Die volkstlsiimliche Ansstellmlg für I^aiis lind lferi) in Jlrcsbrit.
263. Waschtisch von Kari Groß, Dresden.
der Moden, dem Aufkommen des Barocks und
Rokokos. Man wechselte nur die Formen, nicht das
Prinzip. Erft das Empire zwang wieder etwas zur
Einfachheit; die Solidität jedoch war und blieb
verloren.
Ganz vereinzelt ertönte inzwischen bei uns der
Ruf nach Verbesserung, vielleicht nirgends so stark
wie in dem praktischen Hamburg. Schon s888 schrieb
die kunstgewerbliche Abtheilung des dortigen Gewerbe-
vereins eine Konkurrenz für ausgeführte einfache uitd
geschmackvolle Zimmereinrichtungen aus, die eine
gewisse Verwandtschaft mit der zur Zeit in Dresden
vorliegenden hat, doch aber zunächst an besser gestellte
Abnehmer dachte. Sie war für die damalige Zeit
durchaus von Erfolg gekrönt. Dann wenige Jahre
vor dem eigentlichen Beginn der modernen dekorativen
Bewegung in Deutschland versuchte die kleine Gruppe
uin Schwindrazheim, mit Pilse einer kleinen Zeit-
schrift, die aber bald wieder einging, eine Volkskunst
zu schassen. Sie war, da sie das peil der dekorativen
Kunst in der Bauernkunst erblickte, wohl schwerlich
auf dem rechten Wege. An anderen Stellen kam es,
soweit sich sehen läßt, nur zu vereinzelten theoretischen
Ermahnungen durch Wort und Schrift. Auch die
moderne dekorative Kunst erkannte an keiner Stelle
von vornherein die Grundlage, auf die sie sich, sollte
sie allgemeine Bedeutung gewinnen und nicht bloß
eine Luxuskuust für Reiche werden, zunächst zu stellen
hätte. Mit reinen Luxusprodukten, Vasen, Buch-
einbänden ic. fing sie fast überall an. Als dann
die eigentliche Nutzkunst folgte, dachte man zunächst
nur an die, so solche Vasen und Bucheinbände
gekauft hatten. Der einfache Manu blieb, wenige
vereinzelte Fälle abgerechnet, durchaus vergessen. And
doch hat gerade die moderne dekorative Bewegung
den Anstoß zu dieser neuen, Vergessenes nachholenden
Bewegung gegeben. Zunächst, indem sie einfach
tabula rasa machte, mit aller und namentlich mit
der nächsten Vergangenheit die Fäden zerschnitt. Das
gab freien Blick und vorurtheilsloses Denken. Dann,
indem sie in ihrer Opposition gegen die zu reiche
Vergangenheit selbst schon einfache konstruktive Möbel
schuf, die aber wegen ihres eigentlichen Raffinements
doch wieder viel zu theuer kamen. Der innere Wider-
spruch zwischen ihrer einfachen Erscheinung, die nach
bisherigen Begriffen selbst für den armen Mann zu
arm erschien und den hohen Preisen, die kaum der
Reiche zu erschwingen die Lust hatte, führte in vielen
Kritiken zu Vorwürfen. Damit stellte sich die An-
regung, billige aber solide Möbel zu schaffen, von
selbst ein. Einzelne Versuche ohne Verallgemeine-
rung sind darauf aufgetaucht, aber wenig beachtet
worden. Sie verschwanden unter der Menge des in
altem Sinne Erzeugten. Es fehlte eben die Zusammen-
fassung, die Organisation.
Die moderne Kunst gab aber nicht nur die
Anregung zu dieser Neuerung, sie gab auch, was
das Wichtigste ist, die Mittel. Mit der Nachahmung
der Renaissance, des Barocks und Rokokos, für die
alle ein gewisser Formenreichthum unerläßlich ist,
wäre man bei einer Vereinfachung nicht weit ge-
kommen. Die moderne Richtung bot von vornherein
— und das ist ein besonders glückliches Zusammen-
treffen — die Möglichkeit, Brauchbares und Schönes
mit denkbar geringsten Mitteln zu schaffen. Sie
verlangt — wenigstens in ihrer Pauptspielart —
als unerläßliche Grundlage die Betonung des Kon-
struktiven und Zweckmäßigen, deren folgerichtige
Durchführung von je auf den Menschen etwas wie
einen ästhetischen Eindruck gemacht hat. Die Kunst
deckt sich hier völlig mit dem Nothwendigen, erfordert
also keine Mehrkosten. Die moderne Richtung stellt
dann die Kurve zur Verfügung, die dein Gegenstand
263. Waschtisch von Kari Groß, Dresden.
der Moden, dem Aufkommen des Barocks und
Rokokos. Man wechselte nur die Formen, nicht das
Prinzip. Erft das Empire zwang wieder etwas zur
Einfachheit; die Solidität jedoch war und blieb
verloren.
Ganz vereinzelt ertönte inzwischen bei uns der
Ruf nach Verbesserung, vielleicht nirgends so stark
wie in dem praktischen Hamburg. Schon s888 schrieb
die kunstgewerbliche Abtheilung des dortigen Gewerbe-
vereins eine Konkurrenz für ausgeführte einfache uitd
geschmackvolle Zimmereinrichtungen aus, die eine
gewisse Verwandtschaft mit der zur Zeit in Dresden
vorliegenden hat, doch aber zunächst an besser gestellte
Abnehmer dachte. Sie war für die damalige Zeit
durchaus von Erfolg gekrönt. Dann wenige Jahre
vor dem eigentlichen Beginn der modernen dekorativen
Bewegung in Deutschland versuchte die kleine Gruppe
uin Schwindrazheim, mit Pilse einer kleinen Zeit-
schrift, die aber bald wieder einging, eine Volkskunst
zu schassen. Sie war, da sie das peil der dekorativen
Kunst in der Bauernkunst erblickte, wohl schwerlich
auf dem rechten Wege. An anderen Stellen kam es,
soweit sich sehen läßt, nur zu vereinzelten theoretischen
Ermahnungen durch Wort und Schrift. Auch die
moderne dekorative Kunst erkannte an keiner Stelle
von vornherein die Grundlage, auf die sie sich, sollte
sie allgemeine Bedeutung gewinnen und nicht bloß
eine Luxuskuust für Reiche werden, zunächst zu stellen
hätte. Mit reinen Luxusprodukten, Vasen, Buch-
einbänden ic. fing sie fast überall an. Als dann
die eigentliche Nutzkunst folgte, dachte man zunächst
nur an die, so solche Vasen und Bucheinbände
gekauft hatten. Der einfache Manu blieb, wenige
vereinzelte Fälle abgerechnet, durchaus vergessen. And
doch hat gerade die moderne dekorative Bewegung
den Anstoß zu dieser neuen, Vergessenes nachholenden
Bewegung gegeben. Zunächst, indem sie einfach
tabula rasa machte, mit aller und namentlich mit
der nächsten Vergangenheit die Fäden zerschnitt. Das
gab freien Blick und vorurtheilsloses Denken. Dann,
indem sie in ihrer Opposition gegen die zu reiche
Vergangenheit selbst schon einfache konstruktive Möbel
schuf, die aber wegen ihres eigentlichen Raffinements
doch wieder viel zu theuer kamen. Der innere Wider-
spruch zwischen ihrer einfachen Erscheinung, die nach
bisherigen Begriffen selbst für den armen Mann zu
arm erschien und den hohen Preisen, die kaum der
Reiche zu erschwingen die Lust hatte, führte in vielen
Kritiken zu Vorwürfen. Damit stellte sich die An-
regung, billige aber solide Möbel zu schaffen, von
selbst ein. Einzelne Versuche ohne Verallgemeine-
rung sind darauf aufgetaucht, aber wenig beachtet
worden. Sie verschwanden unter der Menge des in
altem Sinne Erzeugten. Es fehlte eben die Zusammen-
fassung, die Organisation.
Die moderne Kunst gab aber nicht nur die
Anregung zu dieser Neuerung, sie gab auch, was
das Wichtigste ist, die Mittel. Mit der Nachahmung
der Renaissance, des Barocks und Rokokos, für die
alle ein gewisser Formenreichthum unerläßlich ist,
wäre man bei einer Vereinfachung nicht weit ge-
kommen. Die moderne Richtung bot von vornherein
— und das ist ein besonders glückliches Zusammen-
treffen — die Möglichkeit, Brauchbares und Schönes
mit denkbar geringsten Mitteln zu schaffen. Sie
verlangt — wenigstens in ihrer Pauptspielart —
als unerläßliche Grundlage die Betonung des Kon-
struktiven und Zweckmäßigen, deren folgerichtige
Durchführung von je auf den Menschen etwas wie
einen ästhetischen Eindruck gemacht hat. Die Kunst
deckt sich hier völlig mit dem Nothwendigen, erfordert
also keine Mehrkosten. Die moderne Richtung stellt
dann die Kurve zur Verfügung, die dein Gegenstand