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Donnerstag, de« 28. Mai 1SS8
W.
mehmng der Fliegerschulen und die Bildung
von 71 neuen Geschwadern sowie die Anlage
von neuen Militärflugplätzen an.
Am Schluß seiner 'Rede ^ne oer Minister
fest, daß er sich über die Erklärung Hitlers
freue, daß Deutschland keine 10 000 Bomben-
flugzeuge besitze und auch nicht bauen wolle.
Die Fähigkeit Deutschlands, seine Flugzeuger-
zeugung in kurzer Zeit zu verzvielfachen, sei je-
doch von sehr ernster Bedeutung. Hinzu komme,
daß in einem Diktaturlande das ganze Volk
unter einer Kontrolle und einem Regiment
stehe. In einem Diktaturlande seien die Erwei-
terung der Industrie, die Mobilisierung der
verschiedenen Fabrikationsprozesse, die mit der
Erzeugung von Flugzeugen und Munition zu-,
sammenhängen, eine verhältnismäßig einfache
Sache.
Der Luftminister erklärte abschließend:
„Die englische Regierung wird unter
keinen Umständen eine zweitklassige Stel-
lung in der Luft annehmen. Wenn sich
das mitgeteilte Programm als unzuläng-
lich erweisen sollte, werden wir es er-
höhen, koste es, was es wolle!"
Sie Ergebniffe -er
tschechische« SenatsVchlen
DRV. Prag, 22. Mai.
Nach den vorläufigen Berechnungen haben bei
den Senatswahlen, die am Sonntag stattfanden,
die deutschen Parteien im ganzen 33 Mandate
erhalten. Die tschechischen Parteien konnten 96
Mandate erringen.
Von den deutschen Parteien erhielten die Su-
detendeutsche Partei (Henlein) 23 Mandate, die
deutschen Sozialdemokraten 6 Mandate und die
Deutsche Christlich-soziale Partei 4 Mandate.
Von den tschechischen Parteien führt die Repu-
blikanische Partei (Agrarier) mit 23 Mandaten.
Im Senat oben also die Republikanische Par-
tei und die Sudetendeutsche Partei die gleiche
Mandatsstärke.
Roosevelt vor -em Kongreß
Der Kampf um die Patman-Vorlage
DRV. Washington, 22. Mai.
Präsident Roosevelt erschien am Mittwoch
persönlich im Capitol vor dem Parlament und
legte hier seine Gründe dar, die ihn veranlaß!
haben, die Annahme des Veteranengesetzes, der
bekannten Patman-Vorlage zu verweigern. Die
Rede des Präsidenten, die über 40 Minuten
dauerte, wurde auf sämtliche Sender der Ver-
einigten Staaten übertragen. Unmittelbar nach-
dem der Präsident das Capitol verlassen hatte,
'stimmte das Repräsentantenhaus über den Ein-
spruch ab und erzielte die notwendige Zwei-
drittelmehrheit mit 322 Stimmen gegen 98
Stimmen. Der Präsident ist also einstweilen im
Repräsentantenhaus unterlegen.
Der amerikanische Senat hat die Aussprache
über Roosevelts Einspruch gegen die Patman-
Vorlage, die bekanntlich die Zahlung von rund
zwei Milliarden Dollar an die amerikanischen
Kriegsteilnehmer vorsieht, auf Donnerstag- !
morgen festgesetzt. Um eine endlose Ausdehnung
der Aussprache zu verhindern, wurde die Rede-
zeit auf 20 Minuten festgesetzt.
Hinrichtung
Sühne für die Ermordung der Polizeihauptleute
Anlauf und Lenk
DNB. Berlin, 22. Mai.
. Die Justizpressestelle Berlin teilt mit: Heute
früh ist in Berlin der durch rechtskräftige Er-
kenntnis des Schwurgerichts I in Berlin vom
19. Juni 1934 wegen gemeinschaftlichen Mordes
zum Tode und zum dauernden Verlust der bür-
gerlichen Ehrenrechte verurteilte Max Matern
hingerichtet worden.
Er hat ebenso wie der gleichfalls zum Tode
verurteilte Michael Klause entscheidend an der
Ermordung der Polizeihauptleute Anlauf und
Lenk mitgewirkt, die am 9. August 1931 in der
Nahe des Bülow-Platzes, des jetzigen Horst-
Wes, el-Platzes, von Kommunisten erschossen wur-
den. Die Mordtat stellt sich als ein wohlvorbe-
rettetes auf Anweisung der Gauleitung der
KPD planmäßig durchgefUhrtes Unternehmen
dar, dem zwei pflichttreue Beamte zum Opfer
gefallen sind. Mit Rücksicht hierauf hat der
Achrer und Reichskanzler es abgelehnt, bei
Matern von dem Begnadigungsrecht Gebrauch
zu machen.
Dagegen hat er die gegen Klause erkannte
Todesstrafe im Gnadenwege in lebenslängliche
Zuchthausstrafe umgewandelt, weil Klause durch
fern offenes Geständnis den Behörden wertvolle
Hilfe geleistet und die Aufklärung der Tat bis
m alle Einzelheiten ermöglicht hat.
Der im gleichen Verfahren ebenfalls zum Tode
verurteilte Friedrich Broede hat im Gefängnis
Selbstmord verübt.
In Kürze
Der amerikanische Senat hat den Marinehaus-
halt m der vom Haushatltsausschuß vorbereiteten
Fassung angenommen.
Der tschechische Ministerpräsident Malypetr
tertte am Mittwoch in der Sitzung des Minister-
rats mrt, der Rücktritt der Regierung sei beschlos-
besuch werde dem Präsidenten der Re-
A^breitet werden, sobald die Ergebnisse
oer -Wahl rn die Nationalversammlung feistgestellt
sein werden inzwischen werden die Verhand-
lungen der Koalitionsparteien über die künftige
Parlamentsmehrheit fortgesetzt
.Das Kabinett hat beschlossen, am
Tsanasee in Abeisimen einen Damm zur Regu-
lierung des Blauen Nils zu bamm.
Musterung der Jahrgänge 1914 und 1915
Der Leiter des Wehrmachtamtes des Reichskriegsministeriums vor der Presse
DNB. Berlin, 22. Mai.
Der Leiter des Wehrmachtamtes im Reichs-
kriegsministerium General v. Reichenau
gab heute der deutschen Presse in grundlegenden
Ausführungen den Inhalt des neuen Wehrge-
setzes bekannt. Er führte aus:
Der Entschluß des Führers und Reichskanz-
lers vom 16. Mürz 1936 hat dem deutschen Volke
die Wehrhoheit und damit seine Ehre wieder-
gegeben. Die Größe dieser Tat wird für sich
selbst sprechen, nicht nur in den heutigen Tagen,
sondern noch in ferner Zukunft.
Wir Soldaten danken dem Führer, daß wir
auf der Grundlage seines Entschlusses unsere
Arbeit aufnehmen konnten; mit uns dankt ihm
das ganze deutsche Volk für dieses Geschenk von
historischer Bedeutung.
Das neue Wehrgesetz wurzelt tief in dem
Grunde besten und stärksten deutschen Geistes,
der vor mehr als 100 Jahren einem geknechte-
ten Volk die Freiheit wiedergegeben hat. Es ist
aber auch befruchtet von der Kraft des Natio-
nalsozialismus, der das heutige Deutschland ge-
schaffen hat. Es ist nationalsozialistisch in sei-
nem Geist und in seinen Forderungen, in seinen
Rechten und in seinen Pflichten, denn es stellt
die Pflicht, dem Volksganzen zu dienen und in
ihm aufzugehen, vor das Recht, als Einzelperson
in unserem Volk anerkannt und geschätzt zu wer-
> den. Es stellt aber auch das Recht jedes wehr-
würdigen und wehrfähigen Mannes fest, seinem
Volke mit der Waffe zu dienen, und macht die
Stärke der Wehrmacht nicht abhängig von Par-
lament und Mehrheitsbeschlüssen. Es kennt
keine Standesvorrechte und keine Bildungsprivi-
legien, nur Charakter und Leistung werden den
Weg des Soldaten bestimmen. Ehe ich auf das
Gesetz im einzelnen eingehe, darf ich noch ganz
kurz Ihre Aufmerksamkeit aus das Wehrgesetz
vom 23. März 1921 lenken, das unter dem Druck
des Versailler Vertrages die gesetzliche Grund-
lage für die Reichswehr geschaffen hat. Begriffe
und Bezeichnungen aus diesem Gesetz, die mit
der Berufswehrmacht eng verbunden waren, sind
in das neue Gesetz nicht übernommen worden,
um diese Periode unserer Wehrpolitik auch
äußerlich endgültig abzuschließen. Ich möchte
aber betonen, daß wir Soldaten der Reichswehr
keine Veranlassung haben, uns jener Zeit zu
schämen. Trotz Versailler Vertrug, trotz innen-
politischer Hemmungen ist es der Zielklarheit,
dem Idealismus und der Beharrlichkeit der ver-
antwortlichen Führer gelungen, das solda-
tische Erbe unserer Vergangenheit
zu bewahren. Sie haben, um ein Wort des
Generalobersten von Seeckt zu zitieren, mit
heißem Herzen, aber kühlem Verstand geholfen,
den 16. März 1936 vorzubereiten.
Das Wehrgesetz gliedert sich in fünf Abschnitte:
Abschnitt I: Allgemeines,
Abschnitt II umfaßt die Bestimmungen über
Wehrpflicht und Wehrdienst,
Abschnitt III über Pflichten und Rechte der
Angehörigen der Wehrmacht,
Abschnitt IV und V Uebergangs- und Schluß-
vorschriften.
*
Im Abschnitt I bringt § 1 die Leitsätze der
allgemeinen Wehrpflicht:
„Wehrdienst ist Ehrendienst am deutschen Volk.
Jeder deutsche Mann ist wehrpflichtig. Im Kriege
ist über die Wehrpflicht hinaus jeder deutsche
Mann und jede deutsche Frau zur Dienstleistung
für das Vaterland verpflichtet."
In Z 2 wird die Zusammensetzung der Wehr-
macht, in § 3 die Befehlsgewalt des Führer
und Reichskanzlers über die gesamte Wehrmacht
als obersten Befehlshaber und des Reichskriegs-
ministers über die Wehrmachtteile als Oberbe-
fehlshaber der Wehrmacht festgelegt.
Die Bezeichnungen für die Wehrmacht-
teile lauten in Zukunft:
Heer,
Kriegsmarine,
Luftwaffe.
Mit der Bezeichnung „Reichskriegs-
minister" folgt man lediglich dem in allen
anderen Staaten üblichen Gebrauch.
Die Chefs der Wehrmachtteile werden die Be-
zeichnung Oberbefehlshaber des Hee-
res, der Kriegsmarine und der Luft-
waffe führen.
Ich glaube in Ihrem Einverständnis zu han-
deln, wenn ich nun nicht mehr die einzelnen
Paragraphen des Gesetzes aufführe, sondern nur
die Hauptpunkte herausgreife, die ein be-
sonderes Interesse für die Allgemeinheit und
damit für die Presse haben.
Die Dauer der Wehrpflicht ist vom
18. bis zum 46. Lebensjahr festgesetzt. Der
Reichskriegsminister kann diese Dauer im Kriege
und bei besonderen Notständen erweitern. Diese
Festlegungen stellen keineswegs eine Ueberspan-
nung der Wehrpflicht dar. In allen europäi-
schen Staaten mit allgemeiner Wehrpflicht sind
etwa die gleichen Altersgrenzen festgelegt, häu-
fig sogar noch darüber hinausgehend, wie in
Frankreich und in Rußland. Die Wehrpflicht
wird durch den Wehrdienst erfüllt, der aktiv in
der Wehrmacht oder im Beurlaubtenstande ge-
leistet wird. Die Unterteilung des Veurlaub-
tenstandes ist derjenigen der Vorkriegszeit an-
geglichen, wie überhaupt auf bewährten Ein-
richtungen und Erfahrungen aufgebaut worden
Der Mann trit nach Erfüllung der aktiven
Dienstpflicht zur Reserve über, der er bis
zum 35. Lebensjahr angehört. Zwischen dem 35.
und 45. Lebensjahr gehört er der Landwehr
an; die Jahrgänge über 45 Jahre, die im Kriege
oder bei besonderen Notständen einberufen wer-
den können, bilden den Landsturm. Zur
Ersatzreferve gehören die Wehrpflichtigen,
die nicht zur Erfüllung der aktiven Dienstpflicht
einberufen werden. Auch die Ersatzreservisten
treten mit Vollendung des 35. Lebensjahres zur
Landwehr über.
Die Dauer der aktiven Dienstpflicht
wird durch den Führer und Reichskanzler fest-
gesetzt. Es ist bereits verfügt, daß sie — für alle
Wehrmachtteile gleich — ein Jahr beträgt.
Neben den langdienenden Unteroffizieren kön-
nen Freiwillige im Heer aus ein weiteres Jahr,
in Kriegsmarine und Luftwaffe auf insgesamt
vier Jahre verpflichtet werden. Das Flotten-
personal der Kriegsmarine und die Flieger-
truppe wird sich ausschließlich aus längerdienen-
den Freiwilligen ergänzen.
Die Erfüllung der A r b e i tsdi e n st p f l i ch t
ist eine Voraussetzung für den aktiven
Wehrdienst. Für das Jahr 1935 kann diese Vor-
aussetzung allerdings noch nicht gefordert wer-
den, da die Arbeitsdienstpflicht noch nicht gesetz-
lich festgelegt ist. Gewisse Ausnahmen werden
für die Uebergangszeit und auch auf weitere
Sicht notwendig bleiben.
Die Wehrpflichtigen werden durch die Ersatz-
dienststellen der Wehrmacht erfaßt. Die näheren
Ausführungsbestimmungen hierüber, auch über
Wehrtauglichkeit, Zurückstellung und Wehrüber-
wachung wird die deutsche Webrordnung ent-
halten, deren erster Teil als „Vorläufige
Musterungsanweisung für 1935 "
noch in dieser Woche veröffentlicht werden
soll.
Die Ersatzorganisation der Wehr-
macht gliedert sich in Wehrersatzinspek-
tionen und Wehrbezirkskommandos,
die in die zehn Wehrkreise eingeordnet sind.
Es sind insgesamt 24 Wehrersatzinspektionen
und 223 Wehrbezirkskommandos. In der ent-
militarisierten Zone sind Ersatzdienst-
stellen der Wehrmacht nicht eingesetzt, dort wer-
den die Wehrpflichtigen durch die Zivilbe-
hörden erfaßt.
Die Ersatzdienststellen der Wehrmacht werden
eng mit dem Reichsministerium des Innern und
den Behörden der allgemeinen und inneren Ver-
waltung Zusammenarbeiten.
Zur Erfüllung der Wehrpflicht wird nicht her-
angezogen, wer wehrunwürdig oder wer nach
dem Gutachten eines Sanitätsoffiziers oder eines
von der Wehrmacht beauftragten Arztes für den
Wehrdienst untauglich ist. Wehrunwürdig ist
derjenige, der mit schweren Ehrenstrafen ge-
richtlich bestraft ist.
Die in 8 15 enthaltenen Vorschriften über die
Stellung der Nichtarier sind nach Grund-
sätzen entstanden, die der Führer und Reichs-
kanzler aufgestellt hat. Arische Abstammung ist
grundsätzlich eine Voraussetzung für den Wehr-
dienst, doch können Ausnahmen zugelassen
werden, die durch Prüfungsausschüsse entschieden
werden. Diese Prüfungsausschüsse sollen bei den
Wehrersatzinspektionen durch den Reichsminister
des Innern im Einvernehmen mit dem Reichs-
kriegsminister eingerichtet werden, ebenso wer-
den die Richtlinien für die Prüfungsausschüsse
von den beiden genannten Ministern ausgear-
beitet. Die Richtlinien werden dahin gehen, daß
solche Nichtarier und Personen, die mit Frauen
nichtarischer Abkunft verheiratet sind, bei frei-
williger Meldung zum aktiven Wehrdienst zuge-
lassen werden, die nach der Art ihrer bisherigen
Betätigung, nach dem persönlichen Eesamtein-
druck und nach Prüfung der politischen Zuver-
lässigkeit für geeignet befunden werden. Rein-
rassige Juden werden zum aktiven Wehrdienst
nicht herangezogen. Alle Nichtarier unterliegen
der militärischen Meldepflicht und der Wehr-
überwachung. Die zum aktiven Wehrdienst zuge-
lassenen Nichtarier gelangen nicht in Vorgesetz-
tenstellungen. Für den Kriegsfall wird eine be-
sondere Regelung dieser schwierigen Frage ein-
treten müssen, die der Führer und Reichskanzler
sich nochvorbehalten hat.
Die Wehrpflichtigen, die dauernd im Aus-
land leben oder für längere Zeit nach dem
Ausland gehen wollen, müssen grundsätzlich ihre
Wehrpflicht in Deutschland erfüllen. Es ist jedoch
zeitliche Zurückstellung, in Ausnahmefällen sogar
Urlaub bis zur Beendigung der Wehrpflicht
möglich. Im Jahre 1935 sollen im Ausland
lebende Wehrpflichtige zum aktiven Wehrdienst
nicht herangezogen werden, da weder die Muste-
rung und Aushebung rechtzeitig durchgeführt,
noch die Gesuche sich freiwillig Meldender bear-
beitet werden können. Die für die im Ausland
lebenden Wehrpflichtigen zuständige Ersatzdienst-
stelle ist das Wehrbezirkskommando VI, Berlin
W 36, Genthiner Straße 11, Fernspr. 8 221 87.
Die deutsche Reichsangehörigkeit ist eine Vor-
aussetzung für den Dienst in der deutschen Wehr-
macht, jedoch kann der Führer und Reichskanzler
Ausnahmen zulassen.
Aus Abschnitt III, der die Pflichten und Rechte
der Angehörigen der Wehrmacht behandelt, will
ich nur die hauptsächlichsten herausgreifen.
Die Verschwiegenheit über dienst-
liche Angelegenheiten muß für jeden
Soldaten eine selbstverständliche Pflicht sein.
Soldaten dürfen sich nach 8 26 nicht poli-
tisch betätigen. Dieser Grundsatz ist alt
und bewährt. Es ist klar, daß während der kur-
zen Dienstzeit der Soldat seine ganze körperliche
und geistige Kraft auf die Ausbildung mit der
Waffe lenken muß, daß er nur einer Vefehl's-
gewalt, der der Wehrmacht unterstehen kann.
Infolgedessen ruht auch für alle Soldaten die
Zugehörigkeit zur NSDAP, einer ihrer Glie-
derungen oder einem der ihr angeschlossenen
Verbände für die Dauer des aktiven Wehrdien-
stes. Desgleichen ruht das Recht zum Wählen
und zur Teilnahme an Abstimmungen. Der
Reichskriegsminister ist ermächtigt, Wehrmacht-
beamte und im Bereich der Wehrmacht ange-
stellte Zivilpersonen auch diesen Vorschriften zu
unterwerfen, wenn die militärischen Notwen-
digkeiten dies fordern.
Die Gebührnisse der Soldaten werden
durch das Reichsbesoldungsgesetz geregelt. Be-
sonders dringlich ist eine Sicherungsvorschrift
gehalten, die verhindern soll, daß dem einzelnen
Wehrpflichtigen nach Ableistung seines aktiven
Wehrdienstes Nachteile in seinem Beruf ent-
stehen. Ebenso ist für freiwillig länger dienende
Soldaten eine Versorgung vorgesehen, die ein-
gehend in einem besonderen Gesetz, dem Wehr-
machtvsrsorgungsgesetz, behandelt werden wird.
Nach ehrenvollem Dienst von 12 Jahren kön-
nen Angehörige der Wehrmacht mit dem Recht
zum Tragen der Uniform eines Wehr«
Machtteiles verabschiedet werden.
Bei Bewährung und Eignung können Unter*
ofsiziere und Mannschaften, die nach ehrenvol-
lem Dienst aus dem aktiven Wehrdienst ausschei-
den, zu Offizieren des Beurlaubten-
stanoes ausgebildet werden, Offiziere und
Wehrmachtbeamte zu Offizieren und Beam-
ten des Beurlaubten st and es über-
führt werden.
Ich darf mir noch einige kurze Ausführungen
zu der Frage erlauben, wie sich die allgemeine
Wehrpflicht im Jahre 1935 zunächst
auswirken wird.
Im Jahre 1935 werden die Geburtsjahr-
gänge 1914 und 1915 gemustert und
der Jahrgang 1914 zur Erfüllung der akti-
ven Dienstpflicht ausgehoben. Der Jahr-
gang 1915 steht nach der Musterung zunächst zur
Ableistung des Arbeitsdienstes zur Verfügung.
Die Dienstpflichtigen dieser beiden Jahrgänge
sind bereits durch die Behörden der allgemeinen
und inneren Verwaltung in Personalblättern
erfaßt. Die Musterung beginnt im Juni,
die Aushebung findet im Herbst 1935
statt. Die Ausgehobenen werden beim Heer und
der Luftwaffe zum 1. November 1935 eingezogen.
Die Kriegsmarine hat verschiedene Einstellungs-
termine, die sich je nach der Verwendung im
Flotten- oder Kllstendienst über das ganze Jahr
verteilen. Für Ostpreußen wird außerdem noch
der Geburtsjahrgang 1919 zur Erfüllung der
aktiven Dienstpflicht gemustert und ausgehoben.
Die vorläufige Anweisung für die Musterung
und Aushebung 1935 wird, wie schon erwähnt,
in Kürze im Reichsgesetzblatt veröffentlicht wer-
den. Die Wehrpflichtigen aus den Jahrgängen
1913 bis 1910 können aufgrund freiwilliger Mel-
dung zur Ableistung der aktiven Dienstpflicht
eingestellt werden. Eine Musterung und Aus-
hebung dieser Jahrgänge und der noch älteren
kann vorläufig noch nicht erfolgen, da die Unter-
lagen hierzu erst geschaffen werden müssen. Sie
werden nicht mehr für die Ableistung der akti-
ven Dienstpflicht, sondern nur zu einer kurzen
Ersatzreserveausbildung herangezogen werden.
Gesuche um freiwilligen Eintritt in die Wehr-
macht können nur bis zum 1. Juli dieses Jahres
angenommen werden, da mit Beginn der Muste-
rung die Freiwilligeneinstellung beendet sein
muß. Es wird gebeten, alle Anfragen an das
zuständige Wehrbezirkskommando zu richten.
Wer nicht weiß, welches Wehrbezirkskommando
für seinen Wohnort zuständig ist, erhält Aus-
kunft auf der Ortspolizeibehörde.
Wer kann Offizier -es
Veurlaubtenstandes werden?
DNB. Berlin, 22. Mai.
In einem amtlichen Merkblatt werden im
Einzelnen die Richtlinien aufgeführt, die für die
Ernennung zum Offizier des Veurlaubtenstan-
des maßgebend sind.
Einleitend wird betont, daß der Weg zum
Offizier d. V. jedem Wehrfähigen offensteht, der
als Soldat im Heer gedient hat. Der erfolg-
reiche Abschluß einer höheren Vildungsanstalt
ist nicht erforderlich, die Anwärter müssen jedoch
nach Auffassung, Persönlichkeit und Lebenswan-
del den an Führerpersönlichkeiten zu stellenden
Anforderungen entsprechen, geordnete wirtschaft-
liche Verhältnisse Nachweisen und für sich, sowie
gegebenenfalls für ihre Ehefrau den Nachweis
arischer Abstammung erbringen.
In Frage kommen aus dem Heer entlassene
Versorgungsanwärter, die zwei Abschlußprüfun-
gen mit Erfolg bestanden haben und solche, die
anstelle des Zivildienstscheines eine Kapitalab-
findung erhalten haben, ehemalige aktive und
Reserveoffiziere der alten und neuen Wehrmacht,
soweit sie die Grundausbildung für ihren Beruf
bereits abgeschlossen haben.
Voraussetzung für die Ernennung ist die Er-
füllung der aktiven Dienstzeit von mindestens
einem Jahr und die Durchführung von drei
Reserveübungen, oder für Männer im Alter von
25 bis 35 Jahren, die bisher keine militärische
Ausbildung erhalten haben, die Ableistung von
zwei Ausbildungsübungen, die je zwei Monate
dauern. Nach deren Ableistung gelten dann die-
selben Vorschriften wie für die aktiv Gedienten.
Außerdem kommen zur Ernennung zum Offi-
zier d. V. unter bestimmten Voraussetzungen
ehemalige aktive und Reserveoffiziere des alten
Heeres, ausgeschiedene aktive Offiziere des
Reichsheeres, sowie Unteroffiziere, die nach dem
1. April 1935 nach 12jähriger Dienstzeit ausge-
schieden und voll geeignet sind, bezw. Unteroffi-
ziere, die nach 12jähriger Dienstzeit vor dem
1. April 1935 entlassen sind, jedoch nicht älter
als 45 Jahre sein dürfen.
Die zur Uebernahme in das Reserveoffiziers-
korps Vorgeschlagenen müssen sich zur Ableistung
von zwei Reserveübungen nach Ernennung zum
Reserveoffizier verpflichten.
Generalleutnant Knochenhauer mit der Führung
des 10. Armeekorps betraut
DNB. Hamburg, 22. Mai.
Mit der Führung des 10. Armeekorps ist
Generalleutnant Knochenhauer, bisher In-
spekteur der Kavallerie, betraut worden. Der
kommandierende General ist bereits in Hamburg
eingetroffen.
Zum Chef des Stabes des Korpskommandos
10 Hamburg ist Oberst von Mackensen,
ein Sohn des Ceneralfeldmarschalls v. Macken-
sen, ernannt worden.
Donnerstag, de« 28. Mai 1SS8
W.
mehmng der Fliegerschulen und die Bildung
von 71 neuen Geschwadern sowie die Anlage
von neuen Militärflugplätzen an.
Am Schluß seiner 'Rede ^ne oer Minister
fest, daß er sich über die Erklärung Hitlers
freue, daß Deutschland keine 10 000 Bomben-
flugzeuge besitze und auch nicht bauen wolle.
Die Fähigkeit Deutschlands, seine Flugzeuger-
zeugung in kurzer Zeit zu verzvielfachen, sei je-
doch von sehr ernster Bedeutung. Hinzu komme,
daß in einem Diktaturlande das ganze Volk
unter einer Kontrolle und einem Regiment
stehe. In einem Diktaturlande seien die Erwei-
terung der Industrie, die Mobilisierung der
verschiedenen Fabrikationsprozesse, die mit der
Erzeugung von Flugzeugen und Munition zu-,
sammenhängen, eine verhältnismäßig einfache
Sache.
Der Luftminister erklärte abschließend:
„Die englische Regierung wird unter
keinen Umständen eine zweitklassige Stel-
lung in der Luft annehmen. Wenn sich
das mitgeteilte Programm als unzuläng-
lich erweisen sollte, werden wir es er-
höhen, koste es, was es wolle!"
Sie Ergebniffe -er
tschechische« SenatsVchlen
DRV. Prag, 22. Mai.
Nach den vorläufigen Berechnungen haben bei
den Senatswahlen, die am Sonntag stattfanden,
die deutschen Parteien im ganzen 33 Mandate
erhalten. Die tschechischen Parteien konnten 96
Mandate erringen.
Von den deutschen Parteien erhielten die Su-
detendeutsche Partei (Henlein) 23 Mandate, die
deutschen Sozialdemokraten 6 Mandate und die
Deutsche Christlich-soziale Partei 4 Mandate.
Von den tschechischen Parteien führt die Repu-
blikanische Partei (Agrarier) mit 23 Mandaten.
Im Senat oben also die Republikanische Par-
tei und die Sudetendeutsche Partei die gleiche
Mandatsstärke.
Roosevelt vor -em Kongreß
Der Kampf um die Patman-Vorlage
DRV. Washington, 22. Mai.
Präsident Roosevelt erschien am Mittwoch
persönlich im Capitol vor dem Parlament und
legte hier seine Gründe dar, die ihn veranlaß!
haben, die Annahme des Veteranengesetzes, der
bekannten Patman-Vorlage zu verweigern. Die
Rede des Präsidenten, die über 40 Minuten
dauerte, wurde auf sämtliche Sender der Ver-
einigten Staaten übertragen. Unmittelbar nach-
dem der Präsident das Capitol verlassen hatte,
'stimmte das Repräsentantenhaus über den Ein-
spruch ab und erzielte die notwendige Zwei-
drittelmehrheit mit 322 Stimmen gegen 98
Stimmen. Der Präsident ist also einstweilen im
Repräsentantenhaus unterlegen.
Der amerikanische Senat hat die Aussprache
über Roosevelts Einspruch gegen die Patman-
Vorlage, die bekanntlich die Zahlung von rund
zwei Milliarden Dollar an die amerikanischen
Kriegsteilnehmer vorsieht, auf Donnerstag- !
morgen festgesetzt. Um eine endlose Ausdehnung
der Aussprache zu verhindern, wurde die Rede-
zeit auf 20 Minuten festgesetzt.
Hinrichtung
Sühne für die Ermordung der Polizeihauptleute
Anlauf und Lenk
DNB. Berlin, 22. Mai.
. Die Justizpressestelle Berlin teilt mit: Heute
früh ist in Berlin der durch rechtskräftige Er-
kenntnis des Schwurgerichts I in Berlin vom
19. Juni 1934 wegen gemeinschaftlichen Mordes
zum Tode und zum dauernden Verlust der bür-
gerlichen Ehrenrechte verurteilte Max Matern
hingerichtet worden.
Er hat ebenso wie der gleichfalls zum Tode
verurteilte Michael Klause entscheidend an der
Ermordung der Polizeihauptleute Anlauf und
Lenk mitgewirkt, die am 9. August 1931 in der
Nahe des Bülow-Platzes, des jetzigen Horst-
Wes, el-Platzes, von Kommunisten erschossen wur-
den. Die Mordtat stellt sich als ein wohlvorbe-
rettetes auf Anweisung der Gauleitung der
KPD planmäßig durchgefUhrtes Unternehmen
dar, dem zwei pflichttreue Beamte zum Opfer
gefallen sind. Mit Rücksicht hierauf hat der
Achrer und Reichskanzler es abgelehnt, bei
Matern von dem Begnadigungsrecht Gebrauch
zu machen.
Dagegen hat er die gegen Klause erkannte
Todesstrafe im Gnadenwege in lebenslängliche
Zuchthausstrafe umgewandelt, weil Klause durch
fern offenes Geständnis den Behörden wertvolle
Hilfe geleistet und die Aufklärung der Tat bis
m alle Einzelheiten ermöglicht hat.
Der im gleichen Verfahren ebenfalls zum Tode
verurteilte Friedrich Broede hat im Gefängnis
Selbstmord verübt.
In Kürze
Der amerikanische Senat hat den Marinehaus-
halt m der vom Haushatltsausschuß vorbereiteten
Fassung angenommen.
Der tschechische Ministerpräsident Malypetr
tertte am Mittwoch in der Sitzung des Minister-
rats mrt, der Rücktritt der Regierung sei beschlos-
besuch werde dem Präsidenten der Re-
A^breitet werden, sobald die Ergebnisse
oer -Wahl rn die Nationalversammlung feistgestellt
sein werden inzwischen werden die Verhand-
lungen der Koalitionsparteien über die künftige
Parlamentsmehrheit fortgesetzt
.Das Kabinett hat beschlossen, am
Tsanasee in Abeisimen einen Damm zur Regu-
lierung des Blauen Nils zu bamm.
Musterung der Jahrgänge 1914 und 1915
Der Leiter des Wehrmachtamtes des Reichskriegsministeriums vor der Presse
DNB. Berlin, 22. Mai.
Der Leiter des Wehrmachtamtes im Reichs-
kriegsministerium General v. Reichenau
gab heute der deutschen Presse in grundlegenden
Ausführungen den Inhalt des neuen Wehrge-
setzes bekannt. Er führte aus:
Der Entschluß des Führers und Reichskanz-
lers vom 16. Mürz 1936 hat dem deutschen Volke
die Wehrhoheit und damit seine Ehre wieder-
gegeben. Die Größe dieser Tat wird für sich
selbst sprechen, nicht nur in den heutigen Tagen,
sondern noch in ferner Zukunft.
Wir Soldaten danken dem Führer, daß wir
auf der Grundlage seines Entschlusses unsere
Arbeit aufnehmen konnten; mit uns dankt ihm
das ganze deutsche Volk für dieses Geschenk von
historischer Bedeutung.
Das neue Wehrgesetz wurzelt tief in dem
Grunde besten und stärksten deutschen Geistes,
der vor mehr als 100 Jahren einem geknechte-
ten Volk die Freiheit wiedergegeben hat. Es ist
aber auch befruchtet von der Kraft des Natio-
nalsozialismus, der das heutige Deutschland ge-
schaffen hat. Es ist nationalsozialistisch in sei-
nem Geist und in seinen Forderungen, in seinen
Rechten und in seinen Pflichten, denn es stellt
die Pflicht, dem Volksganzen zu dienen und in
ihm aufzugehen, vor das Recht, als Einzelperson
in unserem Volk anerkannt und geschätzt zu wer-
> den. Es stellt aber auch das Recht jedes wehr-
würdigen und wehrfähigen Mannes fest, seinem
Volke mit der Waffe zu dienen, und macht die
Stärke der Wehrmacht nicht abhängig von Par-
lament und Mehrheitsbeschlüssen. Es kennt
keine Standesvorrechte und keine Bildungsprivi-
legien, nur Charakter und Leistung werden den
Weg des Soldaten bestimmen. Ehe ich auf das
Gesetz im einzelnen eingehe, darf ich noch ganz
kurz Ihre Aufmerksamkeit aus das Wehrgesetz
vom 23. März 1921 lenken, das unter dem Druck
des Versailler Vertrages die gesetzliche Grund-
lage für die Reichswehr geschaffen hat. Begriffe
und Bezeichnungen aus diesem Gesetz, die mit
der Berufswehrmacht eng verbunden waren, sind
in das neue Gesetz nicht übernommen worden,
um diese Periode unserer Wehrpolitik auch
äußerlich endgültig abzuschließen. Ich möchte
aber betonen, daß wir Soldaten der Reichswehr
keine Veranlassung haben, uns jener Zeit zu
schämen. Trotz Versailler Vertrug, trotz innen-
politischer Hemmungen ist es der Zielklarheit,
dem Idealismus und der Beharrlichkeit der ver-
antwortlichen Führer gelungen, das solda-
tische Erbe unserer Vergangenheit
zu bewahren. Sie haben, um ein Wort des
Generalobersten von Seeckt zu zitieren, mit
heißem Herzen, aber kühlem Verstand geholfen,
den 16. März 1936 vorzubereiten.
Das Wehrgesetz gliedert sich in fünf Abschnitte:
Abschnitt I: Allgemeines,
Abschnitt II umfaßt die Bestimmungen über
Wehrpflicht und Wehrdienst,
Abschnitt III über Pflichten und Rechte der
Angehörigen der Wehrmacht,
Abschnitt IV und V Uebergangs- und Schluß-
vorschriften.
*
Im Abschnitt I bringt § 1 die Leitsätze der
allgemeinen Wehrpflicht:
„Wehrdienst ist Ehrendienst am deutschen Volk.
Jeder deutsche Mann ist wehrpflichtig. Im Kriege
ist über die Wehrpflicht hinaus jeder deutsche
Mann und jede deutsche Frau zur Dienstleistung
für das Vaterland verpflichtet."
In Z 2 wird die Zusammensetzung der Wehr-
macht, in § 3 die Befehlsgewalt des Führer
und Reichskanzlers über die gesamte Wehrmacht
als obersten Befehlshaber und des Reichskriegs-
ministers über die Wehrmachtteile als Oberbe-
fehlshaber der Wehrmacht festgelegt.
Die Bezeichnungen für die Wehrmacht-
teile lauten in Zukunft:
Heer,
Kriegsmarine,
Luftwaffe.
Mit der Bezeichnung „Reichskriegs-
minister" folgt man lediglich dem in allen
anderen Staaten üblichen Gebrauch.
Die Chefs der Wehrmachtteile werden die Be-
zeichnung Oberbefehlshaber des Hee-
res, der Kriegsmarine und der Luft-
waffe führen.
Ich glaube in Ihrem Einverständnis zu han-
deln, wenn ich nun nicht mehr die einzelnen
Paragraphen des Gesetzes aufführe, sondern nur
die Hauptpunkte herausgreife, die ein be-
sonderes Interesse für die Allgemeinheit und
damit für die Presse haben.
Die Dauer der Wehrpflicht ist vom
18. bis zum 46. Lebensjahr festgesetzt. Der
Reichskriegsminister kann diese Dauer im Kriege
und bei besonderen Notständen erweitern. Diese
Festlegungen stellen keineswegs eine Ueberspan-
nung der Wehrpflicht dar. In allen europäi-
schen Staaten mit allgemeiner Wehrpflicht sind
etwa die gleichen Altersgrenzen festgelegt, häu-
fig sogar noch darüber hinausgehend, wie in
Frankreich und in Rußland. Die Wehrpflicht
wird durch den Wehrdienst erfüllt, der aktiv in
der Wehrmacht oder im Beurlaubtenstande ge-
leistet wird. Die Unterteilung des Veurlaub-
tenstandes ist derjenigen der Vorkriegszeit an-
geglichen, wie überhaupt auf bewährten Ein-
richtungen und Erfahrungen aufgebaut worden
Der Mann trit nach Erfüllung der aktiven
Dienstpflicht zur Reserve über, der er bis
zum 35. Lebensjahr angehört. Zwischen dem 35.
und 45. Lebensjahr gehört er der Landwehr
an; die Jahrgänge über 45 Jahre, die im Kriege
oder bei besonderen Notständen einberufen wer-
den können, bilden den Landsturm. Zur
Ersatzreferve gehören die Wehrpflichtigen,
die nicht zur Erfüllung der aktiven Dienstpflicht
einberufen werden. Auch die Ersatzreservisten
treten mit Vollendung des 35. Lebensjahres zur
Landwehr über.
Die Dauer der aktiven Dienstpflicht
wird durch den Führer und Reichskanzler fest-
gesetzt. Es ist bereits verfügt, daß sie — für alle
Wehrmachtteile gleich — ein Jahr beträgt.
Neben den langdienenden Unteroffizieren kön-
nen Freiwillige im Heer aus ein weiteres Jahr,
in Kriegsmarine und Luftwaffe auf insgesamt
vier Jahre verpflichtet werden. Das Flotten-
personal der Kriegsmarine und die Flieger-
truppe wird sich ausschließlich aus längerdienen-
den Freiwilligen ergänzen.
Die Erfüllung der A r b e i tsdi e n st p f l i ch t
ist eine Voraussetzung für den aktiven
Wehrdienst. Für das Jahr 1935 kann diese Vor-
aussetzung allerdings noch nicht gefordert wer-
den, da die Arbeitsdienstpflicht noch nicht gesetz-
lich festgelegt ist. Gewisse Ausnahmen werden
für die Uebergangszeit und auch auf weitere
Sicht notwendig bleiben.
Die Wehrpflichtigen werden durch die Ersatz-
dienststellen der Wehrmacht erfaßt. Die näheren
Ausführungsbestimmungen hierüber, auch über
Wehrtauglichkeit, Zurückstellung und Wehrüber-
wachung wird die deutsche Webrordnung ent-
halten, deren erster Teil als „Vorläufige
Musterungsanweisung für 1935 "
noch in dieser Woche veröffentlicht werden
soll.
Die Ersatzorganisation der Wehr-
macht gliedert sich in Wehrersatzinspek-
tionen und Wehrbezirkskommandos,
die in die zehn Wehrkreise eingeordnet sind.
Es sind insgesamt 24 Wehrersatzinspektionen
und 223 Wehrbezirkskommandos. In der ent-
militarisierten Zone sind Ersatzdienst-
stellen der Wehrmacht nicht eingesetzt, dort wer-
den die Wehrpflichtigen durch die Zivilbe-
hörden erfaßt.
Die Ersatzdienststellen der Wehrmacht werden
eng mit dem Reichsministerium des Innern und
den Behörden der allgemeinen und inneren Ver-
waltung Zusammenarbeiten.
Zur Erfüllung der Wehrpflicht wird nicht her-
angezogen, wer wehrunwürdig oder wer nach
dem Gutachten eines Sanitätsoffiziers oder eines
von der Wehrmacht beauftragten Arztes für den
Wehrdienst untauglich ist. Wehrunwürdig ist
derjenige, der mit schweren Ehrenstrafen ge-
richtlich bestraft ist.
Die in 8 15 enthaltenen Vorschriften über die
Stellung der Nichtarier sind nach Grund-
sätzen entstanden, die der Führer und Reichs-
kanzler aufgestellt hat. Arische Abstammung ist
grundsätzlich eine Voraussetzung für den Wehr-
dienst, doch können Ausnahmen zugelassen
werden, die durch Prüfungsausschüsse entschieden
werden. Diese Prüfungsausschüsse sollen bei den
Wehrersatzinspektionen durch den Reichsminister
des Innern im Einvernehmen mit dem Reichs-
kriegsminister eingerichtet werden, ebenso wer-
den die Richtlinien für die Prüfungsausschüsse
von den beiden genannten Ministern ausgear-
beitet. Die Richtlinien werden dahin gehen, daß
solche Nichtarier und Personen, die mit Frauen
nichtarischer Abkunft verheiratet sind, bei frei-
williger Meldung zum aktiven Wehrdienst zuge-
lassen werden, die nach der Art ihrer bisherigen
Betätigung, nach dem persönlichen Eesamtein-
druck und nach Prüfung der politischen Zuver-
lässigkeit für geeignet befunden werden. Rein-
rassige Juden werden zum aktiven Wehrdienst
nicht herangezogen. Alle Nichtarier unterliegen
der militärischen Meldepflicht und der Wehr-
überwachung. Die zum aktiven Wehrdienst zuge-
lassenen Nichtarier gelangen nicht in Vorgesetz-
tenstellungen. Für den Kriegsfall wird eine be-
sondere Regelung dieser schwierigen Frage ein-
treten müssen, die der Führer und Reichskanzler
sich nochvorbehalten hat.
Die Wehrpflichtigen, die dauernd im Aus-
land leben oder für längere Zeit nach dem
Ausland gehen wollen, müssen grundsätzlich ihre
Wehrpflicht in Deutschland erfüllen. Es ist jedoch
zeitliche Zurückstellung, in Ausnahmefällen sogar
Urlaub bis zur Beendigung der Wehrpflicht
möglich. Im Jahre 1935 sollen im Ausland
lebende Wehrpflichtige zum aktiven Wehrdienst
nicht herangezogen werden, da weder die Muste-
rung und Aushebung rechtzeitig durchgeführt,
noch die Gesuche sich freiwillig Meldender bear-
beitet werden können. Die für die im Ausland
lebenden Wehrpflichtigen zuständige Ersatzdienst-
stelle ist das Wehrbezirkskommando VI, Berlin
W 36, Genthiner Straße 11, Fernspr. 8 221 87.
Die deutsche Reichsangehörigkeit ist eine Vor-
aussetzung für den Dienst in der deutschen Wehr-
macht, jedoch kann der Führer und Reichskanzler
Ausnahmen zulassen.
Aus Abschnitt III, der die Pflichten und Rechte
der Angehörigen der Wehrmacht behandelt, will
ich nur die hauptsächlichsten herausgreifen.
Die Verschwiegenheit über dienst-
liche Angelegenheiten muß für jeden
Soldaten eine selbstverständliche Pflicht sein.
Soldaten dürfen sich nach 8 26 nicht poli-
tisch betätigen. Dieser Grundsatz ist alt
und bewährt. Es ist klar, daß während der kur-
zen Dienstzeit der Soldat seine ganze körperliche
und geistige Kraft auf die Ausbildung mit der
Waffe lenken muß, daß er nur einer Vefehl's-
gewalt, der der Wehrmacht unterstehen kann.
Infolgedessen ruht auch für alle Soldaten die
Zugehörigkeit zur NSDAP, einer ihrer Glie-
derungen oder einem der ihr angeschlossenen
Verbände für die Dauer des aktiven Wehrdien-
stes. Desgleichen ruht das Recht zum Wählen
und zur Teilnahme an Abstimmungen. Der
Reichskriegsminister ist ermächtigt, Wehrmacht-
beamte und im Bereich der Wehrmacht ange-
stellte Zivilpersonen auch diesen Vorschriften zu
unterwerfen, wenn die militärischen Notwen-
digkeiten dies fordern.
Die Gebührnisse der Soldaten werden
durch das Reichsbesoldungsgesetz geregelt. Be-
sonders dringlich ist eine Sicherungsvorschrift
gehalten, die verhindern soll, daß dem einzelnen
Wehrpflichtigen nach Ableistung seines aktiven
Wehrdienstes Nachteile in seinem Beruf ent-
stehen. Ebenso ist für freiwillig länger dienende
Soldaten eine Versorgung vorgesehen, die ein-
gehend in einem besonderen Gesetz, dem Wehr-
machtvsrsorgungsgesetz, behandelt werden wird.
Nach ehrenvollem Dienst von 12 Jahren kön-
nen Angehörige der Wehrmacht mit dem Recht
zum Tragen der Uniform eines Wehr«
Machtteiles verabschiedet werden.
Bei Bewährung und Eignung können Unter*
ofsiziere und Mannschaften, die nach ehrenvol-
lem Dienst aus dem aktiven Wehrdienst ausschei-
den, zu Offizieren des Beurlaubten-
stanoes ausgebildet werden, Offiziere und
Wehrmachtbeamte zu Offizieren und Beam-
ten des Beurlaubten st and es über-
führt werden.
Ich darf mir noch einige kurze Ausführungen
zu der Frage erlauben, wie sich die allgemeine
Wehrpflicht im Jahre 1935 zunächst
auswirken wird.
Im Jahre 1935 werden die Geburtsjahr-
gänge 1914 und 1915 gemustert und
der Jahrgang 1914 zur Erfüllung der akti-
ven Dienstpflicht ausgehoben. Der Jahr-
gang 1915 steht nach der Musterung zunächst zur
Ableistung des Arbeitsdienstes zur Verfügung.
Die Dienstpflichtigen dieser beiden Jahrgänge
sind bereits durch die Behörden der allgemeinen
und inneren Verwaltung in Personalblättern
erfaßt. Die Musterung beginnt im Juni,
die Aushebung findet im Herbst 1935
statt. Die Ausgehobenen werden beim Heer und
der Luftwaffe zum 1. November 1935 eingezogen.
Die Kriegsmarine hat verschiedene Einstellungs-
termine, die sich je nach der Verwendung im
Flotten- oder Kllstendienst über das ganze Jahr
verteilen. Für Ostpreußen wird außerdem noch
der Geburtsjahrgang 1919 zur Erfüllung der
aktiven Dienstpflicht gemustert und ausgehoben.
Die vorläufige Anweisung für die Musterung
und Aushebung 1935 wird, wie schon erwähnt,
in Kürze im Reichsgesetzblatt veröffentlicht wer-
den. Die Wehrpflichtigen aus den Jahrgängen
1913 bis 1910 können aufgrund freiwilliger Mel-
dung zur Ableistung der aktiven Dienstpflicht
eingestellt werden. Eine Musterung und Aus-
hebung dieser Jahrgänge und der noch älteren
kann vorläufig noch nicht erfolgen, da die Unter-
lagen hierzu erst geschaffen werden müssen. Sie
werden nicht mehr für die Ableistung der akti-
ven Dienstpflicht, sondern nur zu einer kurzen
Ersatzreserveausbildung herangezogen werden.
Gesuche um freiwilligen Eintritt in die Wehr-
macht können nur bis zum 1. Juli dieses Jahres
angenommen werden, da mit Beginn der Muste-
rung die Freiwilligeneinstellung beendet sein
muß. Es wird gebeten, alle Anfragen an das
zuständige Wehrbezirkskommando zu richten.
Wer nicht weiß, welches Wehrbezirkskommando
für seinen Wohnort zuständig ist, erhält Aus-
kunft auf der Ortspolizeibehörde.
Wer kann Offizier -es
Veurlaubtenstandes werden?
DNB. Berlin, 22. Mai.
In einem amtlichen Merkblatt werden im
Einzelnen die Richtlinien aufgeführt, die für die
Ernennung zum Offizier des Veurlaubtenstan-
des maßgebend sind.
Einleitend wird betont, daß der Weg zum
Offizier d. V. jedem Wehrfähigen offensteht, der
als Soldat im Heer gedient hat. Der erfolg-
reiche Abschluß einer höheren Vildungsanstalt
ist nicht erforderlich, die Anwärter müssen jedoch
nach Auffassung, Persönlichkeit und Lebenswan-
del den an Führerpersönlichkeiten zu stellenden
Anforderungen entsprechen, geordnete wirtschaft-
liche Verhältnisse Nachweisen und für sich, sowie
gegebenenfalls für ihre Ehefrau den Nachweis
arischer Abstammung erbringen.
In Frage kommen aus dem Heer entlassene
Versorgungsanwärter, die zwei Abschlußprüfun-
gen mit Erfolg bestanden haben und solche, die
anstelle des Zivildienstscheines eine Kapitalab-
findung erhalten haben, ehemalige aktive und
Reserveoffiziere der alten und neuen Wehrmacht,
soweit sie die Grundausbildung für ihren Beruf
bereits abgeschlossen haben.
Voraussetzung für die Ernennung ist die Er-
füllung der aktiven Dienstzeit von mindestens
einem Jahr und die Durchführung von drei
Reserveübungen, oder für Männer im Alter von
25 bis 35 Jahren, die bisher keine militärische
Ausbildung erhalten haben, die Ableistung von
zwei Ausbildungsübungen, die je zwei Monate
dauern. Nach deren Ableistung gelten dann die-
selben Vorschriften wie für die aktiv Gedienten.
Außerdem kommen zur Ernennung zum Offi-
zier d. V. unter bestimmten Voraussetzungen
ehemalige aktive und Reserveoffiziere des alten
Heeres, ausgeschiedene aktive Offiziere des
Reichsheeres, sowie Unteroffiziere, die nach dem
1. April 1935 nach 12jähriger Dienstzeit ausge-
schieden und voll geeignet sind, bezw. Unteroffi-
ziere, die nach 12jähriger Dienstzeit vor dem
1. April 1935 entlassen sind, jedoch nicht älter
als 45 Jahre sein dürfen.
Die zur Uebernahme in das Reserveoffiziers-
korps Vorgeschlagenen müssen sich zur Ableistung
von zwei Reserveübungen nach Ernennung zum
Reserveoffizier verpflichten.
Generalleutnant Knochenhauer mit der Führung
des 10. Armeekorps betraut
DNB. Hamburg, 22. Mai.
Mit der Führung des 10. Armeekorps ist
Generalleutnant Knochenhauer, bisher In-
spekteur der Kavallerie, betraut worden. Der
kommandierende General ist bereits in Hamburg
eingetroffen.
Zum Chef des Stabes des Korpskommandos
10 Hamburg ist Oberst von Mackensen,
ein Sohn des Ceneralfeldmarschalls v. Macken-
sen, ernannt worden.