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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 50.1899-1900

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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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Lhronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

3-(5. Kleiderträger aus Schmiedeisen (bezw. Messing) von
Steinicken Sc Lohr, München. ('/i„d.w.Gr.) Muster geschützt.

Das Kircheninnere aber erstand in der uns noch heute ent-
zückenden Pracht und Schönheit unter der Hand der Meister
Schmutzer, Uebelhör, Zeiler und Böller. Nach der Sequestrirung
des Klosters ((803) zerfiel vieles, bis König Ludwig I. sich des
Baues annahm und die Kuppel mit kupfernem Dach versehen
ließ. Die Klosterbauten kamen (856 in den Besitz eines Grafen
Paxpenheim, >899 in den des Reichsraths v. Kramer-Klett, der
sich mit der Absicht trug, die Bauten durch den Vortragenden
restauriren zu lassen, dieselben aber dann vor Kurzem an die
Benediktiner verkaufte. — Der geschichtlich und künstlerisch sehr
interessante Vortrag war begleitet von einer Anzahl meist sehr
groß gezeichneter Aufnahmen und Rekonstruktionen der Kirche
und des Klosters, was wesentlich zuin verständniß beitrug. Die
zahlreiche Zuhörerschaft stattete in Form rauschenden Beifalls
ihren Dank für das Gebotene ab. — Zu der nachfolgenden
geselligen Unterhaltung steuerten die Herrn Weigel, Höpfel, Bohn-
sack und Weber eine Anzahl Kammermusikstücke bei, für die
sich die Versammlung wie immer besonders dankbar erwies.

Neunter Abend: Den (6. Januar. — Die Worte, mit
denen Gberbibliothekar vr. Schnorr vonEarolsfelddiean
diesem Abend stattfindende Fachausstellung für Buchausstattung
begleitete, wollten keinen Vortrag im strengsten Sinne des Wortes
darstellen; aber das reiche wissen des Redners machte seine
Erläuterungen so interessant, daß aus der Erklärung der aus-
gebreiteten Schätze, die zum Theil aus dem Besitz der Universitäts-
bibliothek, zum Theil aus dem des Antiquars Hirsch und einiger
anderer Vereinsmitglieder stammten, ein kurzer entwickelungs-
geschichtlicher Abriß der Buch-Ausstattung wurde. Redner
erwähnte in seiner Einleitung, daß man im Hinblick auf die

346—348. Vorhanghalter und
Kleiderhaken aus Messing von Bild-
hauer I. Lasser; ausgeführt von
£). Schmid & Lo., München.
(V4 d. wirkl. Gr.) Muster geschützt.

Unbekanntheit des Geburtsjahres Gutenbergs beschlossen habe, die
500. Wiederkehr seines Geburtsjahres in diesem Jahrzu feiern, wie
sehr wir Deutsche berechtigt sind, eine solche Feier zu veranstalten,
bewiesen die vorgezeigten Beispiele, die schon in den Kinder-
jahren des Buchdruckes so vollendete Drucke zeigten, daß sie
theilweise noch heute als Musterdrucke gelten können. — In
Bezug auf Bucheinbände waren so ziemlich alle Stadien der
Entwickelung vertreten, beginnend mit den in Blinddruck ge>
halteuen Lederdecken mit und ohne Metallecken, dann gemalte
und vergoldete Lederbände — die in Deutschland etwa um die
Mitte des (6. Jahrhunderts aufkamen, in Italien schon ein
Vierteljahrhundert früher — bis zu den prunkvollen Gold-
pressungen des Pasdeloup, Hofbuchbinders Ludwigs XV. (;?zp,
und den sonstigen üppigen Arbeiten des (8. Jahrhunderts.
Daß Deutschland im (9. Jahrhundert lange Zeit in der künst-
lerischen Buchbinderei auf einer sehr niederen Stufe stand, ist
bekannt; den Beginn eines Neuaufschwungs datirte Redner
auf die wiener Weltausstellung (873. — Im weiteren verlauf
des Abends gab Antiquar Hirsch zu feiuen interessanten alten
Einbänden die nöthigen Erklärungen, worauf H. E. v. Berlepsch
die Aufmerksamkeit auf die von ihm zur Ausstellung gebrachten
modernen ausländischen Einbände lenkte. Die modernen deut-
schen Einbände, die von verschiedenen Seiten geliehen waren,
erwiesen sich als eine etwas gemischte Gesellschaft, dagegen er-
regten die vielen, oft wundervollen Vorsatzpapiere von G a b e l s -
berge r, Pan kok (von den „vereinigten Werkstätten für Kunst
im Handwerk" ausgestellt) sowie von Fr. Naager freudiges
Erstaunen. — Als ein besonders glücklicher Gedanke muß es
bezeichnet werden, daß die Herstellung gewisser vorsatzxapiere
(sog. gekämmter Papiere) den versammelten praktisch gezeigt
wurde; Buchbinder Freyberger hatte sich dieser Aufgabe
unterzogen und die Aufmerksamkeit, mit der seine Hantirungen
verfolgt wurden, war wohl der schönste Dankeslohn, den er für
seine Bemühungen ernten konnte. In ähnlicher weise zeigte
Buchbinder Gähr die Art und weise der Vergoldung und gab
so manchem Zuschauer zum ersten Mal einen Begriff von den
Schwierigkeiten, also auch von dem Arbeitswerth dieses Ver-
fahrens. — Den unterhaltenden Theil des Abends, der aller-
dings erst spät seinen Anfang nahm, verschönten vier Mitglieder
des Hoftheatersingchors — der Herren Röckemeyer, Ruprecht,
Ziegler, Lienbacher — durch Vortrag einiger (Quartette.

Zehnter Abend: Den 2z. Januar. Vortrag des Kon-
servators vr. Georg Hager: „Bilder aus der Jnventari-
sation der Kunst denk male Bayerns." Der Redner
leitete seinen Vortrag mit einigen Worten über das Jnventari-
sationswefen ein; indem er feststellte, daß Bayern der erste
deutsche Staat war, der ((827) die Idee hatte, ein verzeichniß
der Kunstdenkmäler des Landes auszustellen, wobei die Kirchen-
verwaltuugen und Magistrate in erster Linie mithelfen sollten.
Sulpiz Boifferee war im Jahre (835 mit der Herstellung eines
Kunstinventars beschäftigt; in Folge seines Wegganges von
München schlief die Sache wieder ein und wurde erst (85-(
durch den Direktor des Nationalmuseums v. Aretin wieder auf-
geweckt, nachdem inzwischen Sighart's Arbeiten aus der baye-
rischen Kunstgeschichte die Nothwendigkeit eines Verzeichnisses
erwiesen hatte. Auch Dir. v. Hefner-Alteneck verfolgt die Idee
energisch (schon von (858 an); ernstliche Arbeiten zu ihrer ver-
wirklichung wurden aber erst (88( von Seidel und von Bezold
unternommen, worauf (887 dann der Landtag den Jnventari-
sationsplan genehmigte und die Mittel dazu bewilligte. In den
folgenden Jahren wurden dann dieArbeiten durch vr.Berth. Riehl,
vr. Hager, vr.Halm, Archit.L.F.Weyßer auf's Eifrigste betrieben,
so daß schon ein ganz ansehnlicher Theil des Landes als inven-

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