Die künstlerische Nothlage der Westerwälder Lteinzeugindustrie.
von Lhokichi Suzuki, Tokio.
das Verderben brachte: die das
ganze Gefäß auf einmal ge-
staltenden pohlformen. Damit
war, da bei einer Ulassenpro
duktion die Mehrkosten für die
einmalige reichere Gestaltung
der pohlformen kaum in Be-
tracht kommen können, das
Zuviel da, und es gab bald
kein Maaßhalten mehr, es mußte
jedes Stück leere Fläche dekorirt
werden. Zugleich gestattete dieses
Formen in wenigen großen Ab-
schnitten kaum jene Schärfe und
pöhe der Reliefs, die das in
kleineren ermöglicht hatte. Zn
dem Zuviel kam so das Un-
markige, Rraftlose, das zu den:
an sich Derben des Steinzeugs
in einem fatalen Gegensatz steht.
Dann fehlte auch der besondere
Reiz individueller Landarbeit,
bei der handwerkliche Fehler in
der Regel zu künstlerischen Tugenden werden. Auch
waren die im Landsknecht- und Grethchenstil der
Renaissance erfundenen Reliefs von einer Süßlichkeit
und Flauheit der Zeichnung, die zwar als Ulode-
geschinack nicht eigentlich der Steinzeugindustrie aufs
Rerbholz zu setzen sind, sich aber gleichfalls auf dein
kräftigen Steinzeug besonders unglücklich ausnahmen.
Und um das Unglück voll zu machen, hatte man
auch mit der der alten Tradition gemäß angewandten
feuerbeständigen Farbe des Robaltblaus kein allzu-
großes Glück. Wirkte ihre Verwendung, die sich
vor Allem auf die Belebung der Reliefs erstreckte,
schon durch den Reichthum dieser zu aufdringlich,
zu wenig sekundär, so war auch der Ton des Blaus
an sich durch feine Grellheit sehr wenig sympathisch,
stand schlecht zu dein gebrochenen Graublau des
Steinzeugscherben selber. Ulan hat scheinbar nicht die
Empfindung gehabt, daß gerade der etwas schwärz-
liche Toii des Blaus den alten Gefäßen einen ganz
besonderen Reiz verliehen hatte.
So weit war hier ziemlich Alles Nachahmung
geblieben. Ulan hatte sich auch bisher, wie in alter
Zeit, fast ausschließlich mit der Herstellung voii
Rannen, Artigen und dergl. befaßt, sich auf den
Ronsum des Biertrinkers beschränkt. Nun kam
die Erweiterung, die ein spekulativer Raufmann
auf der pöhe des Glücks und auch im Unglück —
wenn der Absatz nachläßt — immer versuchen wird.
Ulan schritt im Einblick auf die Fayence und das
Porzellan zur Perstellung reiner Luxus- und Prunk-
stücke, zur Anfertigung großer Vasen, Aussätze, Iar-
dinieren und dergl. Ulan wollte bei völliger Ver-
kennung des Materials und seiner künstlerischen Ver-
wendbarkeit in's Ulonumentale und Elegante hinein,
und gelangte hierbei an's falsche Ende, wie es die
Verdoppelung und Verdreifachung der eben genannten
Uebelstände nicht anders bewirken konnte. Und nun
that man uin die Mitte der achtziger Zahre, als sich
die altdeutsche Ulode verlief, in den Bestrebungen,
noch eleganter und seiner zu werden, den großen
Schritt, aus den man s. Z. so stolz gewesen ist,
der aber jetzt die künstlerische Verwirrung nur zur
Vollendung brachte: Ulan verließ die alte histo-
rische Technik des im Reduktionsfeuer gebrannten
Steinzeugs, indem man die Stücke nur zu einem durch
den Eisengehalt des Thones gelblich gefärbten Bis-
kuit brannte, sie dann mit einer durchsichtigen vanille-
faucenfarbig wirkenden Glasur überzog und diese
dann zum Ulalgrund für Modebilder im Stil von
Defregger, Thumann und dergl. benutzte. Das Elfen-
beinsteinzeug war erfunden, und nun zog in diese
friedlichen Thäler, die sich schon genug mit der
Ulodernisirung der alten Steinzeugtechnik geplagt
hatten, auch noch das ganze künstlerische Dilemma
heutiger Steinzeug- und Porzellanfabrikation ein, in
dem man bis auf den heutigen Tag ufer- und
führerlos umhersteuert.
Die Sache steht heute so, daß, wer als halb-
wegs Runstverständiger in diese Gegend kommt,
lange suchen muß, bis er ein Stück findet, durch
?9
von Lhokichi Suzuki, Tokio.
das Verderben brachte: die das
ganze Gefäß auf einmal ge-
staltenden pohlformen. Damit
war, da bei einer Ulassenpro
duktion die Mehrkosten für die
einmalige reichere Gestaltung
der pohlformen kaum in Be-
tracht kommen können, das
Zuviel da, und es gab bald
kein Maaßhalten mehr, es mußte
jedes Stück leere Fläche dekorirt
werden. Zugleich gestattete dieses
Formen in wenigen großen Ab-
schnitten kaum jene Schärfe und
pöhe der Reliefs, die das in
kleineren ermöglicht hatte. Zn
dem Zuviel kam so das Un-
markige, Rraftlose, das zu den:
an sich Derben des Steinzeugs
in einem fatalen Gegensatz steht.
Dann fehlte auch der besondere
Reiz individueller Landarbeit,
bei der handwerkliche Fehler in
der Regel zu künstlerischen Tugenden werden. Auch
waren die im Landsknecht- und Grethchenstil der
Renaissance erfundenen Reliefs von einer Süßlichkeit
und Flauheit der Zeichnung, die zwar als Ulode-
geschinack nicht eigentlich der Steinzeugindustrie aufs
Rerbholz zu setzen sind, sich aber gleichfalls auf dein
kräftigen Steinzeug besonders unglücklich ausnahmen.
Und um das Unglück voll zu machen, hatte man
auch mit der der alten Tradition gemäß angewandten
feuerbeständigen Farbe des Robaltblaus kein allzu-
großes Glück. Wirkte ihre Verwendung, die sich
vor Allem auf die Belebung der Reliefs erstreckte,
schon durch den Reichthum dieser zu aufdringlich,
zu wenig sekundär, so war auch der Ton des Blaus
an sich durch feine Grellheit sehr wenig sympathisch,
stand schlecht zu dein gebrochenen Graublau des
Steinzeugscherben selber. Ulan hat scheinbar nicht die
Empfindung gehabt, daß gerade der etwas schwärz-
liche Toii des Blaus den alten Gefäßen einen ganz
besonderen Reiz verliehen hatte.
So weit war hier ziemlich Alles Nachahmung
geblieben. Ulan hatte sich auch bisher, wie in alter
Zeit, fast ausschließlich mit der Herstellung voii
Rannen, Artigen und dergl. befaßt, sich auf den
Ronsum des Biertrinkers beschränkt. Nun kam
die Erweiterung, die ein spekulativer Raufmann
auf der pöhe des Glücks und auch im Unglück —
wenn der Absatz nachläßt — immer versuchen wird.
Ulan schritt im Einblick auf die Fayence und das
Porzellan zur Perstellung reiner Luxus- und Prunk-
stücke, zur Anfertigung großer Vasen, Aussätze, Iar-
dinieren und dergl. Ulan wollte bei völliger Ver-
kennung des Materials und seiner künstlerischen Ver-
wendbarkeit in's Ulonumentale und Elegante hinein,
und gelangte hierbei an's falsche Ende, wie es die
Verdoppelung und Verdreifachung der eben genannten
Uebelstände nicht anders bewirken konnte. Und nun
that man uin die Mitte der achtziger Zahre, als sich
die altdeutsche Ulode verlief, in den Bestrebungen,
noch eleganter und seiner zu werden, den großen
Schritt, aus den man s. Z. so stolz gewesen ist,
der aber jetzt die künstlerische Verwirrung nur zur
Vollendung brachte: Ulan verließ die alte histo-
rische Technik des im Reduktionsfeuer gebrannten
Steinzeugs, indem man die Stücke nur zu einem durch
den Eisengehalt des Thones gelblich gefärbten Bis-
kuit brannte, sie dann mit einer durchsichtigen vanille-
faucenfarbig wirkenden Glasur überzog und diese
dann zum Ulalgrund für Modebilder im Stil von
Defregger, Thumann und dergl. benutzte. Das Elfen-
beinsteinzeug war erfunden, und nun zog in diese
friedlichen Thäler, die sich schon genug mit der
Ulodernisirung der alten Steinzeugtechnik geplagt
hatten, auch noch das ganze künstlerische Dilemma
heutiger Steinzeug- und Porzellanfabrikation ein, in
dem man bis auf den heutigen Tag ufer- und
führerlos umhersteuert.
Die Sache steht heute so, daß, wer als halb-
wegs Runstverständiger in diese Gegend kommt,
lange suchen muß, bis er ein Stück findet, durch
?9