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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 50.1899-1900

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Gmelin, L.: Reichspost an die dekorative Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7134#0201

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Reichspost und dekorative Kunst.

307. Aueipzimiuer im Kellergeschoß einer Villa zu Bogenhausen; Archit. j). Pfann und G. Blumentritt, München.

anerkannt werden, wenn auch dabei manchmal der
blinde Eifer seine bekannte Rolle gespielt hat. Aber
mit der dekorativen Run st steht die Verwaltung der
kaiserl. Reichspost schon lange auf gespanntem Fuß.
Als im Jahr f888 die Nachricht durch die Presse lief,
das Reichspostamt beabsichtige, neue Briefmarken Her-
stellen zu lassen, da richtete der Bayer. Runstgewerbe-
verein zu München, damals Vorort des Verbandes
deutscher Runstgewerbe-Vereine, an Se. Excellenz den
Generalpostmeister Or. v. Stephan die Bitte, zur
Erlangung von Entwürfen euren allgemeinen Wett-
bewerb auszuschreiben. In seiner Ende s888 ein-
gelaufenen Antwort nrachte das Reichspostamt den
Bittstellern die Mittheilung, daß es sich lediglich um
einige Aenderungen an den Formen des Reichsadlers
und der Reichskrone handle, daß also zur Aus-
schreibung eines Wettbewerbs keine Verarrlaffung
vorliege. Und als wenige Monate nachher die
„abgeänderten" Marken erschieneri, da war vor:
einer „Aenderung" überhaupt Nichts zu bemerken,
weil einfach — Alles neu war; nur die Farbe und
der Textinhalt waren geblieben — aber der Ge-
sammteindruck war ein durchaus anderer. Die deutsche
Reichsmarke der Neunziger Jahre konnte inan nicht

vollkommen nennen; aber sie übertraf ihre Vor-
gängerin an Rlarhcit der Wirkung und Deutlichkeit
der Schrift, und darum konnte man die Ablehnung
des Vorschlags zu einem Wettbewerb eher verschmerzen.

Was aber die Reichspost in den: neuen Jahr-
hundert der Gefsentlichkeit als Briefmarke des mäch-
tigen deutschen Reiches darbietet, das stellt das künst-
lerische Vermögen in einem so kläglichen Dämmer-
licht dar, daß man nicht entschieden genug gegen
die Art, wie hier eine hervorragend wichtige künstle-
rische Angelegenheit behandelt und erledigt worden
ist, Verwahrung einlegen kann. Und mit einer wich-
tigen künstlerischen Angelegenheit haben wir es hier-
zu thun. Der Entwurf zu einer Briefmarke, die
bestimmt ist, in aller Welt ihr Ursprungsland zu
repräsentiren, sollte doch nicht irgend einem zufällig
in der Reichsdruckerei beschäftigten Zeichner anver-
traut werden, der vielleicht für die laufenden Arbeiten
vollkommen genügen mag, der aber nicht Rünstler
genug ist, um einer Aufgabe von solcher Bedeutung
gewachsen zu sein. Dem Zeichner, dein da ein über-
fein Rönnen hinausgehender- Auftrag zugeschoben
worden ist, machen wir aus der unvollkomnrenen
Ausführung dieses Auftrags keinen Vorwurf, vielmehr

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