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AMMatt im» Kunst / Aus »rr Nett »rr Frau / Dir Lrkestua»e
Pfälzer Sole
Dienstag, 28. Mal 1935
70. Jahrgang / Ar. 12Z
Baldwin verteidigt die englische LustfahrWW
«.Der Vertrag von Locarno muß durch einen Lustpatt ergänzt werden"
DNB. London, 27. Mai.
An der überfüllten Albert-Hall sprach
Baldwin am Montag abend zur Verteidi-
gung der Luftfahrtpolitik der Regie-
rung. Er begann seine Rede mit einem Angriff
aus die Opposition und erklärte, daß er ihre
Beweisgründe, die er in der Unterhausaus-
sprache gehört habe, ablehnen müsse. Ich wünsche,
st) erklärte er u. a., daß Sie alle, die Sie Sym-
pathien für den Völkerbund haben, sich der
ungeheuren Schwierigkeiten bewußt sind, die dem
Völkerbund gegenübergestanden haben.
Wir haben niemals einen solchen Völker-
bund gehabt, wie er denen vorgeschwebt
hat, die ihn geschaffen haben.
Der erste große Schlag, der dem Völkerbund
versetzt wurde, war die Weigerung der Vereinig-
ten Staaten, dem Wunsche des Präsidenten Wil-
son entsprechend Mitglied dieses Völkerbundes
zu werden. So begann der Völkerbund ohne die
Hilfe der Vereinigten Staaten, ohne die Hilfe
Rußlands, ohne die Hilfe Deutschlands, der drei
Mächte, die, so verschieden sie auch sind, zu den
größten Mächten der Welt zu zählen find. Das
war allein schon ein außerordentliches Handi-
cap, und hier muß man sich daran erinnern, Laß
der Vorschlag des amerikanischen Präsidenten,
wonach die Vereinigten Staaten, Großbritan-
nien und Frankreich eine dreifache Garantie der
französischen Sicherheit geben sollten, keine Zu-
stimmung bei dem amerikanischen Volke fand.
Es mag sein, daß wir manchmal meinen, daß die
Franzosen schwierig sind, aber versetzen Sie sich
in die Lage eines Landes, in das zweimal die
Nachbarn einmarschiert sind, und zwar inner-
halb eines Menschenalters. Sie würden dann
das andere verstehen. Andererseits war Deutsch-
land der Meinung, daß es nicht zur Ruhe kom-
men könnte, wenn es nicht eine Art von Gleich-
berechtigung mit den anderen Nationen hätte
und nicht länger mehr als ein Ausgestoßener
angesehen würde. Diese Beweggründe muß man
verstehen. Heute haben wir Sowjetrußland im
Völkerbund.
Wir haben hingegen Deutschland verloren,
hoffentlich nur für kurze Zeit.
Die Vereinigten Staaten stehen noch immer
außerhalb. Japan hat den Völkerbund verlassen,
und ich sehe auch keine Aussicht, daß es bald
zurückkehren wird. So ist der Völkerbund ver-
krüppelt, und wir Völkerbündler haben nicht die
Stärke, mit der wir soviel hätten erreichen kön-
nen. Frankreich hat dem Friedensvertrag einige
Zugeständnisse gemacht in der Erwartung, daß
es Unterstützung erhalten würde. Die Lage ist
aus zweierlei Tatsachen entstanden: Die ganze
Zeit hindurch hat sich Frankreichs Sorge zuerst
und zuletzt um seine eigene Sicherheit gedreht,
da die Sicherheit, die es bedroht sah, als die
einfache Garantie sich nicht verwirklichte. Vor
verhältnismäßig kurzer Zeit sah es noch so aus,
als ob wir der Grundlage für ein Uebereinkom-
men nähergekommen seien. Aber in diesem
Augenblick zogen sich die Deutschen vom Völker-
bund zurück, und
die gesamte Lage änderte sich durch die
Machtübernahme Hitlers.
Die Gefühle, die in Deutschland verborgen ge-
wesen waren, nahmen offener Gestalt an. Aus
bestimmten Gründen wurde jedoch die Verwirk-
lichung dieser Politik äußerst geheimnisvoll
durchgeführt. Damit will ich keine Kritik
üben, sondern nur Tatsachen feststellen. Ange-
sichts des Spannungszustandes, in dem sich
Europa seit langer Zeit befand, rief die Tat-
sache allein, daß irgendetwas im Geheimen ge-
tan wurde, Mißtrauen hervor, und so hat es die
unnatürliche Erscheinung gegeben, daß
alles, was getan wurde, tausendfach übertrieben
wurde.
Deutschland schritt ja auch auf anderen Ge-
biße« «ls in der Luft vorwärts, und wir haben
erst vor einigen Tagen erfahren, daß die Her-
stellung von Unterseebooten über
den Stand einer akademischen Erörterung hin-
aus gediehen ist.
Alle Regierungen haben sich um die Abrü-
stung bemüht. Und um den Völkern zu zeigen,
wie sehr wir das wollten, haben wir sogar da-
von Abstand genommen, die Militärstärke Groß-
britanniens auf einer Höhe zu halten, auf der
sie sich eigentlich befinden sollte. Wir wissen sehr
wohl,
daß eine solche Abrüstung, wie wir sie ge-
wünscht und erhofft haben, in naher Zu-
kunft nicht kommen wird.
Die Lage in Europa hat sich infolge der Um-
stände, die ich beschrieben habe, geändert, und
innerhalb der letzten zwei Jahre sind wir, wie
ich glaube, das einzige Land, das seine Armee
nicht vermehrte, bis die letzten Haushaltszahlen
vorgelegt wurden. Jetzt aber hat das ganze
Land seine Ansicht geändert. Ich glaube, es gibt
nur noch Wenige, die eine einseitige Abrüstung
unterstützen würden, d. h. eine Abrüstung durch
uns allein. (Beifall.) Großbritannien
hat es zu einem Grundsatz seiner Vertei-
digungspolitik gemacht, daß es seins
Küsten und die „vsrro^v seus" (die Kanäle, die
England vom Festland und von Irland trennen)
zu verteidigen habe. Das ist der Grund, warum
Jahrhunderte hindurch die Auf-
rechterhaltung und die ausreichende
Stärke der Flotte jedem Engländer ins
Herz gebrannt worden war. Heute aber haben
wir nicht nur die „narro^v 8es8" zu verteidigen,
um unsere Sicherheit aufrechtzuerhalten,
wir müssen vielmehr auch unter die
Oberfläche der Meere und über sie
hinaus nach oben gehen.
Keine Regierung in Großbritannien könnte
auch nur einen Tag am Leben bleiben, die sich
damit zufrieden geben würde, daß unser Land
eine Luftstreitmacht besäße, die irgendeiner
anderen Luftstreitmacht in erreichbarer Nähe
unterlegen wäre.
Nun mögen Sie fragen, warum machen Sie
die Luftmacht nicht gleich so stark wie die fran-
zösische?: Wir haben mit den Franzosen Jahr-
hunderte hindurch gekämpft. Wir kämpften
aber mit ihnen in den unmittelbar benachbar-
ten Gewässern. Doch was damals möglich war,
ist heute unmöglich. Im Zeitalter der Luft-
fahrt und der schweren Geschütze wissen die
Franzosen und wir, die wir beide an einer
schmalen Meeresstraße leben, daß wir gute
Nachbarn bleiben müssen und auch gute Freun-
de — was auch immer wir empfinden und
über uns denken mögen in dem Augenblick, in
DNB Berlin, 27. Mai.
Im Auftrag des Reichsluftfahrtministers Ge-
neral der Flieger Göring gab der Präsident des
Deutschen Luftsportverbandes, Oberst Loerzer,
am Montag um 18 00 Uhr das Zeichen zur
feierlichen Flaggenhissung. Damit ist der Wett-
bewerb des Deutschlandfluges 1935 für die 154
Flugzeuge mit 308 Führern und Ortern er-
öffnet. Der Start zu dem bisher größten
Deutschlandflug findet Dienstag früh um 8.00
Uhr statt. An dem diesjährigen Wettbewerb
nehmen 30 Verbände teil und zwar sechs Ver-
bände zu drei Flugzeugen, ein Verband zu vier
Flugzeugen, 17 Verbände zu fünf Flugzeugen,
drei Verbände zu sieben Flugzeugen und drei
Verbände zu neun Flugzeugen.
Da es sich ausschließlich um einen Gemein-
schatfsslug handelt, an dem Flugzeugführer, Or¬
den» der eine den anderen auf die Probe stellt,
wie das Nachbarn manchmal tun.
Es ist völlig ausgeschlossen, daß die bei-
den Nationen die sozusagen Seite an
Seite leben, einen Krieg in Erwägung
ziehen könnten. Und dieses Gefühl, das
wir haben, müßte es in Europa beider-
seits aller Grenzen geben und bei den
Völkern Europas bis in die Knochen hin-
ein.
Dies allein wird uns helfen, wenn wir schließ-
lich die verschiedenen Pakte und Vereinbarun-
gen abschließen, die über die Begrenzung der
Bewaffnung abgeschlossen und die zustande ge-
bracht werden müssen, wenn die Zivilisation!
Europas erhalten werden soll.
Aus diesem Argwohn und aus dieser Furcht
heraus, die längs jeder Grenze in Europa emp-
funden wird:
„Was geschieht, wenn die Luftstreitkräfte
im Krieg herüberkommen?"
ist es zu erklären, daß die Menschen sich dem
zuwenden, was man kollektive Sicher-
heit nennt. Der Grundgedanke der kollektiven
Sicherheit im weitesten Sinne ist, daß Europa
keinen Krieg dulden sollte, und daß wenn doch
irgendein Land, welches es auch immer sei und
wo auch immer es gelegen sein möge, einen
Krieg beginnt, mit anderen Worten, zum An-
greifer wird, daß dann alle Länder sich ver-
bünden sollten, um dieses Land zum Einhal-
ten zu bringen.
Wir sind noch weit von der Erreichung die-
ses Zieles entfernt. Aber auf einem begrenz-
ten Gebiet ist etwas ähnliches bereits im
Vertrag von Locarno geschaffen wor-
den, in dem sich die Westmächte, die ihn un-
terzeichnet haben, verpflichteten, ihren Kräfte
vereint einzusetzen gegen jeden, der diesen
Pakt brechen sollte.
Deshalb bin ich der Ansicht, daß vor allen
Dingen zwischen diesen Mächten versucht wer-
den muß — und Hitler hat sich damit
grundsätzlich einverstanden erklärt — den Ge-
danken eines ergänzenden Luftpaktes
zu verwirklichen, der in diesen Vertrag einzu-
bauen wäre, eines Luftpaktes, in dem mög-
licherweise als besonderer Teil ein Pakt über
Rüstungsbeschränkungen eingebaut ist. Einige
von Ihnen mögen fragen: Warum gerade in
der Luft? Darauf antworte ich, es ist ein
Sprichwort: Beiß nicht mehr ab, als Du schluk-
ken kannst- Die Schwierigkeit, eine schnelle
Abrüstung herbeizuführen, ist eben ja sehr
groß, Was ruft denn all' die Furcht in
Europa hervor? Das sind nicht die Heere
ter und Bodenpersonal, alle zu ihrem Teil ge-
meinsam am glücklichen Gelingen des Fluges
arbeiten müssen, wäre es unangebracht, Namen
zu nennen. Immerhin sei erwähnt, daß auch
einige Staffeln des Reichsluftfahrtministeriums
teilnehmen.
Präsident Loerzer überbrachte den Wettbe-
werbsteilnehmern die Grüße und Glückwünsche
des Reichsministers der Luftfahrt, General der
Flieger Göring, zur guten Durchführung des
Fluges. Er sprach die Erwartung aus, daß die
besonderen Aufgaben des diesjährigen Fluges
voll und ganz erfüllt werden. Der diesjährige
Flug sei noch mehr als der vorjährige Ausdruck
der Eemeinschaftsleistnng.
Unter den Klängen des Deutschland- und des
Horst Wessel-Liedes erfolgte darauf die Flag-
genhissung, zu der zahlreiche Militärattaches
der in Berlin akkreditierten Mächte und Ehren-
gäste erschienen waren.
Die Berechtigung der deutschen
Mstungsanglelchnng
Eine schweizerische Stimme
DNB Genf, 25. Mai
Der katholische konservative „Courrier de
Eöneve" widmet den deutschen Rüstungs-
maßnahmen einen sehr verständnisvollen Leit-
artikel. Das Blatt führt aus, der einfachste
gesunde Menschenverstand habe erwarten lassen
daß das Reich zwangsläufig seine Militär-
macht auf die Höhe der anderen großen euro-
päischen Nationen werde bringen müssen. Es
habe dazu nicht nur gegenüber Frankreich, son-
dern auch aeqenüber dem sich rasch bewaffnen-
den und militärischen roten Rußland gelangen
müssen. Die Mächte hätten niemals die ge-
ringste Kontrolle über die Sowjetrüstungen ge-
habt und würden sie zweifellos niemals ha-
ben- Wenn das Recht die Tatsachen ordnen
wolle, so müsse es sie -vnä^'si kennen. Der
Völkerbund habe in aller Feierlichkeit die
Aufrüstung Deutschlands zwar verurteilt, aber
es sei mit Bestimmtheit vorauszusehen,, daß
dies Urteil rein vlatonisch würde. Die
„Welle der Empörung" sei schnell zurückgegan-
gen, viel Lärm um nichts Der französisch-
sowjetrussische Pakt sei eine der größten Bau-
ernfängereien der Geschichte Die Sowjetunion
suche Frankreich gegen den deutschen Faschis-
mus zu mobilisieren. Stalin verbürge sich für
die französische Militärpolitik, sogar die fran-
zösischen Kommunisten wurden für den „anti-
faschistischen heiligen Krieg" marschieren müs-
sen. Wäre die Sowjetherrschaft erst einmal in
Berlin errichtet so würden die Moskauer das
französisch-bürgerliche Regime in die Luft ge-
hen lassen Nachdem das Reich seine militäri-
sche Macht wiedererlangt habe, müsse dem
W"t'-'m-° vor¬
behaltloser Anerkennung des Grundsatzes der
Parität und der Gleichberechtigung. Reichs-
kanzler Hitler habe erklärt, daß die Reichs-
regierung bereit sei, an allen Bemühungen um
eine pra^'s^
nehmen. Das Wort Hitlers sei wohl ebenso
viel wert wie dasjenige Stalins, dieses Draht-
ziehers der kommunistischen Internationale
und Vorbereiter der Weltrevolution.
und nicht die Flotten; das ist die Luft«
waffe. Und wenn die Furcht vor den Luft-
flotten den Völkern Europas genommen wer-
den kann, sodaß kein Luftkrieg mehr zu be-
fürchten ist, würde Europa in der Lage sein,
sich um seine eigenen Angelegenheiten zu küm-
mern, wie das lange nicht mehr der Fall war.
Der Grund, warum eine Begrenzung oder gar
Entwaffnung, oder gar ein Uebereinkommen
in der Lust so wichtig ist, liegt in der Schwere
des Schlages begründet, der von der Luft aus
versetzt werden kann.
Man braucht Zeit, ein Heer zu mobili-
sieren. Man braucht aber keine Zeit, um
in der Luft zu mobilisieren.
Deswegen hoffe ich, daß die im Locarno-Ver-
trag interessierten Mächte in absehbarer Zeit
zusammentreten, um in ihn einen Luftpakt
einzubauen, der zum ersten Mal eine Rü-
stungsbegrenzung bringen wird. Baldwin be-
dauerte n dieser Stelle noch einmal, daß die
Vereinigten Staaten an diesen Ver-
handlungen nicht teilnehmen könnten, da ihre
Beteiligung überall, in Europa, im Osten oder
sonstwo die Zusammenarbeit mit dem Briti-
schen Reich die größte Sicherheit
gegen den Krieg darstellen würde.
Zum Schluß gab Baldwin seiner Heber-
zeugung Ausdruck, daß keine Nation
Krieg wünsche, zumindest nicht im Augen-
blick, weil es keine Nation in Europa gebe, die
nicht genug damit zu tun hätte, sich um ibr
eigenes Volk zu kümmern und die Schwierig-
keiten zu überwinden.
Lustvattansrage im Unterhaus
DNB. London, 27. Mai.
Im Unterhaus wurde Montag nachmittag
der Ministerpräsident gefragt, ob er die sofor-
tige Einberufung einer Konferenz zur Erörte-
rung des von Hitler gemachten Vorschlages zur
Begrenzung der Luftrüstungen plane, oder welche
Schritte die britische Regierung sonst zu tun
beabsichtigt, um die internationale Spannung
Heute Start zum Deutschlandflug
ZV Verbände mlt 154 Mgzengen
Feierliche Flaggenhiffmig