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Mzer Note
Dienstag, 25. Zum 1935
70. Jahrgang / Ar. ns
Der Anfang einer praktischen Friedenspolitik
Erklärungen des Botschafters von Ribbentrop über das deutsch-englische Flottenabkommen
DNB London, 24. Juni.
Botschafter von Ribbentrop gewährte am
Sonntag den Vertretern von Reuter und Havas
rin Interview . Bei dieser Gelegenheit machte
er über das deutsch-englische Flottenabkommen
folgende Ausführungen:
Ich freue mich, daß die Flottenverhandlungen
zu eine mguten Ende geführt werden konnten.
Dieses englisch-deutsche Abkommen war nur
möglich durch eine großzügige und verständnis-
volle Einstellung auf beiden Seiten, d. h. durch
die Haltung des deutschen Kanzlers und der
britischen Regierung-
Nach Jahren der schönen Reden, der ruhelosen
Ministerreisen von einer Hauptstadt zur ande-
ren, der Konferenzen, ist hier zum ersten Male
auch wirklich etwas getan worden, näm-
lich: der erste praktische Schritt zurRüstungs -
beschränkung.
Ich glaube, Europa hat in der Vergangenheit
den Fehler gemacht, immer zuviel auf einmal
anzufassen. Qui trop embvasse, mal ötraint sagt
der Franzose. Zwei Fehler vor allem: erstens
wollte man immer alles auf einmal in
Ordnung bringen, statt ein Problem nach dem
anderen in Angriff zu nehmen, und zweitens
hat man, was noch schlimmer, versucht, alle Pro-
bleme aller Länder mit allen Mächten gleich-
zeitig an einem Tisch zu lösen. Das wird dann
kollektives Friedenssystem genannt. Ich glaube,
man hat bisher das Pferd am Schwanz aufge
zäumt.
Auch Deutschland wünscht ein Friedens-
system. das Freundschaften entspringt, die
auf Tatsachen und nicht auf Theorien aufgebaut
sind. So müßte die Grundlage jedes Völker-
bundes aussehen! Aber Deutschland ist davon
überzeugt, daß man dahin nur Schritt für
Schritt gelangen kann, und glaubt, daß die vie-
len Probleme Europas nur durch Friedens-
taten zu lösen sind — auch wenn zwei Völker
zunächst allein handeln — und nicht durch all-
gemeine Friedens gesprLche, die Europa bis-
lang nicht weitergebracht haben.
Ich glaube, dies Flottenabkommen ist der
Anfang einer praktischen Friedenspolitik.
Es regelt ein für alle Mal die Flottenfrage, das
vitalste Problem zwischen Deutschland und Eng-
land. Eine Flottenrivalität wird für alle Zu-
kunft ausgeschaltet. Es ist ein wunderbares Ge-
fühl, wenn man sich klarmacht, was das für diese
beiden großen Länder bedeutet. Aber ich bin
davon überzeugt, daß dies nur die eine Seite
der Frage ist. Das andere Hauptergebnis
dieser Flottenabmachung besteht darin, daß wir
das Eis gebrochen haben, das die politische
Situation Europas in Erstarrung hielt-
Die Atmosphäre der Beruhigung»
die jetzt logischerweise nicht ausbleiben kann,
wird sicherlich den Weg zur Lösung anderer Fra-
gen ebnen, und so könnte dieses Abkommen sehr
wohl ein Eckstein einer wirklichen Konsolidie-
rung Europas werden.
Wir Deutsche glauben an die Mission, die
Europa für die ganze zivilisierte Welt zu er-
füllen hat, und ich würde nur zu glücklich sein,
wenn alle Länder Europas die außerordentliche
Bedeutung dieser Tatsache erkennen würden.
Vor die Alternative gestellt zwischen Konsoli-
dierung der europäischen Staaten auf der einen
Seite mit dem daraus folgenden Wohlstand, der
allein den Meyschenmassen unseres Kontinents
die Existenz sichern kann, und nur Chaos auf
der anderen Seite, sollte die Wahl nicht schwer
fallen, und bin sicher, daß wir nunmehr einen
Weg finden werden.
Ach glaube, in dem Ringen um die Erhal-
tung der Kultur müsse« England, Frankreich
und Deutschland und die anderen europäi-
schen Länder zusammenstehen.
Wir glauben an ein starkes Europa und an ein
ftneEeO britisches Weltreich.
Da muß ich aber nun noch etwas bemerken:
Heute las ich in einer der Morgenzeitungen, daß
Deutschland versuche, einen Keil zwischen Frank-
reich und England zu treiben. Dazu kann ich
nur sagen, daß man in Deutschland völlig drs
Verständnis für solche seltsamen Unterstellungen
fehlt, die ihren Ursprung nur in dem Geschwätz
von Leuten haben können, die sich einfach von
einer gewissen Vorkriegsmentalität nicht frei-
machen können. Ich meine, wir sollten klug sein
und unsere internen Zwistigkeiten in-
nerhalb der alten Welt vergessen. Wenn wir
alle die Auferstehung des Abendlan-
des wünschen, wie der Reichskanzler Hitler in
feinet Rede sagte, müssen wir lernen, weit vor-
auszublicken, und auch an diese Auferstehung
glauben.
Und nun möchten Sie noch wissen, wie ich mir
die weitere Entwicklung der Dinge vorstelle. Da
will ich Ihnen etwas persönliches sagen: Man
sagt, ich hätte es mir zur Lebensaufgabe
gemacht, mitzuhelfen, daß eine enge Zusammen-
Eden bei
Die erste Unterredung / Das t
DNB Rom, 24. Juni.
Um 10 Uhr begab sich der englische Minister
Eden von der englischen Botschaft, in der er
während seines römischen Aufenthalts Wohnung
genommen hat, zum Pallazo Venezia, wo die
erste Besprechung mit dem italienischen Regie-
rungschef im Beisein des englischen Botschafters
Drummond, des Staatssekretärs Suvich und des
Kabinettschefs des Duce, Baron Aloisi, statt-
fand . Die Unterredung dauerte bis gegen 1 Uhr
an und wird heute nachmittag um 5 Uhr fort-
gesetzt. Im übrigen bietet sich heute mittag an-
läßlich eines Frühstücks, das der Duce im Hotel
„Excelsior" zu Ehren seines englischen Gastes
gibt, Gelegenheit zu einer Vertiefung der italie-
nisch-englischen Fühlungnahme in weiterem
Kreise. Es ist zu erwarten, daß Eden im Laufe
der dreistündigen Verhandlungen einen ein-
gehenden Bericht über die deutsch-englische Flot-
tenabmachung und ihre Bewertung durch seine
Regierung gegeben hat. Offiziell stehen,
wie hier betont wird, lediglich die beiden Punkte
der deutsch-englischen Flottenver-
ständigung und des Luftpaktes zur Ver-
handlung. Man glaubt jedoch, daß ähnlich wie
in Paris im Laufe der Besprechungen auch
andere Fragen, wie etwa der Donaupakt
und eine Erörterung der gesamteuropäi-
schen Lage zur Sprache kommen. Mit Be-
stimmtheit kann angenommen werden ,daß der
Duce und Eden in einen Meinungsaustausch
über den französisch-sowjetrussischen Pakt und die
sich daraus für Europa ergebenden Folgen tre-
ten werde- Man läßt in hiesigen Kreisen sogar
durchblicken, daß sich der Duce einer Erörterung
der abessinischen Frage, falls sie von
Eden angeschnitten werde, nicht völlig entziehen
werde. Allerdings ist man in diesem Punkte
nach wie vor besonders zurückhaltend. In die-
sem Zusammenhang verdient die Tatsache Er-
wähnung, daß sich ein besonderer Sachverstän-
diger des Foreign Office für die abessinische
Frage in der Begleitung Edens befindet.
Sine amtliche Mitteilung
DNB RE, 24. Juni.
Hebe? die erste Besprechung zwischen
Mussolini und Eden wird folgendes
Kommunique veröffentlicht:
Der italienische Regierungchef hat heute vor-
mittag im Palazzo Venezia den englischen
Minister Eden empfangen, mtt dem er eine in
arbeit zwischen England, Frankreich und
Deutschland zustandekommt, der sich die anderen
I europäischen Staaten gerne eingliedern könnten.
Ich glaube, daß diese Leute recht haben, und ich
bin überzeugt, daß wir auf dem besten Wege
hierzu sind!
von Ribbentrop in Berlin
DNB Berlin, 24. Juni.
Montagmittag 12.50 Uhr ist Botschafter von
Ribbentrop, von Hamburg kommend, aus dem
Flughafen Tempelhof gelandet. In seiner Be-
gleitung befanden sich u- a. Admiral Schuster,
Kapitän z. S. Kiderlen und Professor Graf
Dürckheim-Montmartin. Zum Empfang hatten
sich neben dem Vater des Botschafters, Oberst-
leutnant a. D. Ribbentrop, und seinem Sohn
der persönliche Mitarbeiter des Botschafters,
Pg. Wilhelm Rodde, und Korvettenkapitän
Brückner vom Stabe des Oberbefehlshabers der
Kriegsmarine eingefunden.
Mussolini
»eitere Verhandlungsprogramm
herzlichem Tone gehaltene Unterredung hatte,
die ungefähr zwei Stunden dauerte. Während
dieser Unterredung wurden das deutsch-englische
Flottenabkommen vom 8. Juni, die Pläne über
einen Luftpakt und andere Fragen erörtert, die
den Gegenstand des englisch-französischen Zusam-
mentreffens in London vom 3. Februar bildeten.
DNB. Nom, 24. Juni.
Die für Montagnachmittag angesetzte Unter-
redung zwischen Mussolini und Eden ist auf
Dienstag 17 Uhr verschoben worden. Die Ab-
reise des britischen Ministers wird dementspre-
chend erst am Mittwochvormittag erfolgen.
Eden verlängert seinen Aufenthalt in Rom
Der Inhalt der britischen Besprechungen
DNB. Rom, 24. Juni.
Die Verschiebung der für Montag nachmittag
angesetzten zweiten Unterredung zwischen Musso-
lini und Eden wird von italienischer Seite da-
mit begründet, daß man es nicht für notwendig
gehalten habe, die Besprechungen überstürzt
fortzusetzen, da Eden seinen hiesigen Aufenthalt
verlängert hat. Es steht noch nicht fest, ob er
Dienstag abend oder Mittwoch mittag Rom
verläßt. Dienstag vormittag wird der englische
Minister Gelegenheit nehmen, sich mit dem
Staatssekretär des Aeußeren Suvich zu unter-
halten. Dieser gibt sodann mittags ein Früh-
stück in dem am Meer gelegenen Castell Fusano.
Der Abreisetermin Edens hängt von der Fest-
setzung der zweiten Besprechung mit Laval in
Paris ab.
Wie von italienischer Seite verlautet, hat
Eden in der Vormittagsbesprechung am Montag
den Duce eingehend über seine Berliner
Besprechungen mit dem Führer unter-
richtet. Es wird ausdrücklich betont, daß in den
Verhandlungen nur die Flotten- und Luftpakt-
fragen zur Sprache gekommen sind, die Erörte-
rung dieser Frage jedoch nicht ganz abgeschlossen
ist. Wie man hört, hat der englische Minister
Mussolini ausführlich auseinandergesetzt, daß die
neue deutsch-englische Flottenver-
ständigung keine Verletzung des Washing-
toner und Londoner Flottenabkommens darstellt.
Sowohl von englischer wie von italienischer
Seite wird mitgeteilt, daß die abessinische
Frage in den Besprechungen noch nicht behan-
gelt worden ist; beide Seiten schließen jedoch
nicht aus, daß dies »och im Lause des Dienstag
geschehen wird.
, Manöver im-acht
Von Konteradmiral a. D. Vrüninghaus
Die großangelegten Uebungen der amerikani-
schen Flotte im Pacific haben ihr Ende erreicht,
nachdem seit dem 3. Mai die „weiße" und die
„schwarze" Flotte um die Palme des Sieges ge-
rungen haben. Der stark politische Charakter der
Uebungen wurde noch dadurch unterstrichen, daß
der parlamentarische Unterstaatssekretär des
Marineamts, Henry Roosevelt, an ihnen teil-
nahm. Auch der kommandierende General der
Küstenstreitkräfte von Kalifornien war mit ei-
ner Reihe von Armeeoffizieren während der
Dauer der Uebungen eingeschifft, bzw. in Pearl-
Harbour (Hawai) uvtz auf den Midway-Jnseln
anwesend. Die Berichterstattung über den Ver-
lauf der Manöver ist,, im Gegensatz zu der sonsti-
gen amerikanischen Methode, überaus mager ge-
wesen. Es mag dies damit Zusammenhängen,
daß die Amerikaner die Empfindlichkeit der Ja-
paner schonen wollten und mit Recht fürchten
mußten, daß durch tendenziöse Ausführungen in
der Presse die Grundidee der Manöver, näm-
lich ein etwaiger Krieg gegen Japan, zu stark
unterstrichen werden würde. Immerhin kann
man sich aus den bisher vorliegenden Nachrich-
ten einen ungefähren Begriff über den Verlauf
der Manöver machen.
Gewissermaßen als Auftakt erschien Ende
April in „The Japan Times" eine militärpoli-
tische Studie „Amerikas Sicherheit im Pacific"
von Konteradmiral Pates Stirling, zur Zeit
Kommandant des dritten Marinedistrikts. In
dieser Arbeit weist Stirling nachdrücklich auf die
schwachen Punkte hin. Der schwache Punkt im
Pacific, so meint er, sind die Philippinen, die
4500 Seemeilen von Hawei über Guam entfernt
sind. Für die Verteidigung von Manila ist seit
dem Ihre 1922, in dem der Vertrag von Was-
hington abgeschlossen wurdd, nichts geschehen.
Stirling folgert daraus, daß auf den Philip-
pinen kein sicherer Stützpunkt für die Flotte vor-
handen sei. Ein weiteres schwaches Glied sei
Alaska, das unbedingt vorgeschobene Stützpunkte
brauchte, um feindlichen Kriegsschiffen ein Vor-
dringen in die vielen brauchbaren Häfen un-
möglich zu machen. In diesem Zusammenhang sei
erwähnt, daß, ungefähr zur Zeit des Beginns
der Manöver, neue amerikanische Seekarten er-
schienen sind, die eine Reihe von Häfen von
Alaska und auf den Aleuten navigatorisch fest-
legen, ein Beweis dafür, daß die seit einigen
Jahren in Gang befindlichen Vermessungen der
amerikanischen Marine in den genannten Ge-
genden zu. einem gewissen Abschluß gekommen
sind. Kennzeichnend für die Vorsicht, mit der die
Amerikaner den Japanern gegenüber vorgehen,
ist es, daß Stirling zum Schluß seiner Ueberle-
gungen etwa folgendes ausführt: „Die Vereinig-
ten Staaten sehen sich mit ihrer Absicht, die
Verteidigungsmaßnahmen im Pacific zu er-
weitern, einer heiklen diplomatischen Aufgabe
gegenüber, indem sie Japan vergewissern müs-
sen, daß ihre Unternehmungen nur rein defen-
siven Charakter hätten Japan und Amerika
sind jahrelang von der Welt als die Hauptfak-
toren des nächsten Krieges :m Pacific auser-
wählt' gewesen. Der gesunde Menschenverstand
der beiden Völker und die Bedeutung des Han-
dels zwischen den beiden Nationen find ein ge-
nügender Beweis, um die Glaubwürdigkeit ei-
ner solchen Propaganda zu entkräften, l?)
Die Anlage der Manöver trägt insofern den
oben skizzierten Eedankengängen Rechnung, als
die Hawai-Jnseln den Hauprstützpunkt für die
weiße Verteidigungsflotte abgaben, während die
schwarze Angreiferflote sich auf Alaska, die
Aleuten und später auch auf die Midway-Jnseln
stützte. Man scheint also in amerikanischen Mo-
rinekreisen der Auffassung zu sein, daß ein ge-
nügend starker Angreifer sich in den Besitz der
genannten Gebiete setzen kann, falls diese nicht
entsprechend ausgebaut werden würden. Letz-
teres ist bekanntlich während der Dauer des
Washingtoner Vertrages, also bis Ende 1936,
verboten. Während der Fahrt von Californien
nach Pearl Harbour war die weiße Schlacht-
flotte dauernd von feindlichen „schwarzen" Un-
terseebooten bedroht. Es hat den Anschein, »4»