Theodor Fischer's Schaffen.
Bau aufrichten, der ein treueres Bild der künstlerischen
Eigenart seines Schöpfers gibt, als es Nutzbauten
zu überliefern pflegen. Und doch wäre es verfehlt,
daraus zu schließen, daß Fischer bei seinen Nutz-
bauten für künstlerische Gedanken keine Gelegenheit
zur Aussprache fände; im Gegentheil. Wir können
uns nicht darüber verbreiten, in welcher Weife Fischer-
in der Stille des Stadterweiterungsbureaus, dessen
Borstand er ist, im Großen für die künstlerische Ent-
wickelung des Münchener Stadtbildes thatet; aber
das Eine muß betont werden: Es gibt für Fischer
keine noch so unscheinbare Aufgabe, welcher er nicht,
trotz strenger Einhaltung der zwecklichen und materi-
ellen Bedingungen, in künstlerischer Beziehung einen
ganz eigenartigen, persönlichen Stempel auszudrücken
vermöchte.
Aünstlerisch erzogen in der alten Schule, erfüllt
von höchster Achtung für der Väter Merke, geht
Fischer doch völlig seine eigenen Wege; was er von
den Vätern ererbt, hat er erworben und sich zu eigen
gemacht. Ueber die im Lauf von Jahrhunderten
aufgesammelte Formenwelt, namentlich aus dein
Mittelalter und der Renaissancezeit, verfügt er in un-
gebundener Freiheit; man könnte Fischer kein größeres
Unrecht thun, als wenn man ihn mit den Eklektikern
der bekannten Sorte auf eine Stufe stellen wollte.
Sein Sinnen ist vielmehr darauf gerichtet, alle Auf-
gaben der tektonischen Aünste — Architektur und
Aunsthandwerk — aus dem Wesen der Sache heraus
zu lösen und Ueberliefertes nur da und nur so zu
verwenden, wo und wie es sich aus der Sache selbst
ergibt. Aus solcher Gesinnung heraus erklärt sich
auch Fischers energisches Eintreten für die Bestre-
bungen jener jüngeren Aünstler, welche die Be-
seitigung alles Scheinwefens auf ihre Fahne ge-
schrieben haben; nicht zum geringen Theil war es
seinen Bemühungen zu verdanken, daß München vor
drei fahren in der Glaspalastausstellung zum ersten
Mal Gelegenheit bekam, zu sehen, was dieAleinkunst der
Gegenwart anderwärts leistet, — er war von diesem
Zeitpunkt an ein eifriges Mitglied des „Ausschusses
für Aunst im pandwerk" und gehört zu den
Gründern der „Vereinigten Werkstätten für Aunst
im Handwerk". Zn den letzten Zähren ist der
Ruf nach einer national deutschen Aunst lauter und
lauter erhoben worden. Prüft man Fischer's Schaffen
nach dieser Seite, so gewahrt man unschwer, daß
all' seine Arbeiten einem ganz besonders gesunden
Aeim urdeutschen Wesens entsproßen sind; schlichte
Vornehmheit ohne Großmannssucht, treuherzige
Offenheit, trauliche Behaglichkeit und nicht zuletzt
ein volksthümlicher pumor lassen sich — einzeln
oder gemeinsam — überall herausfinden. Und wie
2\o. Theodor Fischer: Brunnen beim Bismarckthnrm.
verständlich Fischer mit dekorativem Schmuck zuin
Volk zu reden weiß — mag er dabei Schulkinder
oder fertige Menschen im Auge haben — dafür
bieten die Abbildungen dieses peftes, die fast aus-
schließlich ihn zum Urheber haben, Beweise in Fülle.
Fischer hat durch eine längere Thätigkeit auf
dem Reichstags-Baubureau unter Wallot im Ver-
kehr mit diesem, Otto Rieth u. A. manche Anregung
empfangen; in Bezug auf Großzügigkeit, Freiheit
in der Verwendung überkommener Formen, Ver-
theilung des Ornaments haben seine Werke eine ge-
wisse Verwandtschaft mit denen der Genannten. Er
verfügt über eine reiche Phantasie, läßt sie aber
nie über Gebühr laut werden; er verschmäht jede
kleinliche Dekoration und konzentrirt den Schmuck
auf wenige durch ihre Lage oder Bedeutung be-
merkenswerthe Stellen, die dann umsomehr zur Gel-
tung gelangen, da die Nächstliegenden Flächen glatt
bleiben. Die Einfachheit und Alarheit, die Fischer
2\2. Relief am Brunnen beim Bisumrckthuri» von Gg. JUrbo.
— U5 —
Bau aufrichten, der ein treueres Bild der künstlerischen
Eigenart seines Schöpfers gibt, als es Nutzbauten
zu überliefern pflegen. Und doch wäre es verfehlt,
daraus zu schließen, daß Fischer bei seinen Nutz-
bauten für künstlerische Gedanken keine Gelegenheit
zur Aussprache fände; im Gegentheil. Wir können
uns nicht darüber verbreiten, in welcher Weife Fischer-
in der Stille des Stadterweiterungsbureaus, dessen
Borstand er ist, im Großen für die künstlerische Ent-
wickelung des Münchener Stadtbildes thatet; aber
das Eine muß betont werden: Es gibt für Fischer
keine noch so unscheinbare Aufgabe, welcher er nicht,
trotz strenger Einhaltung der zwecklichen und materi-
ellen Bedingungen, in künstlerischer Beziehung einen
ganz eigenartigen, persönlichen Stempel auszudrücken
vermöchte.
Aünstlerisch erzogen in der alten Schule, erfüllt
von höchster Achtung für der Väter Merke, geht
Fischer doch völlig seine eigenen Wege; was er von
den Vätern ererbt, hat er erworben und sich zu eigen
gemacht. Ueber die im Lauf von Jahrhunderten
aufgesammelte Formenwelt, namentlich aus dein
Mittelalter und der Renaissancezeit, verfügt er in un-
gebundener Freiheit; man könnte Fischer kein größeres
Unrecht thun, als wenn man ihn mit den Eklektikern
der bekannten Sorte auf eine Stufe stellen wollte.
Sein Sinnen ist vielmehr darauf gerichtet, alle Auf-
gaben der tektonischen Aünste — Architektur und
Aunsthandwerk — aus dem Wesen der Sache heraus
zu lösen und Ueberliefertes nur da und nur so zu
verwenden, wo und wie es sich aus der Sache selbst
ergibt. Aus solcher Gesinnung heraus erklärt sich
auch Fischers energisches Eintreten für die Bestre-
bungen jener jüngeren Aünstler, welche die Be-
seitigung alles Scheinwefens auf ihre Fahne ge-
schrieben haben; nicht zum geringen Theil war es
seinen Bemühungen zu verdanken, daß München vor
drei fahren in der Glaspalastausstellung zum ersten
Mal Gelegenheit bekam, zu sehen, was dieAleinkunst der
Gegenwart anderwärts leistet, — er war von diesem
Zeitpunkt an ein eifriges Mitglied des „Ausschusses
für Aunst im pandwerk" und gehört zu den
Gründern der „Vereinigten Werkstätten für Aunst
im Handwerk". Zn den letzten Zähren ist der
Ruf nach einer national deutschen Aunst lauter und
lauter erhoben worden. Prüft man Fischer's Schaffen
nach dieser Seite, so gewahrt man unschwer, daß
all' seine Arbeiten einem ganz besonders gesunden
Aeim urdeutschen Wesens entsproßen sind; schlichte
Vornehmheit ohne Großmannssucht, treuherzige
Offenheit, trauliche Behaglichkeit und nicht zuletzt
ein volksthümlicher pumor lassen sich — einzeln
oder gemeinsam — überall herausfinden. Und wie
2\o. Theodor Fischer: Brunnen beim Bismarckthnrm.
verständlich Fischer mit dekorativem Schmuck zuin
Volk zu reden weiß — mag er dabei Schulkinder
oder fertige Menschen im Auge haben — dafür
bieten die Abbildungen dieses peftes, die fast aus-
schließlich ihn zum Urheber haben, Beweise in Fülle.
Fischer hat durch eine längere Thätigkeit auf
dem Reichstags-Baubureau unter Wallot im Ver-
kehr mit diesem, Otto Rieth u. A. manche Anregung
empfangen; in Bezug auf Großzügigkeit, Freiheit
in der Verwendung überkommener Formen, Ver-
theilung des Ornaments haben seine Werke eine ge-
wisse Verwandtschaft mit denen der Genannten. Er
verfügt über eine reiche Phantasie, läßt sie aber
nie über Gebühr laut werden; er verschmäht jede
kleinliche Dekoration und konzentrirt den Schmuck
auf wenige durch ihre Lage oder Bedeutung be-
merkenswerthe Stellen, die dann umsomehr zur Gel-
tung gelangen, da die Nächstliegenden Flächen glatt
bleiben. Die Einfachheit und Alarheit, die Fischer
2\2. Relief am Brunnen beim Bisumrckthuri» von Gg. JUrbo.
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