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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 50.1899-1900

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Die kunstgewerbliche Winterausstellung in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.7134#0173

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Die kunstgewerbliche Winterausstcllung in Wien.

21<\. Lpeisezinimer, entworfen von Prof, kjofmanil, ausgefiihrt von A. Pospifchil, Wien. (Wiener Wintcransstellung.)

Was nun diesem etwas späten, gemeinsamen
Vorgehen außerordentlich zu statten kam, ist der
einheitliche Eharakter, so daß man schon jetzt, nach
kaum zwei Jahren, von einen: bestimmten, klar aus-
gesprochenen „Wiener Geschmack" (um nicht das zu
weit gehende Wort „Stil" zu gebrauchen) reden kann.
Seien es nun die mehr konstruktiven, geraden formen,
die Pros, pofmann entwirft, oder die kühnen Aurven-
liniei: von Olbrich u. A. m., ihnen allen liegt etwas
spezifisch „Wienerisches" zu Grunde. Die kunst-
gewerblichen Ausstellungen, die alljährlich unter der
Leitung des pofrats v. Skala stattfinden, fördern diese
Eigenart außerordentlich und haben in der kurzen
Zeit sehr viel dazu beigetragen, die junge Bewegung
mit ihren neuen Formen zu klären und zu reinigen.

So zeigt denn auch die diesjährige Winter-
ausstellung einen bedeutenden Fortschritt gegenüber
der letztjährigen und bringt eine ganze Fülle ge-
diegener neuer Ideen und Formen. Neben einer
großen Anzahl einzelner kunstgewerblicher Objekte
zeigen zehn vollständige Interieurs ein geschloffenes
Bild der modernen Wiener Richtung.

Die wohl in jeder Beziehung bedeutendste Leistung
hat S ch ö n t h a l e r mit seinem einfachen Schlafzimmer
erreicht. Pier geht das Schöne mit dein praktischen
pand in pand; denn wenn man liest, daß z. B. ein
Bett in gediegen künstlerischer Form für 25 fl. her-
zustellen ist, so ist das wohl eine Leistung, die, den
heutigen Bedürfnissen entsprechend, hoch anzurechnen
ist. Das Zimmer ist in rötlich gebeiztem Eichenholz
ausgeführt und in den Formen einfach, glatt und
praktisch. Wenig verzierte Wetallbeschläge heben
die polzflächen, und die einfarbig gelbgehaltene Wand
gibt diesen soliden Wlöbeln eine ruhige Wirkung.
Es ist nicht zu läugnen, daß Schönthalcr mit diesem
Zimmer den Wiener Gewerbetreibenden einen neuen
Weg gezeigt, nämlich in geschmacklich und guter
Form etwas preiswertstes herzustellen. Das ist das
Hauptsächliche, was uns noch immer fehlt, auch dem
weniger Bemittelten ein künstlerisch genügendes Heim
herzustellen, und aus diesem Grunde habe ich dieses
Schlafzimmer allen übrigen Räumen vorgezogen
und an die Spitze dieser Besprechung gebracht.
(Abb. 27\.)
 
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