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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 50.1899-1900

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Halm, Philipp Maria: Zwei Friedensdenkmäler
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https://doi.org/10.11588/diglit.7134#0312

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Zwei Friedensdenkmäler.

459. Friedenssäule auf der Prinz-Regenten-Terrasse in München.
Entwurf und Ausführung von Düll, Pezold und kfeil-
meier, München.

so hochstehende Problem „der Uunst der Ver-
hältnisse inr Großen" gelöst. Hm diese Vor-
züge zu erfassen, bedarf es nur eines Vergleichs mit
3- P. Stracfs Siegessäule aus dem Uönigsplatze zu
Berlin, die, wenn wir uns recht erinnern, Ludwig
Pfau einmal mit dem harten Epitheton „Schand-
pfahl deutscher Baukunst" belegte. Wie plump im
Aufbau, wie kleinlich im Detail! Unterbau und
Säule wollen sich nicht lösen. Und hier: wie wohl-
gegliedert wächst die Basis der Säule aus der Be-
dachung der Palle hervor! Verweilen wir zunächst
bei dem Unterbau. s)nr Grundriß zeigt er im Wesent-
lichen ein Quadrat; die nördliche und südliche Seite
wird durch die Treppenanlagen unterbrochen. Der
eigentliche Unterbau voit Muschelkalkquadern fußt
auf zwei hohen Stufen; in richtiger Erkenntniß seines

Zweckes ist er, von zwei Profilen an der Basis und
dem obern Schlußgesims abgesehen, glatt und schmuck-
los gehalten. Auf ihm ruht die den Glanzpunkt
des Werkes repräsentirende Palle.

Vier quadratische Pilaster an den Ecken, je zwei
Karyatiden an den Seiten tragen das in jonischer
Weise gegliederte Gebälk, das über der Sima mit
den Löwenköpfen in eins Palmettenreihe ausklingt.
Die Ecken krönen Trophäen. Unschwer erkennt man
das Vorbild der Palle, das peiligthum des Erechtheus
am Tempel der Athene polias zu Athen; das Ge-
bälk ist das gleiche, die Karyatiden hier gleichedle
Schwestern jener Koren voin Erechtheion. In feierlicher
paltung mit leicht abgebogenem Spielbein stehen sie
UNS gegenüber, in ihren pänden tragen sie Kränze,
Füllhörner und vergoldete'Lorbeerzweige. Je zwei
nebeneinander stehende korrespondiren in Kärper-
haltung und in der Bewegung der pände miteinander,
und in gleicher Weise entsprechen sich je zwei gegen-
über liegende Seiten. An den Eckpfeilern der Vorder-
seite erblicken wir von Lorbeer umrankt die Medaillons
einerseits der drei deutschen Aaiser, andererseits der
bayerischen Fürsten, Ludwigs II., Gtto's und des
Prinzregenten Luitpold; an den Pfeilern der Rückseite
sind in gleicher Weise die Reliefs von Moltke, Bis-
marck, Roon, v. d. Tann, partinann und pranckh
angeordnet. Die nördlichen und südlichen Außen-
seiten der Pfeiler sind mit den zwölf Thaten des
perkules geziert.

Von wie wunderbar ebenmäßigem Verhält-
nisse zeigt sich die Außenansicht der Palle und
wie mannigfaltig und reich in der Wirkung trotz
der einfachen Mittel! Auch hierin kennzeichnet
sich ein wesentlicher Vorzug gegenüber dem oben-
erwähnten Berliner Denkmal, an dessen Unterbau
in Gestalt eines runden Säulentempels wir ebenso
sehr eine gefällige Silhouette als eine anmuthige
Wechselwirkung von Licht und Schatten — denn
keine Säule dortselbst vernmg für sich zu wirken —
vermissen. •—- Betreten wir nun durch die seitlichen
Treppen, deren Brüstungslinie derjenigen des oberen
Treppenarmes des Terrassenaufganges sich anfügt
und dadurch eine engere Verbindung des Denkmals
mit der Gesammtanlage bewirkt, die Palle. Sie um-
schließt einen massigen steinernen Würfel, der das
eigentliche Fundament der Säule bildet. Die vier-
sichtbaren Seiten desselben zieren musivische Rund-
bilder mit rechteckiger ornamentaler Umrahnrung.
„Arieg" und „Sieg" stellen jene an der Nord- und
Südseite dar, den „Frieden" und die „Segnungen"
durch denselben die beiden andern Mosaiken. Die
Uompositionen, von echt antikem Geiste beseelt und
in der Formensprache nicht minder klassisch, wirken

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