Wohnzwecken dienen.
Ausgenommen hiervon sind die gemeinschaft-
lichen Wohnräume in Führerschulen und in
Häusern des Studentenbundes.
Beschlagnahme des Katholischen
Kirchenblattes für das Bistum Berlin
DNB. Berlin, 18. April. Die Ofternummer
des Katholischen Kirchenblattes für das Bistum
Berlin vom 21. April mußte von der Staats-
polizeistelle wegen eines irreführenden Artikels
über den bekannten Prozeß gegen den katholi-
schen Pfarrer Prälaten Leffers in Rostock be-
schlagnahmt und eingezogen werden.
Zuchthaus für Registermark-Schiebungen
Berlin, 18. April. Wegen fortgesetzten De-
viesenverbrechens in Tateinheit mit schwerer
Urkundenfälschung wurde der 35jährige Joses
Wollen weber vom Berliner Schöffengericht
zu 4^ Jahren Zuchthaus, drei Jahren Ehrver-
lust und 5000 RM Geldstrafe verurteilt. Wol»
lenweber wohnt in Saarbrücken und galt da-
rum vor der Rückgliederung des Saargebiets
devisenrechtlich als Ausländer. Er hat nun
in großem Umfange Registermarkschiebungen in
der Welse gemacht, daß er in Berlin große Re-
gistermarkbeträge einwechselte, die er dann nach
Saarbrücken einschmuggelte. Dabei bediente
Wollenweber sich nicht nur seines eigenen Pas-
ses, sondern er benutzte noch vier weitere Pässe
von anderen Personen, in die er sein eigenes
Bild geklebt hatte

Eine Botschaft des Reichsbischoss

DNB. Berlin, 18. April.
Der Reichsbischof hat ein Karsreitags-
und Osterwort an die Gemeinden gerichtet, in
dem es u. a. heißt:
Wieder verkündigt uns Karfreitag und Ostern
eine Botschaft, in der wir unerhörte Wirklich-
keiten denen, die Ohren haben zu hören, hörbar
machen wollen.
Die Botschaft vom Kreuz war von Anfang an
den Ichsüchtigen ein Aergernis und den Ver-
standesklugen eine Torheit und wird es bis ans
Ende der Erde bleiben. Die Verkündigung vom
Kreuz ist ein Kreuz-esweg durch zwei Jahrtau-
sende. Gerade der Apostel, der wie keiner vom
Kreuz Zeugnis abzulegen wußte, hat in der
großen Sorge gestanden, nicht mit klugen Wor-
ten davon zu zeugen, „damit nicht das Kreuz
zunichte würde".
Ist bei der Botschaft vom Kreuz nicht die Tat-
sache des Todes, sondern ihre Deutung das Aer-
gernis, so ist umgekehrt bei der Osterbotschaft
die Tatsache der Auferstehung das Aergernis,
während die Deutung meistens nur zu willig
entgegengenommen wird von der Unsterblich-
keitssehnsucht der Menschen.
Wir neigen in unserer Wirklichkeitsscheu da-
zu, die Wirklichkeiten des Todes und des Lebens
zu verwässern. Im Eotteswort haben diese

über die jüdische Rasse noch über irgendeine
andere Rasse zu entscheiden Eine solche Ent-
scheidung über die jüdische Rasse fälle allein die
Geschichte, wie sie dies bereits seit 2000 Jahren
tue.
Nach Beendigung des Vortrages des General-
staatsanwalts vertagte der Vorsitzende des Ge-
richtshofes die Verhandlung auf nächsten Don-
nerstag zur Urteilsverkündung.
Tardieu über das französische
Regime
DNB. Paris, 18. April.
„Le Jour" veröffentlicht Erklärungen des frü-
heren Ministerpräsidenten Tardieu, der immer
noch zur Erholung in Südfrankreich weilt. Tar-
dieu ironisiert die Behauptung, daß er hinter
den Kulissen gegen die Regierung intrigiere. Er
schreibe ein Buch über die Sozialphilosophie, ein
anderes über das Mittelalter und ein drittes,
das bereits im Juli erscheinen werde, über die
politische Geschichte der letzten drei Jahre. In
diesem gedenke er allerhand Wahrheiten zu
sagen. Auf die Frage, ob es ihm nicht wieder
nach der Regierung gelüste, erklärte Tardieu:
Ich habe reiflich nachgedacht und bin zu der
lleberzeugung gekommen,. daß das Regime mit
seinen jetzigen parlamentarischen Voraussetzun-
gen Verderblich und Vervollkomm-
nung s f ä h i g ist- Wenn morgen einer meiner
politischen Freunde ans Ruder gelangt und mich
um meine Mitarbeit ersuchen sollte, würde ich

Wirklichkeiten Tod und Leben eine ungeheure
realistische Wucht.
Die Osterbotschaft ist nicht dazu da, uns ein
wenig mit frMmerxMWstonen über das Ster-
ben hinwegzuWstMDve Osterbotschaft täuscht
nicht mit dem „ewigen Kreislauf des Lebens in
der Natur" hinweg über die Tatsache unserer
Vergänglichkeit. Die Osterbotschaft erklärt dem
Tod den Krieg, die Osterbotschaft fällt das To-
desurteil über den Tod.
Das alles soll nun aber harte Wirklichkeit für
unser Alltagsleben werden.
Die Botschaft am Karfreitag und in den
Ostertagen umschließt konzentriert das ganze
Aergernis, aber auch die beseeligende Kraft der
frohen Botschaft von Christus als dem Gekreu-
zigten und Auferstandenen.
Wir geben uns keinen Täuschungen darüber
hin, wie stark die Auflehnung gegen diese Bot-
schaft in unserem Volke ist — übrigens in allen
Zeiten gewesen ist.
Umso ernster ist unsere Verantwortung. Wie
klein wird vor dieser Verantwortung, solch eine
gewaltige Botschaft unserem Volk sagen zu dür-
fen, alles Andere!
Es gibt für mich keinen anderen Weg, in der
Kirche ins Reine zu kommen, als daß die Größe
der Botschaft von Karfreitag und Ostern alles
Kleine, das uns trennt, zum Tode verurteilt.

sie ablehnen, weil eine solche Mitarbeit zwecklos
wäre. Aus den gleichen Gründen würde ich auch
das Angebot, selbst die Regierung zu bilden,
ausschlagen, denn bei der heutigen Lage kann
man nichts leisten. Das Land wird dies erst an
dem Tage einsehen, an dem eine rührige
Minderheit ihm die Augen öffnet. Das ist
eine dringendere Aufgabe. Ich werde auf alle
diese Fragen übrigens in meinem politischen
Buch eingehen."
Das Urteil
im Wiener Schuhbund-Prozeß
Kerkerstrafen bis zu 18 Jahren
DNB Wien, 18- April. Im dicht gefüllten
großen Schwurgerichtssaal des Wiener Land-
gerichts, das mit starken Abteilungen der Justiz-
wache gesichert war, wurde das Urteil in dem
großen Prozeß gegen die Führer des marxisti-
schen Schutzbundes in Wien verkündet. Der
Hauptangeklagte, der Generalstabschef des mar-
xistischen Schutzbundes Major Alexander Eif-
ler, wurde zu 18 Jahren, sein Stellvertreter
im Schutzbund Rudolf Löw, zu 15 Jahren, der
Abschnittsführer des Schutzbundes, Franz
Musil, zu 12 Jahren schweren Kerkers ver-
urteilt. Vier weitere Angeklagte erhielten 10
Jahre, einer 8 Jahre, zwei 7 Jahre, einer 5
Jahre schweren Kerkers. Zwanzig Angeklagte
bekamen Strafen in Höhe von 1 bis 2 Jahren
Kerker, ein Angeklagter wurde freigesprochen.
 
Annotationen