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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 77-149)

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Nr. 77 - Nr. 80 (1. April - 4. April)
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Mzer Sole

Mittwoch, 3. April 1935_ 70. Jahrgang / Ar. 79

Oer große Staatsakt zu Ehren der Reichs;ustiz
Ansprachen -er Aeichsminister Göring, Gärtner und Frick

Ein Reich, ein Recht!
DNB Berlin, 2. April.
Der entscheidende Schritt, den die national-
jozialistiM Regierung durch die Heber«
nähme der gesamten Rechtspflege
anf dasReich auf dem Wege zum deutschen
Einheitsstaat getan hat, wurde am Dienstag-
nachmittag durch einen großen Staatsakt im
Staatlichen Opernhaus begangen. An diesem
bedeutungsvollen Feiertag der Justiz hatten
sämtliche Justizbehörden Deutschlands Flaggen-
schmuck angelegt. Aus dem ganzen Reich waren
die Juristen nach Berlin gekommen, um an der
Kundgebung teilzunehmen.
Um 14 Uhr Versammelten sich im Vorhofe der
Universität die Abordnungen der Richter,
Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Urkundebeamten
und Hochschullehrer in ihren farbigen Amtstrach-
ten. um in feierlichem Zuge über den Kaiser-
Franz-Joseph-Platz zur Staatsoper zu gehen.
Der große Raum der Staatsoper
bot ein noch nie geschautes Bild. Auf der mit
den Fahnen des Reiches, mit Blumen und Lor-
beerbäumen geschmückten Bühne nahmen in halb-
kreisförmig angeordneter, dreifacher Sitzreihe
di« höchsten richterlichen Beamten Deutschlands
mit dem Präsidenten des Reichsgerichts an der
Spitze Platz. Eingerahmt wurde die Bühne
durch die Hakenkreuzfahnen der Justizfachschaf-
ten. Das ganze Parkett war von Trägern der
roten und schwarzen Amtsroben angefüllt. In
den Logen und den vier Rängen hatten die Ver-
treter der Reichs- und Landesbehörden, der
hohen Parteistellen, der SA. der SS, des
Arbeitsdienstes, der Reichswehr, der Reichs-
marine und Polizei Platz gefunden. Die große
Mittelloge war für den Führer und die Reichs-
regierung freigehalten. Mit erhobenem rechten
Arm begrüßten die Vertreter des deutschen
Rechts, sowie die große Festversammlung den
Führer und Reichskanzler bei seinem Erscheinen.
Mit dem Führer nahmen in der großen Loge
Platz: Ministerpräsident Göring, die Reichs-
minister Eürtner, Frick, Blomberg,
Graf Schwerin von Krosigk, Seldte,
Eltz von Rübenach und Darrö, der
Reichspressechef der NSDAP, Reichsleiter Dr.
Dietrich, sowie die Staatssekretäre.
* Die weihevollen Klänge der akademischen Fest-
ouvertüre von Brahms, gespielt vom Orchester
der Staatsoper, leiteten die feierliche Stunde
«in.
Die Reihe der Ansprachen eröffnete
Ministerpräsident General Göring
Der Minister begann mit der Feststellung, daß
die nationalsozialistische Regierung in den ver-
gangenen beiden Jahren auf dem Gebiete der
Erneuerung des Reiches das Hauptziel des Füh-
rers erreicht habe. Zum ersten Male seit Jahr-
hunderten sei die einheitliche Reichsge-
walt über alle deutschen Gaue aufgerichtet und
rechtlich verankert. Auch die nunmehr vollzogene
Vereinheitlichung des deutschen Rechtswesens sei
ein staatspolitisches Ereignis von geschichtlicher
Bedeutung.
Ministerpräsident Göring ging dann auf die
Handhabung der Justiz im zweiten Reich ein.
Die Justizhoheit sei damals ein wichtiges Recht
der Bundesstaaten gewesen. Wie in der Vor-
kriegszeit der Föderalismus jeden Schritt zum
Ausbau des Reichsgedankens unmöglich gemacht
habe, so sei unter der marxistischen Herrschaft
die Frage der Reichsreform und das Problem
der Verreichlichung der Justiz aus dem Stadium
fruchtloser parlamentarischer Debatten nicht her-
ausgekommen. Erst der nationalsozialistische
Staat habe dieses Problem praktisch sofort in
Angriff genommen und in kurzer Zeit zum ent-

scheidenden Erfolg geführt. „Unter der national-
sozialistischen preußischen Staatsregierung," so
erklärte der Ministerpräsident, „sind von vorn-
herein alle Kräfte daran gesetzt worden, die Ein-
heit des deutschen Rechts vorzubereiten."
Im Anschluß hieran gedachte Ministerpräsi-
dent Göring der besonderen Verdienste des
ersten nationalsozialistischen preußischen Justiz-
ministers Hanns Kerrl. Der Ministerpräsi-
dent ging dann auf die einzelnen Etappen zur
Neugestaltung des deutschen Rechts ein und hob
hervor, wieviele der Anregungen von Justiz-
minister Hanns Kerrl verwirklicht worden seien,
so z. B. die Abschaffung der Gerichtsferien, die
Neuordnung des Strafvollzuges und die Errich-
tung der Gemeinschaftslager der Referendare.
Ministerpräsident Göring ging dann auf die
fortschreitende Verreichlichung der Justiz ein.
Allerdings, so betonte der Ministerpräsident, sei
es mit der Aenderung der Form allein nicht ge-
tan. Hinzutreten müsse eine Erneuerung des die
Form füllenden Inhalts in nationalsozialisti-
schem Sinne, damit die Rechtsprechung
jedem einzelnen Volksgenossen
verständlich sei. Grundlage und Ausgangs-
punkt der hierauf gerichteten Bemühungen müsse
die im nationalsozialistischen Staat selbstver-
ständliche Feststellung sein, daß Recht und Rechts-
pflege ausschließlich der Volksgemeinschaft und
ihrer Erhaltung zu dienen haben.
Und mit aller Deutlichkeit wolle er feststellen:
So unerbittlich der nationalsozialistische Staat
gegen den inneren Staats- und Volksfeind, gegen
Hoch- und Landesverräter einschreite, so sehr
verabscheue er jeden Terror und jede Willkür
in der Rechtsprechung. Niemals werde im neuen
Staat ein Urteil möglich sein, durch das auf-
rechte Männer, die der Stimme ihres Blutes
treu blieben und bestehende internationale
Rechtsabmachungen in nichts verletzt haben, zu
drakonischen Strafen verurteilt werden.
„Der nationalsozialistische Staat," so unter-
strich Ministerpräsident Göring ausdrücklich, „ist
und bleibt ein Rechtsstaat." Er verdiene
diesen Titel im Hinblick darauf, daß sein Recht
und seine Gesetze in der Gemeinschaft des Volkes
begründet seien, daß jeder einzelne Volksgenosse
die Gewißheit habe, daß sein Anspruch auf Ge-
rechtigkeit erfüllt werde, daß schließlich jedem
Volksgenossen, der seine Pflicht gegen die Ge-
meinschaft tue und der am Aufbau des Staates
mitarbeite, Lebensraum, Lebenssicherheit und
Lebensfreiheit gewährleistet sei.
Die neue Vorstellung vom Recht werde aber
nur dann im Volke durchdringen, wenn jeder
einzelne Richter sich von ihr beherrschen lasse.
Im Dritten Reich sei der Richter Verkünder der
im ganzen deutschen Volk verwurzelten Ueber-
zeugung vom richtigen Recht, das von der natio-
nalsozialistischen Weltanschauung und insbeson-
dere vom Führer des Volkes, Adolf Hitler,
repräsentiert werde. Was vom Richter gesagt
werde, treffe auf alle zu, die im deutschen Rechts-
leben mitwirken.
Der Ministerpräsident schloß mit einem herz-
lichen Dank an den Reichsjustizminister Gärtner
und seine Mitarbeiter, die im Auftrage des
Führers die letzte Hand an die Vereinheitlichung
der Rechtspflege gelegt hätten.
Als nächsten Redner nahm
Aeichsjustizmlnlster Dr. Glirtner
das Wort. Nach einem Dank für die Anerken-
nung, die Ministerpräsident Göring ihm und
seinen Mitarbeitern für die Arbeit an der
preußischen Justiz gezollt hat, erinnerte der
Reichsjustizminister daran, daß die Frage der
Reichsjustiz so. alt sei wie das Deutsche Reich
selbst. Je verfahrener die Machtverteilung und
je Verworrener die Rechtszustände im Deutschen
Reich im Laufe der Jahrhunderte waren, umso
größer sei jeweils die Sehnsucht des Volkes nach

einer starken Rechtsgewalt als Hüterin des
Rechtes gewesen. Erst mit dem Tage, an dem
der Nationalsozialismus den Kampf um die
Macht siegreich bestanden habe, sei die Frage
der Reichseinheit und damit der Reichsjustiz
politisch entschieden gewesen. Diese Entscheidung
sei nicht ein Gewaltdiktat der Führung, sondern
der Ausdruck des Willens des Volkes. Die Lan-
desjustizverwaltungen hätten sich von allem An-
fang an mit innerer Bejahung in den Dienst
der großen Aufgabe gestellt, dies gelte insbe-
sondere von Preußen, dessen Erfahrung und
Tradition von besonderem Wert gewesen seien.
Daß aber die Reichsjustiz in der Zeit von weni-
ger als einem Jahr aufgebaut werden konnte, sei
vor allem dem Entschluß des Führers zu ver-
danken, der am 16. Mai 1934 aus Vorschlag oss
preußischen Ministerpräsidenten die Reichs- und
preußische Justizverwaltung in eine Hand ver-
einigt hat.


DNB München. 2. April-
Anläßlich der Rede des Stellvertreters des
Führers hatte das Reichsbahnausbesserungs-
werk München-Freimann reichen Flaggenschmuck
angelegt. In der großen Lokomotivhalle hatten
rund 5300 Mann der Reichsbahnbetriebe Frei-
mann und Neuabing und der Bahnbetriebswerke
München-Hauptbahnhof Aufstellung genommen.
Anwesend waren u. a. der Reichsorgan isations--
leiter Dr. Ley mit seinem Stab?, der Treu-
händer der Arbeit Kurt Frei d.r stellvertre-
tende Gauleiter Nippold und Neichsbahnprä-
sident Eollwitzer. Um 11 Uhr vereinigten
sich die Preßlufthämmer, die Bohrer und das
Sirenengeheul zu einer gewaltigen Symphonie
der Arbeit. Unter den Kläng-m des Baden-
weiler Marsches traf, von der Arbeiterschaft
stürmisch begrüßt, der Stellvertrs?r des Füh-
rers, Rudolf Heß, in der gewaltigen Halle ein
und wurde zur Schiebebühne geleitet. Der Be-
triebszellenobmann Viktor Rathgeber meldete
die angetretene Arbeiterschaft und nach kurzer
Begrüßung durch den Betriebsführer Werkleiter
Schäfer, nahm Rudolf Heß das Wort.
Die Ausführungen des Reichsministers fan-
den besonders lebhaften Beifall, als er auf die
Wiedereinführung der Wehrmacht zu sprechen
kam. Immer wieder brausten laute Beifalls-
kundgebungen dem Redner entgegen, der u. a.
ausführte:
„Der Wiederaufbau des Heeres ist nicht nur
eine moralische Angelegenheit — er ist auch
eine durchaus materielle Angelegen-
heit. Wir haben es alle erlebt, welches die
Folgen waren, als wir uns nach dem Zusam-
menbruch 1918 nicht mehr wehren konnten gegen
die Erpressungen anderer Völker. Es waren die
Produkte der Arbeit unseres Volkes, es waren
die Güter, die das Volk selbst nur zu gut hätte
gebrauchen können, die es zwangsweise ablie-
fern mußte."
Die damalige Wirtschaftskatastrophe als Folge
der Reparationsverpflichtungen hätte das furcht-
bare Ausmaß nicht angenommen, die Gegner
hätten die wirtschaftlich irrsinnigen For -
derungennie gestellt, wenn sie mit der
Möglichkeit einer deutschen Gegenwehr hätten
rechnen müssen. Hätte damals eine wirkliche
deutsche Wehrmacht bestanden, so wäre Deutsch-
land und der Welt das ganze Unglück, welches
die Wirtschaftskatastrophe nach sich zog, wenn
nicht erspart geblieben, so doch verringert
worden.

Der Reichsjustizminister ging dann auf die
Vorteile der Vereinheitlichung der Justiz lm
Reiche ein und betonte, daß die einfache und
einheitliche Organisation der Justizbehörden im
ganzen Reich die sichere Gewähr biete, den Wil-
len des Führers auf geraden und ungebrochenen
Linien bis zur äußersten Behörde erkennbar zu
machen und durchzusetzen. Der Wirkungskreis
der Beamten sei nicht mehr beengt durch die
Grenzen der Länder. Der Aufbau der Reichs-
justiz sei vollendet. Damit sei eme Aufgabe er-
füllt, die der Führer gestellt habe. Die andere
größere Aufgabe sei die Erneuerung des
deutschen Rechts. Hier seien zwar in Teil-
ausschnitten vorbildliche und wichtige Forderun-
gen bis jetzt verwirklicht worden. Die gesamte
Erneuerung !es Rechts aber werde lange Zeit
und viele Arbeit beanspruchen.
Mit einem Dank an den Fut.rer der dem
deutschen Volk die Rechtseinheit gegeben hat, so-



„Abgesehen vom Schutz, den die neuerstandene
Wehrmacht bedeutet," so führte Ru.dolf Heß
weiter aus, „hat ihr Wiederaufbau große direkte
und indirekte Wirkungen im Gefolge. Das Ver-
trauen, welches die aufsteigende Wirtschaft
in sich birgt, wird nämlich durch die Ueberzeu-
gung der Welt, daß nicht wieder willkürlich ein
Staat, dem das gefällt, bei uns einzurücken,
diese Wirtschaft zerstören kann, derart gestärkt,
daß neuerdings die Wirtschaftsbeziehungen zu
anderen Staaten gefördert werden. Auch dadurch
ergeben sich die Voraussetzungen für weitere
Arbeit in Deutschland und damit für die all-
mähliche Besserung des Wohlergebsns der Ge-
samtheit und des Einzelnen.
Und mehr noch als dies: Das Herausziehen
der Jahrgänge von Jungen schafft Arbeits-
plätze für Aeltere. Die Herstellung von
Waffen für die neue Armee gibt weiteren deut-
schen Volksgenossen in großer Zahl Arbeit und
Brot. Insgesamt kann die deutsche Wirtschaft
wie die Volkswirtschaft aller großen Nationen
wieder mit einer Armee und ihrem Bedarf
rechnen. Die deutsche Wirtschaft gleicht sich auch
hierin wieder mehr den Wirtschaften der ande-
ren Völker an, und dies kann nur der Wirt-
schaftsgesundung der Welt dienlich sein. Ich
weiß, daß Ihr alle stolz serd auf das neue Volks-
heer!" rief der Stellvertreter des Führers seinen
Volksgenossen in den Betrieben zu.
„Ich weiß, daß die alten Soldaten unter Euch
noch gern zurückdenken an die Dienstzeit und
baß Ihr Euch freut, wenn Eure Söhne in der
Armee wieder zu Männern erzogen werden. Und
Ihr seid umsomehr stolz auf die neue Armee, als
Ihr die Gewißheit habt, daß diese wirklich e i n
Volksheer im besten Sinne sein wird.
Die neue deutsche Armee ist von nationalsozia-
listischem Geist durchdrungen und frei von allem,
was vielleicht im alten Heer noch im Wider-
spruch stand mit dem Grundsatz, baß es gerade
für Soldaten keinerlei Sonderrechte auf Grund
von Geld, Kastenzugehörigkeit und totem Schul-
wissen gibt. Das neue Heer kennt keineEin-
jährig-Freiwilligen mehr. Führer
kann in ihm werden, wer das Zeug zum wirk-
lichen Führer in sich trägt. Es ist das Heer des
deutschen Volkes und das Heer für das deutsche
Volk. Es wird Deutschland wieder schützen, seine
Menschen und ihre Habe, und es wird nicht zu-
letzt die Stätten schirmen, in denen Ihr Eure
Arbeit findet. Das deutsche Volksheer hat keine
imperialistische Aufgabe, es dient dem Frieden
der Deutschen."
 
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