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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 50.1899-1900

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Habich, Georg: Das Bismarckdenkmal am Starnberger See
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https://doi.org/10.11588/diglit.7134#0131

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Das Bismarckdenkmal am irtnnibergerfec.

gewinnung des Elsaß: der deutsche Lseldenjüngling
tödtet mit mächtigem Steimmirf den Drachen
und befreit die Jungfrau, die jener geraubt und
gefangen gehalten hat. Die Seite gegen Mittag
endlich trägt als beredten Schmuck das Bismarck'fche
Wappen im Herzen des Reichsadlers und von dessen
Gängen umklammert. Ein Spruchband, das sich
darum legt, enthält den Wahl- und Wappenspruch
Bismarck's: IN TRINITATE ROBUR. Zwei vor-
springende skulpirte Quader weiter unten sind ledig-
lich zur Belebung der Fläche da und von rein kom-
positioneller Bedeutung.

Sind die Reliefs des Hauptbaus etwa in der
Art römischer Triumphalskulpturen, woran nament-
lich die Nordseite erinnert, auf einen vorwiegend
dekorativen Effekt berechnet, indem sie höchst wir-
kungsvoll frisch in die Quaöcmtauer, unbekümmert
um die durchlaufenden Fugen, mit starker Schatten-
wirkung hineingehauen sind, so hält sich im Gegen-
satz dazu der bildliche Wandschmuck unter der Bogen-
halle (vgl. Abb. fß?—s99) streng im Tharakter
einer Flächendekoration, und jedes einzelne Feld wirkt
etwa wie ein zwischen dem Bogen ausgespannter
Teppich. Die Wappenschilde der Bundesstaaten und
freien Städte sind hier — begleitet von den betreffen-
den Namen — in viel verschlungenem Rankenwerk
aufgehängt, dazwischen in anmuthigen Stellungen
Mädchen und Auaben, sich die Hände reichend zuin
festen Bund. Die hübsche Stilisirung des Gezweiges,
und das dabei entfaltete Geschick, den Raum gefällig
auszufüllen, läßt indeß doch kaum eine gewisse Flüch-
tigkeit der plastischen Behandlung in diesen Theilen
übersehen, die hier, wo es sich um Nahbetrachtung
handelt, schlecht am s?latze ist.

Außer diesem, sozusagen offiziellen Bildschmuck,
findet sich au: Unterbau der Bogenhalle eine

ganze Reihe kleinerer Skulpturen zwanglos über
das Mauerwerk vertheilt. Sie verdanken ihren Ur-
sprung der persönlichen Initiative der Erbauer und
sind zumeist ganz zufällig der glücklichen Laune
einer fröhlichen Stunde, einem guten Einfall ent-
sprungen. Wie die alten romanischen Baumeister und
Steinmetzen das Werk ihrer Hände da und dort
mit scherzhaften oder ernsten. Einfällen ausschmückten,
womit sie den kommenden Geschlechtern nicht selten
eine harte Nuß zum Anacken gaben, so wollen auch
diese improvisirten Schildereien als rein persönliche
Aeußerungen der Aünstler und als solche ganz
naiv ausgefaßt sein.

Vergebens würde nian sich über die „tiefere
Bedeutung" den Aopf zerbrechen. Darin besteht
vielmehr gerade der Reiz dieser, wie auch der
oben geschilderten größeren Kompositionen, daß
sie ohne gelehrten Kommentar ganz unmittelbar zu
den Sinnen sprechen; von allem symbolischen Wust
und allegorischen Schwulst entladen, wollen diese
steinernen Bilder eine durchaus volksthümliche,
auch dein Nichtgelehrten verständliche Sprache reden.
Diese Sprache aber kann nur die von allen klassischen
Reminiszenzen möglichst befreite deutsche Zunge sein,

206 u. 207. Theodor Fischer: Belicfs am Bisinarckthurm;
ausgefiihrt von I. Floßmaiin, München.

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