Settr r
Mittwoch, de« 8. Ju«i 1988
«r. irs
Sicht auf Ragusa ,
Merkwürdig, dieser kristallisierte Traum mit-
telalterlicher Baukunst — anders vermögen wir
Ragusa oder, wie es jugoslawisch heißt: Du-
brownik, nicht zu nennen — entzieht sich zunächst
bei der Ankunft dem Reisenden. Gelangt er zu
Schiff mit den kleinen Salondampfern der jugo-
slawischen Linien von Susak, Triest, Venedig
oder von Split (Spalato) nach Dubrownik, so
landet er in der Hafenstadt Eruz, die von den
Zypressen- und Pinienhainen der Halbinsel La-
pad und dem hohen Bergrücken der Landseite
begrenzt wird. Schiffe und Züge der Zweigbahn
Serajewo—Herzegnowi treffen meistens am
späten Abend ein. Mit ungeheurem Geschrei
stürzt sich das Heer der wartenden Hotelportiers
und der Taxichauffeure auf die Ankömmlinge,
die sie mit untrüglicher Sicherheit als Englän-
der, Amerikaner und Deutsche diagnostizieren.
Mit wunderbar erhaltenen, ungeheuer starken
Mauern und gewaltigen Türmen umpanzert
und durch eine künstliche, tiefe Schlucht von der
Landseite getrennt, drängt sich der Stadtkern
dem freien Meer entgegen. Hohe, zarte Kampa-
nile der alten Klosterkirchen überragen mit den
eleganten Kuppeln der Kathedrale und der
St.' Vlasiuskirche das zusammengedrängte Ge-
wirr der engen Gassen. Aber immer wieder
trotzen darüber hinweg die Umrisse des Festungs-
kranzes, der vor allem am Eingang zum Alt-
hafen von einer unbeschreiblichen Wucht ist.
-Diese einzigartige Geschlossenheit, die auch spä-
ter klug gewahrt worden ist, die herrliche Lags >
am Fuße einer hohen Berglehne und vielleicht
nicht zuletzt die herrlichen Möglichkeiten des
Blickes auf die Stadt zusammen mit einem
Klima, das dem von Capri gleich ist, haben den
Weltruf dieser Perle der Adria geschaffen.
Die kleinen, an sich so entzückenden jugoslawi-
schen Küstenorte der dalmatinischen Küste leiden
meistens unter dem Nachteil einer kahlen, öden
Umgebung, schroffer Karstbsrge ohne Wasser,
und darum auch meistens karger Veaetation.
Dubrownik ist neben Split und vor allem der
Bucht von Lattaro Vie große Ausnahme der ge-
samten Küste. Die Stadt besitzt eine ausoezeich-
nete Wasserleitung und wohl das kälteste Wasser
und zugleich auch das reinste, das ich jemals in
einem der vielen Küstenor^e trank.
Einige Kilometer von der Stadt entfernt
liegt das Paradies der Ombla-Quelle. Man
nennt es bescheiden „Quells". Aber ein mächti-
ger Strom quillt hier — eines der bekannten
Karstwunder — Plötzlich aus einer steilen, 700
Meter hohen Felswand mit einer ungeheuren
Gewalt hervor. Wundervolles klares und eis-
kaltes Wasser. Wenige hundert Meter nur
fließt die Ombla. um dann in einem herrlichen
Fjord kurz vor dem Hafen Gruz in die Adria
zu münden. Dieser Wasserreichtum hat das
Omblatal zu einem der schönsten Orte gemacht,
die Dalmatien aufzuweisen hat. Ein idyllisches
kleines Klosterkirchlein überragt die üppig süd-
liche Vegetation des Tales auf kleinem Hügel.
Und wer jemals nach Ragusa gelangen sollte,
darf niemals versäumen, in einem kleinen
Schiffergasthaus einen unvergleichlichen Fluß-
fisch mit dem herrlichen Prosecco, dem teuersten
dalmatinischen Rosinenwein, zu genießen, vor sich
einen der schönsten Ausblicke ganz Dalmatiens..
Auf der kleinen Insel Lokrvm vor den Toren
der Stadt hatten sich die Habsburger angesiedelt,
um aus dieser Insel ein Pflanzenparadies zu
schaffen. In der verträumten Stille des alten
Klosterganges, überwuchert von einer unvorstell-
baren Pracht von Rosen, Palmen, Glyzinien,
haben seit Jahrzehnten immer wieder Menschen
aus allen Ländern Europas angesichts des wei-
ten Blickes über das Meer Und die weiße Pracht
der ragenden Mauern Ragusas auf dieser klei-
nen Insel jene große Versuchung gespürt, alles
zu verlassen, um hier die Zelte aufzuschlagen,
weil eine Steigerung der Eindrücke ihnen schwer-
lich möglich erschien.
Das ist Ragusas Umgebung' Die an sich so
kleine Stadt mit ihren 15 000 Einwohnern birgt
eine solche Fülle von Kunstschätzen, daß Man
Tage damit verbringen kann, sie eingehend zu
besichtigen. Nur zu oft sind Vergleiche mit Vene-
dig gezogen worden. Wit Venedig, das viele
hundert Jahre lang nicht imstande war, das da-
mals so mächtige, freie Ragusa zu unterwerfen.
Und diese Handelsrepublik unter der Herrschaft
einer Adelsoligarchie entfaltete zeitweise einen
Glanz und eine Pracht, die durchaus mit den
großen Handelsstädten des Mittelmeeres wett-
eifern konnte. Wenn nicht im 17. Jahrhundert
ein furchtbares Erdbeben die reiche Republik
fast völlig zerstört hätte, würde vermutlich Ra-
gusa der weitaus schönste Ort der ganzen Adria
geworden sein. Die Kirchen sind voll von Tizians,
Adreas del Sartos! Der Domschatz birgt eine
kaum faßbare Fülle erlesenster Gold- und
Emaillearbeit, obgleich es nur ein Sechstel von
dem ist, was das Erdbeben übrig ließ.
Das Schönste wird aber für mich immer der
Rektorenpalast bleiben, das Wahrzeichen von
Ragusa. Im Vergleich zu der Wucht des Dogen-
palastes in Venedig mit seiner Mischung von
beinahe reinem Kitsch und wundervoller Grazie
erscheint mir die vollendete Mischung von später
Romanik und italienischer Spätgotik, die durch
die verschiedenen Brände in der Geschichte dieses
einzigartigen Bauwerks entstand, als eines der
herrlichsten profanen Bauwerke, die Europa auf-
zuweissn. hat. Die vollendete Harmonie, des
Grundrisses und des Innenhofes ist in der ge-
samten Kunstgeschichte etwas so Einmaliges wie
der Dresdener Zwinger!
Ich traf einmal auf einem kleinen Dampfer
mit einem bekannten Maler zusammen, der die
Schönheiten dieser Küste kannte wie kein Zwei-
ter und fragte ihn, weshalb er noch niemals den
Versuch gemacht hätte, das unvergleichliche Far-
benspiel des Sonnenunterganges mit einem auf-
zrehenden Gewitter im alten Hafen von Ragusa
festzuhalten. Sein Blick ging mit einer unbe-
schrerblrchen Trauer und Entsagung diese einzig-
artige Küste entlang: „Diese Stadt ist so schön
Farben so unvorstellbar bunt, daß jedes
Vrld kitsch^ wirken müßte." Eine vielleicht ver-
blüffende Erkenntnis, aber die einzig wahre!
Or. Vo.
Der Streik in der französischen Staatsdruckerei
hat tzch weiter verWixiL-,
Sie Organisation
der Luftfahrt
DNV Berlin, 4. Juni.
In Ergänzung der über die Auswirkungen
des Wehrgesetzes gemachten Veröffentlich-
ungen wird über die Organisation auf dem
Gebiet der Luftfahrt folgendes bekanntge-
geben:
Oberste Reichsbehörde für die Luftfahrt ist
das Reichsluftfahrtministerium. An
seiner Spitze steht der Reichsminister der Luft-
fahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe Gene-
ral der Flieger Hermann Göring. Seine
Befugnisse als Reichsminister der Luftfahrt wer-
den durch seine Zugehörigkeit zur Wehrmacht
als Oberbefehlshaber der Luftwaffe nicht be-
rührt.
Wie das Heer das Reich in Wahlkreise teilt,
so hat die Luftwaffe sechs Luftkreiskom-
mandos in Königsberg, Berlin, Dresden,
Münster, München und Kiel gebildet, die die
militärische Vefehlsgewalt ausüben und an deren
Spitze ein Befehlshaber im Generalsrang steht.
Die Luftfahrtverwaltung liegt in Händen von
15 Luftämtern in Königsberg, Stettin,
Kiel, Berlin, Magdeburg, Hannover, Breslau,
Dresden, Weimar, Frankfurt a. M., Münster,
Köln, Nürnberg, München und Stuttgart.
Mandschurischer Militärzug zur Entgleisung
gebracht
Hsinking, 4. Juni
Nach einer amtlichen Mitteilung haben in der
Nacht vom 2. zum 3. Juni Banditen bei Tung-
liao (früher genannt Paiyinteilai) einen mand-
schurischen Militärzug zur Entgleisung gebracht.
Die Lokomotive und neun Wagen wurden zer-
trümmert. Dabei fanden drei mandschurische
Offiziere und 34 mandschurische Soldaten den
Tod, eine große Anzahl wurde verletzt. Die
Banditen sind in Richtung Kailu geflüchtet.
Mandschurische und japanische Kavallerie hat
ihr Verfolgung ausgenommen-
Berufung im Devisenprozetz
DNB. Berlin, 4. Juni
Der kürzlich vom Berliner Schnellschöffenge-
richt wegen fortgesetzten Tevisenverbrechens zu
zehn Jahren Ehrverlust und 350 000 RM. Geld-
strafe verurteilte Franziskanerpater Otto Gärt-
ler aus Waldbreitbach, Kreis Neuwied hat gegen
das Urteil Berufung eingelegt. Der Fall wird
noch einmal vor der Vierten Großen Strafkam-
mer aufgerollt werden. Bis zur Bernfungsver-
handlung dürften noch einige Wochen verstreichen.
„Daily Herald" zufolge rechnet man in politi-
schen Kreisen Londons damit, daß Baldwin neben
dem AMt des Ministerpräsidenten auch das Ämt
des Außenministers übernehmen wird.
Empfänge zu Ehren der deutschen Flotten-
abordnung in London
DNB. London, 4. Juni.
Im Royal Automobil-Club veran-
staltete die Gattin des deutschen Marineattachss
in London, Frau Waßner, am Dienstagnach-
mittag einen Empfang für die deutsche Flotten-
abordnung, zu dem Vertreter des englischen
auswärtigen Amtes, der Admiralität, der
deutsche Botschafter sowie Vertreter der in- und
ausländischen Presse erschienen waren. Am
Dienstagabend waren die Mitglieder der deut-
schen Abordnung Gäste im Hause des stellvertre-
tenden Unterstaatssekretärs Craigie. Die Ver-
handlungen, die am Dienstag iln Foreign-
Office begannen, werden am Mittwoch in den
Räumen der Admiralität fortgesetzt. Ueber die
Besprechungen am Dienstag ist eine amtlich'e
Mitteilung nicht ausgegeben worden. Die Ab-
ordnung wird am Mittwoch das Mittagessen
bei Ministerpräsident MacDonald einnehmen.
Abkommen zum deutsch-
amerikanischen Handelsvertrag
DNB Washington, 4. Juni
Der deutsche Botschafter und Staatssekretär
Hüll unterzeichneten am Montag ein Abkom-
men, wodurch der gegenwärtige Handelsvertrag
der am 14. Oktober abgelaufen wäre, verlän-
gert wird. Das neue Abkommen enthält nicht
die Meistbegünstigungsklausel des gegenwärtig
geltenden Vertrages.
Am 13. Oktober v. I. ist, wie der DHD
schreibt, von Deutschland der Handelsvertrag
gekündigt worden, weil der deutsch-amerikanische
Güteraustausch im Hinblick auf die Entwicklung
der wirtschaftlichen Verhältnisse neugeordnet
werden mußte. Insbesondere waren die von der
Reichsregierung als revisionsbedürftig bezeich-
neten Bestimmungen des Artikels VII (Meist-
begünstigung) in gewissen Teilen durch die in
den letzten Jahren eingetretenen Veränderungen
der wirtschaftlichen Verhältnisse überholt. Durch
die Verlängerung des alten Handelsvertrages
unter Ausschluß der Meistbegünstigungsklausel
ist dem deutschen Verlangen entsprochen worden-
Deutscherseits ist die Bereitwilligkeit erklärt
Rekordfahrt der „Normandie"
DNV Paris, 4. Juni.
Der neue französische Personendampfer „Nor-
mandie" hat auf seiner Jungfernreise nach New-
york eine Rekordfahrt gemacht. Für die lieber-
fahrt von Südengland Lis zur Hudson-Bucht
wurden 4 Tage, 2 Stunden, 14 Minuten be-
nötigt, während der von der „Bremen" gehaltene
Rekord 4 Tage, 14 Stunden, 27 Minuten be-
trug. Die „Normandie" hat eine Durchschnitts-
geschwindigkeit von 55,522 Stundenkilometern
erreicht.
Dis Londoner
Flottenbesprechungen
DNB London, 4. Juni
Die deutsch-englischen Flottenbesprechungen
wurden am Dienstag früh im Foreign
Office eröffnet. Auf deutscher Seite nahmen
teil Botschafter von Ribbentrop, Admiral s
Schuster, Korvettenkapitän Kider len und!
der deutsche Marineattachä in London, Kapitän
Wassner. Die englischen Vertreter sind der j
stellvertretende Unterstaatssekretär im Foreign
Office, Craigie, der stellvertretende Chef
des Marinestabes, Vizeadmiral Little und
Kapitän Dancworths.
Zu Beginn der Besprechungen begrüßte der
englische Außenminister Sir John Simon
die Flottensachverständigen im Namen der bri-
tischen Regierung, unmittelbar darauf wurde
in die sachlichen Besprechungen eingetreten,
Die deutsch - englischen Flottenbesprechungen
wurden am Dienstag mittag um 14,45 Uhr nach
über dreistündiger Dauer auf den Nachmittag
vertagt und um 16 Uhr wieder aufgenommen.
Die Besprechungen während des Nachmittags
dauerten fast anderthalb Stunden.
über die im Ausland verfügt wurde, geht in die
Millionen.
Soweit Geständnisse nicht vorliegen, ergibt sich
in einer ganzen Reihe von Fällen neben ande-
rem aus der Art der Begehung der Zuwider-'
Handlungen, aus dem Verbergen der Beträge
in der Ordenskleidung, aus der Vernichtung
oder anderweitigen Beiseiteschaffung der Bü-
cher, aus der falschen Buchführung und aus fin-
giertem Schriftwechsel, daß die Beschuldigten
sich der Strafbarkeit ihres Handelns bewußt
waren
3. Das erzbischöfliche Ordinariat behauptet,
daß die bischöflichen Ordinariate bei den vor-
gekommenen Handlungen von Ordensleuten
nicht beteiligt seien. Tatsächlich sind im Laufe
der Ermittlungen aufgrund richterlichen Haft-
befehls einige leitende Ordinariatsbeamte fest-
genommen wordent Gegen einen Generalvikar
hat der Eeneralstaatsanwalt in Berlin bereits
Anklage erhoben.
Die Erklärung des erzbischöflichen Ordina-
riats enthält Anschuldigungen gegen die deutsch?
Rechtspflege. Das Ordinariat glaubt, „einer
späteren Zeit müsse es vorbehalten bleiben, un-
beschadet der Achtung vor den schwebenden ge-
richtlichen Verhandlungen, ein ruhiges, alle Mo-
mente abwägendes Urteil über die genannten
Vergehen in ihrer Gesamtheit zu treffen". Darin
kommt zum Ausdruck, daß die deutschen Gerichte
jetzt nicht in der Lage seien, ein ruhiges, alle
Momente abwägendes, also gerechtes Urteil zu
fällen. Namens der deutschen Rechtspflege wird
diese Auffassung entschieden zurückgewiesen.
worden, über eine nunmehr an Stelle des auf-
gehobenen Artikels VII tretende Neuregelung
mit dek amerikanischen Regierung zu verhan-
deln.
Die Bankseiertage in Danzig
Durchführungsverordnung
DNB Danzig, 4. Juni
Der Danziger Senat hat gut Durchführung
seines Beschlusses siber die Einführung von
VaNkfeiertagen mit Wirkung vom Diens-!
tag eine Verordnung erlassen. Darin wird
u. a. bestimmt, daß für die Bank von Danzig
sowie sämtliche Banken, Sparkassen usw. ab
heute die Werktage bis auf weiteres zu Bank-
feiertagen erklärt werden. Auch die amtlichen
Effekten- und Devisenbörse bleibt während der
Bankseiertage geschlossen. Für den 4. und 5.
Juni ruht auch der Postüberweisungsverkehr
nach dem Auslande. Bestimmte Wechselkassen
sind offen zu halten, jedoch nur zur Entgegen-
nahme von ausländischen Zahlungsmitteln-
Wie lange die Bankfeiertage ausgedehnt wer-
den sollen, wird in der Verordnung Nicht an-
gegeben. Es wird jedoch angekündigt, daß für
die Aufrechterhaltung von Lohnzahlungen des
Hafen- Und Schiffsverkehrs, des Marktverkehrs
sowie des sonstigen dringenden Zahlungsver-
kehrs weitere Bestimmungen für die Zeit ab
Donnerstag, den 6. Juni ergehen werden. Für
Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung
werden hohe Geld- und Freiheitsstrafen ange-
droht.
Zn Kurze
Ter Führer und Reichskanzler hat den Präsi-
denten der Republik Uruguay drahtlich zu seiner
Errettung von dem Attentat beglückwünscht und
ihm dabei seine besten Wünsche für baldige Wie-
derherstellung übermittelt.
*
Nach den bei der Deutschen Seowarte vorlie-
genden Meldungen landete das Luftschiff „Graf
Zeppelin" am Dienstag gegen 19 Uhr in Per-
nambuco; am Mittwoch erfolgt der Start zur
Weiterfahrt nach Rio de Janeiro.
Generaloberst von Linsingen ist seit 1^ Wo-
chen ernstlich an einer Bronchitis erkrankt. Ange-
sichts seines hohen Alters besteht zwar Anlaß ZU
! einiger Besorgnis, es ist aber zu hoffen, daß die
bisher stets bewährte Konstitution des General-
obersten sich doch wieder durchsetzen wird.
Ter schweizerische Gesandte in Warschau, Mi-
nister Dr. Haus Albrecht von Segesser, ist ach
einem Herzleiden im Alter von 58 Jahren in
Bad Nauheim gestorben. Während der Ruhrbe-
setzung war er schweizerischer Generalkonsul in
Köln. Im Herbst 1924 hatte ihn der Bundesrat
auf den Warschauer Gesandtenposten berufen.
Die Jahresrechnung 1964 der Stadtgemeiud«
München schließt mit einem Ueberschuß von einer
halben Million RM. ab, der dem Tilgungsfond
zur Tilgung kurzfristiger Schulden zuaeiührt
wird.
Der Papst und pilsudski
Allgemein bekannt ist, daß der verstorbene
polnische Marschall Pilsudski ein eifriger und
tiefgläubiger Katholik war. Weniger bekannt
dürfte es sein, daß er auch ein persönlicher
Freund des Papstes war. Die Freundschaft
zwischen ihm und dem Hl. Vater stammt aus
den ersten Jahren nach dem Weltkrieg, als der
damalige Msgr. Ratti von Benedikt XV. als
apostolischer Visitator nach Polen geschickt wur-
de. Er wurde von Marschall Pilsudski herzlich
begrüßt, und während seines jahrelangen Auf-
enthalts in Polen zeigte der Visitator und spä-
tere Nuntius eine aufrichtige Zuneigung für
den Diktator. Aber auch der Marschall gab
dem zukünftigen Papst zahlreiche Beweise seiner
Freundschaft. Im Jahre 1919 zum Nuntius er-
nannt, wurde Msgr. Ratti auf seinen ausdrück-
lichen Wunsch in der St. Januskathedrale in
Warschau zum Titular-Erzbischof von Lepanto
geweiht. Der Marschall wußte diese Geste zu
schätzen. Er wohnte persönlich der Zeremonie
bei, an der Spitze der nationalen Führer des
religiösen, politischen und militärischen Lebens.
Auf einem besonderen Stuhl sitzend, gab er mit
dieser Haltung seiner Freundschaft für den neu-
en Erzbischof und die Kirche öffentlich und of-
fiziell Ausdruck. Er war sich der Bedeutung
des Heiligen Stuhles für Polen wohl bewußt
und sorgte dafür, daß die Beziehungen zwischen
ihm und seinem Land stets die besten blieben.
Er war fest entschlossen, die Freundschaft des
Nuntius für Polen und sich selbst zu erhalten.
Msgr. Ratti seinerseits versicherte wiederholt,
daß er für den Marschall in seinem Herzen ein
besonderes warmes Fleckchen bewahrt halte.
Einmal fragte ihn der englische Vertreter, Sir
Horace Rumbold, nach seiner Meinung über
Pilsudski. „Jedesmal, wenn ich den Marschall
sehe", antwortete Msgr. Ratti, „sage ich ihm,
daß ich nicht mit ihm übereinstimme, und daß
ich seine Entschlüsse und seine Politik für einen
Fehler halte. Gewöhnlich lacht er mich aus.
Aber später sehe ich dann immer ein, daß er
recht gehabt hat und ich unrecht. Er aber weiß
das schon vorher " Auch mit den Kindern des
Marschalls, Iadwiga . und Wanda, war der
Nuntius sehr befreundet. Nachdem er Papst ge-
worden war, kam jedes Jahr zu Weihnachten
und Ostern ein Paket aus Rom mit gesegneten
Rosenkränzen und anderen frommen Gegenstän-
den, dazu ein Brief vom Heiligen Vater. Als
Pilsudski im Jahre 1920 die Bolschewisten in
der Schlacht von Warschau besiegte, war Msgr.
Ratti einer von den wenigen diplomatischen
Vertretern, die sich weigerten, Warschau zu ver-
lassen. Er hielt die ganze Nacht der Belagerung
aus und ermutigte die Bevölkerung mit Gebe-
ten und die Armee mit seinem Segen. Der Mi-
nisterpräsident von Polen Witos dankte spätet
dem Nuntius im Namen des Parlaments für
seinen Anteil an jenem Ereignis, das matt
„Das Wunder der Vistula" nennt.
Oie Oevisenprozeffe
Sine Erklärung des Reichsjustizminiskmums
DNB. Berlin, 4. Juni.
Die Pressestelle des Reichsjustiz¬
ministeriums teilt mit:
Die „Germania" und die „Märkische Volks-
zeitung" haben eine Erklärung des erzbischöf-
lichen Ordinariats in Breslau zu den Verfah-
ren gegen katholische Geistliche und Angehörige
von Klöstern wegen Devisenverbrechens ver-
öffentlicht. Diese Erklärung ist geeignet, die
Öffentlichkeit über die Schwere der Anschuldi-
gungen gegen die Beteiligten irrezufllhren. Im
Einzelnen ist festzustellen:
1. Das erzbischöfliche Ordinariat besitzt nicht
die Unterlagen, die es instand setzen würden, zu
dem sachlichen Inhalt der Verfahren Stellung
zu nehmen.
2. In der Erklärung wird die Frage aufgewor¬
fen, ob die Beteiligten nicht aus Unkenntnis
oder Irreführung seitens dritter Personen ge-
handelt haben.
Tatsächlich waren von den bis jetzt verurteil-
ten Ordensangehörigen die drei Haupttäter in
vollem Umfang geständig. Sie haben zugegeben,
gewußt zu haben, daß die unbefugte Verbrin-
gung von Reichsmarkbeträgen ins Ausland straf-
bar ist. Außer diesen Personen haben in den
noch schwebenden zurzeit 60 Verfahren bisher
25 beschuldigte Geistliche und Ordensangehörige
eingeräumt, bewußt gegen die Devisenbestim-
mungen verstoßen zu haben. Die Eesamthöhe
der Summen, die zugegebenermaßen bewußt ver-
botswidrig ins Ausland verbracht wurden, oder
Mittwoch, de« 8. Ju«i 1988
«r. irs
Sicht auf Ragusa ,
Merkwürdig, dieser kristallisierte Traum mit-
telalterlicher Baukunst — anders vermögen wir
Ragusa oder, wie es jugoslawisch heißt: Du-
brownik, nicht zu nennen — entzieht sich zunächst
bei der Ankunft dem Reisenden. Gelangt er zu
Schiff mit den kleinen Salondampfern der jugo-
slawischen Linien von Susak, Triest, Venedig
oder von Split (Spalato) nach Dubrownik, so
landet er in der Hafenstadt Eruz, die von den
Zypressen- und Pinienhainen der Halbinsel La-
pad und dem hohen Bergrücken der Landseite
begrenzt wird. Schiffe und Züge der Zweigbahn
Serajewo—Herzegnowi treffen meistens am
späten Abend ein. Mit ungeheurem Geschrei
stürzt sich das Heer der wartenden Hotelportiers
und der Taxichauffeure auf die Ankömmlinge,
die sie mit untrüglicher Sicherheit als Englän-
der, Amerikaner und Deutsche diagnostizieren.
Mit wunderbar erhaltenen, ungeheuer starken
Mauern und gewaltigen Türmen umpanzert
und durch eine künstliche, tiefe Schlucht von der
Landseite getrennt, drängt sich der Stadtkern
dem freien Meer entgegen. Hohe, zarte Kampa-
nile der alten Klosterkirchen überragen mit den
eleganten Kuppeln der Kathedrale und der
St.' Vlasiuskirche das zusammengedrängte Ge-
wirr der engen Gassen. Aber immer wieder
trotzen darüber hinweg die Umrisse des Festungs-
kranzes, der vor allem am Eingang zum Alt-
hafen von einer unbeschreiblichen Wucht ist.
-Diese einzigartige Geschlossenheit, die auch spä-
ter klug gewahrt worden ist, die herrliche Lags >
am Fuße einer hohen Berglehne und vielleicht
nicht zuletzt die herrlichen Möglichkeiten des
Blickes auf die Stadt zusammen mit einem
Klima, das dem von Capri gleich ist, haben den
Weltruf dieser Perle der Adria geschaffen.
Die kleinen, an sich so entzückenden jugoslawi-
schen Küstenorte der dalmatinischen Küste leiden
meistens unter dem Nachteil einer kahlen, öden
Umgebung, schroffer Karstbsrge ohne Wasser,
und darum auch meistens karger Veaetation.
Dubrownik ist neben Split und vor allem der
Bucht von Lattaro Vie große Ausnahme der ge-
samten Küste. Die Stadt besitzt eine ausoezeich-
nete Wasserleitung und wohl das kälteste Wasser
und zugleich auch das reinste, das ich jemals in
einem der vielen Küstenor^e trank.
Einige Kilometer von der Stadt entfernt
liegt das Paradies der Ombla-Quelle. Man
nennt es bescheiden „Quells". Aber ein mächti-
ger Strom quillt hier — eines der bekannten
Karstwunder — Plötzlich aus einer steilen, 700
Meter hohen Felswand mit einer ungeheuren
Gewalt hervor. Wundervolles klares und eis-
kaltes Wasser. Wenige hundert Meter nur
fließt die Ombla. um dann in einem herrlichen
Fjord kurz vor dem Hafen Gruz in die Adria
zu münden. Dieser Wasserreichtum hat das
Omblatal zu einem der schönsten Orte gemacht,
die Dalmatien aufzuweisen hat. Ein idyllisches
kleines Klosterkirchlein überragt die üppig süd-
liche Vegetation des Tales auf kleinem Hügel.
Und wer jemals nach Ragusa gelangen sollte,
darf niemals versäumen, in einem kleinen
Schiffergasthaus einen unvergleichlichen Fluß-
fisch mit dem herrlichen Prosecco, dem teuersten
dalmatinischen Rosinenwein, zu genießen, vor sich
einen der schönsten Ausblicke ganz Dalmatiens..
Auf der kleinen Insel Lokrvm vor den Toren
der Stadt hatten sich die Habsburger angesiedelt,
um aus dieser Insel ein Pflanzenparadies zu
schaffen. In der verträumten Stille des alten
Klosterganges, überwuchert von einer unvorstell-
baren Pracht von Rosen, Palmen, Glyzinien,
haben seit Jahrzehnten immer wieder Menschen
aus allen Ländern Europas angesichts des wei-
ten Blickes über das Meer Und die weiße Pracht
der ragenden Mauern Ragusas auf dieser klei-
nen Insel jene große Versuchung gespürt, alles
zu verlassen, um hier die Zelte aufzuschlagen,
weil eine Steigerung der Eindrücke ihnen schwer-
lich möglich erschien.
Das ist Ragusas Umgebung' Die an sich so
kleine Stadt mit ihren 15 000 Einwohnern birgt
eine solche Fülle von Kunstschätzen, daß Man
Tage damit verbringen kann, sie eingehend zu
besichtigen. Nur zu oft sind Vergleiche mit Vene-
dig gezogen worden. Wit Venedig, das viele
hundert Jahre lang nicht imstande war, das da-
mals so mächtige, freie Ragusa zu unterwerfen.
Und diese Handelsrepublik unter der Herrschaft
einer Adelsoligarchie entfaltete zeitweise einen
Glanz und eine Pracht, die durchaus mit den
großen Handelsstädten des Mittelmeeres wett-
eifern konnte. Wenn nicht im 17. Jahrhundert
ein furchtbares Erdbeben die reiche Republik
fast völlig zerstört hätte, würde vermutlich Ra-
gusa der weitaus schönste Ort der ganzen Adria
geworden sein. Die Kirchen sind voll von Tizians,
Adreas del Sartos! Der Domschatz birgt eine
kaum faßbare Fülle erlesenster Gold- und
Emaillearbeit, obgleich es nur ein Sechstel von
dem ist, was das Erdbeben übrig ließ.
Das Schönste wird aber für mich immer der
Rektorenpalast bleiben, das Wahrzeichen von
Ragusa. Im Vergleich zu der Wucht des Dogen-
palastes in Venedig mit seiner Mischung von
beinahe reinem Kitsch und wundervoller Grazie
erscheint mir die vollendete Mischung von später
Romanik und italienischer Spätgotik, die durch
die verschiedenen Brände in der Geschichte dieses
einzigartigen Bauwerks entstand, als eines der
herrlichsten profanen Bauwerke, die Europa auf-
zuweissn. hat. Die vollendete Harmonie, des
Grundrisses und des Innenhofes ist in der ge-
samten Kunstgeschichte etwas so Einmaliges wie
der Dresdener Zwinger!
Ich traf einmal auf einem kleinen Dampfer
mit einem bekannten Maler zusammen, der die
Schönheiten dieser Küste kannte wie kein Zwei-
ter und fragte ihn, weshalb er noch niemals den
Versuch gemacht hätte, das unvergleichliche Far-
benspiel des Sonnenunterganges mit einem auf-
zrehenden Gewitter im alten Hafen von Ragusa
festzuhalten. Sein Blick ging mit einer unbe-
schrerblrchen Trauer und Entsagung diese einzig-
artige Küste entlang: „Diese Stadt ist so schön
Farben so unvorstellbar bunt, daß jedes
Vrld kitsch^ wirken müßte." Eine vielleicht ver-
blüffende Erkenntnis, aber die einzig wahre!
Or. Vo.
Der Streik in der französischen Staatsdruckerei
hat tzch weiter verWixiL-,
Sie Organisation
der Luftfahrt
DNV Berlin, 4. Juni.
In Ergänzung der über die Auswirkungen
des Wehrgesetzes gemachten Veröffentlich-
ungen wird über die Organisation auf dem
Gebiet der Luftfahrt folgendes bekanntge-
geben:
Oberste Reichsbehörde für die Luftfahrt ist
das Reichsluftfahrtministerium. An
seiner Spitze steht der Reichsminister der Luft-
fahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe Gene-
ral der Flieger Hermann Göring. Seine
Befugnisse als Reichsminister der Luftfahrt wer-
den durch seine Zugehörigkeit zur Wehrmacht
als Oberbefehlshaber der Luftwaffe nicht be-
rührt.
Wie das Heer das Reich in Wahlkreise teilt,
so hat die Luftwaffe sechs Luftkreiskom-
mandos in Königsberg, Berlin, Dresden,
Münster, München und Kiel gebildet, die die
militärische Vefehlsgewalt ausüben und an deren
Spitze ein Befehlshaber im Generalsrang steht.
Die Luftfahrtverwaltung liegt in Händen von
15 Luftämtern in Königsberg, Stettin,
Kiel, Berlin, Magdeburg, Hannover, Breslau,
Dresden, Weimar, Frankfurt a. M., Münster,
Köln, Nürnberg, München und Stuttgart.
Mandschurischer Militärzug zur Entgleisung
gebracht
Hsinking, 4. Juni
Nach einer amtlichen Mitteilung haben in der
Nacht vom 2. zum 3. Juni Banditen bei Tung-
liao (früher genannt Paiyinteilai) einen mand-
schurischen Militärzug zur Entgleisung gebracht.
Die Lokomotive und neun Wagen wurden zer-
trümmert. Dabei fanden drei mandschurische
Offiziere und 34 mandschurische Soldaten den
Tod, eine große Anzahl wurde verletzt. Die
Banditen sind in Richtung Kailu geflüchtet.
Mandschurische und japanische Kavallerie hat
ihr Verfolgung ausgenommen-
Berufung im Devisenprozetz
DNB. Berlin, 4. Juni
Der kürzlich vom Berliner Schnellschöffenge-
richt wegen fortgesetzten Tevisenverbrechens zu
zehn Jahren Ehrverlust und 350 000 RM. Geld-
strafe verurteilte Franziskanerpater Otto Gärt-
ler aus Waldbreitbach, Kreis Neuwied hat gegen
das Urteil Berufung eingelegt. Der Fall wird
noch einmal vor der Vierten Großen Strafkam-
mer aufgerollt werden. Bis zur Bernfungsver-
handlung dürften noch einige Wochen verstreichen.
„Daily Herald" zufolge rechnet man in politi-
schen Kreisen Londons damit, daß Baldwin neben
dem AMt des Ministerpräsidenten auch das Ämt
des Außenministers übernehmen wird.
Empfänge zu Ehren der deutschen Flotten-
abordnung in London
DNB. London, 4. Juni.
Im Royal Automobil-Club veran-
staltete die Gattin des deutschen Marineattachss
in London, Frau Waßner, am Dienstagnach-
mittag einen Empfang für die deutsche Flotten-
abordnung, zu dem Vertreter des englischen
auswärtigen Amtes, der Admiralität, der
deutsche Botschafter sowie Vertreter der in- und
ausländischen Presse erschienen waren. Am
Dienstagabend waren die Mitglieder der deut-
schen Abordnung Gäste im Hause des stellvertre-
tenden Unterstaatssekretärs Craigie. Die Ver-
handlungen, die am Dienstag iln Foreign-
Office begannen, werden am Mittwoch in den
Räumen der Admiralität fortgesetzt. Ueber die
Besprechungen am Dienstag ist eine amtlich'e
Mitteilung nicht ausgegeben worden. Die Ab-
ordnung wird am Mittwoch das Mittagessen
bei Ministerpräsident MacDonald einnehmen.
Abkommen zum deutsch-
amerikanischen Handelsvertrag
DNB Washington, 4. Juni
Der deutsche Botschafter und Staatssekretär
Hüll unterzeichneten am Montag ein Abkom-
men, wodurch der gegenwärtige Handelsvertrag
der am 14. Oktober abgelaufen wäre, verlän-
gert wird. Das neue Abkommen enthält nicht
die Meistbegünstigungsklausel des gegenwärtig
geltenden Vertrages.
Am 13. Oktober v. I. ist, wie der DHD
schreibt, von Deutschland der Handelsvertrag
gekündigt worden, weil der deutsch-amerikanische
Güteraustausch im Hinblick auf die Entwicklung
der wirtschaftlichen Verhältnisse neugeordnet
werden mußte. Insbesondere waren die von der
Reichsregierung als revisionsbedürftig bezeich-
neten Bestimmungen des Artikels VII (Meist-
begünstigung) in gewissen Teilen durch die in
den letzten Jahren eingetretenen Veränderungen
der wirtschaftlichen Verhältnisse überholt. Durch
die Verlängerung des alten Handelsvertrages
unter Ausschluß der Meistbegünstigungsklausel
ist dem deutschen Verlangen entsprochen worden-
Deutscherseits ist die Bereitwilligkeit erklärt
Rekordfahrt der „Normandie"
DNV Paris, 4. Juni.
Der neue französische Personendampfer „Nor-
mandie" hat auf seiner Jungfernreise nach New-
york eine Rekordfahrt gemacht. Für die lieber-
fahrt von Südengland Lis zur Hudson-Bucht
wurden 4 Tage, 2 Stunden, 14 Minuten be-
nötigt, während der von der „Bremen" gehaltene
Rekord 4 Tage, 14 Stunden, 27 Minuten be-
trug. Die „Normandie" hat eine Durchschnitts-
geschwindigkeit von 55,522 Stundenkilometern
erreicht.
Dis Londoner
Flottenbesprechungen
DNB London, 4. Juni
Die deutsch-englischen Flottenbesprechungen
wurden am Dienstag früh im Foreign
Office eröffnet. Auf deutscher Seite nahmen
teil Botschafter von Ribbentrop, Admiral s
Schuster, Korvettenkapitän Kider len und!
der deutsche Marineattachä in London, Kapitän
Wassner. Die englischen Vertreter sind der j
stellvertretende Unterstaatssekretär im Foreign
Office, Craigie, der stellvertretende Chef
des Marinestabes, Vizeadmiral Little und
Kapitän Dancworths.
Zu Beginn der Besprechungen begrüßte der
englische Außenminister Sir John Simon
die Flottensachverständigen im Namen der bri-
tischen Regierung, unmittelbar darauf wurde
in die sachlichen Besprechungen eingetreten,
Die deutsch - englischen Flottenbesprechungen
wurden am Dienstag mittag um 14,45 Uhr nach
über dreistündiger Dauer auf den Nachmittag
vertagt und um 16 Uhr wieder aufgenommen.
Die Besprechungen während des Nachmittags
dauerten fast anderthalb Stunden.
über die im Ausland verfügt wurde, geht in die
Millionen.
Soweit Geständnisse nicht vorliegen, ergibt sich
in einer ganzen Reihe von Fällen neben ande-
rem aus der Art der Begehung der Zuwider-'
Handlungen, aus dem Verbergen der Beträge
in der Ordenskleidung, aus der Vernichtung
oder anderweitigen Beiseiteschaffung der Bü-
cher, aus der falschen Buchführung und aus fin-
giertem Schriftwechsel, daß die Beschuldigten
sich der Strafbarkeit ihres Handelns bewußt
waren
3. Das erzbischöfliche Ordinariat behauptet,
daß die bischöflichen Ordinariate bei den vor-
gekommenen Handlungen von Ordensleuten
nicht beteiligt seien. Tatsächlich sind im Laufe
der Ermittlungen aufgrund richterlichen Haft-
befehls einige leitende Ordinariatsbeamte fest-
genommen wordent Gegen einen Generalvikar
hat der Eeneralstaatsanwalt in Berlin bereits
Anklage erhoben.
Die Erklärung des erzbischöflichen Ordina-
riats enthält Anschuldigungen gegen die deutsch?
Rechtspflege. Das Ordinariat glaubt, „einer
späteren Zeit müsse es vorbehalten bleiben, un-
beschadet der Achtung vor den schwebenden ge-
richtlichen Verhandlungen, ein ruhiges, alle Mo-
mente abwägendes Urteil über die genannten
Vergehen in ihrer Gesamtheit zu treffen". Darin
kommt zum Ausdruck, daß die deutschen Gerichte
jetzt nicht in der Lage seien, ein ruhiges, alle
Momente abwägendes, also gerechtes Urteil zu
fällen. Namens der deutschen Rechtspflege wird
diese Auffassung entschieden zurückgewiesen.
worden, über eine nunmehr an Stelle des auf-
gehobenen Artikels VII tretende Neuregelung
mit dek amerikanischen Regierung zu verhan-
deln.
Die Bankseiertage in Danzig
Durchführungsverordnung
DNB Danzig, 4. Juni
Der Danziger Senat hat gut Durchführung
seines Beschlusses siber die Einführung von
VaNkfeiertagen mit Wirkung vom Diens-!
tag eine Verordnung erlassen. Darin wird
u. a. bestimmt, daß für die Bank von Danzig
sowie sämtliche Banken, Sparkassen usw. ab
heute die Werktage bis auf weiteres zu Bank-
feiertagen erklärt werden. Auch die amtlichen
Effekten- und Devisenbörse bleibt während der
Bankseiertage geschlossen. Für den 4. und 5.
Juni ruht auch der Postüberweisungsverkehr
nach dem Auslande. Bestimmte Wechselkassen
sind offen zu halten, jedoch nur zur Entgegen-
nahme von ausländischen Zahlungsmitteln-
Wie lange die Bankfeiertage ausgedehnt wer-
den sollen, wird in der Verordnung Nicht an-
gegeben. Es wird jedoch angekündigt, daß für
die Aufrechterhaltung von Lohnzahlungen des
Hafen- Und Schiffsverkehrs, des Marktverkehrs
sowie des sonstigen dringenden Zahlungsver-
kehrs weitere Bestimmungen für die Zeit ab
Donnerstag, den 6. Juni ergehen werden. Für
Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung
werden hohe Geld- und Freiheitsstrafen ange-
droht.
Zn Kurze
Ter Führer und Reichskanzler hat den Präsi-
denten der Republik Uruguay drahtlich zu seiner
Errettung von dem Attentat beglückwünscht und
ihm dabei seine besten Wünsche für baldige Wie-
derherstellung übermittelt.
*
Nach den bei der Deutschen Seowarte vorlie-
genden Meldungen landete das Luftschiff „Graf
Zeppelin" am Dienstag gegen 19 Uhr in Per-
nambuco; am Mittwoch erfolgt der Start zur
Weiterfahrt nach Rio de Janeiro.
Generaloberst von Linsingen ist seit 1^ Wo-
chen ernstlich an einer Bronchitis erkrankt. Ange-
sichts seines hohen Alters besteht zwar Anlaß ZU
! einiger Besorgnis, es ist aber zu hoffen, daß die
bisher stets bewährte Konstitution des General-
obersten sich doch wieder durchsetzen wird.
Ter schweizerische Gesandte in Warschau, Mi-
nister Dr. Haus Albrecht von Segesser, ist ach
einem Herzleiden im Alter von 58 Jahren in
Bad Nauheim gestorben. Während der Ruhrbe-
setzung war er schweizerischer Generalkonsul in
Köln. Im Herbst 1924 hatte ihn der Bundesrat
auf den Warschauer Gesandtenposten berufen.
Die Jahresrechnung 1964 der Stadtgemeiud«
München schließt mit einem Ueberschuß von einer
halben Million RM. ab, der dem Tilgungsfond
zur Tilgung kurzfristiger Schulden zuaeiührt
wird.
Der Papst und pilsudski
Allgemein bekannt ist, daß der verstorbene
polnische Marschall Pilsudski ein eifriger und
tiefgläubiger Katholik war. Weniger bekannt
dürfte es sein, daß er auch ein persönlicher
Freund des Papstes war. Die Freundschaft
zwischen ihm und dem Hl. Vater stammt aus
den ersten Jahren nach dem Weltkrieg, als der
damalige Msgr. Ratti von Benedikt XV. als
apostolischer Visitator nach Polen geschickt wur-
de. Er wurde von Marschall Pilsudski herzlich
begrüßt, und während seines jahrelangen Auf-
enthalts in Polen zeigte der Visitator und spä-
tere Nuntius eine aufrichtige Zuneigung für
den Diktator. Aber auch der Marschall gab
dem zukünftigen Papst zahlreiche Beweise seiner
Freundschaft. Im Jahre 1919 zum Nuntius er-
nannt, wurde Msgr. Ratti auf seinen ausdrück-
lichen Wunsch in der St. Januskathedrale in
Warschau zum Titular-Erzbischof von Lepanto
geweiht. Der Marschall wußte diese Geste zu
schätzen. Er wohnte persönlich der Zeremonie
bei, an der Spitze der nationalen Führer des
religiösen, politischen und militärischen Lebens.
Auf einem besonderen Stuhl sitzend, gab er mit
dieser Haltung seiner Freundschaft für den neu-
en Erzbischof und die Kirche öffentlich und of-
fiziell Ausdruck. Er war sich der Bedeutung
des Heiligen Stuhles für Polen wohl bewußt
und sorgte dafür, daß die Beziehungen zwischen
ihm und seinem Land stets die besten blieben.
Er war fest entschlossen, die Freundschaft des
Nuntius für Polen und sich selbst zu erhalten.
Msgr. Ratti seinerseits versicherte wiederholt,
daß er für den Marschall in seinem Herzen ein
besonderes warmes Fleckchen bewahrt halte.
Einmal fragte ihn der englische Vertreter, Sir
Horace Rumbold, nach seiner Meinung über
Pilsudski. „Jedesmal, wenn ich den Marschall
sehe", antwortete Msgr. Ratti, „sage ich ihm,
daß ich nicht mit ihm übereinstimme, und daß
ich seine Entschlüsse und seine Politik für einen
Fehler halte. Gewöhnlich lacht er mich aus.
Aber später sehe ich dann immer ein, daß er
recht gehabt hat und ich unrecht. Er aber weiß
das schon vorher " Auch mit den Kindern des
Marschalls, Iadwiga . und Wanda, war der
Nuntius sehr befreundet. Nachdem er Papst ge-
worden war, kam jedes Jahr zu Weihnachten
und Ostern ein Paket aus Rom mit gesegneten
Rosenkränzen und anderen frommen Gegenstän-
den, dazu ein Brief vom Heiligen Vater. Als
Pilsudski im Jahre 1920 die Bolschewisten in
der Schlacht von Warschau besiegte, war Msgr.
Ratti einer von den wenigen diplomatischen
Vertretern, die sich weigerten, Warschau zu ver-
lassen. Er hielt die ganze Nacht der Belagerung
aus und ermutigte die Bevölkerung mit Gebe-
ten und die Armee mit seinem Segen. Der Mi-
nisterpräsident von Polen Witos dankte spätet
dem Nuntius im Namen des Parlaments für
seinen Anteil an jenem Ereignis, das matt
„Das Wunder der Vistula" nennt.
Oie Oevisenprozeffe
Sine Erklärung des Reichsjustizminiskmums
DNB. Berlin, 4. Juni.
Die Pressestelle des Reichsjustiz¬
ministeriums teilt mit:
Die „Germania" und die „Märkische Volks-
zeitung" haben eine Erklärung des erzbischöf-
lichen Ordinariats in Breslau zu den Verfah-
ren gegen katholische Geistliche und Angehörige
von Klöstern wegen Devisenverbrechens ver-
öffentlicht. Diese Erklärung ist geeignet, die
Öffentlichkeit über die Schwere der Anschuldi-
gungen gegen die Beteiligten irrezufllhren. Im
Einzelnen ist festzustellen:
1. Das erzbischöfliche Ordinariat besitzt nicht
die Unterlagen, die es instand setzen würden, zu
dem sachlichen Inhalt der Verfahren Stellung
zu nehmen.
2. In der Erklärung wird die Frage aufgewor¬
fen, ob die Beteiligten nicht aus Unkenntnis
oder Irreführung seitens dritter Personen ge-
handelt haben.
Tatsächlich waren von den bis jetzt verurteil-
ten Ordensangehörigen die drei Haupttäter in
vollem Umfang geständig. Sie haben zugegeben,
gewußt zu haben, daß die unbefugte Verbrin-
gung von Reichsmarkbeträgen ins Ausland straf-
bar ist. Außer diesen Personen haben in den
noch schwebenden zurzeit 60 Verfahren bisher
25 beschuldigte Geistliche und Ordensangehörige
eingeräumt, bewußt gegen die Devisenbestim-
mungen verstoßen zu haben. Die Eesamthöhe
der Summen, die zugegebenermaßen bewußt ver-
botswidrig ins Ausland verbracht wurden, oder