VMtwoch, dir 18. Ma< 1V35
Muffolini zum Konflikt mit Abessinien
Scharfe Worte gegen jegliche Ginmischungsversuche / Die militärische Vereitschast Italiens
DNV. Rom, 14. Mai.
Mussolini hat am Dienstagabend zum
erstenmal öffentlich zur abessinischen Frage
Stellung genommen. Unvermutet ergriff er im
Senat nach Schluß der Haushaltsrede des
Staatssekretärs Lessona das Wort und erklärte
in Mer Form und unter lebhaftestem Beifall
des Senates, daß alle von Italien für notwen-
dig erachteten Truppen nach Ostafrika verschifft
werden; niemand dürfe sich das „unerträgliche"
Echiedsrichteramt anmatzen, um wegen des
Charakters und des Umfanges der italienischen
Vorbeugungsmaßnahmen dreinzureden. Niemand
anderes als Italien selbst könne in dieser ganz
heiklen Frage Richter sein.
Im einzelnen dementierte Mussolini mit aller
Bestimmtheit das Gerücht eines englisch-
französischenSchrittes in Rom. Schon
das Wort „Schritt" sei im höchsten Grade un-
angenehm. So sehr auch jenseits der Grenzen
einige einen solchen „Schritt" wünschen mögen,
Tatsache sei, daß kein „Schritt" erfolgt ist, und
sehr wahrscheinlich werde er auch in Zukunft
nicht erfolgen; denn es bedürfe keiner diploma-
tischen Verfahren von Art eines „Schrittes", um
von Italien die ausführlich begründete Dar-
legung seines Standpunktes zu erhalten, falls
man das wünsche, und zwar rein auf dem Wege
der Freundschaft. Tief ergriffen danke sodann
Italien jenen, die sich anscheinend mehr als brü-
derlich um die militärische Schlagkraft Italiens
kümmern, die durch einen eventuellen Konflikt
in Ostafrika geschwächt werden könnte.
Diesen so eifrigen und selbstlosen Ratgebern,
die die Anwesenheit Italiens in Europa für
unerläßlich halten, könne man antworten, daß
Italien der gleichen Ansicht sei Aber gerade
weil es in Europa ruhig anwesend sein wolle,
wolle es in Afrika den Rücken voll-
kommen gedeckt haben. Schon wegen der
großen Entfernungen — 4900 Kilometer nach
Eritrea und 8000 Kilometer nach Somali —
habe Rom die kategorische Pflicht, zur rechten
Zeit Vorkehrungen zu treffen. Dazu könne
gesagt werden, daß bis jetzt die Zahl der abge-
reisten Arbeiter vielleicht die der Soldaten
übersteige. Was die diplomatische Seite der An-
gelegenheit betreffe, so habe Italien Bespre-
chungen mit Vertretern Abessiniens nicht von
der Hand gewiesen, sondern Addis Abeba seine
Bereitschaft zur Ernennung der Vertreter Ita-
liens in einem Schlichtungsausschutz mitgeteilt.
Bei den beträchtlichen abessinischen Rü-
stungen, der weit gediehenen Vorbereitun-
gen zur Mobilisation und hauptsächlich bei der
in Addis Abeba und besonders bei den unter-
geordneten Häuptlingen vorherrschenden italien-
feindlichen Stimmung dürfe man sich aber kei-
nen Täuschungen hingeben und noch
weniger falsche Hoffnungen erwecken.
Was Europa und etwaige plötzlich eintretende
Ereignisse betreffe, so bestätige Mussolini schließ-
lich dem Senat, daß Italien für die ganze not-
wendige Zeit die drei Jahrgänge 1911, 1913 und
1914 und dazu alle sofort verfügbaren Reserven
der Klasse 1912 unter den Waffen halten werde.
Er glaube, eine Gesamtstärke von 8vll OVO
bis 900 OVO Mann Truppen sei zur Gewähr-
leistung der Sicherheit Italiens ausreichend.
Diese Truppen seien vollkommen eingegliedert,
hätten ohne Uebertreibung die beste Stim-
i mung und seien mit immer moderneren Waf-
fen der italienischen Kriegsindustrie ausgerüstet,
die seit einigen Monaten in vollem Umfange
beschäftigt sei.
Gestützt auf seine gesamte Streitmacht, zu
Lande, zu Wasser und in der Luft, werde Ita-
lien mit einer Politik bewußter Mitarbeit mit
allen größeren und kleineren Mächten Europas
fortfahren, um jenes Gleichgewicht und
jene Verständigungen zu erlangen, ohne
die die Welt und der europäische Kontinent in
die Brüche gehen müßte.
Der militärische Apparat Italiens, schloß
Mussolini, bedroht niemand, sondern schützt viel-
mehr den Frieden.
Der
Moskauer
ge-
Oer Berner Zionistenprozeß
Dienstag
Sonderbe-
Die Brücke über den Kleinen Belt
wurde vom dänischen König in Gegenwart vieler
deutscher Gaste, darunter des deutschen Gesandten,
feierlich eingeweiht.
lich die Franzosen einer zu ihren Ehren veran-
stalteten Galavorstellung in der
Staatsoper bei.
*
Außenminister Laval gab am
abend dem nach Moskau entsandten
richterstatter von Havas über das offizielle
Frühstück der Sowjetregierung in der Moskauer
Oper folgende Erklärung ab:
„Die etwa 454stündigen Besprechungen wäh-
rend des heutigen Tages mit Stalin sind nicht
nur in wärmster Herzlichkeit verlaufen, sondern
waren von einer echten Intimität getragen.
Das Frühstück gestaltete sich zu einem Liebes-
mahl wahrer Freundschaft. Im Ver-
lauf der Besprechungen mit Stalin haben wir
im Geiste engster Zusammenarbeit sämtliche di-
plomatischen Fragen des Augenblicks bespro-
chen"
Außenminister Laval erklärte sich weiterhin
tiefgerührt über den Empfang, der ihm von
den russischen Behörden und der Bevölkerung
zuteil geworden sei. Am Mittwoch, unmittel-
bar nach den letzten Besprechungen, die er noch
mit verschiedenen politischen Persönlichkeiten
der Sowjetunion zu haben hofft, werde eine
meinsame Mitteilung ausgegeben werden.
tzen Band des Ordens Virtuti Militari.
Katafalk ist mit purpurrotem Tuch bedeckt, das
das Zeichen des weißen Adlers trägt. In einer
Nische befindet sich die Urne, die das Herz des
Marschalls umschließt. Daneben liegen der Säbel
des Verstorbenen und die Legionärsmütze aus
der Kriegszeit. Die gefaltetenHände des
Toten halten ein Heiligenbild der wundertäti-
gen Gottesmutter von Ostrabrama bei Wilna,
der der Marschall seine besondere Verehrung
entgegenbrachte. Zu Häupten des Katafalks
stehen drei Standarten der alten polnischen
Armee, zum Zeichen der Trauer umflort.
*
Die sterblichen Ueberreste Marschall Pilsudskis
find nunmehr im großen Salon des
Schlosses Belvedere, der in eine Toten-
kapelle umgewandelt wurde, aufgebahrt. Der
Tote trägt die Marschallsuniform mit dem gro-
das von den Klägern beanstandete Flugblatt des
Bundes nationalsozialistischer Eidgenossen sowie
einige Nummern der Zeitung „Der Eidgenosse"
für gesetzwidrig erklärt.
Demgemäß wurden verurteilt der wegen
Verkaufs der „Protokolle" während einer Ver-
sammlung angeklagte Schnell (Bern) zu einer
Butze von 20 Franken, der frühere Landesführer
des Bundes nationalsozialistischer Eidgenossen,
Fischer (Zürich), wegen eines Aufrufes des Bun-
des und des Inhalts einiger Nummern der Zei-
tung „Der Eidgenosse" zu einer Buße von 50
Franken. Die Kosten des Verfahrens werden den
beiden Verurteilten auferlegt, soweit das Ver-
fahren sie betrifft. In Betracht gezogen wurde
bei der Strafbemessung, daß die Delikte bereits
lange zurückliegen. Die übrigen drei Angeklag-
ten, die nur als Vertreter ihrer Organisationen
Ein Liebesmahl wahrer Freundschaft"
Göring vertritt den Führer
in Warschau und Krakau
DNB. Berlin, 14. Mai.
Bei den in Warschau und Krakau stattfinden-
den Beisetzungsfeierlichkeiten für Marschall Pil-
sudski hat der Führer und Reichskanzler den
Ministerpräsidenten General der Flieger Gö-
ring mit seiner Vertretung beauftragt.
In der Begleitung von Ministerpräsident
General Göring befinden sich als Vertreter der
deutschen Wehrmacht ein General des Reichs-
heeres, ein Admiral der Reichsmarine, ein Ge-
neral der Reichsluftwaffe sowie der deutsche Bot-
schafter in Warschau und zwei Adjutanten des
Ministerpräsidenten.
! den des zentralen Vollzugsausschusses, der etwa
! eine halbe Stunde dauerte. Es folgte um 18
Uhr die Besichtigung eines Musterwerkes des
Automobilbaues, das den Namen Stalins
! trägt. Die Gäste wurden hier von dem Direk-
tor etmpfangen und durch alle Abteilungen des
Werkes geführt. Am Abend wohnten schließ-
Lavals zweiter Tag in Moskau
DNB Moskau, 15. Mai-
Der zweite Tag der Anwesenheit Lavals in
Moskau war wiederum mit Besprechungen, Be-
sichtigungen und Empfängen ausgefüllt. Am
Vormittag besichtigte Laval mit seiner Beglei-
tung den Kreml, wo er vom Kommandanten
des Kreml empfangen und geführt wurde.
Laval interessierte sich besonders für die Pa-
läste und Kirchen und die Altertümer der rus-
sischen Geschichte. Darnach fand der Empfang
bei Stalin und Molotow statt, dem ein von
sare gegebenes Frühstück zu Ehren Lavals
folgte. Die französischen Gäste unternahmen
dann eine Probefahrt auf der Moskauer Un-
i tergrundbahn, die in diesen Tagen ihren Be-
! trieb aufnimmt. Sodann begab sich Laval zu
Das Llrleil
DNB. Bern, 14. Mai.
Das Gericht fällte am Dienstag nachmittag,
dem 14. Verhandlungstage des Prozesses um die
„Protokolle der Weisen v on Zion",
das Urteil. Danach steht das Gericht auf dem
Standpunkt, daß der Beweis dafür, die Proto-
kolle seien im Auftrage einer geheimen jüdischen
Weltrevolution versaßt worden, nicht erbracht
worden sei. Die Protokolle seien geeignet, Hatz
gegen die Juden zu verbreiten, die als Schwei-
zer Bürger unter dem gleichen Schutz wie die
Christen ständen. Die Protokolle seien als Fäl-
schung und Plagiat anzusehen und fielen ebenso
wie die Vor- und Nachträge der Ausgabe von
Fritsch unter Artikel 14 des Vernischen Gesetzes
über die Schundliteratur. Gleichzeitig wurde
Abschied von Nilsudski
Der gestrige Tag im Zeichen des Abschieds der Armee
von ihrem Armeeführer
Sie Veisehmgsseierlichkeiten
DNB Warschau, 14. Mai.
Der Zeitpunkt für die Beisetzung Pilsudskis
ist noch immer nicht bestimmt. Die Zeit der
Beisetzung hängt in erster Linie von der Fer¬
tigstellung des Sarges ab, den Professor
Jastrzemboski entworfen hat und der von Schü¬
lern der Warschauer Kunstakademie ausgesührt
wird. Der Sarg besteht aus Eichenholz und
wird außen mit silbergetriebenen Platten be¬
legt. In den Sargdeckel wird eine Kristallglas¬
platte eingelassen.
Aller Wahrscheinlichkeit nach erfolgt die
Ueberführung des Sarges vom Belvedere-Schlotz
in Warschau in die dortige Johannes-Kathe¬
drale am Mittwoch nachmittag oder Abend. Die
Kathedrale wird für das Publikum ununter- //
brachen bis Freitag früh geöffnet bleiben- Das
Hauptschiff der Kathedrale, in der der Katafalk
steht, wird auf der Höhe des Gebäudes durch
eine ungeheure Krone erleuchtet, die aus wei¬
ßen Adlern besteht und von den Fahnen in den
Staatsfarben bis auf den Fußboden herab¬
hängen Alles übrige Licht wird in der Kathe¬
drale gelöscht; alle Fenster werden mit schwar¬
zem Krepp verhängt.
Falls die Ueberführung in die Kathedrale am
Mittwoch erfolgen kann, soll am Freitag der
Trauergottesdienst in Warschau stattfinden,
den Kardinal Kakowski abhält. Anschlie¬
ßend findet die Ueberführung des Sarges auf
den Hauptbahnhof und von dort nach Krakau dem Vorsitzenden^des Rates der^ Volkskommis-
statt. Die Beisetzung in Krakau würde dann
voraussichtlich am Samstag erfolgen. Die
Trauerfeier in Krakau ist im großen Turnier¬
hof des Wawel-Schlosses vorgesehen. Anschlie¬
ßend wird der Sarg dann in der Gruft der - —,. .
polnischen Könige in der Kathedrale des Wa- ! einem Empfang Lm Kalinin, dem Vorsitzen-
wel-Schlosses bei-gesetzt werden.
In Warschau stand der heutige Tag im Zei¬
chen des Abschiedes der Armee von ihrem
Armeeführer. Auf dem Hofe des Belvedere
zog als erstes Regiment das erste Chevauleger-
RegiMent auf, dessen Chef Marschall Pilsudski
gewesen ist. Eine Abordnung von Offizieren,
Unteroffizieren und Mannschaften der einzelnen
Schwadronen begab sich unter Führung des Re¬
gimentskommandeurs in das Schloß, um in den
Saal, in dem der Marschall vorläufig ausge¬
bahrt ist, die Waffen vor dem Katafalk zu prä¬
sentieren. Währenddessen wirbelten die Trom¬
meln des Regiments einen gedämpften Trauer¬
marsch.
Nach diesem Abschied des ersten Chevauleger-
Regiments von seinem Chef erschienen im Bel¬
vedere die Abordnungen aller militärischen For¬
mationen der polnischen Armee, die schon heute
den Trauerraum betreten dürfen, während die
Bevölkerung erst nach der Aufbahrung in der
Kathedrale dem Marschall ihre letzte Huldigung
darbieten kann.
vor Gericht standen, wurden freigosprochon und
ihnen eine Entschädigung zugebilligt.
Vor Eintritt in die Verhandlung gab der
Richter eine Erklärung ab, aus der sich er-
gab, daß der Sachverständige Fleischhauer
beim Bundespräsidenten Minger deswegen
vorstellig geworden war, weil der Sachverstän-
dige Loosli in seinem Gutachten Deutschland
und die Reichsregierung angegriffen hat, ohne
daß der Richter dies beanstandete. Der Bundes-
präsident habe im Beisein des Vorstehers des
Polizeidepartements Motta dem Richter dies
mitgeteilt, der nunmehr erklärte: „Sollten in
dem Gutachten Loosljs Stellen vorgekommen
sein, durch die Deutschland und die Reichsregie-
rung angegriffen werden, so spreche ich Herrn
Oberstleutnant Fleischhauer hiermit mein Be-
dauern aus."
Aus der Urteilsbegründung sei fol-
gendes hervorgehoben: Es sei nach Ansicht des
Gerichts durch die Gutachten bewiesen, daß die
Protokolle von Jolys Dialogen abgeschrieben
seien. Joly habe mit seinem Werk nicht das ihm
jetzt untergeschobene Ziel gehabt. Der Versuch,
die Autorschaft Achad Haams nachzuweisen, sei
mißglückt, nachdem alle Zeugen übereinstimmend
ausgesagt hätten, daß der Inhalt der Protokolle
seiner geistigen Einstellung nicht entspreche;
ebenso sei es nicht gelungen nachzuweisen, daß
die Protokolle auf einem 1897 gleichzeitig mit
dem Zionisten-Kongretz tagenden Kongreß des
i Bnei-Vritz-Ordens beschlossen seien. Der Beweis
! der Echtheit aus der sogenannten inneren Wahr-
! heit, d. h. der Uebereinstimmung der Moral der
Protokolle mit der des Talmuds oder der Eei-
steseinstellung der Juden, sei abwegig. Mit
Zitaten lasse sich alles beweisen.
Der verurteilte Schnell legte durch seinen An-
walt sofort Appellationsbeschwerde ein, sodaß der
Prozeß auch noch die nächste Instanz beschäftigen
wird.
Bei dem Verner Zionistenprozeß hat es sich
um eine rein schweizerische Angelegenheit gehan-
delt. Verurteilt wurden Schweizer Staatsbür-
ger, weil sie die „Protokolle der Weisen von
Zion" vertrieben hatten, die vom Bestehen einer
geheimen jüdischen Weltregierung ausgehen.
Trotzdem ist der Verlauf des Prozesses auch in
Deutschland mit Aufmerksamkeit verfolgt wor-
den. Das Urteil hat nach dem Prozeßverlauf, tn
dem die jüdischen Zeugen tagelang in breitester
Form gehört, die der Beklagten aber abgelehnt
wurden, aber auch nach der Art, wie die Sach«
verständigen-Eutachten bewertet worden sind,
nicht überrascht. Daß der Richter vor Eintritt
in die Spruchverhandlung eine Ehrenerklärung
gegenüber dem deutschen Sachverständigen ab-
geben mußte, spricht für sich.
Zur Entscheidung stand nicht die Echtheit oder
Unechtheit der Protokolle, über die das Amts-
gericht nach dem Veweisaufwand nicht befinden
konnte, und über die allein die historische For-
schung zu entscheiden hat, sondern nur die Frage,
ob die von den Beklagten verbreiteten Aufrufe
und Veröffentlichungen unter den Artikel 14 des
Berner Gesetzes über die Schundliteratur fielen.
Im übrigen ist seitens der Verteidigung der
Verurteilten sofort Appellationsbeschwerde ein-
gelegt worden. Es ist zu hoffen, daß die über-
geordnete Instanz, falls sie sich mit der gleichen
Fragestellung befassen sollte, ihre Entscheidung
auf Grund einer ausreichenden Beweisaufnahme
fällen wird.
Geschloffene deutsche Front
für die Memelwahlen
DNV. Memel, 14. Mai. Die Vertreter der
vier deutschstämmigen Landtagsparteien im
Memelland, der Landwirtschaftspartei, der Me-
melländischen Volkspartei, der Sozialdemokrati-
schen Partei und der Arbeiterpartei haben in
gemeinsamer Sitzung beschlossen, zu den auf den
29. September festgesetzten Wahlen in geschloffe-
ner Front aufzutreten und nur mit einer ein-
zigen Liste in den Wahlkampf zu gehen.
Vollstreckung von Todesurteilen
Berlin, 14. Mai. In Ulm sind am Diens-
tag die vom dortigen Schwurgericht am 21.
Febrdar 1935 wegen Ermordung des Taglöhners
Daniel Weber zum Tode verurteilten Karl
Schulze und Sophie Weber hingerichtet
worden. Der Führer und Reichskanzler hat
von dem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch ge-
macht, weil beide die Tat nur aus verwerflichen
Beweggründen begangen haben und die Art der
Ausführung von einer ungewöhnlichen Roheit
und Eefühlskälte zeugt.
Dresden, 14. Mai. Die Pressestelle beim
Landgericht in Dresden teilt mit: Am 14. Mai
i ist in Dresden der am 22. Februar 1890 ge-
borene Gottfried F ast hingerichtet' worden, der
am 18. Dezember 1934 vom Schwurgericht zu
Dresden wegen Mordes zur Todesstrafe und
zum dauernden Verlust der bürgerlichen Ehren-
rechte verurteilt worden war. Fast hat am
27- Juni 1934 den Thomas Harder, mit dessen
Frau er ein ehebrecherisches Verhältnis unter-
hielt, überfallen und durch Axthiebe getötet. Der
Führer und Reichskanzler hat von dem Be-
gnadigungsrecht keinen Gebrauch gemacht, weil
Fast um zügelloser Leidenschaft willen eine«
guten Ehemann und Familienvater kaltblüti-
ermordst hat.
Muffolini zum Konflikt mit Abessinien
Scharfe Worte gegen jegliche Ginmischungsversuche / Die militärische Vereitschast Italiens
DNV. Rom, 14. Mai.
Mussolini hat am Dienstagabend zum
erstenmal öffentlich zur abessinischen Frage
Stellung genommen. Unvermutet ergriff er im
Senat nach Schluß der Haushaltsrede des
Staatssekretärs Lessona das Wort und erklärte
in Mer Form und unter lebhaftestem Beifall
des Senates, daß alle von Italien für notwen-
dig erachteten Truppen nach Ostafrika verschifft
werden; niemand dürfe sich das „unerträgliche"
Echiedsrichteramt anmatzen, um wegen des
Charakters und des Umfanges der italienischen
Vorbeugungsmaßnahmen dreinzureden. Niemand
anderes als Italien selbst könne in dieser ganz
heiklen Frage Richter sein.
Im einzelnen dementierte Mussolini mit aller
Bestimmtheit das Gerücht eines englisch-
französischenSchrittes in Rom. Schon
das Wort „Schritt" sei im höchsten Grade un-
angenehm. So sehr auch jenseits der Grenzen
einige einen solchen „Schritt" wünschen mögen,
Tatsache sei, daß kein „Schritt" erfolgt ist, und
sehr wahrscheinlich werde er auch in Zukunft
nicht erfolgen; denn es bedürfe keiner diploma-
tischen Verfahren von Art eines „Schrittes", um
von Italien die ausführlich begründete Dar-
legung seines Standpunktes zu erhalten, falls
man das wünsche, und zwar rein auf dem Wege
der Freundschaft. Tief ergriffen danke sodann
Italien jenen, die sich anscheinend mehr als brü-
derlich um die militärische Schlagkraft Italiens
kümmern, die durch einen eventuellen Konflikt
in Ostafrika geschwächt werden könnte.
Diesen so eifrigen und selbstlosen Ratgebern,
die die Anwesenheit Italiens in Europa für
unerläßlich halten, könne man antworten, daß
Italien der gleichen Ansicht sei Aber gerade
weil es in Europa ruhig anwesend sein wolle,
wolle es in Afrika den Rücken voll-
kommen gedeckt haben. Schon wegen der
großen Entfernungen — 4900 Kilometer nach
Eritrea und 8000 Kilometer nach Somali —
habe Rom die kategorische Pflicht, zur rechten
Zeit Vorkehrungen zu treffen. Dazu könne
gesagt werden, daß bis jetzt die Zahl der abge-
reisten Arbeiter vielleicht die der Soldaten
übersteige. Was die diplomatische Seite der An-
gelegenheit betreffe, so habe Italien Bespre-
chungen mit Vertretern Abessiniens nicht von
der Hand gewiesen, sondern Addis Abeba seine
Bereitschaft zur Ernennung der Vertreter Ita-
liens in einem Schlichtungsausschutz mitgeteilt.
Bei den beträchtlichen abessinischen Rü-
stungen, der weit gediehenen Vorbereitun-
gen zur Mobilisation und hauptsächlich bei der
in Addis Abeba und besonders bei den unter-
geordneten Häuptlingen vorherrschenden italien-
feindlichen Stimmung dürfe man sich aber kei-
nen Täuschungen hingeben und noch
weniger falsche Hoffnungen erwecken.
Was Europa und etwaige plötzlich eintretende
Ereignisse betreffe, so bestätige Mussolini schließ-
lich dem Senat, daß Italien für die ganze not-
wendige Zeit die drei Jahrgänge 1911, 1913 und
1914 und dazu alle sofort verfügbaren Reserven
der Klasse 1912 unter den Waffen halten werde.
Er glaube, eine Gesamtstärke von 8vll OVO
bis 900 OVO Mann Truppen sei zur Gewähr-
leistung der Sicherheit Italiens ausreichend.
Diese Truppen seien vollkommen eingegliedert,
hätten ohne Uebertreibung die beste Stim-
i mung und seien mit immer moderneren Waf-
fen der italienischen Kriegsindustrie ausgerüstet,
die seit einigen Monaten in vollem Umfange
beschäftigt sei.
Gestützt auf seine gesamte Streitmacht, zu
Lande, zu Wasser und in der Luft, werde Ita-
lien mit einer Politik bewußter Mitarbeit mit
allen größeren und kleineren Mächten Europas
fortfahren, um jenes Gleichgewicht und
jene Verständigungen zu erlangen, ohne
die die Welt und der europäische Kontinent in
die Brüche gehen müßte.
Der militärische Apparat Italiens, schloß
Mussolini, bedroht niemand, sondern schützt viel-
mehr den Frieden.
Der
Moskauer
ge-
Oer Berner Zionistenprozeß
Dienstag
Sonderbe-
Die Brücke über den Kleinen Belt
wurde vom dänischen König in Gegenwart vieler
deutscher Gaste, darunter des deutschen Gesandten,
feierlich eingeweiht.
lich die Franzosen einer zu ihren Ehren veran-
stalteten Galavorstellung in der
Staatsoper bei.
*
Außenminister Laval gab am
abend dem nach Moskau entsandten
richterstatter von Havas über das offizielle
Frühstück der Sowjetregierung in der Moskauer
Oper folgende Erklärung ab:
„Die etwa 454stündigen Besprechungen wäh-
rend des heutigen Tages mit Stalin sind nicht
nur in wärmster Herzlichkeit verlaufen, sondern
waren von einer echten Intimität getragen.
Das Frühstück gestaltete sich zu einem Liebes-
mahl wahrer Freundschaft. Im Ver-
lauf der Besprechungen mit Stalin haben wir
im Geiste engster Zusammenarbeit sämtliche di-
plomatischen Fragen des Augenblicks bespro-
chen"
Außenminister Laval erklärte sich weiterhin
tiefgerührt über den Empfang, der ihm von
den russischen Behörden und der Bevölkerung
zuteil geworden sei. Am Mittwoch, unmittel-
bar nach den letzten Besprechungen, die er noch
mit verschiedenen politischen Persönlichkeiten
der Sowjetunion zu haben hofft, werde eine
meinsame Mitteilung ausgegeben werden.
tzen Band des Ordens Virtuti Militari.
Katafalk ist mit purpurrotem Tuch bedeckt, das
das Zeichen des weißen Adlers trägt. In einer
Nische befindet sich die Urne, die das Herz des
Marschalls umschließt. Daneben liegen der Säbel
des Verstorbenen und die Legionärsmütze aus
der Kriegszeit. Die gefaltetenHände des
Toten halten ein Heiligenbild der wundertäti-
gen Gottesmutter von Ostrabrama bei Wilna,
der der Marschall seine besondere Verehrung
entgegenbrachte. Zu Häupten des Katafalks
stehen drei Standarten der alten polnischen
Armee, zum Zeichen der Trauer umflort.
*
Die sterblichen Ueberreste Marschall Pilsudskis
find nunmehr im großen Salon des
Schlosses Belvedere, der in eine Toten-
kapelle umgewandelt wurde, aufgebahrt. Der
Tote trägt die Marschallsuniform mit dem gro-
das von den Klägern beanstandete Flugblatt des
Bundes nationalsozialistischer Eidgenossen sowie
einige Nummern der Zeitung „Der Eidgenosse"
für gesetzwidrig erklärt.
Demgemäß wurden verurteilt der wegen
Verkaufs der „Protokolle" während einer Ver-
sammlung angeklagte Schnell (Bern) zu einer
Butze von 20 Franken, der frühere Landesführer
des Bundes nationalsozialistischer Eidgenossen,
Fischer (Zürich), wegen eines Aufrufes des Bun-
des und des Inhalts einiger Nummern der Zei-
tung „Der Eidgenosse" zu einer Buße von 50
Franken. Die Kosten des Verfahrens werden den
beiden Verurteilten auferlegt, soweit das Ver-
fahren sie betrifft. In Betracht gezogen wurde
bei der Strafbemessung, daß die Delikte bereits
lange zurückliegen. Die übrigen drei Angeklag-
ten, die nur als Vertreter ihrer Organisationen
Ein Liebesmahl wahrer Freundschaft"
Göring vertritt den Führer
in Warschau und Krakau
DNB. Berlin, 14. Mai.
Bei den in Warschau und Krakau stattfinden-
den Beisetzungsfeierlichkeiten für Marschall Pil-
sudski hat der Führer und Reichskanzler den
Ministerpräsidenten General der Flieger Gö-
ring mit seiner Vertretung beauftragt.
In der Begleitung von Ministerpräsident
General Göring befinden sich als Vertreter der
deutschen Wehrmacht ein General des Reichs-
heeres, ein Admiral der Reichsmarine, ein Ge-
neral der Reichsluftwaffe sowie der deutsche Bot-
schafter in Warschau und zwei Adjutanten des
Ministerpräsidenten.
! den des zentralen Vollzugsausschusses, der etwa
! eine halbe Stunde dauerte. Es folgte um 18
Uhr die Besichtigung eines Musterwerkes des
Automobilbaues, das den Namen Stalins
! trägt. Die Gäste wurden hier von dem Direk-
tor etmpfangen und durch alle Abteilungen des
Werkes geführt. Am Abend wohnten schließ-
Lavals zweiter Tag in Moskau
DNB Moskau, 15. Mai-
Der zweite Tag der Anwesenheit Lavals in
Moskau war wiederum mit Besprechungen, Be-
sichtigungen und Empfängen ausgefüllt. Am
Vormittag besichtigte Laval mit seiner Beglei-
tung den Kreml, wo er vom Kommandanten
des Kreml empfangen und geführt wurde.
Laval interessierte sich besonders für die Pa-
läste und Kirchen und die Altertümer der rus-
sischen Geschichte. Darnach fand der Empfang
bei Stalin und Molotow statt, dem ein von
sare gegebenes Frühstück zu Ehren Lavals
folgte. Die französischen Gäste unternahmen
dann eine Probefahrt auf der Moskauer Un-
i tergrundbahn, die in diesen Tagen ihren Be-
! trieb aufnimmt. Sodann begab sich Laval zu
Das Llrleil
DNB. Bern, 14. Mai.
Das Gericht fällte am Dienstag nachmittag,
dem 14. Verhandlungstage des Prozesses um die
„Protokolle der Weisen v on Zion",
das Urteil. Danach steht das Gericht auf dem
Standpunkt, daß der Beweis dafür, die Proto-
kolle seien im Auftrage einer geheimen jüdischen
Weltrevolution versaßt worden, nicht erbracht
worden sei. Die Protokolle seien geeignet, Hatz
gegen die Juden zu verbreiten, die als Schwei-
zer Bürger unter dem gleichen Schutz wie die
Christen ständen. Die Protokolle seien als Fäl-
schung und Plagiat anzusehen und fielen ebenso
wie die Vor- und Nachträge der Ausgabe von
Fritsch unter Artikel 14 des Vernischen Gesetzes
über die Schundliteratur. Gleichzeitig wurde
Abschied von Nilsudski
Der gestrige Tag im Zeichen des Abschieds der Armee
von ihrem Armeeführer
Sie Veisehmgsseierlichkeiten
DNB Warschau, 14. Mai.
Der Zeitpunkt für die Beisetzung Pilsudskis
ist noch immer nicht bestimmt. Die Zeit der
Beisetzung hängt in erster Linie von der Fer¬
tigstellung des Sarges ab, den Professor
Jastrzemboski entworfen hat und der von Schü¬
lern der Warschauer Kunstakademie ausgesührt
wird. Der Sarg besteht aus Eichenholz und
wird außen mit silbergetriebenen Platten be¬
legt. In den Sargdeckel wird eine Kristallglas¬
platte eingelassen.
Aller Wahrscheinlichkeit nach erfolgt die
Ueberführung des Sarges vom Belvedere-Schlotz
in Warschau in die dortige Johannes-Kathe¬
drale am Mittwoch nachmittag oder Abend. Die
Kathedrale wird für das Publikum ununter- //
brachen bis Freitag früh geöffnet bleiben- Das
Hauptschiff der Kathedrale, in der der Katafalk
steht, wird auf der Höhe des Gebäudes durch
eine ungeheure Krone erleuchtet, die aus wei¬
ßen Adlern besteht und von den Fahnen in den
Staatsfarben bis auf den Fußboden herab¬
hängen Alles übrige Licht wird in der Kathe¬
drale gelöscht; alle Fenster werden mit schwar¬
zem Krepp verhängt.
Falls die Ueberführung in die Kathedrale am
Mittwoch erfolgen kann, soll am Freitag der
Trauergottesdienst in Warschau stattfinden,
den Kardinal Kakowski abhält. Anschlie¬
ßend findet die Ueberführung des Sarges auf
den Hauptbahnhof und von dort nach Krakau dem Vorsitzenden^des Rates der^ Volkskommis-
statt. Die Beisetzung in Krakau würde dann
voraussichtlich am Samstag erfolgen. Die
Trauerfeier in Krakau ist im großen Turnier¬
hof des Wawel-Schlosses vorgesehen. Anschlie¬
ßend wird der Sarg dann in der Gruft der - —,. .
polnischen Könige in der Kathedrale des Wa- ! einem Empfang Lm Kalinin, dem Vorsitzen-
wel-Schlosses bei-gesetzt werden.
In Warschau stand der heutige Tag im Zei¬
chen des Abschiedes der Armee von ihrem
Armeeführer. Auf dem Hofe des Belvedere
zog als erstes Regiment das erste Chevauleger-
RegiMent auf, dessen Chef Marschall Pilsudski
gewesen ist. Eine Abordnung von Offizieren,
Unteroffizieren und Mannschaften der einzelnen
Schwadronen begab sich unter Führung des Re¬
gimentskommandeurs in das Schloß, um in den
Saal, in dem der Marschall vorläufig ausge¬
bahrt ist, die Waffen vor dem Katafalk zu prä¬
sentieren. Währenddessen wirbelten die Trom¬
meln des Regiments einen gedämpften Trauer¬
marsch.
Nach diesem Abschied des ersten Chevauleger-
Regiments von seinem Chef erschienen im Bel¬
vedere die Abordnungen aller militärischen For¬
mationen der polnischen Armee, die schon heute
den Trauerraum betreten dürfen, während die
Bevölkerung erst nach der Aufbahrung in der
Kathedrale dem Marschall ihre letzte Huldigung
darbieten kann.
vor Gericht standen, wurden freigosprochon und
ihnen eine Entschädigung zugebilligt.
Vor Eintritt in die Verhandlung gab der
Richter eine Erklärung ab, aus der sich er-
gab, daß der Sachverständige Fleischhauer
beim Bundespräsidenten Minger deswegen
vorstellig geworden war, weil der Sachverstän-
dige Loosli in seinem Gutachten Deutschland
und die Reichsregierung angegriffen hat, ohne
daß der Richter dies beanstandete. Der Bundes-
präsident habe im Beisein des Vorstehers des
Polizeidepartements Motta dem Richter dies
mitgeteilt, der nunmehr erklärte: „Sollten in
dem Gutachten Loosljs Stellen vorgekommen
sein, durch die Deutschland und die Reichsregie-
rung angegriffen werden, so spreche ich Herrn
Oberstleutnant Fleischhauer hiermit mein Be-
dauern aus."
Aus der Urteilsbegründung sei fol-
gendes hervorgehoben: Es sei nach Ansicht des
Gerichts durch die Gutachten bewiesen, daß die
Protokolle von Jolys Dialogen abgeschrieben
seien. Joly habe mit seinem Werk nicht das ihm
jetzt untergeschobene Ziel gehabt. Der Versuch,
die Autorschaft Achad Haams nachzuweisen, sei
mißglückt, nachdem alle Zeugen übereinstimmend
ausgesagt hätten, daß der Inhalt der Protokolle
seiner geistigen Einstellung nicht entspreche;
ebenso sei es nicht gelungen nachzuweisen, daß
die Protokolle auf einem 1897 gleichzeitig mit
dem Zionisten-Kongretz tagenden Kongreß des
i Bnei-Vritz-Ordens beschlossen seien. Der Beweis
! der Echtheit aus der sogenannten inneren Wahr-
! heit, d. h. der Uebereinstimmung der Moral der
Protokolle mit der des Talmuds oder der Eei-
steseinstellung der Juden, sei abwegig. Mit
Zitaten lasse sich alles beweisen.
Der verurteilte Schnell legte durch seinen An-
walt sofort Appellationsbeschwerde ein, sodaß der
Prozeß auch noch die nächste Instanz beschäftigen
wird.
Bei dem Verner Zionistenprozeß hat es sich
um eine rein schweizerische Angelegenheit gehan-
delt. Verurteilt wurden Schweizer Staatsbür-
ger, weil sie die „Protokolle der Weisen von
Zion" vertrieben hatten, die vom Bestehen einer
geheimen jüdischen Weltregierung ausgehen.
Trotzdem ist der Verlauf des Prozesses auch in
Deutschland mit Aufmerksamkeit verfolgt wor-
den. Das Urteil hat nach dem Prozeßverlauf, tn
dem die jüdischen Zeugen tagelang in breitester
Form gehört, die der Beklagten aber abgelehnt
wurden, aber auch nach der Art, wie die Sach«
verständigen-Eutachten bewertet worden sind,
nicht überrascht. Daß der Richter vor Eintritt
in die Spruchverhandlung eine Ehrenerklärung
gegenüber dem deutschen Sachverständigen ab-
geben mußte, spricht für sich.
Zur Entscheidung stand nicht die Echtheit oder
Unechtheit der Protokolle, über die das Amts-
gericht nach dem Veweisaufwand nicht befinden
konnte, und über die allein die historische For-
schung zu entscheiden hat, sondern nur die Frage,
ob die von den Beklagten verbreiteten Aufrufe
und Veröffentlichungen unter den Artikel 14 des
Berner Gesetzes über die Schundliteratur fielen.
Im übrigen ist seitens der Verteidigung der
Verurteilten sofort Appellationsbeschwerde ein-
gelegt worden. Es ist zu hoffen, daß die über-
geordnete Instanz, falls sie sich mit der gleichen
Fragestellung befassen sollte, ihre Entscheidung
auf Grund einer ausreichenden Beweisaufnahme
fällen wird.
Geschloffene deutsche Front
für die Memelwahlen
DNV. Memel, 14. Mai. Die Vertreter der
vier deutschstämmigen Landtagsparteien im
Memelland, der Landwirtschaftspartei, der Me-
melländischen Volkspartei, der Sozialdemokrati-
schen Partei und der Arbeiterpartei haben in
gemeinsamer Sitzung beschlossen, zu den auf den
29. September festgesetzten Wahlen in geschloffe-
ner Front aufzutreten und nur mit einer ein-
zigen Liste in den Wahlkampf zu gehen.
Vollstreckung von Todesurteilen
Berlin, 14. Mai. In Ulm sind am Diens-
tag die vom dortigen Schwurgericht am 21.
Febrdar 1935 wegen Ermordung des Taglöhners
Daniel Weber zum Tode verurteilten Karl
Schulze und Sophie Weber hingerichtet
worden. Der Führer und Reichskanzler hat
von dem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch ge-
macht, weil beide die Tat nur aus verwerflichen
Beweggründen begangen haben und die Art der
Ausführung von einer ungewöhnlichen Roheit
und Eefühlskälte zeugt.
Dresden, 14. Mai. Die Pressestelle beim
Landgericht in Dresden teilt mit: Am 14. Mai
i ist in Dresden der am 22. Februar 1890 ge-
borene Gottfried F ast hingerichtet' worden, der
am 18. Dezember 1934 vom Schwurgericht zu
Dresden wegen Mordes zur Todesstrafe und
zum dauernden Verlust der bürgerlichen Ehren-
rechte verurteilt worden war. Fast hat am
27- Juni 1934 den Thomas Harder, mit dessen
Frau er ein ehebrecherisches Verhältnis unter-
hielt, überfallen und durch Axthiebe getötet. Der
Führer und Reichskanzler hat von dem Be-
gnadigungsrecht keinen Gebrauch gemacht, weil
Fast um zügelloser Leidenschaft willen eine«
guten Ehemann und Familienvater kaltblüti-
ermordst hat.