Das Blsinarck-enkmal am Starnbergersee.
ausgeziert, sollte den Mittelpunkt bilden. Den aus-
gesprochen mittelalterlichen Charakter, den das Ganze
trug, veranschaulicht das reiche Pauptportal, das in
einer Blei- und Farbstiftzeichnung Fifcher's (Abb.
vorliegt. Der Bildschmuck, welcher zwischen orna-
mentalem Zierath und freier Skulptur die Mitte hält,
bezieht sich auf deutsche Sage und Geschichte.
Die neue Idee, welche jetzt verwirklicht ist, war
der ebenso glücklichen als eigenartigen Zusammen-
setzung des leitenden Comites zu danken; eine Er-
fahrung, die überall bei künstlerischen Aonkurreuzen
Beherzigung und Nachahmung verdient. Nicht
allein, daß von den namhaftesten Malern, Bild-
hauern und Architekten Münchens in dieser Jury kaum
Einer fehlte, man hatte außerdem die konkurrirenden
Aüustler selbst zur Thcilnahme an den Verhandlungen
eingeladen. Gin vollkommen zwangloser Meiuungs-
austausch, wie er wohl bei solchen Unternehmungen
einzig dastehen dürfte, gab Jedem Gelegenheit, die
Resultate seines Nachdenkens darzulegen und seinen
Entwurf zu begründen. Der gemeinsamen Ueber-
lcgung einer Elite von Uünstlern entsprang dann der
neue plan, von einem wirklichen Thurm abzusehen
und einen einfachen Monumentalbau zu errichten
ohne jeden anderen Zweck als den eines Wahr-
zeichens. Ein richtiges Mal, um die Stelle,
auf der es steht, besonders zu kennzeichnen, die
Stätte festlicher Zusammenkünfte und gemeinsamer
feiern schon von weitem als Wallfahrtsziel anzu-
kündigen, so sollte es nach dem Plan seiner Er-
bauer gen Pimmel ragen. Weder ein Aussichts-
thurm mit ausgesprochen praktischen Absichten, noch
auch ei» Monument mit einer plastisch-dekorativen
Wirkung wie etwa das Niederwalddenkmal oder das
Permannsstandbild im Teutoburger Wald, lag in
diesem Plan. Man muß vielmehr anknüpfen an
jene alten Steimnäler, mit denen in grauer Vor-
zeit wandernde Völker oder abenteuernde Irrfahrcr
ihren Weg bezeichneten, die Stelle eines Flußüber-
gangs markirten oder den Platz anzeigten, wo sie
einen todten Gefährten begraben. Alan schichtete
Feldsteine, wie sie umherlagen, regellos überein-
ander, hoch genug, uin in's Auge zu fallen, und jeder
Nächste, der vorüberging, warf seinerseits dankbar
einen neuen hinzu, so daß die so entstandene Weg-
marke nach und nach zu ansehnlicher pöhe empor-
wachsen mochte. Denkt inan sich eine solche Schich-
tung sodann, wie dies aus praktischen Gründen nahe
lag, mit Mörtel verbunden, so war der Schritt zu
einer, wenn auch ganz primitiven, architektonischen
Ausgestaltung und Gliederung kein sehr großer mehr,
und das Vorbild unseres Bismarckdenkmals wäre
fertig.
Es kann hier unsere Aufgabe nicht sein, die
ganze Entwicklung dieser Bauform zu verfolgen;
wir erinnern nur an eines der spätesten Monumente
dieser Art aus dem Alterthum, das zugleich das
schönste antike Monument auf deutschem Boden dar-
stellt, das Grabnral der Sekundiner in dein Dorfe
Igl bei Trier, die sogenannte Igler Säule. Dieses
imposante Bauwerk mag den: Erbauer des Bismarck-
denkmals, Theodor Fischer, vorgeschwebt haben;
manche Einzelheiten machen dies wahrscheinlich. In
seiner Gesammtheit aber, sowohl in Aonstruktion
wie in dekorativer pinsicht, stellt das Denkmal, eine
durchaus selbständige Leistung dar, und wollte inan
seinen Stilcharakter mit einem der in den land-
läufigen Stilunterscheidungen gebräuchlichen Termini
bezeichnen, so würden wir eher die Bezeichnung deutsch-
romanisch als antik-römisch wählen. Namentlich
durch eine knappere profilirung, als sie in der ur-
sprünglichen Absicht (f. Vorentwurf Abb. sßs) lag,
wurde alles Alassicistischc verwischt und der wuchtige
Eindruck romanischer Baudenkmäler entschieden be-
tont. Fischer stand dein alten Denkmal im Mosclland
mit derselben oder noch größerer Freiheit gegenüber wie
die alten romanischen Baumeister den römischen Resten.
Sein Werk verhält sich zu jenen: wie etwa das Grab-
mal Theodorich's des Großen in Ravenna zu den
Mausoleen der römischen Cäsaren. Pie und da
eine Reminiscenz, im Ganzen aber ein eigener
Charakter, für den hier nicht weniger als dort die
— ;os —
ausgeziert, sollte den Mittelpunkt bilden. Den aus-
gesprochen mittelalterlichen Charakter, den das Ganze
trug, veranschaulicht das reiche Pauptportal, das in
einer Blei- und Farbstiftzeichnung Fifcher's (Abb.
vorliegt. Der Bildschmuck, welcher zwischen orna-
mentalem Zierath und freier Skulptur die Mitte hält,
bezieht sich auf deutsche Sage und Geschichte.
Die neue Idee, welche jetzt verwirklicht ist, war
der ebenso glücklichen als eigenartigen Zusammen-
setzung des leitenden Comites zu danken; eine Er-
fahrung, die überall bei künstlerischen Aonkurreuzen
Beherzigung und Nachahmung verdient. Nicht
allein, daß von den namhaftesten Malern, Bild-
hauern und Architekten Münchens in dieser Jury kaum
Einer fehlte, man hatte außerdem die konkurrirenden
Aüustler selbst zur Thcilnahme an den Verhandlungen
eingeladen. Gin vollkommen zwangloser Meiuungs-
austausch, wie er wohl bei solchen Unternehmungen
einzig dastehen dürfte, gab Jedem Gelegenheit, die
Resultate seines Nachdenkens darzulegen und seinen
Entwurf zu begründen. Der gemeinsamen Ueber-
lcgung einer Elite von Uünstlern entsprang dann der
neue plan, von einem wirklichen Thurm abzusehen
und einen einfachen Monumentalbau zu errichten
ohne jeden anderen Zweck als den eines Wahr-
zeichens. Ein richtiges Mal, um die Stelle,
auf der es steht, besonders zu kennzeichnen, die
Stätte festlicher Zusammenkünfte und gemeinsamer
feiern schon von weitem als Wallfahrtsziel anzu-
kündigen, so sollte es nach dem Plan seiner Er-
bauer gen Pimmel ragen. Weder ein Aussichts-
thurm mit ausgesprochen praktischen Absichten, noch
auch ei» Monument mit einer plastisch-dekorativen
Wirkung wie etwa das Niederwalddenkmal oder das
Permannsstandbild im Teutoburger Wald, lag in
diesem Plan. Man muß vielmehr anknüpfen an
jene alten Steimnäler, mit denen in grauer Vor-
zeit wandernde Völker oder abenteuernde Irrfahrcr
ihren Weg bezeichneten, die Stelle eines Flußüber-
gangs markirten oder den Platz anzeigten, wo sie
einen todten Gefährten begraben. Alan schichtete
Feldsteine, wie sie umherlagen, regellos überein-
ander, hoch genug, uin in's Auge zu fallen, und jeder
Nächste, der vorüberging, warf seinerseits dankbar
einen neuen hinzu, so daß die so entstandene Weg-
marke nach und nach zu ansehnlicher pöhe empor-
wachsen mochte. Denkt inan sich eine solche Schich-
tung sodann, wie dies aus praktischen Gründen nahe
lag, mit Mörtel verbunden, so war der Schritt zu
einer, wenn auch ganz primitiven, architektonischen
Ausgestaltung und Gliederung kein sehr großer mehr,
und das Vorbild unseres Bismarckdenkmals wäre
fertig.
Es kann hier unsere Aufgabe nicht sein, die
ganze Entwicklung dieser Bauform zu verfolgen;
wir erinnern nur an eines der spätesten Monumente
dieser Art aus dem Alterthum, das zugleich das
schönste antike Monument auf deutschem Boden dar-
stellt, das Grabnral der Sekundiner in dein Dorfe
Igl bei Trier, die sogenannte Igler Säule. Dieses
imposante Bauwerk mag den: Erbauer des Bismarck-
denkmals, Theodor Fischer, vorgeschwebt haben;
manche Einzelheiten machen dies wahrscheinlich. In
seiner Gesammtheit aber, sowohl in Aonstruktion
wie in dekorativer pinsicht, stellt das Denkmal, eine
durchaus selbständige Leistung dar, und wollte inan
seinen Stilcharakter mit einem der in den land-
läufigen Stilunterscheidungen gebräuchlichen Termini
bezeichnen, so würden wir eher die Bezeichnung deutsch-
romanisch als antik-römisch wählen. Namentlich
durch eine knappere profilirung, als sie in der ur-
sprünglichen Absicht (f. Vorentwurf Abb. sßs) lag,
wurde alles Alassicistischc verwischt und der wuchtige
Eindruck romanischer Baudenkmäler entschieden be-
tont. Fischer stand dein alten Denkmal im Mosclland
mit derselben oder noch größerer Freiheit gegenüber wie
die alten romanischen Baumeister den römischen Resten.
Sein Werk verhält sich zu jenen: wie etwa das Grab-
mal Theodorich's des Großen in Ravenna zu den
Mausoleen der römischen Cäsaren. Pie und da
eine Reminiscenz, im Ganzen aber ein eigener
Charakter, für den hier nicht weniger als dort die
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