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Pfälzer Sole
Arettag, 5. April 1SZS
70. Jahrgang / Ar. 81
Abschluß der Informationsreise Edens
Die Rolle Großbritanniens
Ein programmatischer Artikel der „Times"
DNB London, 4. April.
In einem Leitartikel über die „Rolle Groß-
britanniens" sagt „Times", Marschall Pil -
sudski scheine es sehr deutlich gemacht zu
haben, daß Polen nicht bereit sei, einem Pakt
gegenseitigen Beistandes in Osteuropa beizutre-
ten. Trotzdem sei Polen nicht sofort als Geg-
ner des Kollektivsystems festgenagelt worden.
Dagegen sei Deutschland in maßgebenden Krei-
sen, vielleicht etwas übereilt, als Gegner des
ganzen Kollektivsystems verurteilt worden, weil
ss ebenfalls dem vorgeschlagenen östlichen
Sicherheitspakt widerspreche. Hitler sei zu
zweiseitigen Pakten mit jedem Nachbarn, aus-
genommen Litauen, und ferner zu der Bereini-
gung der getrennten Pakte zu einer allgemeinen
Konvention bereit, in der sich die Unterzeichne-
ten verpflichten würden,
dem Angreifer keinen finanziellen, wirt-
schaftlichen oder militärischen Beistand zu
gewähren.
„Times" erklärt, dieses System würde die
Isolierung des Angreifers Herstellen.
Es sei im vollen Einklang mit der Völkerbunds-
satzung und schließe Bündnisse aus. „Es mag
nicht das ganze Kollektivsystem sein, aber es
steht nicht im Widerspruch dazu und könnte eine
Grundlage darstellen, auf der England sein noch
immer geltendes Ziel der Organisierung des
Friedens anstreben könnte, ohne dabei zu ver-
gessen, daß das Endziel und Ideal immer noch
gelten muß, alle Regierungen innerhalb des
Völkerbundes vereinigt zu sehen."
Mit starker Betonung stellt das Blatt dann
fest, daß die öffentliche Meinung Eng-
lands Mgenwärtig vielleicht geschlossener hin-
ter dem Staatssekretär des Aeutzeren stehe als
je seit der Uebernahme seines Amtes. Sie stehe
hinter ihm, weil die britische Außenpolitik
neuerdings wieder selbständiger und weitreichen-
der geworden sei. Mit dem, was man in Er-
mangelung eines besseren Ausdrucks die Versail-
ler Gewohnheit nennen könnte, sei es zu Ende.
Diese Gewohnheit habe die britischen Staats-
männer in einem ausgefahrenen Geleise gehal-
ten. Ihre persönlichen Fühlungnahmen hätten
sich infolgedessen auf Besuche in Paris und Genf
und gelegentlich in Rom beschränkt. Zum ersten-
mal seien während der letzten 8 oder 14 Tage
Mitglieder der Regierung in Berlin, Moskau
und Warschau gewesen. Infolgedessen werde das
englische Kabinett bald unmittelbare Kenntnis
von den Ansichten, Befürchtungen und Hoffnun-
gen der betreffenden Regierungen haben. Diese
segensreiche Aenderung der Methoden habe
natürlich keine Aenderung des Zieles der briti-
schen Politik zu bedeuten. England trete nach
wie vor für Frieden, kollektive Sicherheit und
Rüstungsbegrenzung ein.
Die Besuche hätten es sehr deutlich gemacht,
daß es unmöglich sei, ein durchaus gleich-
artiges System für ganz Europa herzustellen.
Zugleich hätten sie den wesentlichen Unterschied
zwischen einem wahrhaft kollektiven System und
einem System bewaffneter Bündnisse heraus-
gestellt. Gerade jetzt bestehe die Gefahr, daß
etwas geschaffen werde, was aussehe wie kollek-
tive Sicherheit, was aber unvermeidlich zu
einem System feindlicher Blocks und einem un-
sicheren „Gleichgewicht der Mächte" entarten
würde. England stehe selbstverständlich bei den
Ländern, die bereit seien, sofort uns rückhaltlos
sein«» Ideen zu teilen Keine britische Regie-
rung aber könne ehrenhafterweise die Hoffnunx
aufgeben, die anderen, die aus örtlichen uni
psychologischen Gründen nicht sofort mit den!
ganzen System in seiner jetzigen Gestalt einver-
standen seien, zur Teilnahme zu veranlassen.
Großbritanniens Rolle sei wieder einmal ver-
mittelnder und vor allem erzieherischer Art. Für
solches „pädagogisches Eingreifen" bestens gegen-
wärtig aber keine Notwendigkeit.
Bisher sei, wie jetzt klar geworden sei, viel
zu großen Nachdruck auf die negative Seite der
Erklärungen Hitlers gegenüber Sir John
Simon
gelegt worden. Viel zu wenig habe man sich
bemüht, ihre positive Seite zu würdigen. Jetzt
sei allgemein bekannt, daß der Reichskanzler vor
einiger Zeit für das seiner Ansicht nach not-
wendige Verhältnis der Wehrkraft Deutschlands
zu der seiner Nachbarn den zahlenmäßigen Aus-
druck gefunden habe. In den Berliner Be-
sprechungen scheine es aber klar geworden zu
sein, daß er außerdem bereit sei, nach Bekannt-
gabe dieser Ziffern eine allgemeine proportio-
nale Verminderung des Rüstungsniveaus zu
erörtern. Auf jeden Fall sei sicher, daß er noch
immer bereit sei, auch auf die Beschaffung aller
Waffen zu verzichten, die andere Länder auch
abzuschaffen bereit seien. Die Möglichkeit sei
gegeben, auf die Konstruktion beispielsweise der
Tanks größten Typs oder von Riesenkanonen
mit einer Reichweite von mehr als 30 Kilo-
metern zu verzichten. Schon dies würde in sich
selbst ein wertvoller Gewinn sein
Deutschland sei überdies mit einer inter-
nationalen Beaufsichtigung der nationalen
Rüstungen einverstanden.
Hier sei wiederum eine Lösung in greifbare
Nähe gerückt, die sicher einen ungeheuren psycho-
logischen Wert haben würde, ohne Rücksicht auf
die etwaigen Schwierigkeiten der Verwirkli-1
chung. Hitler sei bereit, einen Luftpakt für >
Westeuropa abzuschließen. Der Abschluß eines
DNB Prag, 4- April.
Die Beratungen des Lordsiegelbewahrers
Eden mit dem Minister für Auswärtige An-
gelegenheiten Dr. Bene sch, die kurz nach 10
Uhr im Arbeitszimmer des Ministers im Czer-
nin-Palais begannen, endeten kurz nach 12 Uhr.
Englischerseits nahmen daran teil Lordsiegel-
bewahrer Eden und der englische Gesandte
Addison, tschechoslowakischerseits Dr. Benesch und
Gesandter Jan Masaryk. Ueber die Unterredung
wurde der folgende amtliche Bericht ausgegeben:
„Lordsiegelbewahrer Eden ist Donnerstag früh
in Prag eingetroffen. Bei der Zusammenkunft,
die im Ministerium für Auswärtige Angelegen-
heiten in Prag stattfand, tauschte Minister
Dr. Benesch in herzlicher und freundschaftlicher
Weise die Ansichten über alle im Londoner Kom-
munique vom 3. Februar 1935 enthaltenen Fra-
gen aus. Minister Dr. Benesch dankte dem
Minister Eden herzlich für seinen Besuch in
Prag und für die Mitteilung, die Se. Excellenz
ihm über die Ergebnisse seiner Reise in die
übrige Hauptstädte gab. Seinerseits gab ihm
Minister Dr. Benesch eine ausführliche Darstel-
lung der Friedenspolitik der Tschechoslowakei.
Beide Minister stellten eine vollständige
Uebereinstimmung in den Zielen der
Politik ihrer Länder hinsichtlich der Erhaltung
des allgemeinen Friedens und ihre aufrichtige
und unabänderliche Ergebenheit des Politik
des Völkerbundes gegenüber fest."
Lordsiegelbewahrer Eden ist um 13.25 Uhr in
Begleitung seines Privatsekretärs und zweier
Journalisten nach London abgeflogen.
Trinksprüche in Prag
DNB Prag, 4. April.
Nach der Konferenz der beiden Staatsmän-
ner Wen und Benesch lud der tschechische Au-
ßenminister seinen East zu einem Mittagessen
in kleinem Kreise ein. Während des Essens
Luftpaktes für Osteuropa möge vielleicht ein
Vorschlag sein, der der Erwähnung wert sei
Der Reichskanzler habe die Flottenforde-
rungen seines Landes, die nicht übertrieben
seien, klargelegt. Elücklichenweise bestehe auch
Anlaß zur Annahme, daß die britische Regierung
den Vorteil einer Teilnahme Deutschlands an
etwaigen künftigen Flottenverhandlungen er-
kenne.
Hier handle es sich um lauter wesentliche
Punkte; aber es handle sich um noch mehr, näm-
lich um positive Vorschläge. Die ein-
deutige Pflicht Englands und jedes Landes, das
ehrlich für den Frieden arbeite, sei es, jede Ge-
legenheit restlos auszunützen, wo über einen
Punkt Einigung zu erzielen sei- Viel hätte
schon früher zustandegebracht werden können,
wenn man auf den Ehrgeiz verzichtet hätte, nach
einem Universalheilmittel zu suchen. Wenn die
britische Diplomatie jede einzelne Möglichkeit
für eine Vereinbarung auswerten und er-
weitern könne, dann werde sie Europa einen un-
schätzbaren Dienst erweisen.
Mussolinis Pläne für Stress
DNB Mailand, 4. April. „Stampa" behaup-
tet, daß der Ausgang in Warschau nicht nega-
tiv gewesen sei, und daß die Haltung Polens
in London und in Europa keine Besorgnisse
hervorzurufen brauche. Die Haltung Polens
sei von der Deutschlands verschieden. Das Blatt
geht auf diesen Gedanken noch näher ein und
versucht, Deutschlands Absichten zu verdächtigen.
Die Entscheidung über die Art der Friedens-
garantie ini Osten uad im Westen werde erst
in Stresa fallen, weil dort Mussolini einen
eigenen europäischen Friedensgarantie-
plan unterbreiten werde.
hielten die beiden Staatsmänner Trinksprüche.
Dr. Benesch dankte in seinem Trinkspruch
zunächst Eden für seinen Besuch und erklärte
dann u. a.: Die Tschechoslowakei sei durch ihre
geographische Lage, durch ihre Geschichte, durch
ihre gegenwärtige Politik und ihre Bestrebun-
gen für die Zukunft dafür bestimmt, in Mittel-
europa eine wahrhafte Friedensaufgabe zu er-
füllen. Die Außenpolitik der Tschechoslowakei
stehe denen zur Verfügung, die für die Zusam-
menarbeit der Völker, für das europäische poli-
tische Friedensziel und für die Befriedigungs-
tätigkeit des Völkerbundes arbeiten. In allen
diesen Punkten habe die Tschechoslowakei die
gleichen Ziele wie Großbritannien.
Lordsiegelbewahrer Eden erinnerte in sei-
nem Trinkspruch zunächst an seine häufige Zu- §
sammenarbeit mit Benesch in Genf und erklärte
dann u. a., seine Besuche hätten kein anderes
Ziel gehabt, als den Frieden zu wahren. Die
Zeit sei vorbei, da die Völker glauben konnten,
daß ihre Entwicklung und ihr Wohl durch
einen Krieg gesteigert werden könnten- In der
gegenwärtigen Welt könne kein Volk aus den
Ruinen eines anderen Volkes gedeihen. Das
sei die Hauptlehre, die der Weltkrieg erteilt
habe, das sei, der Grundsatz, auf dem der Völ-
kerbundspakt beruhe, und das sei die Grund-
lage, von der seiner festen Ueberzeugung nach
England und die Tschechoslowakei durchdrungen
seien Die enge Fühlungnahme zur Sicherung
des gemeinsamen Zieles sei daher für beide
Staaten sicherlich äußerst wertvoll.
Eden in Köln
DNB Köln, 4. April.
Lordsiegelbewahrer Ed en ist kurz nach 17
Uhr auf dem Kölner Flughafen eingetrofsen.
Er wurde begrüßt von dem englischen General-
konsul, einem Vertreter des Kölner Regie-
rungspräsidenten und dem Polizeipräsidenten
von Köln.
Eden wird infolge des ungünstigen Flug-
wetters seine Weiterreise nach London erst
Freitag früh fortsetzen.
Kompromißmöglichketten?
DNB Warschau, 4. April.
Die polnische Presse gibt Donnerstag früh in
großer Ausführlichkeit an Hand von Presseftim-
men den Eindruck wieder, den der War«
schauer Besuch Edens in Berlin, Paris
und London gemacht hat.
Ein Berliner Telegramm der „Gazeta Polska"
versichert, daß die deutsche Regierung die
Möglichkeit eines Kompromisses in folgendem
Rahmen sieht:
1. Ein europäisches Abkommen über die
Rüstungsbeschränkung, die die deutsche Gleichbe-
rechtigung nicht in Frage stellt;
2. ein osteuropäischer Sicherheitspakt, der die
Verpflichtungen zum Nichtangriff zur Nicht-
einmischung, zur Nichthilfeleistung für den An-
greifer und zur Konsulation enthält;
3. ein Donaupakt der Nichteinmischung mit ge-
nauer Bestimmung des Begriffes Nichtein-
mischung;
4. ein westeuropäischer Luftpakt.
Deutschland, so heißt es in dem Telegramm
weiter, sei bereit, alle diese Dokumente zu
unterzeichnen, und in den Völkerbund
zurückzukehren, wenn der Völkerbundspakt
von den Friedensverträgen abge-
trennt werde und alle Spuren einer Deutsch-
land benachteiligenden Stellung verschwinden.
Darunter sei das Recht Deutschlands auf Kolo-
nialmandate zu verstehen und die Auf*
Hebung der Internationalisierung der Oder und
des deutschen Teiles der Donau.
*
Wie „Populaire" und die „Humanits" berich-
ten. hat der rechtsstehende Abgeordnete Taittin-
ger vor Journalisten ausführlich über die Er-
klärungen Maurins und General Denains vor
dem Heeresausschuß der Kammer berichtet. Beide
Minister hätten sich äußerst pessimistisch gezeigt.
Der Luftfahrtminister Denain habe dabei auch
gesagt, daß zwischen den Generalstäben
Frankreichs, Sowjetrußlands, der Tschechoslowa-
kei und Italiens Abkommen beständen. Mit
Belgien, so habe Kriegsminister Maurin
hinzugefügt, sei vereinbart, daß im Falle eines
deutsch-französischen Krieges die Franzosen
freien Durchmarsch hätten.
Der Aufbau
des österreichischen Heeres
DNB Wien, 4. April. Wie gemeldet, hat der
Ministerrat grundsätzlich der allgemeinen Wehr-
pflicht zugestimmt und beschlossen, Schritte zu
unternehmen, um sich die Zustimmung des Völ-
kerbundes zu sichern. Wie von gut unterrich-
teter Seite verlautet, wird daran gedacht, ein
ständiges Heer von 4000 Offizieren, 4000
Unteroffizieren und 12 000 Mann aufzustellen,
überdies zwei Jahrgänge von je 35 000 Mann
einzuberufen. Aus dem Schutzkorps sollen 400
Offiziere und 7000 Mann übernommen werden.
Ueber die Auflösung der übrigen Bestände des
Schutzkorps konnte noch keine Einigung erzielt
werden Die Dienstzeit soll 2 Jahre be-
tragen. Es werden zwei ständige Armeekom-
mandos errichtet, das eine in Wien mit drei
Divisionen (Wien, Wiener-Neustadt, St. Pöl«
ten), das zweite in Salzburg mit vier Divisio-
nen (Salzburg, Graz, Klagenfurt und eine
Alpendivision in Innsbruck).
41 Hinrichtungen
wegen Vandemmwesens
Moskau, 4. April. Wie jetzt amtlich mitge-
teilt wird, wurde am 22. März die Filiale der
Staatsbank in Kamenez-Podolski unweit der
rumänischen Grenze von einer Räuberbande
überfallen. Der Kassierer der Bank wurde da«
bei erschossen und zwei weitere Beamte verletzt.
Die Räuber konnten nach einigen Tagen festge-
nommen werden, und zwar sechs in Kiew und
vier in Moskau. Sie wurden nach Kamenez-
Podolsk gebracht und dort vom Gericht zum
Tode verurteilt. Die Urteile sind bereits voll-
streckt worden- In der Sowjetunion wurden in
der Zeit vom 20. März bis 2. April nach amt-
lichen Mitteilungen insgesamt 41 Personen we-
gen Bandenunwesens hingerichtet.
Oie Prager Besprechungen