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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 77-149)

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Nr. 141 - Nr. 149 (20. Juni - 29. Juni)
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^Helbelberger Lolksblatt"-Montag, -en 24. Juni 1WS

Seite S

Line Hochschule für Schädlingsbekämpfung


unser Vaterland in gro-

no-ch einer zweiten

deren Weinkenntnis
Und wem löste diese
diese Vergangenheit
genossene Weine nicht

im Leben verwirklichte Traum Irgendetwas
wallt im Schlesier des Tieflandes aus, wenn er
die Vorposten der großen Gebirgszüge, den
Zobten im Norden und die Bischosskoppe im
Süden, die Landeskrone bei Görlitz, am Hori-
zont ans tauchen sieht. So hat er sich immer
einen Berg vorgestellt, so steil und so hoch er-
haben über der Landschaft! Nur der Kaiser-
stuhl am Rhein ist damit zu vergleichen.
Aber nirgendwo gibt es in Deutschlands
Mittelgebirgen eine Strecke, die sich an Länge
und an unvergleichlichem Wechsel der Eindrücke
vergleichen ließe mit einer EifeNbahnfahrt von
Patschkau oder Neiße nach Görlitz! Der steile
Neißedurchbruch bei Wartha, die bizarren
Sandsteinformation-en der tzeus-cheuer, die dunk-

Jmmer mehr kommt neuerdings mit dem Sie-
geslauf des Autobusses als Verkehrsmittel für
weite Fahrten der Glaube auf, man könne Land-
schaften nun wirklich vom Reiseautobus aus ge-
nießen. Sicherlich trifft dies für die wundervol-
len, modernen Aussichtswagen zu, die heute in
allen Gegenden Deutschlands bereits verkehren.
Wieviel aber der durchschnittlichen Autobusse
können für sich in Anspruch nehmen, daß sie dem
Reisenden die Möglichkeit des Eisenbahnabteils
bieten, die Landschaft zu beschauen? Vor allem
etwa dann, wenn, wie es vielfach bei Gebirgs-
fahrten der Fall ist, im Sommer der Zug sich aus
Aussichtswagen mit Plattformen zusammensetzt.
Es ist an der Zeit auch einmal das Lob deutscher
Gebirgsfahrten auf Eisenbahnen zu singen und
dabei vielleicht auch einmal auf einzelne Strei-
ken hinzuweisen, die zu den schönsten gehören.
Millionen kennen die herrliche Fahrt im
Eisenbahnwagen den Rhein entlang von Bonn
bis Frankfurt, mag man nun auf dem rechten
oder linken Ufer fahren. Derartige Fahrten ha-
ben ja eigentlich immer den Vorteil, daß auf
der einen Seite die steile Wand des Gebirges
liegt, auf der anderen Seite die Talseite. Nicht
nur die Rheinsahrt aber genießt mit vollstem
Recht so hohen Ruf, sondern ebenso sehr die
Schwarzwaldbahnen von Freiburg nach
Tuttlingen und von Offenburg nach Willingen.
Die Strecke München—Salzburg tritt dagegen
sogar ein wenig zurück trotz des wundervollen
Alpinenpanoramas am Horizont. Die im Bau
befindliche Reichsautobahn, die große deutsche
Alpenstraße der Zukunft, wird dem Mangel ab-
helfen, den die deutschen Eisenbahnen infolge
ihrer Linienführung haben müssen. Wir werden
dann endlich auf deutschem Boden die unver-
gleichlichen Schönheiten der Alpen voll in uns
aufnehmen können.
Bei einer derartigen Aufzählung darf man
auch nicht die Fahrten entlang der W e r r a und
Weser, am Neckar, auch nicht die Ergebirg-
reise vergessen. Aber unsere stille Liebe gehört
nun einmal anderen, abseitigen Bahnen,
wenn wir von den vielen kleinen Zweigbahnen
schweigen wollen, die
ßer Zahl aufweist.
„Moselfahrt aus
einer unserer besten

Diesem höhen Ziel dient auch eine in
Landsberg an der Warthe errichtete,
großangelegte Versuchsstation, die ein-
zige dieser Art in der ganzen Welt, wo die so
überaus wichtige Frage der GrünlaNdschädling-s
einer Lösung entgegengeführt wenden soll. Mi¬

kroskopische Untersuchungen, Anba-uerperimente
und Vernebe-lungsversuche vereinigen sich hier
zur Ermittlung der wirkungsvollsten Bekämp-
fungsmaß nahmen, durch deren zielbewußte
Anwendung die landwirtschaftliche Erzeugungs-
schlacht neuen Boden gewinnen soll.

ich nichts mit ihm zu tun halben." Tatsächlich
scheiterten an Avo-rys unbestechlichem Urteil
die geschicktesten Anwälte des Landes.
Im Lauf seiner langen Rechtsanwalts- (jeder
Richter muß in England mindestens zehn Jahre
Anwalt gewesen sein) und Richter!aufbahn
hatte Avory sich eine immense Kenntnis der
englischen obersten Gerichtsentscheidungen an-
geeignet, die in England bekanntlich eine grö-
ßere Rolle spielen als das geschriebene. Recht.
Er galt daher unter seinen Amtsgenossen als
eine leibende Enzyklopädie des Rechts, der nie
ein richterlicher Irrtum unterlief.
(Nach englischen Zeitungen.)
Hunde warnten in Quetta
Zu der furchtbaren Erdbebenkatastrophe in
Quetta schrieb dieser Tage ein Leser eines eng-
lischen Blattes, der Augenzeuge der Kata-
strophe gewesen war:
„Das Sonderbarste war, daß in der Nacht
des Erdbebens kein Hund in Quetta dazu zu
bewogen war, ins Haus zu kommen. Ein
Mann wurde buchstäblich durch seinen Hund
gerettet, der im Freien gelblieben war und
bellte; er versuchte den Hund mit Gauralt ms
Haus zu ziehen, als das Erdbeben ausbrach
und sein Haus znsammenstürzte. Auch keine
Krähen und Spatzen schliefen aus den Bäu-
men; sie saßen alle auf der flachen Erde."
Leider verstanden die Menschen das seltsame
Verhalten der Tiere nicht zu deuten, andern-
falls hätte das Erdbeben so gut wie keine
Opfer zu fordern brauchen.
(Nach englischen Zeitungen.)

Am Auftrage des Reichsministeriums
des Innern ist kürzlich in den Räumen
der Reichsfachschaft deutscher Desinfekto-
ren in Berlin die erste und wohl auf der
ganzen Welt einzig dastehende Hochschule
für Schädlingsbekämpfung, den Schutz
von Menschen, Tieren, Vorräten und
Pflanzen vor Zerstörung und Infektion
durch Ungeziefer und Bakterien, eröffnet
worden.
Eine der größten volkswirtschaftlichen Auf-
gaben im neuen Deutschland von höchster ma-
terieller, kultureller und sozialer Bedeutung ist
hie Schaden- und Schädlingsbekämpfung.
Durch menschliche Unzulänglichkeit
werden im Jahre in Deutschland Güter und
Werte aller Art im Gesamtbeträge von nicht
weniger als fünf Milliarden Mark
vernichtet, wovon etwa zweieinhalb Mil-
liarden Mark auf tierische und pflanzliche
SchMkinge aller Art im Acker-, Obst- und
Weinbau, sowie Vorratsschutz treffen.
Die Krautfäule im Kartoffelbau verursacht
allein Jahresschäden im Betrage von 700 Mil-
lionen Mark. Ratten und Mäuse vernichten
alljährlich Werte von 400 Millionen Mark.
Man vermag dies nur zu begreifen, wenn man
weiß, daß ein Rattenpaar mit feinen
860Nach kommen innerhalb eines einzigen
.Jahres nicht weniger als 600 Zentner
Brot verbraucht, während ein einziges
'Mäusepaar mit feinen 480 Nachkommen es im-
merhin noch auf 17 Zentner Speck bringt. Der
Unscheinbare Kornkäfer vernichtet alljährlich
Getreide im Werte von 100 Millionen Mark,
ebenso die Rübenblattwanze und die Obstmade.
Das Unkraut in Feld, Wiese und Garten bean-
sprucht alljährlich etwa 600 Millionen Mark,
was ungefähr fünfzehn Prozent des
Durchschnittsertrages einer guten deutschen Ge-
treideernte entspricht. Rost, Brandpilz und
andere Schädlinge richten Jahresschäden von
400 Millionen Mark an, während Obstkrank-
heiten je nach dem Ernteausfall 270—470 Mil-
lionen fordern. Außerdem gibt es jedoch noch
eine große Anzähl der Allgemeinheit so gut
wie unbekannter Schädlinge, darunter der aus
-Ostasi-en eingewaNderte, erst 1932 in Deutsch-
land entdeckte Samenzünsler, ein höchst gefähr-
licher Kleinschmetterling, die Kakao- und die
Mehlmotte, sowie der Teppichkäfer, die alle er-
'deuklichen Substanzen anfallen und im Gehei-
men gleichfalls die größten Schäden anrichten.
Man «hat ausgerechnet, daß im fliegen-
freien Kuhstall die Kühe tm Durchschnitt am
Tag anderthalb Liter Milch mehr
„geben als sonst, weil die Tiere mehr Ruhe
hüben. Auch gibt das Vieh, wie durch eine
Umfrage bei Fleischern festgestellt wurde, viel
"vollwertigeres Fleisch, wenn es von Fliegen
verschont bleibt. Die Fliege schädigt somit die
deutsche Volkswirtschaft in fünf Monaten um
nicht weniger als 550 Millionen Mark. Dabei
gibt es ein völlig unschädliches und geruchloses
Mittel, das nach nur einmaligem Gebrauch
.den Stall vollkommen fliegenfrei macht. Es ist
,der Blütenstaub einer australischen Wasser-
pflanze, mit dem man die Stallwände bespritz:,
.woraus innerhalb von zehn Minuten jede
Fliege das Zeitliche segnet. Auch wäre der Er-
trag der deutschen Obsternte um mindestens ein
-Viertel zu steigern, falls man sich dazu ent-
schließen könnte, die Obstbäume, wie dies
in Amerika längst geschieht, gegen Schädlinge
zu vergasen.
Rechnet man hierzu noch die Bedeutung vie-
ler tierischer Schädlinge als Träger und Ver-
breiter von Krankheitskeimen, so vermag man
zu ermessen, wie notwendig es ist, in Stadt
uud Land eine Armee von geschulten Leuten
auf die Beine zu stellen, die ähnlich wie die
Feuerwehr in Brandsalben allenthalben ein-
greift und die Schädlinge in einträchtigem Zu-
sammenwirken mit den Behörden und der Be-
völkerung planmäßig vernichtet.
Man trifft in dem neuerrichteten Institut
Nicht nur berufsmäßige Schädlingsvertilger
wie z. B. Kammerjäger, sondern auch Land-
wirte, Gärtner, Lagerverwalter und Studen-
ten der verschiedensten Fakultäten auf der
Schulbank. Ihre Aufgabe ist es, die wissen-
schaftlichen Erkenntnisse aus den neuesten Ver-
suchen und Forschungsergebnissen in der Schäd-
lingsbekämpfung in sich auszunehm-en und, mit
diesem fachlichen Rüstzeug gewappnet, dann
Aufklärung und Belehrung in weiteste Vvlks-
! kreise zu tragen. Die breite Masse ist noch so
>gnt wie gar nicht über Aufgaben und Bedeu-
tung der Schädlingsbekämpfung unterrichtet.
„Wie wäre es sonst möglich, -daß der einzelne
'Landwirt alljährlich Taus ende den
'Schädlingen in Haus, Hof, Feld und Garten
opfert, ohne ernstliche Versuche zu machen, die-
-sen Schädlingen mit wirksamen Mitteln ent-
gegenzutreten? Die neu gegründete Hochschule
Masst somit einen ganz neuen Beruf: den
„Schädlingsbekämpfer, mit dessen Hilfe -die jähr-
liche Schadensziffer -in der deutschen Volkswirt-
schaft von zweieinhalb Milliarden, die etwa
der halben Jahresproduktion des gesamten
deutscher: Bergbaues oder dem Dauerverdienst
von anderthalb Millionen Erwerbslosen ent-
spricht, möglichst bald aus ein erträgliches Maß
yevabgedrückt werden soll.

Liebeskummer" betitelt
Schriftsteller eine ent-
zückende Novelle, die uns zugleich die Autofahrt
die Mosel entlang mit hinreißender Kunst
schildert. Man braucht aber nicht aus Liebes-
kummer, noch aus ungestilltem Weindurst die
gesegneten Gehänge der Mosel entlang zu fah-
ren. Es genügt vielleicht schon, einmal im Vor-
frühling und erst recht im Frühling und Som-
mer die Moseltalbahn entlang zu „bummeln".
Jawohl, „bummeln"! Ganz allein bin ich da
einmal gefahren in dem Aussichtsabteil mit
den riesengroßen Fenstern Stunde um Stunde
durch dieses Tal, das uns Deutschen soviel be-
deutet. Das „Bähnle" steuert unentwegt und
behäbig mitten durch die Landschaft, bald durch
Flußniederungen, bald eingezwängt zwischen
Landstraße und steilen Gehängen. Und niemals
hören auf beiden Seiten die Armeen der Reb-
stöcke auf, niemals die freundlichen Winzer»
Häuser, die Bildstöcke und Kapellen, die Burgen
und Ruinen aus stolzer Höhe, die schieferge-
deckten trutzigen Kirchtürme am Ende fast jeder
Biegung. Und man liest alle die Namen die
man voller Ehrerbietung und Sehnsucht auf
den Weinkarten großstädtischer Restaurants
überblättert. Das Moselvolk steht in einer ganz
anderen Beziehung zu dieser Kleinbahn als
sonst das Landvolk zur Eisenbahn stehen mag.
Sie fährt mitten durch ihre Dörfer beinahe
noch intensiver als es die Landstraße vermag.
Jeder kennt beinahe jeden, der damit fährt,
und den Fremden im Aussichtsabteil betrachtet
man mit wohlwollenden Neugier, vor allem
wenn er außerhalb der großen Reisezeit kommt.
Zuweilen steigt ein rundlicher, Gemütlichkeit
ausstrahlender Weingutsbauer ins Abteil, oder
ein alter Moselpfarrer,
mit Recht berühmt ist.
sinzig-artige Landschaft,
und die Erinnerung an
sofort die Zunge . . .?
Und dann möchte ich
Fahrt gedenken, die ganz anders ist. Wer kennt
schon im Westen, im Norden und :m Süden
Deutschlands die „S-ud-eteNbahn", wie man sie
nennen sollte, die Strecke von Camenz oder
G-latz nach Görlitz? Wer kennt schon überhaupt
die 'schlesischen Berge, die ja schließlich auch
östlich der Elbe liegen? Die Relchshauptstadt
weiß nm ihre Schönheiten. Für den Schlesier
des Flachlandes sind sie der bestimmt einmal

len Wälder des Eulengebirges und des WaL-
deNbuvger Berglandes! Unberührte Landschaft'
uNd geschäftige Industriezentren dicht neben*
einander! Und dann die großartige Fahrt am
Fuße des Riesen-gebirges entlang, mit den ti-sf-
bis in 'den Frühling hinein schneebedeckten Gip-.
fein. -Sie steigen wie eine dräuende Wand fast'
Plötzlich vor uns auf, 1200—1600 Meter hoch.-'.
Das bloße Auge erkennt die kahlen Halden,-
die Moore und Wiesen, die munteren Giebel
der vielen bekannten Bauden, die leuchtenden
Villen der unzähligen Kur- und Badeorte E
seinen Hängen. Am Schluß der Ausklang nach
'der Sicht aus das Jsergebirge noch die steilen
Kuppeln der Landeskrone bet Görlitz. Eine
Fahrt, die mit dem Bädeveilzug von Glatz
nach Görlitz allein über drei Stunden dauert.
Deutschlands Landschaften, seine Mittel-
gebirge vor allem, sind vielgestaltig wie die
keines anderen Landes. Aber mag die dunkle,
geschlossene Schönheit des Schwarzwaldes un-
erhört in ihrer Wucht sein und dem Glanz, den
ihr der Blick über das Oberrheintal gibt, mag
die Linie des Dhürmgerwaldes an Harmonie
ihresgleichen suchen, den beinahe grandiosen"
Wechsel der Eindrücke der Sudetenfahrt findet
nicht seinesgleichen! Und um' diese schsesischs
Landschaft liegt etwas vom beinahe tragischen
Hauch der Grenzwacht, der großen Scheidelinie,
die Ahnung der hemmungslosen Weiten im
Osten im Gegensatz zur wohlbehüteten Be-
grenztheit der anderen deutschen Gebirgsland-
schaften. Aber überall schlägt uns der treuher-
zige Dialekt der Schlesier entgegen, künden die
Zwiebeltürme d-en deutschen Barock und saube-
ren, schneeweißen Dörfer jene Siedlungen, d'S
immer seit uralter Zeit die Kennzeichen deut-
schen Volkstums trugen ....

die ganze Gesellschaft in ihrem Zustande schnell
einer Batterie geladener Stvand'kanonen glich.
Entsetzt hörte die Gattin des so eifrig trau-'
ernden Erben davon, daß ihr Man gar nicht
ins Amt gegangen war, sondern seinen Fleiß
diesmal -m einer Wirtschaft betätigte. Sie ging
also zu der Wirtschaft und ließ dort ihrem
Mann sagen, er möge nach Hause kommen«
Der sonst so liebevolle und aufmerksame Ehe-
mann dachte aber gar nicht daran, auch nur
herauszukommen. Und so sah sich denn Frau
Tusko schließlich gezwungen, ihren Mann selbst
herauszuholen. — Das war aber leichter ge-
sagt als getan. Der Versuch, den Mann zur
Heimkehr zu bewegen, endete zum Schluß mit
em-er wüsten Schimpferei, -in der sich Herr und
Frau Tüsko die unliebenswürdigsten Dinge an
den Kopf warfen. Weinend ging Frau Düfko
nach Hause. Noch nie hatte sie von ihrem
Mann ein schlechtes Wort zu -hören bekommen.
Die Nachbarn versuchten zwar, die weinende
Frau zu trösten, aber vergebens. Sve hatte sich
die bösen Worte ihres Mannes zu sehr zu Her-.
zen genommen. — Sie ging in ihre Wohnung
uUd nach einer halben Stunde übergab sie
einem kleinen Jungen einen Brief an -ihren
Mann. Sie selber ging auf den Speicher, um
sich dort, mit-einem handfesten Strick aufzuhän-
gen. Glücklicherweise kam aber gerade ein an-
derer Hausbewohner ebenfalls auf den Spei-
cher, der die schon bewußtlose Frau abschnitt
und sie in ihre Wohnung brachte. Empört lie-
fen die Nachbarn in die Wirtschaft und schlepp-
ten mit Gewalt den „glücklichen" Erben nach
Hause, -der in seiner Freude seine Frau -fast in
den Tod getrieben hätte. — Wie der Chronist
berichtet, wurde Herr Tusk-o, als er endlich be-
griffen hatte, was geschehen war, schnell nüch-
tern und söhnte sich mit seiner Frau aus.

Im Zeitalter der Technik. Wanda erzählte
begeistert: „Du, gestern habe ich- eine wunder-
volle Chopin-Sonate spielen hören!" — „So?"
. fragte die Freundin interessiert, ,Mvs für ein
als Avory; aber wenn -ich schuldig'wäre, möchte Stück war denn auf fdsr RüMits?"

Zn anderer Sprache
Fluch der Größe
Es ist für keinen Reisenden möglich, sich aus
dem bislang größten Schiff der Welt, der
„Normandie", im Lause einer Ueberfahrt zu-
re-chtzufinden. Wahrscheinlich sind auch die
Offiziere noch nicht völlig mit den Räumen des
Schiffes vertraut. Die Reisenden haben auch
gar nicht den Ehrgeiz, etwa -das ganze Schiff
'kennen zu lernen, die nähere Umgebung ihrer
Kabine genügt ihnen schon. Die Schiffahrts-
gesellschaft, der die „Normandie" gehört, bekam
nun dieser Tage em-e Bestellung, in -der es hieß:
„Ich möchte eine Kabine haben, von der ich
nicht länger als zehn Minuten bis zur See zu
-gehen habe..."
(Nach französischen Zeitungen.)
Notizen aus Auslandszeitungen
Der gerechte Richter
Noch kein Richter in England h-at im eng-
lischen Rechtsloben eine solche Lücke hinterlas-
sen wie d-er kürzlich verstorbene Mister Justic-e
Avory, der Richter Avory, -der sechzig Jahre
lang im Dienst des Rechts gestanden hat.
Avory war zweifellos der bekannteste Richter
Englands; er war darüber hinaus der gerech-
teste Richter. Avory 'hat die meisten Kapital-
verbrechen zu verhandeln gehabt, die es in
England im letzten Menschenalter gegeben hat.
In jedem Fall hat er die Verhandlungen so
geführt, daß sich- am Schluß etwa -ein Mör-
der, d-en er eben z u mTode verurteilt
hatte, bei Hm bedankte.
Ein sehr bekannter Engländer 'hat einmal
von ihm gesagt: „Wenn ich unschuldig wäre,
würbe -ich mir keinen anderen Richter wünschen

Eine MMkWichr Erbschaft
Wenn man sich vor Freude die Nase begießt..
In Csepel bei Budapest lebt Herr Julius
Tussko, -em braver, -arbeitsamer, -städtischer An-
gestellter. Jeden Morgen zieht er pflichteifrig
auf sein Büro, nachdem er sich von seiner Gat-
tin, mit der er in glücklicher, ungetrübter Ehe
lobt, aus das liebevollste verabschiedet. Dieses
Idyll wurde nun vor kurzem auf -eme sonder-
bare Weise gestört, ja, es Hütt» fast eine Tra-
gödie gegeben. Und das kam so:
Eines Morgens erhielt Herr Tusko die
traurige Nachricht, daß ein Onkel von ihm ge-
storben sei. Gemildert wurde diese Nachricht
durch ein Schreiben des Rechtsanwaltes des
Verstorbenen, in dem ihm mitgeteilt wurde,
daß der Onkel von Herrn Tusko 15 000 P-engö
hinterlassen habe, die nun ihm, dem Herrn
Tusko, zufielen. Der Rechtsanwalt forderte ihn
außerdem -aus, sich möglichst schnell zwecks Emp-
-fangnahme der Erbschaft zu melden.
Julius Tusko trauerte um seinen Onkel sicher
-ausrichtig, aber 'die unerwartete Erbschaft -ver-
setzte ihn doch in eine so freudige Stimmung,
daß er gar nicht erst zum Dienst ging, sondern
sich in eine Wirtschaft setzte und zu trinken be-
gann. Inzwischen -hatte sich die Nachricht von
der Erbschaft im Orte wie ein Lauffeuer ver-
breitet und -bald fanden sich in der Wirtschaft,
in der Herr Tusko seine Trauer und -seine
Freude begoß, alle möglichen Freunde und Be-
kannte ein, um dem glücklichen Erben trauern
bzw. sich freuen zu helfen.
Bald ging es hoch h-er. Julius Tusko zählte
jedem Freunde und Gast einen Spritzer nach
dem andern. Tas Ende vom Li-ede war, daß
 
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