Das Schweizerische Landesmusemn in Zürich.
auf den Bau eines Ruisenms ab, sondern sie waren
auch ausschlaggebend für dessen innere Anlage. Denn
die alten Zimmer und Lautheile mußten ihren eigen
thümlichen Reiz verlieren, wenn man sic nicht in eine
Umgebung brachte, die mit der ursprünglichen Be-
stimmung und dem Geiste des Zeitalters, in welchem
diese kunstvollen Arbeiten geschaffen wurden,harmonirte.
2chon diese Erwägungen riefen nothgedrungen nach
einem Gebäude iin mittelalterlichen Etile und mit einer
inneren Anlage, welche die bisher übliche Gintheilung
in Ausstellungssäle durch Wohnräume und Korridore
ersetzte. Wollte man auch die kirchlichen Alterthümer
richtig zur Ausstellung bringen, dann durften Ka
pellen nicht fehlen, und zudem legten die Fragmente
Zweier alter Kreuzgänge deren Rekonstruktion oder
doch wenigstens die Schaffung eines Raumes von
ähnlichem Charakter nahe. Anders verhielt sich die
2ache für die prähistorischen Sammlungen. Zwar
tauchte auch hier die Idee auf, durch eine Pfahl-
bautenrekonstruktion in großem Etile die bisher
übliche monotone Ausstellung in Vitrinen zu beleben.
Allein verschiedene Echwierigkciten ließen die Aus-
führung dieses planes als nicht wünschenswerth cr-
fcheinen, und man begnügte sich damit, durch große
Dkodelle das Bild von dem Kulturleben dieser fern-
liegenden Zeit zu vervollkommnen. Ebenso mußte
wan für die Ausstellung der keramischen Sammlungen
die Zuflucht zu einzelnen Kabinetten nehmen, ver-
mied aber die Einförmigkeit dadurch, daß man ihnen
Nach Möglichkeit den Charakter von wohnräumen
verlieh und, wo dies nicht anging, sie doch wenigstens
>uit paffendem Hausrath belebte. Auch mit der
Ausstellung der Mbjekte in Vitrinen hätte man am
liebsten gebrochen und jedem Gegenstände den Platz
angewiesen, welchen er seiner Bestiminung nach aus- (
Zufüllen hat. Allein schon die Rücksicht auf die
Sicherheit machte diesen Plan unausführbar. Immer-
hin beschränkte man die Zahl der Ausstellungs-
fchränke mit Ausnahme der prähistorischen Abtheilung
auf das Nothwendigste, dainit nicht dein originellen
Charakter der Gesammtanlage des Museums dadurch
Eintrag geschehe.
Zum Schluffe laden wir den Leser noch zu einem
kurzen Gange durch das Museum ein.
Ein gothisches Portal im großenThorthurme (vgl.
^lbb.70—72), der die Zürcherische Kunst- und Gewerbe-
fchule mit dem städtischen Gewerbemuseum von dem eid-
genössischen Institute scheidet, erschließt uns das Vestibül
ncit dem malerischen Treppenaufgänge. Drei mächtige
Fresken, Scenen aus der Passionsgeschichte darstellend,
verrathen uns sofort das historische Museum. Diese
Serben Bilder aus dem fö. Jahrhunderte wurden
kürzlich unter der weißen Tünche der dein Abbruche
77. Schweizerisches Landesmusemn in Zürich.
Vorhalle der gothischen Kapelle mit tölick in den Kreuzgang.
Architekt G. G n l l.
geweihten Et. Michaelskirche in Zug entdeckt, noch
rechtzeitig durch die Gebrüder Eteffanoni in Bergamo
in genialer Weise von der Wand auf Leinwand
übertragen und bleiben nun hoffentlich noch lange
als interessante Schöpfungen eines kunstsinnigen Zeit-
alters erhalten. Außer der Garderobe und anderen,
für die Benutzung der Besucher bestimmten Räumen
enthält dieser Flügel im Erdgeschoße das Münzkabinett
sowie einen kleinen Sammlungsraum für die aus-
ländischen Alterthümer der „Antiquarischen Gesell-
schaft" in Zürich und in: ersten Stockwerke die Ver-
waltungsräuine. Den: Besucher steht im Erdgeschoß
zunächst ein geräumiges Bibliothek- und Lesezimmer
zur Verfügung, wo eine ganze Reihe von anti-
quarischen und kunstgewerblichen Zeitschriften und
' Büchern für Jedermann zum unentgeltlichen Ge-
brauche aufgelegt sind. Drei große, Helle Säle bergen
! hierauf die Hinterlassenschaft aus vorgeschichtlicher
Zeit — besonders bemerkenswert!) durch die Höhlen-
funde von Schweizersbild, die reichhaltige Sammlung
von Artefakten aus den einheimischen Pfahlbau-
stationen und die wunderbaren etruskischen Gräber-
funde aus dein Tessin —, sodann Andenken Roms
j aus der Zeit seiner Herrschaft über Helvetien und
auf den Bau eines Ruisenms ab, sondern sie waren
auch ausschlaggebend für dessen innere Anlage. Denn
die alten Zimmer und Lautheile mußten ihren eigen
thümlichen Reiz verlieren, wenn man sic nicht in eine
Umgebung brachte, die mit der ursprünglichen Be-
stimmung und dem Geiste des Zeitalters, in welchem
diese kunstvollen Arbeiten geschaffen wurden,harmonirte.
2chon diese Erwägungen riefen nothgedrungen nach
einem Gebäude iin mittelalterlichen Etile und mit einer
inneren Anlage, welche die bisher übliche Gintheilung
in Ausstellungssäle durch Wohnräume und Korridore
ersetzte. Wollte man auch die kirchlichen Alterthümer
richtig zur Ausstellung bringen, dann durften Ka
pellen nicht fehlen, und zudem legten die Fragmente
Zweier alter Kreuzgänge deren Rekonstruktion oder
doch wenigstens die Schaffung eines Raumes von
ähnlichem Charakter nahe. Anders verhielt sich die
2ache für die prähistorischen Sammlungen. Zwar
tauchte auch hier die Idee auf, durch eine Pfahl-
bautenrekonstruktion in großem Etile die bisher
übliche monotone Ausstellung in Vitrinen zu beleben.
Allein verschiedene Echwierigkciten ließen die Aus-
führung dieses planes als nicht wünschenswerth cr-
fcheinen, und man begnügte sich damit, durch große
Dkodelle das Bild von dem Kulturleben dieser fern-
liegenden Zeit zu vervollkommnen. Ebenso mußte
wan für die Ausstellung der keramischen Sammlungen
die Zuflucht zu einzelnen Kabinetten nehmen, ver-
mied aber die Einförmigkeit dadurch, daß man ihnen
Nach Möglichkeit den Charakter von wohnräumen
verlieh und, wo dies nicht anging, sie doch wenigstens
>uit paffendem Hausrath belebte. Auch mit der
Ausstellung der Mbjekte in Vitrinen hätte man am
liebsten gebrochen und jedem Gegenstände den Platz
angewiesen, welchen er seiner Bestiminung nach aus- (
Zufüllen hat. Allein schon die Rücksicht auf die
Sicherheit machte diesen Plan unausführbar. Immer-
hin beschränkte man die Zahl der Ausstellungs-
fchränke mit Ausnahme der prähistorischen Abtheilung
auf das Nothwendigste, dainit nicht dein originellen
Charakter der Gesammtanlage des Museums dadurch
Eintrag geschehe.
Zum Schluffe laden wir den Leser noch zu einem
kurzen Gange durch das Museum ein.
Ein gothisches Portal im großenThorthurme (vgl.
^lbb.70—72), der die Zürcherische Kunst- und Gewerbe-
fchule mit dem städtischen Gewerbemuseum von dem eid-
genössischen Institute scheidet, erschließt uns das Vestibül
ncit dem malerischen Treppenaufgänge. Drei mächtige
Fresken, Scenen aus der Passionsgeschichte darstellend,
verrathen uns sofort das historische Museum. Diese
Serben Bilder aus dem fö. Jahrhunderte wurden
kürzlich unter der weißen Tünche der dein Abbruche
77. Schweizerisches Landesmusemn in Zürich.
Vorhalle der gothischen Kapelle mit tölick in den Kreuzgang.
Architekt G. G n l l.
geweihten Et. Michaelskirche in Zug entdeckt, noch
rechtzeitig durch die Gebrüder Eteffanoni in Bergamo
in genialer Weise von der Wand auf Leinwand
übertragen und bleiben nun hoffentlich noch lange
als interessante Schöpfungen eines kunstsinnigen Zeit-
alters erhalten. Außer der Garderobe und anderen,
für die Benutzung der Besucher bestimmten Räumen
enthält dieser Flügel im Erdgeschoße das Münzkabinett
sowie einen kleinen Sammlungsraum für die aus-
ländischen Alterthümer der „Antiquarischen Gesell-
schaft" in Zürich und in: ersten Stockwerke die Ver-
waltungsräuine. Den: Besucher steht im Erdgeschoß
zunächst ein geräumiges Bibliothek- und Lesezimmer
zur Verfügung, wo eine ganze Reihe von anti-
quarischen und kunstgewerblichen Zeitschriften und
' Büchern für Jedermann zum unentgeltlichen Ge-
brauche aufgelegt sind. Drei große, Helle Säle bergen
! hierauf die Hinterlassenschaft aus vorgeschichtlicher
Zeit — besonders bemerkenswert!) durch die Höhlen-
funde von Schweizersbild, die reichhaltige Sammlung
von Artefakten aus den einheimischen Pfahlbau-
stationen und die wunderbaren etruskischen Gräber-
funde aus dein Tessin —, sodann Andenken Roms
j aus der Zeit seiner Herrschaft über Helvetien und