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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 77-149)

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Nr. 131 - Nr. 140 (7. Juni - 19. Juni)
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WWnMft und Kunst / Aus -er UM -er Frau / Die Leseftun-e

Pfälzer Sole

Mittwoch, is. Ium 1S3S

70. Jahrgang / Ar. iio

Flottenabkommen mit England
Flottenstärke im Verhältnis 3S:ioo

DNV. London, 18. Juni.
Die deutsche Delegation hat sich mit der eng-
lischen Delegation heute über ein Abkommen in
der Flottenfrage geeinigt.
Die Vollsitzung der deutschen und der engli-
schen Abordnung, in der am Dienstag mittag
die grundsätzliche Einigung zustande kam, dau-
erte etwa dreiviertel Stunden. Auf englischer
Seite nahmen autzer den eigentlichen Flotten-
sachverständigen der Auhenminister Sir Samuel
Hoare und der erste Lord der Admiralität,
Sir Bolton Eyres Monsell teil.
Das deutschen-englische Flottenabkommen wur-
de am Dienstag in London in Form eines Weih-
buches veröffentlicht.
*
DNB Berlin, 18. Juni. Die Bestätigung des
am Dienstag vormittag abgeschlossenen deutsch-
englischen Flottenabkommens erfolgte durch das
Schreiben von Ribbentrops an den eng-
lischen Außenminister Sir Samuel Hoare:
„Exzellenz!
Ich beehre mich, Ew. Exzellenz den Empfang
des Schreibens vom heutigen Tage zu bestäti-
gen, in dem Sie die Freundlichkeit hatten, mir
im Namen der Regierung Se- Majestät im Ver-
einigten Königreich folgendes mitzuteilen:
1. Während der letzten Tage haben die Ver-
treter der Regierung des Deutschen Reiches und
der Regierung Se. Majestät im Vereinigten
Königreich Besprechungen abgehalten, deren
Hauptzweck darin bestand, den Boden für eine
allgemeine Konferenz zur Begrenzung der See-
rüstungen vorzubereiten. Ich freue mich, Ew.
Exzellenz nunmehr die formelle Annahme des
Vorschlages der Regierung des Deutschen Rei-
ches, der in diesen Besprechungen zur Erörte-
rung gestanden hat, durch die Regierung Se.
Majestät im Vereinigten Königreich mitzutei^
len, wonach die zukünftige Stärke der deutschen
Flotte gegenüber der Gesamtflottenstärke der
Mitglieder des britischen commonwealth im
Verhältnis 38:100 stehen soll. Die Re-
gierung Se. Majestät im Vereinigten Königreich
steht diesen Vorschlag als einen außerordentlich
wichtigen Beitrag zur zukünftigen Seerüstungs-
beschränkung an. Weiterhin glaubt sie, daß die
Einigung, zu der sie nunmehr mit der Regie-
rung des Deutschen Reiches gelangt ist, und die
sie als eine vom heutigen Tage ab gültige,
dauernde und endgültige Einigung zwischen den
beiden Regierungen ansieht, den Abschluß eines
zukünftigen allgemeinen Abkommens über eine
Seerüstungsbegrenzung zwischen allen Seemäch-
ten der Welt erleichtern wird-
2. Die Regierung Se. Majestät im Vereinig-
ten Königreich stimmt weiterhin den Erklärun-
gen zu, die von den deutschen Vertretern im
Laufe der kürzlich in London abgehaltenen Be-
sprechungen bezüglich der Anwendungsmethoden
dieses Grundsatzes abgegeben wurden.
Diese Erklärungen können folgendermaßen
zusammengefaßt werden:
a) Das Stärkeverhältnis 35:100 soll ein stän-
diges Verhältnis sein, d. h. die Gesamttonnage
der deutschen Flotte soll nie einen Prozentsatz
von 35 der Gesamttonnage der vertraglich fest-
gelegten Seestreitkräfte der Mitglieder des bri-
tischen commonwealth oder — falls in Zukunft
keine vertraglichen Begrenzungen der Tonnage
bestehen sollten, einen Prozentsatz von 35 der
tatsächlichen Eesamttonnage der Mitglieder des
britischen commonwealth überschreiten.
b) falls ein zukünftiger allgemeiner Vertrag
über Seerüstungsbegrenzung die Methode der
Begrenzung durch vereinbarte Stärkeverhältnisse
zwischen den Flotten der verschiedenen Mächte
nicht enthalten sollte, wird die Regierung des
Deutschen Reiches nicht auf der Einfügung des
In dem vorhergehenden Unterabsatz erwähnten
Stärkeverhältnisses in einem solchen zukünfti-
-M allgemeinen Vertrag bestehen, vorausgesetzt,

daß die für die zukünftige Begrenzung der See-
rüstungen darin etwa angenommene Methode
derart ist, daß sie Deutschland volle Garantien
gibt, daß dieses Stärkeverhältnis aufrechterhal-
ten werden kann.
c) Das Deutsche Reich wird unter allen Um-
ständen zu dem Stärkeverhältnis 35:10-0 stehen,
d. h. dieses Stärkeverhältnis wird von den
Baumaßnahmen anderer Länder nicht beein-
flußt. Sollte das allgemeine Gleichgewicht der
Seerüstung, wie es in der Vergangenheit nor-
malerweise aufrechterhalten wurde, durch
irgendwelche anormalen und außerordentlichen
Baumaßnahmen anderer Mächte heftig gestört
werden, so behält sich die Regierung des Deut-
schen Reiches das Recht vor, die Regierung Se.
Majestät im Vereinigten Königreich aufzufor-
dern, die auf diese Weise entstandene Lage zu
prüfen.
d) Die Regierung des Deutschen Reiches be-
günstigt auf dem Gebiete der Seerüstungsbegren-
zung dasjenige System, das die Kriegs-
schiffe in Kategorien einteilt, wobei die
Höchsttonnage und (oder) das Höchstkaliber der
Geschütze für die Schiffe jeder Kategorie festge-
setzt wird, und das die jedem Lande zustehende
Tonnage auf Schiffskategorien zuteilt.
Folglich ist die Regierung des Deutschen Rei-
ches bereit, grundsätzlich und unter Vorbehalt
des nachstehenden Absatzes f das 35prozentige
Stärkeverhältnis auf die Tonnage in jeder
beizubehaltenden Schisfskategorie anzuwenden
und jede Abweichung von diesem Stärkeverhält-
nis in einer oder mehreren Kategorien von den
hierüber in einem zukünftigen allgemeinen Ver-
trag über Seerüstungsbeschränkung etwa getrof-
fenen Vereinbarungen abhängig zu machen. Der-
artige Vereinbarungen würden auf dem Grund-
satz beruhen, daß jede Erhöhung in einer Kate-
gorie durch eine entsprechende Herabsetzung in
anderen Kategorien auszugleichen wäre. Falls
kein allgemeiner Vertrag über Seerüstungsbe-
grenzung abgeschlossen wird oder falls der zu-
künftige allgemeine Vertrag keine Bestimmung
über Kategorienbeschränkung enthalten sollte,
wird die Art und das Ausmaß des Rechtes der
Regierung des Deutschen Reiches, das 35prozen-
tige Stärkeverhältnis in einer oder mehreren
Kategorien abzuändern, durch Vereinbarung
zwischen der Regierung des Deutschen Reiches
und der Regierung Se. Majestät des Vereinig-
ten Königsreiches im Hinblick auf die dann be-
stehende Flottenlage geregelt.
6. Falls und solange andere bedeutende See-
mächte eine einzige Kategorie für Kreuzer und
Zerstörer behalten, hat das Deutsche Reich das
Recht auf eine Kategorie für diese beiden
Schiffsklassen, obgleich es für diese beiden Klassen
zwei Kategorien vorziehen würde.
k. Hinsichtlich der Unterseeboot hat das Deut-
sche Reich jedoch das Recht, eine der gesamten
Unterseebootstonnage der Mitglieder des briti-
schen commonwealth gleiche Untersee-
bootstonnage zu besitzen, ohne jedoch das
Stärkeverhältnis 35:100 hinsichtlich der Gesamt-
tonnage zu überschreiten. Die Regierung des
Deutschen Reiches verpflichtet sich indessen, außer
den in folgendem Satz angegebenen Umständen,
mit ihrer Unterseebootstonnage über 45 v. H.
der Gesamt-Unterseebootstonnage der Mitglie-
der des britischen commonwealth nicht hinaus-
zugehen. Sollte eine Lago entstehen, die es nach
Ansicht der Regierung des Deutschen Reiches
notwendig macht, von ihrem Anspruch auf einen
über die vorgenannten 45 v. H. hinausgehenden
Prozentsatz Gebrauch zu machen, so behält sich
die Regierung des Deutschen Reiches das Recht
vor, der Regierung Se. Majestät im Vereinig-
ten Königreich davon Mitteilung zu machen,
und ist damit einverstanden, die Angelegenheit
zum Gegenstand freundschaftlicher Erörterungen
zu machen, bevor sie dieses Recht ausübt.

g. Da es höchst unwahrscheinlich ist, daß die
Berechnung des 35prozentigen Stärkeverhältnis-
ses in jeder Schiffskategorie ^Tonnagezahlen er-
gibt, die genau teilbar sind durch die höchst zu-
lässige Tonnage für Schiffs dieser Kategorie,
kann es sich als notwendig Herausstellen, daß
Angleichungen vorgenommen werden müssen,
damit das Deutsche Reich nicht daran verhindert
wird, seine Tonnage voll auszunutzen. Es ist da-
her abgemacht worden, daß die Regierung des
Deutschen Reiches und die Regierung Se. Maje-
stät im Vereinigten Königreich vereinbaren wer-
den, welche Angleichungen zu diesem Zwecke er-
forderlich sind. Es besteht Einigkei darüber, daß
dieses- Verfahren nich zu erheblichen oder dau-
ernden Abweichungen von dem Verhältnis
35:100 hinsichtlich der Eesamtflottenstärken füh-
ren soll.
3. Hinsichtlich Unter-Abschnitt 0 der obigen
Erklärungen habe ich die Ehre, Ihnen mitzu-
teilen, daß die Regierung Se. Majestät im Ver-
einigten Königreich von dem Vorbehalt Kennt-
nis genommen hat und das darin erwähnte
Recht anerkennt, wobei Einverständnis darüber
besteht, daß das Stärkeverhältnis 35:100, falls
zwischen den beiden Regierungen nichts Gegen-
teiliges vereinbart wird, aufrechterhalten bleibt."
Ich beehre mich, Ew, Exzellenz zu bestätigen,
daß der Vorschlag der Regierung des Deutschen
Reiches in dem vorstehenden Schreiben richtig
wiedergegeben ist, und nehme davon Kenntnis,
daß die Regierung Se. Majestät im Vereinigten
Königreich diesen Vorschlag annimmt. Die Re-
gierung des Deutschen Reiches ist auch ihrer-
seits der Ansicht, daß die Einigung, zu der sie
nunmehr mit der Regierung Se. Majestät im
Vereinigten Königreich gelangt und die sie als
eine vom heutigen Tage ab gültige, dauernde

DNB. Paris, 18. Juni.
Der „Matin" veröffentlicht ein Interview
seines Sonderberichterstatters mit dem Kaiser
von Abessinien. Der Kaiser äußerte, die
Haltung Abessiniens habe sich niemals geändert.
Abessinien sei vollkommen friedlich gesinnt.
Durch die Unterstützung, die Frankreich und
England seiner Bitte um ein Schiedsgericht beim
Völkerbund haben zukommen lassen, sei es in
dieser Haltung noch bestärkt worden. Abessinien
brauche und wünsche den Frieden, um das Werk
der Modernisierung, das bereits vor mehreren
Jahren begonnen worden sei, weiter durchzufüh-
ren. Ein Krieg würde dieses Werk jedoch ver-
nichten. Die italienischen Kriegsdrohungen ver-
hinderten die Arbeit, der er seine ganze Zeit
und Kraft zu widmen wünsche. Frei uitd fried-
lich werde Abessinien aber seinen Weg des Fort-
schritts fortsetzen. Die Heeresorganisation, eine
Sache, die bereits seit mehreren Jahren unter
der Beihilfe einer belgischen Militärmission im
Gange sei, werde tendenziös ausgelegt. Die Ar-
mee habe die Aufgabe, die Ordnung im
Lande zu erhalten und im Notfälle die
Verteidigung des Landes zu übernehmen. Die
kaiserliche Garde, ausgebildet nach den moder-
nen Vorschriften, habe niemals und in keiner
Weise aggressiven Charakter. Wenn nötig, werde
die Armee aber die Verteidigung des Landes
und die Zurückweisung eines Angreifers ver-
stehen. Alle Abessinier, deren kriegerischer Wert
in der Welt bekannt sei, würden sich der Armee
anschließen, weil sie die Freiheit liebten und
treu zu ihrem Kaiser stünden.
*
DNV. Addis-Abeba, 18. Juni.
Die im Auslande verbreiteten Gerüchte von
einem angeblichen Aufstand in Abessi-

und endgültige Einigung zwischen den beiden
Regierungen ansieht, den Abschluß eines allge-
meinen Abkommens über diese Fragen zwischen
allen Seemächten der Welt erleichtern wird.
Genehmigen Ew. Exzellenz den Ausdruck mei-
ner vorzüglichsten Hochachtung.
gez. von Ribbentrop
Außerordentlich bevollmächtiger Botschafter
des Deutschen Reiches.
*
Zwischen der englischen Regierung und der
deutschen Flottenabordnung ist ein Flottenab-
kommen getroffen worden, das hoffentlich für
die Zukunft von großer Bedeutung ist. Man
kann sagen, daß das Abkommen durch die groß-
zügige und vorausschauende Einstellung der
Führers und Kanzlers einerseits und durch die
verständnisvolle Haltung der britischen Regie-
rung andererseits möglich geworden ist. Das
Abkommen ist vor allem deshalb bedeutungs-
voll, weil hier zum erstenmale nach vielen Jah-
ren fruchtloser Verhandlungen und Konferenzen
ein wirklich praktischer Schritt zur Rüstungsbe-
grenzung und damit zum Frieden im allge-
meinen getan worden ist. Die deutsche Regie-
rung steht grundsätzlich auf dem Standpunkt,
daß sie sich herzlich freuen würde, wenn dieser
Tat weitere Schritte folgen würden, die dann in
absehbarer Zeit zu einer Beruhigung und Be,
friedigung nicht nur in Europa sondern in der
Welt führen mögen. Das Abkommen regelt
ein- für allemal die deutsch-englischen Flotten-
beziehungen. Jede Konkurrenz zwischen den
Flotten der beiden Mächte ist künftig ausge-
schaltet. Ein neues Kapitel in der Geschichte
der beiden Länder ist aufgeschlagen und damit
ein Fundament für die Freundschaft zwischen
England und Deutschland gelgt- Die Auswir-
kungen dieses Abkommens lassen sich heute viel-
leicht noch nicht ganz übersehen; aber zweifellos
dürfte die Vereinbarung ein wichtiger Eckpfei-
ler für die ganze zukünftige Gestaltung der
Politik unseres Festlandes und damit auch
Englands sein Auf jeden Fall läßt sich sagen,
daß hiermit der erste große praktische Schritt
für die so notwendige Zusammenarbeit in
Europa getan ist.

nien sind vollkommen aus der Luft gegriffen.
Hier ist alles ruhig und das Leben geht seinen
gewohnten Gang. Von zuständiger Seite wird
weiter erklärt, daß die verschiedentlich verbrei-
teten Meldungen über Verhandlungen mit Eng-
land zwecks gemeinsamer Kriegsvorbereitungen
völlig unzutreffend sind.
Beruhigung in Mexiko?
Das neue mexikanische Pabinett
DNB. Mexiko, 18. Juni.
Die Zusammensetzung des neuen mexikanischen
Kabinetts ist am Montag spät abends bekannt-
gegeben worden. Die Kabinettsliste umfaßt u. a.:
Außenminister Fernando Gonzalez Roa
(früher Botschafter in Washington); Innen-
minister Silvestre Barba Gonzalez (bis-
her Chef des Arbeitsamts); Finanzminister
Eduardo Suarez; Wirtschaftsminister General
Raphael Sanchez Tapia; Kriegsminister
General Andres Figueroa.
Die neue Kabinettsliste enthält keine Namen
besonders radikalistischer Politiker. Die radika-
len Mitglieder des früheren Kabinetts sind nicht
in das neue Kabinett übernommen worden. Der
frühere Außenminister Portes Gil hat bereits
das Präsidium der nationalrevolutionären Par-
tei übernommen. Wie es scheint, ist nunmehr
Beruhigung im politischen Leben Mexikos ein-
getreten, zumal General Calles mitteilen
ließ, daß er sich gänzlich aus der Politik zurück-
ziehen werde.
Dio vom früheren Landwirtschaftsminister
Garrido Canabal nach der Hauptstadt geführ-
ten radikalen Rothemden, die sich zahlreiche
Bluttaten zuschulden kommen ließen, sind wieder
abtransportiert worden.
 
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