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Pfälzer Sole
Mittwoch, 24. April 1935
7v. Jahrgang / Ar. ss
Eine europafeindliche Politik
„El Oebate" warnt vor der sowjetruffifchen Gefahr
Das Ziel der Sowjets
DNB. Madrid, 23. April.
Die katholische Zeitung „El Debate" weist
unter der Ueberschrift „Eine europafeindliche
Politik" in einem ausführlichen Leitartikel aus
die große Gefahr einer Politik hin, die sich voll-
ständig unter sowjetrussischen Einfluß stellt.
Die Sowjets zielten auf einen französisch-sowjet-
russischen Pakt automatischer Hilfeleistung ab,
der die Entscheidung über die Schuld kriegs-
lüsterner Nationen dem freien Ermessen der bei-
den Regierungen anheimstelle. Das sei also ein
Bündnis über den Kopf des Völkerbundes hin-
weg, das in jedem Falle auch den Genfer Ent-
scheidungen zuwiderlaufe.
Ganz Europa laufe Gefahr, sich zum Verteidi-
ger eines kommunistischen Staates aufzuspielen,
wenn die in Paris aus der Taufe gehobene und
in Genf gesegnete Politik in derselben Weise
weiterlaufe wie bisher.
Es sei geradezu lächerlich, daß Litwinow
zum Beschützer der europäischen Ordnung erho-
ben werde. Der Bolschewismus habe „verfas-
sungsmäßig" die Mission, den tausendjährigen
Bestand der europäischen Völker zu vernichten.
Er sei die einnge Regierungsform, die in Form
des kategoriMn Imperativs vom Menschen
verlange, mit allem zu brechen, was ihn geistig
mit der christlichen Zivilisation Europas und
Amerikas verbinde. Dieser Politik, die Rußland
im Rate der europäischen Völker auf den Thron
erhebe, könne man nicht ohne Besorgnis zu-
sehen, da die Verbreitung von Uneinigkeit und
Spaltung den ersten praktischen Schritt eines
Angriffs gegen die europäische Zi-
vilisation darstelle.
Die Madrider Abendzeitung „La Nacion"
bringt ihre Genugtuung darüber zum Aus-
druck, daß die letzten Nachrichten aus Moskau
und Paris große Hindernisse für den geplanten
franzö' 'ch-sowjetrussischen Pakt vermuten lassen.
Es sei vollständig unverständlich, wie ein so kul-
tiviertes und mit klarem Blick versehenes Volk
wie das französische sich dazu hergeben könne,
sein eigenes Todesurteil zu unterschreiben. Das
beabsichtigte,
geradezu ungeheuerliche llebereinkommen
zwischen den beiden Ländern würde, falls es
wirklich Zustandekommen sollte, unweigerlich den
Ruin der Zivilisation bedeuten, als deren Ban-
nerträger sich Frankreich so gern rühme. Es sei
zu beg: ßen, daß das französische Volk — nach
dem letz en Eindruck in Paris zu urteilen — sich
aus sich 'elbst besinne und seinen im Anfang in
blinder Leidenschaft eingenommenen Standpunkt
einer offensichtlichen Ueberprüfung unterziehe.
Die Forderung der Türkei
nach Wiederbefestigung der Dardanellen
DNB Zstambul, 23. April-
Die Zeitung „Milliyet" greift in einem Leit-
artikel wiederum die türkische Forderung auf
Revision der militärischen Klauseln des Ver-
trages von Lausanne auf und stellt fest, daß die
gleichlautenden Klauseln der anderen Friedens-
verträge bald der Geschichte angehören werden,
so daß es ganz in der Ordnung gewesen sei,
wenn der türkische Außenminister in Genf die
Ansprüche der Türkei angemeldet habe. Nach-
dem man nun dabei sei, die einseitigen
Rüstungsbeschränkungen abzustellen, müsse man
auch der Türkei das gleiche Recht zugestehen.
Man wisse nicht, ob es in der Meerengenfrage
zu einem Mittelmeer-Locarno kommen
werde. Es sei aber sicher, daß der gegenwärtige
anormale Zustand von der Türkei nicht mehr
länger ertragen werden könne. Die Türkei sei
sich dessen bewußt, daß die Freiheit der
Durchfahrt durch die Meerengen erhalten
bleiben müsse, jedoch dürften die Großmächte
nicht vergessen, daß diese Meerenge die Türkei
in zwei Teile trennten und daher eine lebens-
wichtige Angelegenheit für die Türkei darstell-
ten. Die Türkei verlange das Recht, die Meer-
enge wieder befestigen zu dürfen im Namen der
eigenen Sicherheit, und sie sei davon überzeugt,
daß niemand ihr dieses höchste Recht, das der
Selbstverteidigung, das jeder Nation
heilig sei, bestreiten könne. — Die übrigen Zei-
tungen drücken sich ähnlich aus und lassen er-
kennen, daß die Türkei fest entschlossen ist, ihr
Recht auf unbeschränkte Verteidigung durchzu-
setzen, wobei offensichtlich aus taktischen außen-
politischen Gründen das Wort „Revision" ver-
mieden wird.
Litwinow schmollt
DNB. Moskau, 23. April.
In einer „Taß"-Meldung über die Abreise des
Außenkommissars Litwinow aus Genf wird
erklärt, daß ihre Plötzlichkeit in allen inter-
nationalen Kreisen den größten Eindruck ge-
macht habe. Das Ereignis werde sowohl in der
Presse wie in den politischen Kreisen lebhaft er-
örtert. Man sei geneigt, die Abreise auf die
Meinungsverschiedenheiten zurückzuführen, die
die endgültige Fassung des französisch-sowjet-
russischen Paktes hervorgerufen hat. Laval
London, im April.
Der Zeitung „Daily Mail" ist eine Reihe
von Zuschriften eingesandt worden, die sich mit
der Wiederherstellung der deutschen Wehrhoheit
und der Kolonialfrage beschäftigen. Da diese
Eingesandts für die sogenannte öffentliche Mei-
nung vielleicht kennzeichnender sind, als kompli-
zierte Leitartikel, geben wir einige hier im Aus-
zug wieder:
Ein Mister Hodgson schreibt: „Wir haben von
Herrn Hitler gehört, daß, wenn Frankreich, Ita-
lien und Rußland ihre Aufrüstung abstoppen,
auch Deutschland bereit ist, sich danach zu rich-
ten, vielleicht wieder in den Völkerbund einzu-
treten und an Abrüstungsverhandlungen teilzu-
nehmen. Sollte es nicht an der Zeit sein, daß
Frankreich, Italien, Rußland und wir selbst dem
Wort Hitlers glauben und endlich damit auf -
hören, in Europa dauernde Unruhe zu
provozieren? Wenn die Situation in
Europa ruhiger geworden ist, sollte man eine
deutsche Expansion in Uebersee in Erwägung
ziehen-"
Mister Bousfield ist der Ansicht, daß die
deutsche Regierung völlig im Recht ist,
wenn sie erklärt, daß ihre Forderungen die
Forderungen der deutschen Nation sind. Deutsch-
land wünsche nichts als eine Chance, nicht um
Krieg zu führen, sondern um die nationale und
wirtschaftliche Stellung wieder zu erlangen, die
es 1913 gehabt hat. Bestünden heute die glei-
chen Voraussetzungen für Deutschland wie 1914,
so sei er, Mr. Bousfield, der Ansicht, daß
Deutschland unter der starken Hand Adolf Hit-
lers seine ganze Kraft der nationalen Wohlfahrt
widmen und eine Nation ersten Ranges mit
erstrangigen Idealen sein würde.
Mister Lawson-Petingale: „Hitlers Forderun-
gen sind wahrscheinlich geringer, als es
unsere sein würden, wenn die Lage umgekehrt
wäre. England kann durch die Freundschaft
habe die Auffassung der französischen Regierung
! verteidigt, wonach gemeinsame Aktionen gegen
einen Angreifer erst nach einer Prüfung des
Streitfalles durch den Völkerbundsrat ermöglicht
seien- Demgegenüber habe Litwinow einen so-
fortigen Entschluß verlangt und es auch abge-
lehnt, in eine Frist von 48 Stunden einzu-
willigen.
Sine englische Antwortnote?
Die Regierung prüft die deutsche Einspruchsnote
DNB. London, 23. April.
Die deutsche Note, in der gegen die Ent-
schließung der Genfer Ratsmächte Einspruch er-
hoben wird, wird von den zuständigen Stellen
in London zurzeit noch geprüft. In politischen
Kreisen betont man entgegen anderslautenden
! Meldungen, daß die englische Regierung noch
nicht entschieden habe, welches Verfahren bei der
etwaigen Absendung einer Antwort auf die
deutsche Note eingeschlagen werden soll. Die in
Paris verbreitete Behauptung, wonach in Lon-
doner Regierungskreisen eine Fühlungnahme
der Hauptmitgliedstaaten des Völkerbundes er-
wogen werde, bevor diese Staaten einzeln aus
die deutsche Protestnote antworten würden,
wird hier weder bestätigt, noch in Abrede ge-
stellt.
Deutschlands nur gewinnen, und diese Freund-
schaft ist nur auf der Basis der Gleichberechti-
gung zu Lande, zur See und zur Luft möglich.
Deutschlands Mangel an Kolonien ist eine
Quelle steter Gefahren . .
Mister Hutchings bedauert, daß Deutschland
sich zur Wiedereinführung der Dienstpflicht ge-
zwungen sieht. Gleicherweise verstoße aber auch
das Wettrüsten der Alliierten gegen den Geist
des Versailler Vertrages. Wenn Waffen Sicher-
heit bedeuten, dann sei ein starkes Deutschland
für den Frieden so notwendig wie ein starkes
England oder ein starkes Frankreich . . .
Aehnlich äußert sich noch eine ganze Reihe
von Lesern der „Daily Mail", und fast in jedem
Eingesandt kehrt die Ansicht wieder, daß Deutsch-
land die Möglichkeit zur kolonialen Be-
tätigung gegeben werden müsse. „Wir haben
genug Kolonien", schreibt z. B. Mr- Redesdale,
„die wirnicht brauchen; Deutschland kann
sie brauchen!"
Natürlich fehlt es auch nicht an gegenteiligen
Stimmen. Mr. Gilvary, der im Krieg Haupt-
mann war, ist mit allen Forderungen Deutsch-
lands einverstanden, nur die Luftgleichheit
Deutschlands mit England gefüllt ihm nicht.
Aeußerst erbittert ist Miß oder Mrs. Lucy
Houston, weniger über Deutschland als darüber,
daß England „in die tiefsten Tiefen der Politik
gedrängt ist, die die Geschichte dieses Landes je
gekannt hat... und das nennt man hierzulande
noch Politik..."
Von den vierzehn Zuschriften, die „Daily
Mail" in ihrer Ausgabe vom lö.April veröffent-
licht, ist nur eine einzige als wirklich deutsch-
feindlich anzusprechen. Das Blatt will seine
Rundfrage fortsetzen, aber wir zweifeln nach
unserer Kenntnis der englischen öffentlichen
Meinung nicht daran, daß sich an dem Ergebnis
des ersten Tages kmm etwas ändern wird.
Rundfrage über Deutschland
Englische Aettungsleser zur Wiederherstellung
der deutschen Wehrhoheit
Rach den Feiertagen
Kurze Reise durch Europa — Und die Flimmer-
politik
Die deutsche Antwort an die Entschlie-
ßungsmächte des Völkerbundsrates ist von vor-
bildlicher Kürze. Kürze ist nicht nur die Würze
des Witzes; sie ist auch die Zwillingsschwester
der Bestimmtheit.
Die Einspruchsfrist der deutschen Regierung
stellt das Hauptproblem hin und rückt alle Ein«
zelheiten zur Seite. Gerade darum wird den im
Völkerbundrate vertretenen Mächten, di« wir
als Richter ablehnen, die Verantwortung für
die Fortführung der Politik zugeschoben, die —
wie man sagt — mit der Londoner Erklärung
vom 3. Februar eingeleitet worden ist. Deutsch-
land, das mit seiner Erklärung vom 12. April
die Situation in Stresa wesentlich erleichtert
hat, kann jetzt von sich aus seine Verhandlungs-
bereitschaft nicht noch einmal unter Beweis
stellen. Das ist auch deshalb unmöglich, weil
die Signatarmächte von Memel ihre morali-
schen und rechtlichen Verpflichtungen nur sehr
zögernd erfüllen. Sie haben sich darauf be-
schränkt, die litauische Regierung zur genauen
Einhaltung des Memelstatutes aufzufordern.
Diese Formulierung ist dehnbar. Noch in der
letzten Zeit war in einer ähnlichen Aufforde-
rung das Wort „unverzüglich" eingeschaltet.
Jetzt wird der neue Hinweis auf die Notwen-
digkeit, das Memelstatut zu beachten, in das
zeitliche Ermessen von Kowno gestellt.
Zu Ostern war auch Fürst Starhemberg
beim Duce, um, wie es heißt, die (österreichische)
„Reichs" - Verweserschaft bis zur Lösung des
Habsburger Problems zu beanspruchen. Der
polnische Außenminister Beck hat den italieni-
schen Unterstaatssekretär Suv ich in Venedig
gesehen- Das Datum der römischen Konferenz
steht noch nicht fest. Die Erklärungen des öster-
reichischen Außenministers über die Wiederauf-
rüstung lauten optimistisch; sie sind aber auch,
soweit Oesterreich in Frage kommt, nicht er-
schöpfend; über die Wiederaufrüstung Ungarns
und Bulgariens, gegen die sich die besonderen
Widerstände der Kleinen Entente richten, sagen
sie gar nichts aus.
Die internationale Presse macht einiges Auf-
sehen von der vorläufigen Verzögerung, die die
Paraphierung des sowjetistisch-franzL-
fischen Militärbündnisses erfahren
hat. Die Sowjets können die gegenseitige Mili-
tärhilfe gar nicht „automatisch" genug haben
und wünschen außerdem hohe und langfristig«
Kredite. Die Franzosen legen demonstrativen
Wert auf die Behauptung, daß die neue Allianz
im Rahmen des Völkerbundes und des Locarno-
vertrages bleibe, und stellen außerdem manche
Gretchenfrage über die kommunistische Propa-
ganda in den Beamtenorganisationen und in
ihrem Heer. Es mag auch um diese Punkte
gehen, wenn sie sichtlich Vordergrundargumente
sind. Bedeutungsvoll erscheint das Grundpro-
blem, wer wem folgen soll: Die Sowjets Frank-
reich oder — Frankreich den Sowjets. Daneben
mag die Sorge Lavals mitspielen, nicht in
einen Interessenkonflikt der Sowjets mit
Japan hineingezogen zu werden. Aber das
sind nur Schmollereien der Brautzeit; dieses
Pärchen ist kompromittiert, es muß heiraten.
Eine in Deutschland unbeachtete Episode auf
der Tagung des Völkerbundrates kann in einem
allmählichen Ablauf der Dinge in Europa noch
von einiger Bedeutung werden. Der türkische
Außenminister Tewfik Ruschdi Aras, der ausge-
rechnet den Vorsitz im Völkerbundsrat führte,
verlangte die Beseitigung der Klauseln des Lau-
sanner Friedensvertrages, die di« Entmilitari-
sierung der Dardanellen vorsah: Litwinvw
sekundierte ihm nachdrücklich. Und das alle« in
der Debatte über die Entschließung, di« Deutsch-
land „verurteilte"! Die englische Presse stellt
erbittert fest, daß der Lausanner Vertrag im
Gegensatz zu den Diktatverträgen von Versail-
les, St. Germain, Trianon und N«uilly auf
einem freien Uebereinkommen beruhte. Es
handelt sich in dieser Frage um die alte Stotz«